Epstein-Affäre Vom Liebling zum Sorgenkind der Queen: Prinz Andrew wird 60

Silvia Kusidlo und Benno Schwinghammer, dpa

17.2.2020

Seine Freundschaft zu Jeffrey Epstein belastet Prinz Andrew (auf dem Bild mit seiner Mutter, Queen Elisabeth) schwer.
Seine Freundschaft zu Jeffrey Epstein belastet Prinz Andrew (auf dem Bild mit seiner Mutter, Queen Elisabeth) schwer.
Bild: Keystone

Die Queen dürfte es schwer getroffen haben, dass Harry und Meghan sich ins Private zurückziehen. Ihr grösstes Sorgenkind ist aber Prinz Andrew: Schwere Vorwürfe überschatten seinen anstehenden runden Geburtstag.

«Tick-tack Andy, es ist Zeit zu reden!!», schreib die Amerikanerin Virginia Giuffre auf Twitter.

Ihre Ermahnung galt dem britischen Prinzen Andrew, dem sie vorwirft, sie als Minderjährige missbraucht zu haben. «Mach das Richtige – und wenn nicht für mich, dann für die unzähligen anderen Epstein-Opfer, die ein Recht auf die Wahrheit haben!»

Darunter ist ein Suchplakat mit Foto des Royals zu sehen und der Frage: «Haben Sie diesen Prinzen gesehen?»

Andrew, der der Lieblingssohn von Königin Elizabeth II. (93) sein soll, dürfte wegen seiner Verwicklung in den Missbrauchsskandal um Jeffrey Epstein an seinem 60. Geburtstag, den er am Mittwoch feiert, wohl kaum zum Feiern zumute sein.

Der Herzog von York zählte ohnehin noch nie zu den Lieblingen des Volkes. Affären und ungeschicktes Verhalten auf dem politischen Parkett, etwa als er mitten in der Wirtschaftskrise Bankerboni verteidigte, ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Doch jetzt hat seine Popularität einen neuen Tiefpunkt erreicht.

Der «geile Andy»

Lange Zeit verspottete die britische Presse den Prinzen, der einst im Falklandkrieg gedient hatte, wegen seiner Flirts als «Randy Andy» (geiler Andy). Schon im Internat soll Andrew die Überfälle der Jungen auf den Schlafsaal der Mädchen angeführt haben.



Später vergnügte er sich mit Models und Starlets, darunter US-Schauspielerin Koo Stark. Als öffentlich bekannt wurde, dass sie auch erotische Szenen in Filmen spielte, war die Beziehung zu Andrew schnell beendet.

Mit seiner grossen Liebe, Sarah Ferguson («Fergie»), wurde es zunächst ruhiger um den Prinzen mit dem Playboy-Image. Und mit der Geburt der Töchter Beatrice und Eugenie schien das Glück perfekt. Doch der lebenslustigen «Fergie» wurden Affären nachgesagt. Schliesslich wurde sie dabei fotografiert, wie ein Mann ihr die Zehen lutschte – nicht Andrew, sondern ein Finanzberater.

«Fergie» hält zu Andrew

Zehn Jahre nach der Hochzeit liess sich das Paar scheiden. Beide sind nach wie vor aber beste Freunde und wohnen sogar im selben Gebäude. «Fergie» verteidigt ihren Ex-Mann auch gegen die Missbrauchsvorwürfe. Die letzten Monate seien hart für sie und die Töchter gewesen. «Zuzusehen, was ein so wunderbarer Mann ertragen muss ... Er ist der beste Mann, den ich kenne», sagte sie der Zeitschrift «Vogue Arabia».

Giuffre behauptet, sie sei als Minderjährige von Epstein zum Sex mit dem Prinzen genötigt worden. Andrew weist die Vorwürfe zurück. Nach einem katastrophalen BBC-Interview, mit dem er eigentlich seinen Ruf wiederherstellen wollte, liess der Prinz seine royalen Aufgaben vorerst ruhen. Auch seine Beförderung zum Admiral liegt auf Eis.

Besonders pikant: Andrew war mit Epstein noch befreundet, als dieser bereits einschlägig vorbestraft war. Ein grosser Fehler, wie der Prinz inzwischen einräumte. Epstein, der zwischen 2002 und 2005 in New York und Florida einen Missbrauchsring aufgebaut haben soll, nahm sich im Gefängnis im vergangenen Sommer das Leben. Andrew will von seinen Machenschaften nichts mitbekommen haben.

In den USA werden die Ermittler immer ungeduldiger. Andrew hatte zwar im November mitteilen lassen, dass er der amerikanischen Justiz helfen wolle, die Vorwürfe gegen seinen früheren Freund Epstein und mögliche Mittäter aufzuklären. Doch es folgten offenbar keine Taten.



Und so schritt US-Staatsanwalt Geoffrey S. Berman Ende Januar vor die Kameras und warf dem Royal vor, sein Wort nicht zu halten. «Bis heute hat Prinz Andrew mit uns nicht zusammengearbeitet», wetterte Berman und räumte ein, es sei ungewöhnlich, dass er sich im laufenden Verfahren zu Wort melde. In diesem Fall sei es aber «fair», der Öffentlichkeit von dem gebrochenen Versprechen zu berichten. Das FBI habe Andrews Anwälte kontaktiert, doch keine Antwort bekommen.

Was genau die Ermittler mit dem Prinzen besprechen wollen, ist nicht bekannt. Wichtig ist dabei aber, dass es hier förmlich um eine Befragung als Zeuge geht. Bislang wirft keine der US-Behörden dem Prinzen offiziell Fehlverhalten vor. In der Anklageschrift gegen Epstein fällt Andrews Name nicht.

Fall Epstein ist noch nicht abgeschlossen

Die New Yorker Staatsanwälte hatten nach Epsteins Suizid aber wiederholt angekündigt, dass die Ermittlungen weitergingen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass daraus neue Anklagen entstehen. Und Andrews dubioses Verhalten dürfte den Verdacht erhärten, dass er vielleicht mehr als nur Zeuge ist.

Zeigte sich die Queen zunächst etwa beim Kirchgang noch demonstrativ strahlend mit Andrew, scheint er nun wie vom Erdboden verschwunden. Ob er je wieder zum Vollzeit-Royal wird? Unwahrscheinlich. Sein älterer Bruder, Thronfolger Prinz Charles (71), hat Berichten zufolge ohnehin vor, nach dem Tod der Queen das Königshaus zu modernisieren. Dabei soll die «Firma», so nennen sich die Royals, schlanker werden.

Eine grosse offizielle Party wird es zum 60. Geburtstag von Andrew nicht geben. Nur die Glocken der Westminster Abbey in London sollen ihm zu Ehren läuten. Öffentlich zu sehen sein wird er vermutlich Ende Mai, wenn seine Tochter Beatrice einen italienischen Geschäftsmann heiratet. Aber die Trauung ist verhältnismässig klein und wird nicht im Fernsehen übertragen. Der Buckingham-Palast will sich zu Andrews Plänen nicht äussern: «Das ist Privatsache.»

So schön warteten Royals

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