Holpriger Start Nazi-Vorwürfe und Sexismus – Vergangenheit holt die Berlinale ein

fts

20.2.2020

Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek sind die aktuellen Leiter der Berlinale.
Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek sind die aktuellen Leiter der Berlinale.
Jens Kalaene/dpa

Der ehemalige Leiter war Nationalsozialist, der aktuelle Jurypräsident scheint ein Sexist zu sein. Die Berlinale-Spitze mit dem ehemaligen Leiter des Locarno Film Festivals muss schwere Vorwürfe kommentieren.

Der gebürtige Turiner Carlo Chatrian und die Niederländerin Mariette Rissenbeek haben einen schweren Stand, was ihr aktuelles Projekt betrifft – die soeben eröffnete 70. Berlinale. Vor knapp drei Wochen wurde bekannt, dass ein ehemaliger Leiter des Filmfestivals, Alfred Bauer, ein hochrangiger Beamter in der Reichsfilmintendanz der Nazis war. Dies deckte «Die Zeit» auf – unter Berufung auf Archivmaterial des Deutschen Bundes.

Besonders pikant: Bauer, der die Leitung der Berlinale von 1951 bis 1976 innehatte, war nicht nur der erste in dieser Funktion überhaupt – nach ihm ist auch einer der Festivalpreise benannt. Der wird nach den jüngsten Entwicklungen in diesem Jahr aber nicht vergeben.



Zusätzlich schlägt auch der neu erkorene Jury-Präsident, Schauspieler Jeremy Irons, Wellen: Vor Jahren soll er öffentlich problematische Kommentare zu sexueller Belästigung geäussert haben: Frauen kämen schon damit klar, wenn Männer ihnen an den Hintern fassen würden, habe er gesagt. Kaum war Irons zum Jurypräsident ernannt worden, läuteten also schon wieder die Alarmglocken für Chatrian und Rissenbeek.

In einem Interview im «Spiegel» beziehen sie nun zum ersten Mal Stellung zu den Skandalen vor dem Startschuss der 70. Berlinale, doch ihre Antworten lassen zu wünschen übrig. Chatrian, der von 2012 bis 2018 Leiter des Locarno Film Festivals war, bestätigte den Sexismus von Irons. Jener hätte sich «später aber davon distanziert, das war entscheidend».

Über die Nazi-Vergangenheit des ersten Leiters wären auch sie nicht im Bilde gewesen und seien «kalt erwischt worden», als dies ans Licht kam.

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