Psychoanalytiker Peter SchneiderThomas Gottschalk ist «ein übergriffiger Clown»
Bruno Bötschi
30.10.2024
Thomas Gottschalk hadert mit dem Zeitgeist und sorgt mit kontroversen Aussagen für Aufsehen. Psychoanalytiker Peter Schneider ordnet das Verhalten des deutschen TV-Stars ein – und lässt kein gutes Haar an ihm.
Bruno Bötschi
30.10.2024, 19:45
01.11.2024, 06:54
Bruno Bötschi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Der Psychoanalytiker Peter Schneider aus Zürich spricht in einem Interview im «Blick» über die kontroversen Aussagen des deutschen TV-Stars zu Sexismus und Cancel Culture.
Gottschalk, der jahrzehntelang sozusagen der Berufsjugendliche von Deutschland war, hadert mit dem Zeitgeist. Er tut dies auch in seinem kürzlich erschienen Buch «Ungefiltert».
«Ich glaube, Gottschalk ist stolz auf sein Gelaber, wie es auch die sogenannten Querdenker sind. Beim Papst gehört es zum Geschäftsmodell, gestrig zu sein; bei Entertainern ist es unangenehm», so Schneider.
«Thomas Gottschalk war ein guter Entertainer, aber die Zeiten haben sich nun einmal geändert.»
Im «Blick» spricht Psychoanalytiker Peter Schneider aus Zürich über die kontroversen Aussagen des 74-jährigen deutschen TV-Mannes zu Sexismus und Cancel Culture.
Und Schneider lässt kein gutes Haar an den Aussagen des ehemaligen «Wetten, dass ..?»-Moderators.
Gottschalk: «Ich habe Frauen im TV rein dienstlich angefasst»
«Ich hatte kein sexuelles Interesse an den Spice Girls. Ich habe Frauen im TV rein dienstlich angefasst. Wie ein Schauspieler, der im Film küsst, weil es im Drehbuch steht. Das lasse ich mir nicht als Attacke vorwerfen.»
Mit solchen Sätzen, unter anderem in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin «Spiegel» geäussert, machte Thomas Gottschalk in den vergangenen Wochen Schlagzeilen.
Gottschalk, der viele Jahre sozusagen der Berufsjugendliche von Deutschland war, hadert immer wieder mit dem Zeitgeist und der jüngeren Generation. Er tut dies auch in seinem kürzlich erschienenen Buch «Ungefiltert».
Fast scheint es so, als sei es Gottschalk egal, dass er mit seinem ewiggestrigen Verhalten sogar seinen Ruf als ehemals grösstem TV-Star Deutschlands zerstören könnte.
Peter Schneider: «Gottschalk ist nun mal kein Chanel No. 5»
«Es gibt viele Menschen, die es nicht lassen können, sich mit ihrem Schmarren in Szene zu setzen», sagt Peter Schneider im «Blick». Bei einer Fernsehgrösse wie Thomas Gottschalk falle dies allerdings noch stärker auf.
Und weiter: «Wenn jemand, wie er, meint, seine altbackenen Sprüche in die Welt posaunen zu müssen, und sich dann darüber beklagt, dass nicht alle davon begeistert sind, wird es fast ein bisschen tragisch.»
Auf die Frage, was Gottschalk aus seinen Kontroversen ziehe, antwortet Schneider: «Er findet im Dunstkreis der alten weissen Männer und Frauen noch genug Befürworter. Solche, die davon überzeugt sind, dass solche Zoten und Sprüche in Ordnung sind.»
Und weiter: «Ein schöner handgefertigter Koffer oder ein besonderes Parfüm können gut altern – aber ein etwas übergriffiger Clown wie Gottschalk ist nun mal kein Chanel No. 5.»
Das Problem von Thomas Gottschalk
Paradiesvögel wie Thomas Gottschalk, so Peter Schneider, lebten davon, dass ihr jeweiliges Umfeld höflich genug sei, «die Exaltiertheit freundlich hinzunehmen. Diese Menschen glauben, dass das, was sie sagen, sie besonders macht». Dem sei jedoch nicht so, analysiert der 67-jährige Psychoanalytiker, der in Zürich eine Praxis betreibt.
Wichtig sei vielmehr, dass sich ein Mensch auch einmal eingestehen könne, dass sich die Zeiten ändern und «gerade Scherze und Pointen keine ewigen Wahrheiten sind».
Genau diese scheinbare Uneinsichtigkeit könnte zum Problem von TV-Moderator Thomas Gottschalk werden, sagt Schneider: «Ich glaube, er ist stolz auf sein Gelaber, wie es auch die sogenannten Querdenker sind. Beim Papst gehört es zum Geschäftsmodell, gestrig zu sein; bei Entertainern ist es unangenehm.»
Mehr Videos aus dem Ressort
Bötschi fragt Daniel Rohr: «Ich möchte ohne Zuschauer sterben»
Daniel Rohr ist ein Tausendsassa. Er ist Theaterleiter. Er ist Schauspieler. Er ist Regisseur. Und er arbeitet als Platzanweiser. Ein Gespräch über das Leben auf und neben der Bühne, die Liebe zu seiner Frau – und den Tod.