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Rainer Maria Salzgeber (Teil 1) Rainer Maria Salzgeber: «Ich habe auch mehr Kleider als meine Frau»
Von Carlotta Henggeler
30.12.2019
2019 ist ein besonderes Jahr für den Walliser: Im August feierte er seinen 50. Geburtstag, 25 Jahre ist er schon bei SF, 20 Jahre verheiratet und im Juli moderierte er seine erste Unterhaltungssendung. In Teil Eins des Interviews erinnert er sich an seinen schlimmsten Look, seine TV-Anfänge und erzählt, wie er Silvester feiert. Teil Zwei gibt es am 3. Januar zu lesen.
Nur zwei, drei Personen sitzen noch in der Cafeteria des Schweizer Fernsehens. Rainer Maria Salzgeber ist schon von weitem zu erblicken, sein himbeerfarbener Merino-Pullover fällt auf, wo sonst viele im dunklen Anzug herumlaufen.
Am Wochenende hat er die «Sports Awards» ko-moderiert, die Sendung war ein Erfolg: «Ich bin morgens um zwei total happy nach Haus gefahren», erzählt er und setzt an zu seiner Retrospektive über 25 Jahre beim Schweizer Fernsehen.
Herr Salzgeber, Sie fallen seit Jahren durch einen extravaganten Stil auf. Wir haben im Archiv Fotos von Ihren TV-Anfängen ausgegraben. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Bilder sehen?
Judhihui, das ist lange her! Ich erinnere mich noch haargenau an dieses karierte Hemd, das war auf meiner ersten Autogrammkarte. Das Bild wurde, glaube ich, an der EM 1996 aufgenommen. Damals war ich sehr stolz auf die Autogrammkarte, jeder wollte eine. Heute wollen die Leute alle Selfies mit mir. Wenn ich das anschaue, bin ich definitiv weiser geworden. Das geht wohl allen so, wenn man alte Föteli anschaut.
Zur Person
Wirtschaftsmatura in Brig (1990), Einstieg bei Radio Rottu (1992–1994). Fünf Semester an der Uni Bern (Geschichte, Politologie und Medien) ohne Abschluss. Volontariat bei SF DRS-Volontariat. Redaktor und Moderator «sportaktuell», sowie Moderation diverser Livesendungen (America's Cup, Champions League, Eishockey). 2008 gewann er den Schweizer Fernsehpreis in der Kategorie National.
Mode interessierte Sie schon immer?
Ja, schon. Das war schon vor dem TV-Zeitalter so, als ich noch in Brig wohnte. Dort ging ich in einen Laden einkaufen, der «Tutto Uomo» hiess. Da kaufte ich grüne Hosen, komische Tschopä und spezielle Schuhe. Natürlich meinem damaligen Budget entsprechend.
Sie waren also schon immer ein Paradiesvogel.
Ja, völlig, schon vor meiner Zeit beim Fernsehen. Ich habe zum Beispiel grüne Hosen getragen oder himmelblaue, da haben mich die Leute komisch angeschaut. Das hat mir noch nie etwas ausgemacht. Ich wollte damit nicht bewusst auffallen, es hat mir gefallen und Mode hat mich schon immer interessiert. Ich habe auch mehr Kleider als meine Frau.
Misten Sie auch mal aus?
Ja, aber es fällt mir schwer.
Ihr schlimmstes Mode-Faul?
Ein knallweisser Smoking, den ich vor einigen Jahren bei den «Sports Awards» trug. Wenn man sich modisch an der Grenze bewegt, schiesst man halt auch mal drüber.
Zurück zu den Fotos. Zwischen dem Rainer von damals und heute liegen 25 Jahre. Was für einen Tipp würden Sie heute dem jungen Rainer geben?
Heute ist es schon anders, wenn du in den Medien starten willst. Der Weg, den ich gegangen bin, der ist heute selten geworden. Im Wallis ein bisschen Lokalradio machen, aus eigener Initiative schreiben, den Fernsehleuten auf den Wecker gehen, 15 mal anzurufen, bis sie sagen: Lasst ihn mal nach Zürich kommen, dann haben wir Ruhe.
Aha. Sie sind ein hartnäckiger ...
Ja, ist so. Heute wird alles mögliche an Diplomen und Vor-Wissen verlangt. Das ist auch alles richtig, aber ab und zu wünschte ich mir, dass bei uns wieder einmal ein «querer Kehrli» wie ich auftauchen könnte.
Aus dem «queren Kerli» ist ein erfolgreicher TV-Moderator geworden. Ein Tipp an Anfänger, die gerne in Ihre Fussstapfen treten würden?
Unbedingt früh anfangen mit der Praxis und die nötigen Diplome machen. Studieren, entweder an der Uni, der Journalistenschule oder der ZHAW. Allerdings fehlt dann die Erfahrung aus der Praxis, die richtige Story zu finden, das lernst du nicht im Studio, das lernst du in der freien Wildbahn. Da bin ich überzeugt davon.
Apropos Karriere: Dieses Jahr ist Ihnen der Sprung in die Champions League der Unterhaltung gelungen. Im Juli moderierten Sie erstmals den «Donnschtig-Jass», mit Ko-Moderator Stefan Büsser und Schiedsrichterin Sonia Kälin. 2019 scheint Ihr Jahr zu sein.
Wenn ich zurückblicke, stimmt das schon wegen meiner privaten Rahmenbedingungen. Ich bin 50 geworden, bin seit 20 Jahren verheiratet und seit 25 Jahren beim Fernsehen. Es ist schon mein Jahr, in meiner Wahrnehmung zumindest. Nicht in der der Leute, die sagen nicht: Salzgeber ist der Judihui des Jahres.
Der Judhihui des Jahres, eine lustige Bezeichnung.
Für mich war es das Jahr, an das ich mich noch lange zurückerinnern werde. Natürlich auch wegen der neuen Sendung, die ich moderieren durfte, den «Donnschtig-Jass». Ich finde es toll, dass ich das in der Blüte meines Schaffens moderieren darf. Heute passt es besser, wie wenn ich es mit 30 oder 35 Jahren hätte moderieren dürfen.
Wegen der Erfahrung?
Die Erfahrungen, die ich in 25 Jahren TV gemacht habe, haben mir geholfen, mit den jetzigen Rahmenbedingungen umgehen zu können.
Gewollt hätten Sie es schon vorher …
Ja, aber die TV-Landschaft hat sich auch verändert. Früher war eine Unterhaltungssendung das Grösste aller Dinge, das hat jeder angestrebt, von jedem, der vor der Kamera stand. Damals durfte ich ein paar Probesendungen machen, aber das hat sich nie ergeben.
Waren Sie genervt?
Damals sollten Sportmoderatoren bei uns ausschliesslich Sportsendungen moderieren. Das hat mich damals ein wenig frustriert, hat mich aber nicht davon abgehalten, Vollgas zu geben. Mit den Jahren hat sich auch der Sport ein wenig in diese Richtung entwickelt. Wenn du die «Sports Awards»-Sendung anschaust oder die Champions League, der Sport geht weg von einer resultatbasierten Berichterstattung, hin zu einer Show. Vor 25 Jahren wurde der Sport anders inszeniert als heute.
Jetzt haben Sie den Sprung geschafft. Eine erste «Donnschtig Jass»-Staffel hinter sich. Wie sind Sie zufrieden?
Das war eine Riesenerfahrung. Ich habe noch nie eine Sendung erlebt, die so nahe «bi de Lüt», beim Volk, ist. Nicht nur, weil sie draussen stattfindet, die Leute nehmen dich in Beschlag, du gehörst den Zuschauerinnen und Zuschauern. Dass im Zeitalter von Netflix und Co. eine Sendung die Leute so zusammenbringen kann, das ist gigantisch.
Am Anfang hat man Sie mit Argusaugen beobachtet.
Ja, am Anfang schlug mir eine gewisse Skepsis entgegen, das habe ich als Motivation genommen. Ich konnte ja nicht üben, bin aber trotzdem schnell «fürschi cho». Ich habe zwar in der ersten Sendung einen dummen Fehler gemacht. Das ist anderen aber auch schon passiert.
Genau. Sie haben einen Bock geschossen, in dem Sie für den Telefon-Jasser das Schellen-7ni statt dem Schilten-7ni auf den Tisch gelegt haben.
Ich habe gesehen, was ich sofort verbessern muss und habe das auch gleich gemacht. Das Publikum scheint meinen Stil zu mögen, die Rückmeldungen waren gut, die Quoten auch. Das zeigt mir, dass wir auf einem guten Wege sind. Klar will man immer besser werden, aber für die erste Staffel bin ich zufrieden.
Silvester steht vor der Türe. Wie feiern Sie?
Mit der Familie und ein paar Freunden in Zermatt. Ich bin sonst schon viel unterwegs und unter Leuten. Deshalb sind wir an Silvester eher für uns, mit ein paar wenigen Freunden. Wir essen gut, trinken was, gehen Skifahren. Das mag ich sehr.
Schwingen Sie den Kochlöffel?
Nein, früher habe ich gerne gekocht. Aber meine Frau Chantal macht das entschieden besser als ich, das ist ihre Domäne. Sie kocht hervorragend.
Apropos können. Was können Sie gar nicht und hätten gerne die Fähigkeit dazu?
Für eine Wunsch-Sendung mit Fabienne Pfammatter durfte ich das Tonhalle-Orchester dirigieren. Ich war selbst im Militär bei der Musiktruppe und habe Klarinette gespielt. Ein richtiges Orchester in einem schönen Saal wie der Tonhalle dirigieren zu dürfen, das wäre schon ein Traum.
Lesen Sie am 3. Januar Teil Zwei des Interviews mit Rainer Maria Salzgeber. Darin erzählt er, welches sein Sport-Highlight 2019 war und worauf er sich im neuen Jahr freut.