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Interview Emilia Clarke: «Jetzt werde ich irgendwelchen DJs hinterherjagen»
Fabian Tschamper
13.4.2019
Emilia Clarke spricht im «Bluewin»-Interview über das Ende von «Game of Thrones», ihre Freundschaft mit Kit Harington und wie Daenerys Targaryen ihr dabei half, die Lebens-Ängste nach ihren Hirnblutungen zu überwinden.
Die Britin konnte sich im Alter von 25 Jahren die Rolle als Daenerys Targaryen sichern in der heute erfolgreichsten TV-Serie überhaupt. Clarke hatte sich im «New Yorker» kürzlich auch über ihre gesundheitlichen Beschwerden nach der ersten Staffel bei «Game of Thrones» geäussert. Allerdings geht es ihr heute gut. Sie konnte sich indes auch abseits ihrer Rolle im «Lied von Feuer und Eis» als Schauspielerin etablieren, beispielsweise im «Star Wars»-Film «Solo».
Es ist der Tag nach der New Yorker Premiere der letzten «Game of Thrones»-Staffel. Wie haben Sie den Abend erlebt?
Premieren sind immer mit Panik und Nerven-Flattern verbunden: Was zieht man an, was macht man mit den Haaren und dem Make-Up? Dabei hatte ich fast vergessen, dass auch noch die erste Episode gezeigt wurde, die ich ja selber noch nicht gesehen hatte. Die Reaktionen des Publikums zu hören, wo die Pointe oder der Schock landete, war toll. Das erlebt man ja sonst zu Hause vor dem Fernseher nicht. Ich sass da und war mir bewusst, dass es das letzte Mal sein würde, wo ich das alles für «Game of Thrones» erleben würde und ich genoss jeden Augenblick.
Haben Sie schon bei den Dreharbeiten das Ende gefeiert?
Ja, wir hatten etwa zehn Abschiedsparties auf dem Set – immer, wenn einer der Schauspieler und Schauspielerinnen den letzten Drehtag hatten, gab’s ein Fest. Aber feierlich waren die eigentlich nicht, sondern eher traurig und emotional. Inzwischen sind sechs Monate vergangen und jeder und jede hat jetzt seinen eigenen Abschied genommen. Aber wir haben noch unsere Whatsapp-Gruppe, auf der wir uns dauernd treffen.
Sie haben sich zum Abschied als Drachenmutter Ihre drei «Game of Thrones»-Drachen ans Handgelenk tätowieren lassen…
Ja, die Showrunner David Benioff und Dan Weiss meinten, wir sollten uns alle tätowieren lassen, wie sie das bei «Lord of the Rings» taten. Und ich hatte mir ja schon nach dem Film «Me Before You» eine Hummel auf den kleinen Finger stechen lassen, weil der mir soviel bedeutete. Dafür bekam ich viele Komplimente. Für «Game of Thrones» kamen natürlich nur Drachen in Frage. Ich wartete, bis ich ganz sicher nichts mehr nachdrehen musste und Daenerys mich verlassen hatte, bis ich mir ein permanentes Erinnerungs-Siegel auf dem Körper verewigen liess.
Sie hatten nach der ersten Staffel von «Game of Thrones» lebensgefährliche Hirnblutungen. Jetzt haben Sie erstmals öffentlich darüber gesprochen. Wie fühlt sich das an?
Schon ein bisschen surreal, aber auch befreiend. Über all die Jahre wurde ich in Interviews immer wieder gefragt, woher die Stärke komme, die ich als Daenerys verkörpere. Und ich tat immer so, als sei nie etwas gewesen. Jetzt kann ich endlich frei darüber sprechen, was ich vor allem tue, weil ich eine Wohltätigkeitsorganisation für die Betreuung von Menschen nach einer Hirnerkrankung oder einem Hirnschlag gegründet habe. Ich glaube, dass ich helfen kann, indem ich aufzeige, wie es mir erging. Ich will Betroffenen das Gefühl geben, dass wenn die Drachenmutter es schafft, sie es auch schaffen können.
Sie sackten mit furchtbaren Kopfschmerzen in der Garderobe eines Fitness-Studios zusammen?
Ja, ich hatte eine Hirnblutung und kämpfte um mein Leben. Es war ein grosser Schock. Dann sagte man mir, ich sei gefährdet, einen Spiegel-Hirnschlag zu erleiden. Ich muss das vielleicht schnell erklären: wenn die Zellen und das Gehirn gebildet und in die zwei Hälften gespaltet werden, kommt eine schwache Vene in identischer Form beidseitig vor. Es kommt daher oft zu einem zweiten Schlaganfall. Zwei Jahre nach meiner ersten Hirnblutung unterzog ich mich deshalb einer präventativen Operation, die schief lief und eine Not-Operation zur Folge hatte.
Diesmal nicht durch eine Arterie, sondern durch das Öffnen des Schädels. Das muss Ihnen grosse Angst gemacht haben.
Hat es. Ich habe meine Wohltätigkeitsorganisation «SameYou» nicht nur wegen der physischen Pflege nach einer Schädigung des Hirns gegründet, sondern vor allem auch wegen der psychischen Belastung. Im Spital sagt man einem, dass man Angst haben soll und man vermutlich sterbe. Und dann kommt man nach Hause, freut sich auf ein Bad und die frische Luft und merkt schliesslich, dass da keine Warnsignale mehr piepsen, die im Notfall Krankenschwestern und Ärzte herbeirufen. Was nun? Sterbe ich jetzt? Dieses unsichere Gefühl macht wirklich Angst.
Wie haben Sie die mentale Belastung überwunden?
Ich bin diesbezüglich meiner Familie und Freunden sehr dankbar. Ich habe mich auch nie wirklich gefragt, wieso das jetzt ausgerechnet mir passiert ist. Ich fragte mich: Ich habe überlebt, was sagt mir das und was kann ich für andere tun? Und so entstand «SameYou».
Wieviel Selbstvertrauen hat Ihnen Daenerys in dieser Zeit gegeben?
Ganz schön viel. Wenn man vor 800 Statisten stehen und sie in einer erfunden Sprache überzeugen muss, dass sie einem folgen, darf man schon nicht auf dem eigenen Schwanz stehen. Die Rolle verlangt, dass ich so stark wie möglich bin. Nach den Hirnblutungen und den damit verbundenen Ängsten war das sicher gut für mich, denn die Verwandlung in Daenerys färbte ab. Ebenso die Erkenntnis, dass die Zuschauer die Serie respektieren und dass so eine Badass-Woman auch etwas für das Selbstvertrauen junger Mädchen tut.
Zu den Freunden, die Sie unterstützten, gehört auch Kit Harington (Jon Schnee), mit dem Sie seit Jahren das Aushängeschild von «Game of Thrones» bilden, aber bis zur letzten, der siebten Staffel, keine einzige gemeinsame Szene hatten. Wir war es für Sie, als Daenerys und Jon Schnee endlich zusammen vor der Kamera standen?
Während der ersten Staffel wurde noch viel mehr im gleichen Studio gedreht und es gab eine Gruppe von uns, die alle etwa gleich alt waren und nur wenig Berufserfahrung hatten. So fanden wir uns und sahen uns auch zwischen den Staffeln in London ziemlich oft. Kit gehörte ebenfalls in diese Clique und dann verknallte ich mich auch noch in Rose Leslie, die inzwischen seine Frau ist! (lacht) Wir verbrachten also viel Zeit zusammen und als Kit und ich endlich zusammen drehten, war das schon sehr komisch. Wir konnten nicht aufhören zu Lachen.«Wieso hast Du plötzlich so einen Nord-Akzent? Was trägst Du denn für Klamotten?» Wir konnten alles nicht ernst nehmen. Und beim Küssen tat er dann immer so, als müsste er sich übergeben. Aber weil wir uns so gut kannten, mussten wir Szenen auch nicht lange besprechen, wir landeten einfach da, wo wir landen sollten. Ich glaube, diese Verbindung und dieses Vertrauen sieht man auch auf dem Bildschirm.
Was würden Sie der unerfahrenen Emilia von vor zehn Jahren aus der heutigen Perspektive sagen?
Ich würde sagen: Schnall Dich an! Das wird eine interessante Fahrt! Es gäbe sicher viel zu sagen, aber das würde ja eine gewisse Reue bedeuten und ich will nichts bereuen. Was passiert, bildet die Summe der Erfahrungen, die einem dazu machen, was man ist.
Was machen Sie jetzt mit der wieder gewonnen Freizeit?
Zuerst muss ich die mal haben! Weil ich beruflich viel unterwegs bin, bin ich in der Freizeit gerne bei Familie und Freunden zu Hause. Ich versuche, so viele Leute wie möglich zu sehen. Und ich werde ins Theater und ins Kino gehen, viel lesen und Musik hören und Konzerte besuchen. Ich tanze fürs Leben gerne und bin ein Fan von Musik-Festivals. Ich werde also irgendwelchen DJs hinterher jagen.
Und was kommt beruflich für Sie als nächstes?
Ich habe gerade den Film «Last Christmas» mit Emma Thompson unter der Regie von Paul Feig abgedreht. Ich glaube, er ist ganz toll rausgekommen. Ich spiele ein Girl aus London, das sich in seinem Leben etwas verirrt hat. Die Komödie kommt Ende Jahr ins Kino.
Und zum Schluss die Gretchenfrage: Sie dürfen ja nichts verraten, aber sind Sie zufrieden mit dem Ende von «Game of Thrones»?
Das werde ich so oft gefragt und ich weiss ganz ehrlich nicht, wie ich das beantworten soll.
Die achte und letzte Staffel «Game of Thrones» startet am Sonntag, 14. April. Alle bisherigen Staffeln sind auf Teleclub on Demand abrufbar.