Anne Will (l.) empfängt immer wieder hochkarätige Talkgäste. Im Juni interviewte sie Bundeskanzlerin Angela Merkel zum G7-Gipfel.
Anne Will (l.) im Gespräch mit Angela Merkel.
2016: Anne Will (Mitte) diskutiert mit Nora Illi, der Frauenbeauftragten des Islamischen Zentralrats Schweiz, und anderen Gästen zum Thema «Mein Leben für Allah - Warum radikalisieren sich immer mehr junge Menschen?».
Anne Will spricht im Mai 2018 auf der Internetkonferenz «re:publica».
Anne Will 2007 in ihrer Sendung.
Anne Will (l.) empfängt immer wieder hochkarätige Talkgäste. Im Juni interviewte sie Bundeskanzlerin Angela Merkel zum G7-Gipfel.
Anne Will (l.) im Gespräch mit Angela Merkel.
2016: Anne Will (Mitte) diskutiert mit Nora Illi, der Frauenbeauftragten des Islamischen Zentralrats Schweiz, und anderen Gästen zum Thema «Mein Leben für Allah - Warum radikalisieren sich immer mehr junge Menschen?».
Anne Will spricht im Mai 2018 auf der Internetkonferenz «re:publica».
Anne Will 2007 in ihrer Sendung.
An Talkshows gab es zuletzt oft Kritik. Den Vorwurf, sie guckten bei der Wahl der Themen vor allem auf die Quote, hält ARD-Talkerin Anne Will für nicht belegt. Und genauso wenig den, die Talksendungen hätten die AfD «grossgemacht».
Der Ton in der Diskussion mit Andersdenkenden ist oft aggressiv, gerade in den sozialen Medien. Für die Gäste ihrer Talksendung gelte das aber nicht, sagte ARD-Talkerin Anne Will der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist im Übrigen meine Aufgabe, Entgleisungen zu benennen und im Zweifel zu beenden, aber das muss ich gar nicht, denn sowohl unsere Gäste als auch wir legen es nicht auf enthemmte Sprache oder einen respektlosen Umgang miteinander an.» Mit ihrer Talksendung «Anne Will» kommt sie in wenigen Tagen zurück aus der Sommerpause.
Sie sind ab Sonntag nach der Sommerpause wieder auf Sendung. In den Monaten davor war die Kritik an Talksendungen noch massiver als sonst. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Anne Will: Als ein Beispiel für die aufgeladene Stimmung in unserer Gesellschaft. Dabei muss man sehen: Solche Diskussionen sind oft getrieben durch die sogenannten sozialen Medien. Das ist aber eine Teilöffentlichkeit. Wenn ein Tweet 4000 Likes bekommt, gilt das schon als durch die Decke gegangen. Wenn wir 4000 Zuschauer hätten, könnten wir den Laden dichtmachen. Und auch inhaltlich finde ich das Einschlagen auf die Talkshows einigermassen wenig durchdacht. Die Angriffe kommen in der Mehrzahl ohne jeden Beleg aus und verkaufen sich dann wiederum in den sozialen Medien besonders gut und rasend schnell, je hämischer sie daherkommen.
Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, hat im Juni der ARD und dem ZDF nahegelegt, die Talker für ein Jahr in eine Pause zu schicken. Was haben Sie gedacht, als Sie das gehört haben?
Ganz ehrlich, ich kannte den Deutschen Kulturrat gar nicht. Und wenn es darum gegangen ist, sich bekannter zu machen, dann hat das vielleicht geklappt. Ansonsten habe ich den Vorschlag nicht ganz ernst nehmen können. Wenn der Kulturrat für das eintritt, was sein Name suggeriert, dann kann er nicht mehreren Redaktionen Arbeits-, Denk- und Sprechverbot erteilen.
Die Kritik, es werde zu viel getalkt, gibt es allerdings schon lange.
Ja, die gibt es seit Bestehen dieses Formats. Aber es ist ja so: Die Talkredaktionen machen ein Angebot, und jede Zuschauerin und jeder Zuschauer ist frei darin, dieses Angebot anzunehmen oder auch nicht. Und die Zuschauerzahlen zeigen, dass es ein grosses Interesse gibt an Talk. Das liegt, glaube ich, auch an einem ganz natürlichen Empfinden der Menschen: Man interessiert sich für andere und deren Meinungen. Das ist auch der erhebliche Vorteil des Fernsehens, dass man - selbst wenn jemand schweigt - der Interaktion zuschauen kann.
Talkshows sind natürlich an guten Einschaltquoten interessiert - da liegt der Gedanke nahe, bei der Auswahl Aufregerthemen zu bevorzugen. Und von da ist es nicht weit zum Vorwurf, sie seien populistisch.
Ich kann keinen Beleg dafür finden, dass der Vorwurf stimmen würde. Es ist nicht so, dass Themen, die von Populisten mit Interesse bespielt werden, also Islam oder Flüchtlinge, bei uns besonders gut gesehen würden. Insofern sind wir unverdächtig, dass wir aus Quotengründen bestimmte Themen wichtiger nähmen, als sie wichtig zu nehmen sind. Und wir haben ein hochpolitisches Publikum. Deshalb funktioniert auch, was ich uns unter dem Eindruck der enthemmten Tonlage vor allem in den sozialen Medien verordnet habe: Dass wir abrüsten. Sowohl in den Sendungstiteln als auch in unseren Besetzungen und in der Frage, wie wir die Sendungen anlegen. Interessanterweise werden wir ja umso besser geschaut, je differenzierter wir diskutieren. Das ist ein gutes Zeichen, finde ich.
Es gibt auch den Vorwurf, die Talkshows hätten die AfD grossgemacht.
Das kommt wiederum komplett ohne Beleg aus. Schauen wir doch auf unsere Zuschauerzahlen: Wir werden vergleichsweise schwach geguckt in den ostdeutschen Bundesländern. Besonders gut hingegen, also von besonders vielen Menschen, werden wir geguckt in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Hamburg. Das sind interessanterweise die Bundesländer, in denen die AfD kein Bein auf den Boden bekommt.
So laut wie nie war zuletzt die Kritik, Talkshows würden durch Framing, also etwa durch den Titel der Sendung, vorgeben, wie über ein Thema diskutiert wird - nehmen Sie das ernst?
Wir achten sehr auf die Wortwahl in unseren Titeln. Vor Jahren haben wir gerne mal die Zuspitzung gesucht, aber das machen wir schon lange nicht mehr. Unser Ziel ist es, abzurüsten und einen sachlichen Gegenpol zu setzen gegen enthemmte Diskussionen. Wir mögen gerne solche nüchternen Titel wie «Was verändert sich gerade in Deutschland?» oder «Anne Will nach der Bundestagswahl». Es ist also nicht so, dass wir einen Diskurs vorgeben würden. Ausserdem ist jeder unserer Gäste mühelos dazu in der Lage, sich von einer Fragestellung zu distanzieren, sollte sie missraten oder tendenziös sein.
Viele beklagen die Verrohung der Sprache und die zunehmende Aggressivität in öffentlichen Diskussionen - sind auch die Auseinandersetzungen in den Talkshows unangenehmer geworden?
Den Eindruck habe ich nicht. Ich sehe nicht, dass das in den Ablauf unserer Sendung oder in das Verhalten unserer Gäste hineinragt. Sehe aber natürlich, dass die politische Auseinandersetzung in Teilen härter geworden ist.
Aber das gilt nicht dafür, wie die Gäste miteinander umgehen?
Finde ich nicht. Es ist im Übrigen meine Aufgabe, Entgleisungen zu benennen und im Zweifel zu beenden, aber das muss ich gar nicht, denn sowohl unsere Gäste als auch wir legen es nicht auf enthemmte Sprache oder einen respektlosen Umgang miteinander an. Krawall um des Krawalls willen machen wir nicht.
Zur Person
Anne Will wurde 1966 in Köln geboren. Sie studierte Geschichte, Politologie und Anglistik in Köln und Berlin. Anschliessend volontierte sie beim Sender Freies Berlin. Von 2001 bis 2007 moderierte sie die ARD-«Tagesthemen». Ihre Talkshow «Anne Will» ist seit 2007 auf Sendung.
Die neuste Ausgabe von «Anne Will» läuft am Sonntag, 19. August, um 21.45 Uhr in der ARD. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.
Das wurde aus den Talkshow-Stars der 90er
Das wurde aus den Talkshow-Stars der 90er
Sie gaben im Nachmittagsprogramm den Ton an - und heute?
Von 1998 bis 2002 war Andreas Türck (48) das gutaussehende Nachmittags-Gesicht von Pro7.
2004 wurde ihm jedoch eine Anklage wegen angeblicher Vergewaltigung zum Verhängnis und legte seine Karriere lange auf Eis – obwohl Türck von allen Vorwürfen freigesprochen wurde. Erst 2012 bekam er von kabel eins mit «Abenteuer Leben» eine zweite Chance.
Auf Pro7 führte Arabella Kiesbauer (47) von 1994 bis 2004 durch ihre Sendung und wurde durch ihr freches Mundwerk berühmt.
Doch nach zehn Jahren Quasseln war Schluss, um Kiesbauer wurde es ruhiger: Für ORF berichtet sie vom Wiener Opernball und moderiert Galas. Auf ATV verkuppelt sie seit 2014 bei «Bauer sucht Frau» liebeshungrige Ösi-Landwirte.
Neben Hans Meiser schickte RTL Bärbel Schäfer (53) in die Talkarena. Von 1995 bis 2002 hatte sie ein offenes Ohr für die Schicksale ihrer Gäste. Privat musste die Moderatorin ebenfalls mit einigen Schicksalsschlägen fertig werden.
1998 kam ihr Lebensgefährte bei einem Unfall ums Leben, 2013 verunglückte ihr Bruder ebenfalls auf der Autobahn. Im Fernsehen ist Bärbel Schäfer nur noch selten zu sehen. Auch sie moderiert inzwischen lieber im Radio und hat ihr Leben in einem Buch niedergeschrieben.
In nur zwei Jahren mauserte sich Birte Karalus (50) zur Talker-Queen: Von 1998 bis 2000 flimmerte ihre Gesprächsrunde bei RTL über den Bildschirm. Anschliessend folgten weitere TV-Formate wie «Weck Up» und «Auto Mobil».
Im Internet präsentiert Birte Karalus verschiedene Beiträge und ist bei Live-Events als Moderatorin gebucht.
1993 startete Ilona Christen ebenfalls mit einer eigenen Talkshow bei RTL, die sie bis 1999 moderierte. Später zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück und lebte in der Schweiz.
Dort passierte auch 2009 der schreckliche Sturz, an dessen Folgen Ilona Christen wenige Tage später mit nur 58 Jahren verstarb. Ein Schlüsselbeinbruch und ein Bluterguss verursachten eine schwere Blutvergiftung.
Auch Quizmaster Jörg Pilawa (51) startete seine Karriere mit einer Talkshow. Von 1998 bis 2000 regierte er den Nachmittag auf Sat.1, bevor er «Die Quiz Show» moderierte.
Inzwischen ist Jörg Pilawa das Aushängeschild der öffentlich-rechtlichen Sender, wo er neben Quiz-Shows im Vorabend-Programm auch Talk-Runden wie «Riverboat» leitet.
Galten die Talkshows der Privatsender oft als Trash, hielt Jürgen Fliege (69) die Fahne für das seriöse TV-Publikum hoch. In der ARD lud der Seelsorger von 1994 bis 2005 täglich zum verständnisvollen Miteinanderreden ein.
Aus dem Fernsehen zog Fliege sich danach weitestgehend zurück und widmete sich mehr dem Schreiben von Ratgebern und einer eigenen Zeitschrift.
ung, frech und unbedarft übernahm Oliver Geissen (47) 1999 «Die Oliver Geissen Show», als alle anderen Talk-Konkurrenten bereits auf dem absteigenden Ast waren.
Immerhin schlug er sich bis 2009 wacker mit guten Quoten am Nachmittag. Inzwischen ist er bei RTL mit seiner «Chartshow» der Mann im Abend-Programm und moderiert die Neuauflage von «Ruck Zuck».
Er durfte 1999 nur wenige Monate auf Sat.1 mit «Ricky!» sein Talk-Talent beweisen, blieb mit seinem Denglisch jedoch in den Köpfen der Zuschauer verankert: Ricky Harris (54) war der Paradiesvogel unter den TV-Talkern.
Ausser einigen Auftritten im Homeshopping-TV ist Ricky jedoch kaum präsent. 2016 zog er ins «Dschungelcamp» ein, konnte seine TV-Karriere damit jedoch nicht wiederbeleben.
Von 1997 bis 2001 führte Sonja Zietlow (48) auf Sat.1 durch ihre eigene Show «Sonja». Es folgten verschiedene Quiz-Formate, bis sie 2004 zum ersten Mal in den australischen Dschungel ging.
Bis heute moderiert sie erfolgreich und mit spitzer Zunge das «Dschungelcamp» und führt immer wieder durch verschiedene Spiel- und Chartshows.
Vera Int-Veen (49) war jahrelang die Chef-Talkerin auf Sat.1. Von 1996 bis 2006 kämpfte sie um die Nachmittags-Quoten und gewann.
2007 trat dann ein neues Format in ihr Leben: In «Schwiegertochter gesucht» spielt Vera bis heute Amor für schwer vermittelbare Singles.
Zurück zur Startseite