Ex-Präsident lanciert eigene Plattform Trumps Twitter-Klon «Truth Social» geht an den Start

Von Dirk Jacquemien

21.2.2022

Truth Social ist in den USA an den Start gegangen.
Truth Social ist in den USA an den Start gegangen.
Getty Images

Nach über einem Jahr Social-Media-Abstinenz ist Donald Trump zurück. Der abgewählte US-Präsident hat einen Twitter-Klon lanciert. Die Erfolgsaussichten sind fraglich.

Von Dirk Jacquemien

Am heutigen US-Feiertag Presidents' Day hat Ex-Präsident Donald Trump sein Social-Media-Netzwerk «Truth Social» lanciert. Es soll seine neue Heimat im Internet werden, nachdem er im Januar 2021 nach dem Sturm auf das Kapitol von fast allen Social-Media-Plattformen, vor allem seinem geliebten Twitter, verbannt worden war.

Dementsprechend ist Truth Social auch fast eine Eins-zu-Eins-Kopie von Twitter. Die Benutzeroberfläche sieht quasi identisch aus, «Tweets» heissen hier «Truths» und «Retweets», «Retruths».

Truth Social betritt einen umkämpften Markt, nämlich den der sich ausdrücklich an rechtskonservative Menschen richtenden Social-Media-Dienste. Mit Gab, Parler und Gettr gibt es bereits drei Angebote, die sich an die exakt selbe Zielgruppe wenden. Sie alle wollen eine Heimat sein für diejenigen, die sich von der vermeintlichen Zensur auf Mainstream-Diensten wie Twitter oder Facebook ausgeschlossen fühlen.



America First

Ganz rund läuft es zum Start von Truth Social aber nicht. So ist die App derzeit nur im amerikanischen iOS App Store verfügbar, eine Android-Version gibt es noch nicht. Die Website ist ebenfalls nur aus den USA abrufbar, andere Länder werden per Geoblocking ausgesperrt. Dabei hatte Trump noch vor wenigen Tagen versprochen, die kanadischen Trucker, die wochenlang die Hauptstadt Ottawa blockierten, seien auf seiner Seite herzlich willkommen.

Die Beschränkung auf die USA dürfte vor allem eine Sicherheitsmassnahme gegen Cyberangriffe sein – vor allem, um sogenannte Distributed-Denial-of-Service-Attacken, bei der Websites mit unnützen Anfragen überlastet werden, zu erschweren. Trumps Social-Media-Dienst dürfte ein attraktives Angriffsziel sein, Gettr und Parler wurden ebenfalls bereits kurz nach ihrer jeweiligen Lancierung gehackt.

Derzeit ist allerdings auch innerhalb der USA das Anmelden nicht möglich, die Website spuckt eine Fehlermeldung aus. Aber auch wenn technisch alles reibungslos läuft, steht Truth Social vor grossen Herausforderungen.



Auf rechten Plattformen ist es einsam

Durch die exklusive Präsenz von Trump hat Truth Social sicherlich vom Start weg einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Gab, Gettr oder Parler. Seine Anhänger werden wohl in Scharen zu Truth Social wechseln. Aber eine bedeutende Anzahl Nutzer*innen von Twitter oder Facebook abzuziehen dürfte schwierig werden, denn die meisten Menschen suchen sich eine Internet-Plattform nicht nach ihrer politischen Gesinnung aus.

Gab, Gettr und Parler litten auch an ihrer Eintönigkeit, denn anders als auf den Mainstream-Plattformen gibt es dort niemanden zum Debattieren oder Trollen. Die von Trump-Fans verhassten Linken und Journalist*innen sind auf Twitter und Facebook, jeden Tag kann man sie mit immer provokanteren Aussagen ärgern. Auf Truth Social bleibt man unter seinesgleichen. Wenn also als einzige Reaktion auf einen «Truth» die Antwort «Du hast völlig recht» kommt, dann wird es ganz schnell langweilig.

Trump wird «familienfreundlich»?

Die Frage nach der Moderation der Inhalte dürfte Truth Social auch noch beschäftigen. Der CEO der Betreiber-Firma Devin Nunes – ein ehemaliger republikanischer Kongressabgeordneter – sagte zum TV-Sender Fox Business, der Dienst solle «familienfreundlich» werden. Dieses Versprechen mit Trumps Persönlichkeit und dem Selbstanspruch auf absolute Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen, dürfte nicht ganz einfach werden.

Und schliesslich könnte Truth Social die Entscheidung darüber, was auf der Plattform erlaubt ist, auch abgenommen werden. Denn der Dienst muss schliesslich den Richtlinien der App Stores von iOS und Android entsprechen. Parler und Telegram mussten im vergangenen Jahr lernen, dass Big Tech in Form von Google und Apple immer noch am längeren Hebel sitzt.