Bildung mit Games Warum wird der Holocaust in Games nicht öfter thematisiert?

Von Martin Abgottspon

4.2.2021

«Through the Darkest of Times» beschäftigt sich als eines der wenigen Videospiele mit dem Holocaust.
«Through the Darkest of Times» beschäftigt sich als eines der wenigen Videospiele mit dem Holocaust.
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Die Ermordung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten wird in Games höchst selten thematisiert, ja sogar verschleiert. Ein Umdenken scheint aber stattzufinden. 

Es ist zweifellos ein düsteres Kapitel der Geschichte der Menschheit. Der nationalsozialistische Völkermord an Millionen von Juden im Zweiten Weltkrieg ist schwere Kost. Aus diesem Grund haben sich bisher wohl auch nur wenige Spieleentwickler der Thematik ernsthaft angenommen, obwohl sie eigentlich dafür prädestiniert wären. Games, die im Zweiten Weltkrieg spielen, gibt es schliesslich genug. «Call of Duty», «Medal of Honor» oder «Battlefield» sind nur einige prominente Beispiele aus einer ganzen Palette von Spielen.

Angst vor Kontroversen

Warum Spielehersteller den Holocaust meist gezielt umgehen, hat unterschiedliche Gründe. Aus Sicht des österreichischen Historikers Eugen Pfister ist ein wesentlicher dabei die Angst vor Kontroversen: «Niemand traut sich, den ersten Schritt zu machen», sagt er in einem Interview mit «DerStandard». Hinzu komme eine gewisse Vorsicht, etwas Unethisches zu tun, indem man den Holocaust in ein Spiel verwandle. 

Niemand will sich die Finger verbrennen, was auch nachvollziehbar ist. Insbesondere in Deutschland, wo die Verwendung von verfassungswidrigen Symbolen in Games jahrelang verboten war. Wenn Hakenkreuze den Weg in ein Spiel fanden, mussten sie massiv editiert werden und selbst dann wurden viele Spiele noch zensiert oder teils sogar verboten. Erst 2018 hat sich diese Situation etwas entschärft, weil seither auch Videospiele genauso wie andere Kunstformen, die Wissenschaft oder die Forschung auf den Einsatz solcher Symbole zurückgreifen darf.

Bei «Wolfenstein: The new Colossus» mussten die Entwickler Adolf Hitler rasieren und die SS-Soldaten in Cyborgs umprogrammieren.
Bei «Wolfenstein: The new Colossus» mussten die Entwickler Adolf Hitler rasieren und die SS-Soldaten in Cyborgs umprogrammieren.
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Der Schindlers-Liste-Effekt bei Games?

Doch die ganze Industrie ist noch immer geprägt von den letzten Jahren, als man mit grösster Vorsicht Adolf Hitler noch in Herrn Heiler umbenannte und penibel genau jede SS-Rune aus dem Spiel entfernte. Dass man da nicht noch die Judenverfolgung und Ausschwitz ins Spiel integriert, liegt auf der Hand. Dabei wäre das gerade für jüngere Spieler auch wichtig, um die Geschichte überhaupt richtig einordnen zu können. 



Immerhin trauen sich inzwischen immer mehr Spiele, zumindest ansatzweise über den Holocaust zu sprechen. Bei «Call of Duty: World War 2» sieht man im Epilog beispielsweise ein Schwarz-Weiss-Foto eines KZ-Häftlings mit erkennbarem Judenstern. Ein kleiner Schritt, aber ein Schritt.

Andere Spiele von kleineren Studios trauen sich bereits deutlich mehr. Bei «Through the Darkest of Times» etwa simulieren Spieler eine Widerstandszelle und müssen Aktivitäten gegen das Nazi-Regime setzen. Eugen Pfister ist sich aufgrund dieser Entwicklung auch sicher, dass sich Studios in Zukunft noch viel mehr trauen würden. «Bei Filmen war es ja ähnlich. In den 70ern erschien etwa die Serie Holocaust – die Geschichte der Familie Weiss, bei der intensiv debattiert wurde: Darf man das überhaupt? Und auch bei Schindlers Liste wurde infrage gestellt, ob ein Hollywood-Film die Geschichte des Holocaust so erzählen dürfe. Mittlerweile ist man sich aber einig, dass der Film etwas Gutes für die Erinnerungskultur ist. Etwas Ähnliches wird bei Videospielen passieren.»

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