Die deutsche Sängerin ist seit vier Jahrzehnten ein popkulturelles Phänomen. Auch auf ihrem aktuellen Album singt Nena über ihr bewegtes Leben. Das mag stellenweise abgehoben klingen – und darf es auch.
Vielleicht setze ich mich mit dieser Liebeserklärung in die Nesseln. Egal, ich offenbare mich trotzdem: Ich habe viel Freude an der neuen Platte von Nena. Sie erschien im vergangenen Oktober, aber ich höre sie nach wie vor rauf und runter.
Und das, obwohl die Sängerin vor einigen Wochen nach einem etwas kryptischen Instagram-Post einen Shitstorm erntete. Aber Sie, liebe Lesenden, müssen mich verstehen: Ich bin mit Nena gross geworden.
Anfang der 1980er war ihre erste grosse Zeit. 1982 schoss «Nur geträumt» in die Charts, ein Jahr später «99 Luftballons», bis heute unzählige Mal gecovert und trotz deutschem Text international erfolgreich, sogar in den USA, England und Japan. Da war die Sängerin gerade mal 23.
«Ich habe meinen tiefen Glauben an Gott»
Ach, Sie wissen nicht mehr, was Nena auf Instagram gepostet hat? Sie schrieb:
«Ich habe meinen tiefen Glauben an Gott. Daher kommt mein Vertrauen ins Leben. Und ich habe meinen gesunden Menschenverstand, der die Informationen und die Panikmache, die von außen auf uns einströmen, in alle Einzelteile zerlegt. Und so ist es mir möglich, mich nicht hypnotisiert von Angst in die Dunkelheit ziehen zu lassen. Lasst uns ins Licht gehen und für die Liebe stehen, denn trotz allem Wahnsinn, den wir hier erleben, glaube ich und weiß, dass der positive Wandel nicht mehr aufzuhalten ist. #liebeistdieantwort #licht»
Kaum hatte die Sängerin diese Sätze publiziert gestellt, ging das Gstürm los: Verbreitet Nena Verschwörungstheorien? Ist sie gar eine Corona-Leugnerin?
Ich las den Text damals immer wieder und fragte mich: Warum dieser mediale Wirbel? Ich erkenne in den Sätzen von Nena keine Verschwörung. Ich erkenne darin eher einen Ausdruck des Vertrauens auf Gott und das Leben – ja, das alles ist einigermassen esoterisch angehaucht. Oder war es doch nur eine PR-Aktion für das neue Album namens «Licht»?
Wunderbare Höhenflüge, schreckliche Tiefschläge
Wie erwähnt: Nena war 23, als sie weltberühmt wurde. Wie verarbeitet ein Mensch so etwas? Die Liste der Künstler*innen, die einen so frühen Erfolg mit ihrem Leben bezahlt haben, ist ziemlich lang. Es gibt den berühmt-berüchtigten Club 27. Ihm gehört eine Gruppe berühmter Musiker*innen an, die allesamt mit 27 verstorben sind.
Janis Joplin gehört dazu, Amy Winehouse und Kurt Cobain auch, Nena zum Glück nicht. Sie konnte im vergangenen Jahr ihren 60. Geburtstag feiern und brachte ein tolles Pop-Album heraus, auf dem sie Sätze wie «Ich surf meine Welle und schwimme zur Quelle, gegen den Strom, so wie 'ne Forelle» singt. Momoll, tönt ziemlich esoterisch.
Gelesen habe ich zudem, dass Nena hinter der Bühne oder in Interviews ein auffälliges Verhalten zeigt, manch eine würde das auch als «Spleen» bezeichnen. Damit ist sie in der Branche nicht allein.
Und man muss wissen: Nena hat viele wunderbare Höhenflüge, aber auch ganz schreckliche Tiefschläge abbekommen. 1989 verlor sie ihr erstgeborenes Kind, einen Sohn. Er wurde kein Jahr alt.
Nena aber hat sich nicht unterkriegen lassen. Sie steht bis heute auf der Bühne. Und ja, sie ist noch immer ein bisschen schrill, unangepasst, wild, voller Energie und hin und wieder zugleich in anderen Sphären zu Hause.
Aber darf man ihr das zum Vorwurf machen? Ich finde, nein – ich höre lieber Musik. Nenas Musik.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.