Gefährliche Datenkraken Katar-Apps können Fussball-Fans komplett ausspionieren 

Von Dirk Jacquemien

14.11.2022

Für den Datenschutz sieht es an der Fussball-WM düster aus.
Für den Datenschutz sieht es an der Fussball-WM düster aus.
Getty Images

Nati-Fans müssen für Einreise und Stadionbesuch an der WM in Katar offizielle Apps installieren. Doch diese können ihre Nutzer*innen im grossen Stil ausspionieren.

Von Dirk Jacquemien

In weniger als einer Woche beginnt die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer in Katar. Doch zum Besuch der WM kämpfen viele nicht nur mit dem schlechten Gewissen, sondern setzen möglicherweise auch ihre Privatsphäre aufs Spiel. Die katarische Regierung verlangt die Installation von hochproblematischen Apps, wenn Fans vor Ort die Nati unterstützen wollen.

Ehteraz ist etwa seit April 2020 die offizielle App zur Pandemie-Bekämpfung Katars. Sie kann etwa den Impfstatus anzeigen und soll die Kontaktverfolgung ermöglichen. Doch sie ist kaum vergleichbar mit der hierzulande zum Einsatz gekommenen Anti-Corona-App SwissCovid, die hohen Wert auf den Datenschutz ihrer Nutzer*innen legte.

Stattdessen kann Ehteraz jederzeit den genauen Standort verfolgen und verlangt sogar Zugriff auf den Speicher des Smartphones — könnte also private Daten auslesen. Seit dem 1. November ist das Vorzeigen der App aber nur beim Besuch von medizinischen Einrichtungen verpflichtend.

Tickets nur in App

Speziell für die WM wurde die Hayya-App entwickelt. Diese gilt als Visums-Nachweis bei der Einreise, Fahrkarte für den ÖV und speichert die Tickets für die Spiele. Sie ist nicht ganz so invasiv wie Ehteraz, verfolgt aber ebenso den genauen Standort ihrer Nutzer*innen. Sowohl an der Grenzkontrolle als auch am Stadioneinlass muss die Hayya-App zwingend vorgezeigt werden. 

In der Hayya-App musst du zudem ein Porträtfoto sowie eine Kopie deines Reisepasses hinterlegen. An diese Daten kommt die katarische Regierung zwar sowieso durch die Grenzkontrolle, das Abspeichern in der App birgt aber zusätzlich noch das Risiko, dass Hacker*innen sie erbeuten könnten.

Fans sollten «Burner»-Handy nutzen

Für Datenschützer*innen sind die Apps daher nur ein weiterer Grund von vielen, von einer Reise nach Katar abzuraten. Wer dies trotzdem tut, sollte aber wenigstens ein «Burner»-Handy benutzen, empfiehlt etwa die französische Datenschutzbehörde CNIL. Der Begriff kommt eigentlich aus der Kriminalistik und bezeichnet ein Telefon, das nicht nachverfolgbar ist.

In diesem Zusammenhang ist damit aber gemeint, dass Fans ein komplett blankes Smartphone ohne jegliche persönlichen Daten wie Fotos nach Katar mitnehmen und dieses nach Abreise auch wieder komplett löschen sollten.

Einen ähnlichen Rat gab es schon vor den diesjährigen olympischen Winterspielen in China, einem ähnlich repressiven Staat. Auf Diensthandys des Bundes sind beide Katar-Apps übrigens gesperrt, wie die Bundeskanzlei laut SRF mitteilte. Ausgenommen von der Verpflichtung zur Nutzung der Apps sind Teilnehmer*innen der offiziellen Delegation, dazu gehören auch die Spieler.