Kultgruppe KnöppelDie geilste Band der Schweiz ist wieder da
Von Lukas Rüttimann
18.11.2023
Mit Fäkal-Lyrik zwischen Masturbation und Depression eroberten Knöppel die Herzen. Zuletzt geriet die Band ins Visier von Moralisten. Hat sich das auf ihr Album «Sex. Jazz. Scheisse.» ausgewirkt? blue News hört rein.
Die neue Single war für Knöppel-Fans ein echter Schock.
«Achtsamkeit und Harmonie», was bitte soll der Mist? Zumal Sänger Midi darauf zu ruhigen Klängen von einem schön glänzenden Regentropfen singt, vom Innehalten, von Regenwürmern und vom In-sich-kehren.
Die Gitarre rumpelt, der Bass humpelt – und ein paar Takte später wird «Achtsamkeit und Harmonie» zur waschechten Knöppel-Hymne: «Wixe! Wixe! Wixe!», brüllt der Refrain, der garantiert auch bald aus vielen tausend Kehlen in Schweizer Clubs zu hören sein wird.
Knöppel singen über Sex, Onanie und Demografie
Knöppel (Bandmotto: «Ehr Wichser») sind zurück in alter Stärke. Und das ist gut so.
Denn während sich die Welt in einem immer unübersichtlicheren Wettlauf um politische Korrektheit und schönen Instagram-Schein zu verlieren droht, bietet das Ostschweizer Trio ein willkommenes und vielleicht sogar notwendiges Kontrastprogramm.
Knöppel sind nicht schön, Knöppel fühlen sich sch... lecht, Knöppel kriegen keine Frauen ab, Knöppel haben kein Geld.
Dafür haben sie Punkrock-Hymnen, die ihren Fans aus der Seele sprechen. «Prada», ihr Hit vom Debüt, wurde 2018 von den SRF3-Hörerinnen und -Hörern zum besten Schweizer Rocksong aller Zeiten gewählt.
Weil er das Lebensgefühl der Jungen (und auch von ein paar Älteren) perfekt auf den Punkt brachte.
Auf dem dritten Knöppel-Album «Sex. Jazz. Scheisse.» (seit ein paar Tagen erhältlich) bleibt sich das Trio treu.
Es gibt Lieder über Altruismus («Nocher figged's di eh»), Kapitalismus («Wa wenn's am Glied liit») oder demografischen Dichtstress («Ii mo bis auf Wil»).
Und natürlich: über Sex, Jazz und Scheisse («Sex», «Jazz», «Scheisse»). Wobei vor allem ersterer («Sex isch grussig, Sex isch wääh, Sex isch figge») das Zeug zum neuen Megahit hat.
Wer Knöppels Ironie nicht erkennt, ist selber schuld
Werden sich Moralisten an den neuen Knöppel-Songs stören? Garantiert.
Auch das breitbeinige Mackertum im vorwiegend männlichen Konzert-Publikum, das etwa die Mitarbeitenden der Grabenhalle als unangenehm empfanden, dürfte mit den neuen Songs nicht abschwellen.
Ob man der Band deswegen einen Strick drehen muss, ist eine andere Frage. Proleten gibt’s schliesslich in jedem Publikum; und wer die Ironie bei Knöppel nicht als solche erkennt, ist selber schuld.
Wie sagt es Sänger Midi auf der Knöppel-Website so schön? «Unser Wichser-Gospel besagt, dass die von der Grabenhalle genau wie unsere Fans und wir selber sowieso alles Wichser(innen) sind, und das wohl die Erklärung für alles ist.»
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