Kolumne am Mittag Er schützt deine Privatsphäre, der Rest geht dich nichts an

Von Dirk Jacquemien

14.4.2021

Tech-Giganten und Regierungen sollen nicht in das Privatleben von Menschen gucken, das ist die Lebensmission von Max Schrems.
Tech-Giganten und Regierungen sollen nicht in das Privatleben von Menschen gucken, das ist die Lebensmission von Max Schrems.
Getty Images

Ein junger Österreicher macht seit fast zehn Jahren Facebook, der NSA und anderen Datenkraken das Leben schwer. Kaum eine andere Person hat wohl mehr für den Datenschutz in Europa getan als Max Schrems.

Von Dirk Jacquemien

Manche Menschen nutzen ihre Studienzeit um die Welt zu bereisen, viele neue Freunde zu machen und sich selbst zu finden. Max Schrems hat sie dazu genutzt, um Grosskonzerne, Regierungen und multinationale Organisationen zu verklagen — und gegen sie zu gewissen.

Seit knapp zehn 10 Jahren gehört der inzwischen 33-Jährige aus Salzburg schon zu den grössten Störenfrieden der Tech-Welt.

Jeder war schon in Schrems Visier, seien es Facebook, Google und Apple oder die EU-Kommission und Regierungen des Kontinents. Besonders ärgert sich Schrems über Aufsichtsbehörden, die seiner Meinung nach ihren Pflichten nicht nachkommen.

Im Auslandssemester auf den Appetit gekommen

Schrems' Kampf gegen die Datenkraken der Welt begann 2011. Bei einem Auslandssemester in den USA hörte der damalige Rechtswissenschafts-Student Facebooks Datenschutzverantwortlichen bei einem Vortrag zu. Schrems war entsetzt über dessen mangelnde Kenntnisse europäischer Datenschutzgesetze.

Also reichte Schrems in Irland, dem Europa-Sitz von Facebook, eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde ein. Bis heute hat diese allerdings den Ruf, gegenüber den dort aus Steuergründen ansässigen Europa-Niederlassungen der grossen US-Tech-Konzerne sehr häufig Gnade vor Recht walten zu lassen. Und so verweigerten sich die irischen Datenschützer über Jahre hinweg einer ernsthaften Untersuchung.

Schon als junger Student legte sich Schrems mit den Tech-Giganten an.
Schon als junger Student legte sich Schrems mit den Tech-Giganten an.
Keystone

Schrems schaltete ein paar Gänge höher. Nachdem durch die Enthüllungen von Edward Snowden bekannt wurde, dass US-Geheimdienste direkten Zugriff auf Nutzerdaten von Facebook, Google und Co. hatten, reichte er Untätigkeitsklage gegen die irische Datenschutzbehörde ein. Der Fall landete ultimativ vor dem Europäischen Gerichtshof, der 2015 die bis dann gültigen Regeln zum Datentransfer zwischen den USA und Europa — Safe Harbor genannt — komplett kippte.

Die EU reagierte auf das Urteil und führte den Privacy Shield ein — was laut Schrems quasi dasselbe, nur in Grün sei. Er klagte erneut und gewann erneut, 2020 wurde auch Privacy Shield vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt.

Sein Privatleben bleibt natürlich privat

Fast wichtiger als die juristischen Siege dürfte allerdings die durch Schrems erzeugte öffentliche Aufmerksamkeit auf Datenschutzprobleme sein. Die wegweisende EU-Datenschutzgrundverordnung — deren Kernaspekte auch im 2020 neu gefassten Schweizer Datenschutzgesetz umgesetzt wurden — wurde wohl auch durch Schrems Aktivismus Realität.



Damit das alles nicht allein auf seinen Schultern lastet, gründete er 2017 den Verein noyb, kurz für «none of your business», zu deutsch «das geht euch gar nichts an». Noyb ist derzeit auch fleissig weiter am Klagen. Gegen Google, Apple, Facebook und andere laufen derzeit diverse Verfahren in diversen europäischen Ländern.

Wenn man Schrems’ bereits jetzt beträchtliches Lebenswerk betrachtet, ist es natürlich nur konsequent, dass er über sein Privatleben keine Auskunft gibt. Ein Instagram-Profil von Schrems sucht man vergebens, sein Twitter-Account befasst sich vor allem mit seinem Aktivismus. Alles andere ist eben none of your business, wie es sein sollte.

Regelmässig gibt es werktags um 11.30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.