Charakterstudien Dem Wahnsinn verfallen – groteske Vorbereitungen für den «Joker»

Von Fabian Tschamper

12.10.2019

Von wochenlanger Isolation bis hin zu einem toten Schwein: Ledger, Leto und Phoenix verhielten sich am Set der Filme mitunter wie Psychopathen – ganz im Geiste der schaurigen Rolle.

Jack Nicholson verlieh dem Joker etwas Absurdes und dennoch Komisches. Seine Version des Batman-Gegenspielers ist ein Mörder, der sein schreckliches Lächeln auf den Opfern hinterliess. Dennoch war nichts daran wirklich furchteinflössend. Seine Nachfolger haben den Ulk komplett weggelassen und verkörperten eine Realitätsnähe, die die Rolle zu einer ernstzunehmenden machte – einem Schauspieler brachte sie gar den Oscar ein.

Der aktuelle Performer, der sich das Clown-Make-Up aufgemalt hat, ist Joaquin Phoenix. Sein Film «Joker» startete diese Woche in den Deutschschweizer Kinos. Am Film Festival Venedig liess sich Phoenix gar ein wenig in die Karten schauen, als er dem Publikum sagte: «Man beginnt langsam, verrückt zu werden.»

Hier folgen nun die seltsamen und durchaus grotesken Vorbereitungen der letzten drei Joker-Darsteller.

Heath Ledger, «The Dark Knight»

Der Australier verwandelte die Rolle des simplen Bösewicht-Parts in komplexe Kunst. Der Joker von 2008 sollte den Leuten noch lange in Erinnerung bleiben.

In Regisseur Christopher Nolans Vision der «Batman»-Filme war der Joker ein Krimineller, der zum kranken Terrorist wird und eine durchaus reale Stadt in Angst und Schrecken versetzt.

Ledgers Verständnis der Rolle und die Vorbereitung sucht ihresgleichen: Co-Star Christian Bale erzählte in einem Interview, wie er die Verhör-Szene in «The Dark Knight» mit Ledgers Joker erlebt hat. Denn jener wollte wirklich verletzt und geprügelt werden.

«Je mehr ich den Joker schlage, desto mehr geniesst er es – desto befriedigter ist er. Heath verhielt sich sehr ähnlich», sagte Bale gegenüber dem «Hollywood Reporter». «Er warf sich selbst im Raum herum – manchmal mit so einer Wucht, dass die Set-Wände kaputtgingen.»

Doch dessen nicht genug: Der damals 26-jährige Heath Ledger verbarrikadierte sich sechs Wochen vor Drehbeginn alleine in einem Motelzimmer – komplett isoliert von sozialem Kontakt. Er las Comic-Bücher und meditierte. Zudem führte der Schauspieler ein «Joker-Tagebuch» mit Fotos von Alex DeLarge aus dem Kubrick-Klassiker «A Clockwork Orange», Hyänen und inspirierenden Zitaten. Die Dokumentation «Heath Ledger: Too Young To Die» veröffentlichte gar eine Seite Handgeschriebenes. 

Darauf standen verstörende Dinge, wie «Landmine; AIDS; überfahrene Haustiere; Statistiken; BRUNCH!; Periodensystem».

Der Schauspieler starb sechs Monate vor der Premiere des Films, erhielt allerdings posthum den Oscar für den besten Nebendarsteller.

Jared Leto, «Suicide Squad»

Isolation schien der Hauptaspekt gewesen zu sein bei den Vorbereitungen für die Rolle des anarchistischen Clowns. Auf dem Set zu «Suicide Squad» hat sich Jared Leto wie ein Einsiedler verhalten. Er sollte mit geröteten Augen und drogenabhängig im Gewand des Jokers auftreten.

Will Smith sagte gar, dass er Leto am Set nie getroffen habe. «Wir haben sechs Monate lang zusammengearbeitet, aber abgesehen von ‹Action› und ‹Cut› haben wir nicht miteinander geredet.»



Leto blieb angeblich für die ganzen Dreharbeiten immer im Charakter des Jokers. Der 44-Jährige sorgte gar für eine unheimliche Atmosphäre unter seinen Co-Stars. Er schickte seinen Kollegen zum Drehstart allen ein Geschenk: «Ein Henker kam herein und knallte ein totes Schwein auf unseren Tisch und ging», erzählte Schauspielerin Viola Davis, «so hat sich Jared Leto bei uns vorgestellt.»

Seiner Filmfreundin Margot Robbie schenkte der Amerikaner eine schwarze Ratte, die sie angeblich behalten hat.

Joaquin Phoenix, «Joker»

Phoenix ist dafür bekannt, in seinen Rollen zu verschwinden. 2009 bei einem Interview mit Talkshow-Legende David Letterman überzeugte Phoenix ihn und das Publikum, dass er das Schauspielern an den Nagel hängt und sich Rapmusik widmen will. Monatelang hat man ihm es abgekauft – allerdings war das alles Teil der Fake-Dokumentation «I'm Still Here».



Im Vergleich zu seinen Vorgängern blieb Phoenix allerdings zahm. «Es war nicht nur Folter», erzählte Joaquin Phoenix den Gästen am Venedig Film Festival, «ich hatte auch Freude daran, Glück und Verbundenheit zu finden für den Charakter Arthur.» Phoenix verstand jedoch die Komplexität des Jokers und dass er keinesfalls einen Schatz spielte. Er studierte ein Buch über die Psychologie von Attentätern und verlor 23 Kilo für die Rolle.

«Gewichtsverlust hat eine starke Wirkung auf dich – nicht nur physisch, sondern auch emotional – besonders wenn die Angst einsetzt, dass man verhungert.»

«Joker» läuft ab 10. Oktober in unseren Kinos.

Die Kino-Highlights im Oktober
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