TV-Kritik «Landfrauenküche»: Richterinnen gnadenlos

Von Gion Mathias Cavelty

26.9.2020

«Wenn eine der Landfrauen nur leicht mit dem Mundwinkel zuckt, ist alles vorbei», weiss TV-Experte Gion Mathias Cavelty.

Nun ist es wieder so weit und im Schweizer Fernsehen werden die ganz grossen Fragen behandelt:

- Was für ein Sösli macht Rösli?
- Gibt's bei Vreni gnueg oder z'weni?
- Kocht Trudi ein Rehfudi?

Mit anderen Worten: Die Landfrauen sind wieder da, mit einer brandneuen Staffel «Landfrauenküche». Und natürlich wird es wieder ultrabrutal. Denn die Urteile der einzelnen Landfrauen über ihre kochenden Konkurrentinnen sind das Härteste, was man hierzulande vorgesetzt bekommt. Ich persönlich würde die Landfrauen in die pickelhärtesten Verhandlungen schicken, die die Schweiz mit dem Ausland führen muss. Die EU würde in die Knie gehen, wenn eine von ihnen nur leicht mit dem Mundwinkel zuckt.

Erste Folge von gestern Abend: Die Landfrauen (sechs an der Zahl, eine davon auffällig tätowiert) rollen im Mini-Postauto nach Schwellbrunn/Appenzell Ausserrhoden, wo schon Gastgeberin Marianne Dietrich mit ihrer Familie vor ihrem Bauernhaus auf sie wartet. Ihre zwei 14 Jahre alten Zwillings-«Goofen» (Zitat) jodeln mit anderen Goofen zur Begrüssung.

Stee, Escht und Sackmässer

Die Goofen (die zehnjährige Franziska gehört auch noch dazu) sind aber auch ganz brave, wie Marianne in einem auf der Schwägalp gedrehten Por­t­räteinspieler verrät: «Vo de Goofe frogt do obe nie öppert: ‹Mami, dörfi Fernseh luege?› ‹Mami, dörfi an Computer?› Do spieled's mit Stee, mit Escht, mit Säge, mit Sackmesser.»

Ich habe meiner elfjährigen Tochter sofort gesagt: «Siehst du? Jetzt gibst du aber schleunigst dein iPad und dein iPhone und den ganzen restlichen elektronischen Krempel ab und kriegst dafür einen Ast und einen Stein, damit kann man auch glücklich sein!»

Jetzt aber zum Menu von Marianne.

Vorspeise: Salat vom eigenen Hochbeet mit selbstgemachter französischer Sauce; dazu panierte Urnäscher Edelweisskäsetaler.

«I hätt's fascht no chli bunter erwartet. Aber villicht chunnt's ja no», äussert sich Landfrau Ilona Thétaz bei der Degustation im Esszimmer.

«D Chästaler sind rächt buttrig gsii», kommentiert Landfrau Maya Baer.

«OMG! OMG! OMG!», schiesst es mir durch den Kopf. Denn mir ist klar: Das war bereits das Todesurteil.

Panik in der Küche

Hauptgang: Appenzeller Rollbraten aus Schultern von eigenen «Sauen», mit Speck umwickelt und einer Mischfüllung aus Brät, blanchiertem Lauch und Mostbröckli; dazu Kartoffelstock und mit eigenem Schwägalp-Käse überbackene Zucchetti.

Es kommt zum totalen, absoluten, apokalyptischen Super-GAU: Der Backofen in der Küche funktioniert nicht, wie er sollte.

«Das isch s Heissischte, woni ha – aber i ha eifach s Gfühl, es brutzlet nit eso», konstatiert Marianne, panisch in den Ofen starrend. «Das isch e Katastrophe! Wa mach i jetz?»

Eine Idee formt sich in ihrem Kopf: Ehemann Hansueli soll zu den Landfrauen ins Esszimmer gehen und einen Witz erzählen. Leider kennt Hansueli keinen Witz. «Goht no e Wiili – de Ofe spinnt», bescheidet er den wartenden Landfrauen stattdessen. Nicht einmal ein Striptease dieses wackeren Prachtappenzellers hätte noch etwas retten können!

«R.I.P., Appenzeller Rollbraten», denke ich.

Das Ding wird trotz allem serviert; die Vegetarierin kriegt stattdessen Peperoni mit Pesto. Und natürlich kommt es, wie es kommen musste: «Ds Fleisch hät mich fascht echli z wenig dure dunkt – de Späck hätti me meh dörfe schmöcke», katapultiert Landfrau Anita Estermann den Braten in die ewigen Jagdgründe.

Brutal. Einfach nur brutal, brutal, brutal. Ich habe es Ihnen eingangs gesagt.

«Eine Sendung für die Härtesten der Härtesten.»

Dessert: Appenzeller Biberfladen-Parfait mit heissen Rotweinzwetschgen, Rahm und Zuckermandeln.

Ehrlich: Ich kann nicht mehr hinsehen. Aber ich wünsche dem Biberfladen-Parfait alles, alles Gute!

Fazit: «Landfrauenküche» ist und bleibt eine Sendung nur für die Härtesten der Härtesten. Ich gehöre nicht dazu.

Zurück zur Startseite