TV-Experte «Ab ins Kloster!»: Nonnen vs. Teenager

TV-Experte Gion Mathias Cavelty

29.3.2019

Aus der Hölle in den Himmel: Zur Primetime am Donnerstagabend beleuchtet TV-Experte Gion Mathias Cavelty «Problemkinder», die bekehrt werden sollen.

Was tun mit renitenten Teenagern, die nur shoppen, saufen und Instagram im Kopf haben?

Man kann sie zur Läuterung beispielsweise zu einer fremden Familie nach Sibirien schicken oder zu einem Indianer-Stamm auf eine indonesische Insel – so geschehen in der Doku-Soap «Die härtesten Eltern der Welt – Jugendliche lernen Respekt» (2009 bis 2014). Da kommen sie schön auf die Welt.

Mit «Ab ins Kloster! – Rosenkranz statt Randale» gibt es nun eine verschärfte Variante: Teenies werden acht Tage lang in ein Kloster gesteckt. Vielleicht kein allzu günstiger Zeitpunkt momentan, wo man laufend über neue Enthüllungen aus der katholischen Kirche stolpert wie etwa «Nonne presste meinen Kopf zwischen ihre Oberschenkel» (BILD-Zeitung vom 14. März).

Kein Zuckerschlecken

Wie auch immer: Mit den Franziskanerinnen vom Göttlichen Herzen Jesu im Kloster Gengenbach (Baden-Württemberg), bei denen die erste Folge spielt, würde ich mich nicht anlegen. Man weiss ja aus einschlägigen Filmen/Serien wie «The Nun», «St. Agatha» (vom Regisseur von «Saw» II, III und IV) oder der zweiten Staffel von «American Horror Story», wie schlechtgelaunte Nonnen so drauf sein können ...

Mein Geld setze ich also auf jeden Fall auf die Ordensschwestern – und nicht auf die vier Teenager Emmy (19, «das Luxusgirl»), Alessia (16, «die Promi-Tochter»), Emma (18, «der Gothic-Fan») und Vivien (16, «die Träumerin»), vier besonders aus der Spur geratene Früchtchen, die sich im Vorfeld des Experiments wie folgt äussern: «Mein Leben besteht nur aus Party und aus Shoppen» / «Es gibt Abende, an denen ich ganz viel trinke und dann im Krankenhaus lande» / «Der Sinn des Lebens ist, wenn man gut Geld hat».



Der Kampf beginnt ein bisschen unfair: Vor dem Einzug ins Kloster müssen die Gören ihre Hauptwaffe (Handy) abgeben. Emmy denkt nicht daran: «Ich würde für dieses Handy töten!»

Und? Wer gewinnt die erste Runde, was glauben Sie? Richtig: Die Nonnen, gegen deren übernatürlich scheinende Freundlichkeit und Gelassenheit niemand auch nur den Hauch einer Chance hat. Sie sacken alle Smartphones ein und die Geldbörsen noch dazu. Ha ha!

Runde 2: Morgenandacht um 7 Uhr. Drei der Mädchen erscheinen, eines kommt eine Stunde zu spät in die Kirche, aber immerhin.

Runde 3: Gartenarbeit im Klostergarten. «Sie müssen schon verstehen, ich habe echt teure Sachen an, ich kann nicht in Erde und sowas reingehen», protestiert «das Luxusgirl». Nix da: Es wird Birnen gepflückt und Kürbisse geerntet, im Namen des Herrn! Alessia nach getaner Arbeit: «Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal im Leben Kürbisse ernten würde … Eigentlich macht das voll Spass!»

Gar nicht so krass

Die Fassaden bröckeln: Gegenüber Schwester Margareta bricht Vivien in Tränen aus und legt einen ans Herz gehenden Seelenstriptease hin (Trennung der Eltern, Mobbing in der Schule, Depressionen).

Im Lauf des dritten Tages schlägt jedoch aus heiterhellem Himmel der Teufel zu: Luxusgirl und Promi-Tochter (wobei es sich bei dem Promi um Stimmungssänger Willi Herren handelt) verlassen als hoffnungslose Fälle randalierend und pöbelnd das Kloster. «Ich habe viele Situationen erlebt, aber so etwas nicht», ist Schwester Margareta fassungslos.

Oh oh! Zwei Seelen sind den Nonnen entwischt! Man kann förmlich hören, wie sich der Höllenfürst die Hände reibt.



Am Schluss triumphieren natürlich trotz allem die Ordensschwestern. «Ich konnte meine Seele befreien – ja, ich fühle mich schon echt gut aufgehoben hier», entfährt es Vivien beim gemeinschaftlichen Backen in der Klosterküche. Und in der Kirche zündet Emma (die auf dem Oberkörper ein umgekehrtes Pentagramm tätowiert hat) ein Kerzchen für ihre verstorbene Oma an.

Beim Abschlussgespräch fliessen bei den zwei Mädchen die Tränen. «Hierher kommen würde ich gerne wieder», gesteht Vivien.

Schlusstand Gott – Teufel: 2 zu 2.

«Ab ins Kloster!» ist beste Werbung für die katholische Kirche. Na ja, sie kann es brauchen.

Die Frage, die mich nach Anschauen der ersten Folge von «Ab ins Kloster!» beschäftigt: Könnte es sein, dass die Zeit des sinnlosen Konsums und der hohlen Selbstbespiegelung tatsächlich langsam vorbei ist – und man sein Smartphone durch eine Nonne ersetzen will?

«Ab ins Kloster!» lief am Donnerstag, 28. März, um 20.15 Uhr auf Kabel eins. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Und hier noch die Bilder des Tages
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