Nachhaltig fernsehen Zürcher «Tatort» macht's vor: So will die Filmbranche grüner werden

tafi

1.2.2020

Der Klimakiller CO2 steht immer im Fokus der neuen Schweizer «Tatort»-Ermittlerinnen Carol Schuler (l.) und Anna Pieri Zuercher.
Der Klimakiller CO2 steht immer im Fokus der neuen Schweizer «Tatort»-Ermittlerinnen Carol Schuler (l.) und Anna Pieri Zuercher.
Bild: Keystone/dpa/Walter Bieri

Umweltfreundlich ist die TV- und Filmindustrie wirklich nicht. Im Gegenteil: Filme sind regelrechte CO2-Schleudern. Doch das beginnt sich nun zu ändern.

Eine Stunde Fernsehprogramm zu produzieren, verursacht 13,5 Tonnen CO2 – das zeigt eine Studie der britischen Filmakademie Bafta. Ein gewöhnlicher Spielfilm kommt laut dieser auf 100 bis 1'000 Tonnen, ein aufwendiger Hollywood-Blockbuster leicht auf ein paar tausend Tonnen des klimaschädlichen Schadstoffes.

Die Fernseh- und Filmindustrie ist also alles andere als grün. Doch das ändert sich langsam. Immer mehr Produzenten wollen umweltbewusster drehen, die Branche schickt sich an, grüner zu werden.

Der Weg ist aber schwierig. Beim Film arbeiten oft Hunderte Menschen aus verschiedenen Branchen zusammen. Sie alle nachhaltig unter einen Hut zu bringen, ist eine Herkulesaufgabe. Aber keine unmögliche. Wie «grünes Filmen» funktionieren kann, will das Schweizer Fernsehen vormachen und hat die Produktionsabläufe für eigene Serien und Filme neu und nachhaltig gestaltet. Als Pilotprojekt hat man sich den neuen Zürcher «Tatort» auserkoren.



Zusammen mit der Klimaschutzstiftung Myclimate wurde eine Liste ökologischer Nachhaltigkeitsmassnahmen erarbeitet, aus denen Empfehlungen zur Reduktion von CO2-Emissionen abgeleitet wurden. Alles kam auf den Prüfstand: Energieverbrauch, Transport, Reisen, Büromaterialien, Verpflegung, Abfall. Überall lässt sich etwas machen, auch wenn es vielleicht nicht jedem schmecken mag – wie das vegetarische Essen, das beim Dreh zum ersten grünen Zürcher «Tatort» ausschliesslich serviert wird.

«Grüne» Filme sind nicht teurer

«Ich denke, die Reaktion darauf hängt sehr davon ab, auf welche Art und Weise das vermittelt wird», erklärt Jessica Hefti, Producerin bei der Firma Zodiac Pictures, die den Krimi produziert, auf der Plattform «Green Film Shooting». Hefti selbst hat jedenfalls keinerlei Bedenken ob der Verpflegung: «Es gibt heutzutage sehr viele Möglichkeiten für vegetarische Varianten.»



Noch mehr CO2 lasse sich allerdings bei den Reisen der Mitarbeiter einsparen. Michael Imboden, Produktionsleiter bei der Zürcher Triluna Film, etwa habe für seinen letzten «Tatort» zwölfmal nach Berlin fliegen müssen. Die Audio-Postproduktion sei dort wesentlich günstiger gewesen.

Dass nachhaltige Filmproduktionen automatisch auch mehr kosten, sei eine Mär, sagt der deutsche Umweltberater Philip Gassmann. Es gehe dabei «nicht um Verbote, sondern um einen Kreativitätsschub, um neue Hightech, die effizienteres Arbeiten ermöglicht», sagt er der Zeitung «Tagesspiegel». Das müsse nicht teurer sein, als konventionelle Produktionsmethoden. «Wer ein Set mit LED-Ballons ausleuchtet, spart Zeit und Geld.»

Einfache Massnahmen

Auch der Strom am Set müsse nicht aus Dieselgeneratoren kommen. Bei Dreharbeiten in der Stadt könne man durchaus Strom aus dem Festnetz erhalten, sagt Jessica Hefti. «Der Anschluss kostet zwischen 300 und 800 Franken pro Tag. Das ist günstiger als ein Generator.»

Die in Lausanne ansässige Stiftung Focal, deren Ziel es ist, «die gestalterischen, technischen und unternehmerischen Fähigkeiten der Fachleute in den Bereichen Film, Audiovision und neue Medien zu entwickeln und zu fördern», hat ein umfangreiches Handbuch herausgegeben, wie sich Filme umweltbewusster produzieren lassen.

Die Massnahmen sind so einfach wie einleuchtend: Wenn beim Catering kein Einweggeschirr aus Plastik verwendet wird, die Mitarbeiter nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren, längere Reisen per Bahn statt im Flugzeug unternommen werden, Kostüme und Requisiten womöglich ausgeliehen statt neu gekauft werden, werden Filme nicht automatisch komplett grün, aber zumindest etwas klimafreundlicher.

Bei der «Tatort»-Folge «Fünf Minuten Himmel» etwa habe der produzierende Sender SWR mit der konsequenten Anwendung solcher Empfehlungen rund 50 Tonnen CO2 eingespart, was etwa 42 Prozent der üblicherweise anfallenden Emissionen entspricht. 

Und weil Film und Fernsehen ja auch bilden sollen: Viele dieser Massnahmen kann man problemlos auch im eigenen Alltag anwenden.

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