Sexueller Übergriff Patrizia Laeri erhebt schwere Vorwürfe gegen SRF-Mann

fts

8.2.2023

Journalistin und Finanzfrau Patrizia Laeri äussert sich über einen Belästigungsfall, der während ihres Praktikums beim öffentlich-rechtlichen Sender vorgefallen sei. SRF hat umgehend den Dialog mit Laeri gesucht.

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Beim «Spiegel» erhob Journalistin Anuschka Roshani in einem Gastbeitrag schwere Vorwürfe: Ihr damaliger Vorgesetzter, «Magazin»-Chefredaktor Finn Canonica, soll sie gemobbt und sexistisch herabgewürdigt haben. Ihrem Ex-Arbeitgeber Tamedia wirft sie Untätigkeit vor.

Die schweren Vorwürfe gegen das Medienhaus «haben einen Damm gebrochen», erzählt Patrizia Laeri im «Watson»-Interview. «Viele Frauen stehen jetzt mit Namen hin und erzählen von ähnlichen Erlebnissen.»

Die Wirtschaftsjournalistin arbeitete von 2003 bis 2020 beim Schweizer Fernsehen, nun leitet sie das Finanz- und Medienportal elleXX. Via Social Media sammeln Laeri und ihr Team nun weitere Fälle von Sexismus und Mobbing.

Trotz mehrerer Neins weitergemacht

Dabei enthüllt Laeri selbst, dass ein Redaktor sie als junge Praktikantin zu küssen versucht habe. Sie musste sich körperlich wehren – bei der nächsten Praktikantin habe er es auch versucht. Und: «Er sitzt immer noch in Leitungsfunktion bei SRF.»

Auf Anfrage von «Watson» erklärt Patrizia Laeri den Vorfall genauer: «Es ist in meinen ersten Wochen bei SRF passiert. Ein Redaktor hat mir Hilfe angeboten. Als wir allein in einem Raum waren, probierte er plötzlich, mich zu küssen. Ich habe gesagt: ‹Nein, bitte hör auf, bitte hör auf!› Er hat entgegnet: ‹Doch.›» Trotz mehrerer Neins habe er es weiter versucht, bis sie ihn weggestossen habe.

Bis jüngst habe sie den Vorfall nicht bei SRF gemeldet, sagt sie weiter: «Ich war in Schockstarre und wusste nicht, an wen ich mich hätte wenden sollen.» Am nächsten Tag habe der Redaktor so getan, als sei nichts geschehen.

«20 Jahre und er ist immer noch da»

Als sie sich der nächsten Praktikantin anvertraut, schildert ihr diese ähnliche Erlebnisse. «Es war offenbar seine Masche», sagt Laeri. Laut der Journalistin habe der Redaktor heute eine Leitungsfunktion beim SRF inne. Auch habe sie mit einer jungen Frau gesprochen, die beim SRF arbeitet: «Laut ihr begeht die Person immer noch Grenzüberschreitungen. Ich konnte es nicht fassen. 20 Jahre sind vergangen und er ist immer noch da.»

Und Patrizia Laeri fügt an: «Ich fühle mich heute mitschuldig. Ich habe geschwiegen.»

Das SRF habe Laeris Vorwürfe «mit Bedauern zur Kenntnis genommen». Das Schweizer Fernsehen habe der Journalistin einen Dialog angeboten, um auf die geschilderten Vorfälle einzugehen. Denn: «Bei SRF gilt bei sexueller Belästigung und sexistischem Verhalten Nulltoleranz», wie Gerhard Bayard, Leiter HR & Change bei SRF «Watson» versichert.


Schawinski – mit Patrizia Laeri
30:53

Schawinski – mit Patrizia Laeri

Roger Schawinski spricht mit Wirtschaftsjournalistin, Unternehmerin und Moderatorin Patrizia Laeri über ihre Finanz-Medien-Plattform Elle XX und mediale Aufmerksamkeit für Frauen, aber auch über ihre Zeit bei SRF, ihre Karriere und weitere Pläne.