Weltweite StörungDas ist der Grund für den sechsstündigen Ausfall der Facebook-Dienste
mt
5.10.2021 - 07:15
Facebook ist ein Internet-Koloss mit 3,5 Milliarden Nutzern, superreich und technisch gewieft. Wie kann es also passieren, dass ein Tech-Konzern dieser Liga für Stunden offline geht?
05.10.2021, 07:15
05.10.2021, 08:15
Agenturen/dor
Facebook sowie die zu dem kalifornischen Konzern gehörenden Dienste Instagram, Whatsapp und Messenger sind am Montagabend weltweit stundenlang nicht erreichbar gewesen. Für den Ausfall ist Facebook nach eigenen Angaben selbst verantwortlich. Der Konzern aus dem Silicon Valley habe eine «fehlerhafte Neukonfiguration» an seinen Rechnern vorgenommen, die für den Datenverkehr zwischen den Rechenzentren verantwortlich seien, teilte Santosh Janardhan, Vizepräsident für Infrastruktur, am Montagabend (Ortszeit) in einem Online-Posting mit. Die Unterbrechung des Datenverkehrs habe «kaskadenartige Auswirkungen auf die Kommunikation zwischen unseren Rechenzentren gehabt und unsere Dienste zum Stillstand gebracht».
Mehrere Facebook-Mitarbeiter, die nicht namentlich genannt werden wollten, hatten zuvor gegenüber Reuters erklärt, sie glaubten, dass der Ausfall durch einen internen Fehler bei der Weiterleitung des Internetverkehrs an die Systeme des Unternehmens verursacht wurde.
Auch die internen Systeme seien von dem Ausfall betroffen gewesen, was die Diagnose und die Lösung des Problems erschwert habe, erklärte er weiter.
Die Störung der Facebook-Dienste trat am frühen Montagabend Schweizer Zeit auf. Die Techniker des Konzerns rangen rund sieben Stunden mit einem massiven Ausfall. Kurz vor Mitternacht Schweizer Zeit waren die Dienste nach und nach wieder nutzbar: «Wir haben hart gearbeitet, um den Zugang zu unseren Apps und Diensten wieder herzustellen und sind froh mitzuteilen, dass sie jetzt wieder online gehen», erklärte Facebook am Dienstag um 00:30 Uhr Schweizer Zeit.
Die Website Downdetector teilte mit, bei ihr seien 10,6 Millionen Fehlermeldungen eingegangen. Sie kamen aus den USA und Europa sowie Ländern wie Kolumbien und Singapur. Die ersten Probleme wurden demnach gegen 17:45 Uhr Schweizer Zeit registriert. Ab Mitternacht gingen die bei Downdetector eingehenden Pannenmeldungen stark zurück. Nutzer versuchten demnach erfolglos, auf ihre Konten bei Facebook zuzugreifen, den Fotodienst Instagram zu nutzen oder über Messenger oder Whatsapp Nachrichten zu verschicken.
Seit 21:28 UTC (23:28 Uhr Schweizer Zeit) sei Facebook «wieder mit dem globalen Internet verbunden», wie zwei Entwickler des auf Internetsicherheit spezialisierten Unternehmens Cloudflare aus San Francisco im Firmenblog erklärten. Es werde aber vermutlich etwas dauern, bis sämtliche Dienste des Konzerns wieder reibungslos funktionierten.
Experten für IT-Sicherheit erklärten, es gebe Hinweise darauf, dass Online-Verbindungen, die Nutzer zu dem Netzwerk führen, unterbrochen waren. Facebook und seine Tochterunternehmen «verschwanden aus dem Internet in einer Serie von BGP-Updates», erklärte John Graham-Cumming, Technologiechef bei Cloudflare, im Online-Dienst Twitter. Das BGP oder Border Gateway Protokoll ist das im Internet eingesetzte Routingprotokoll, das autonome Systeme miteinander verbindet. «Das war, als ob jemand allen Servern den Stecker gezogen und sie vom Internet abgeklemmt hat», erklärten die zwei Cloudflare-Entwickler.
Entschuldigung auf Twitter
Facebooks Technologiechef Mike Schroepfer entschuldigte sich – notgedrungen – via Facebook-Rivale Twitter bei allen Betroffenen und postete dort ein Update, in der ein für IT-Infrastruktur zuständiger Mitarbeiter knapp die Gründe für den Ausfall erklärte.
Auch Facebook-Mitgründer und -Chef Mark Zuckerberg entschuldigte sich in einem kurzen Post. Insgesamt nutzen weltweit rund 3,5 Milliarden Menschen mindestens einen Dienst des Konzerns.
Der Ausfall trifft das Unternehmen in einer Krisenphase. Seit Wochen gibt es Negativ-Schlagzeilen über den Umgang des Konzerns mit eigenen Untersuchungen zur Frage, wie schädlich die Online-Angebote – insbesondere Instagram – etwa für jugendliche Nutzer sind.
Erst am Sonntag gab sich die frühere Facebook-Mitarbeiterin Frances Haugen als Whistleblowerin zu erkennen, die Dokumente des Konzerns an das «Wall Street Journal» weitergereicht hatte. Die 37-Jährige wirft ihrem ehemaligen Arbeitgeber unter anderem vor, Profit systematisch über Sicherheit zu stellen.
Sie habe auch für andere Unternehmen der Branche wie Google und Pinterest gearbeitet, aber Facebook sei «bedeutend schlimmer» als alles, was sie zuvor gesehen habe, so Haugen. «Die heutige Version von Facebook reisst unsere Gesellschaften auseinander und führt zu ethnischer Gewalt auf der ganzen Welt.» Facebook-Vizepräsident Nick Clegg wies die Vorwürfe entschieden zurück.
Die ehemalige Facebook-Mitarbeiterin soll am Dienstag vor einem Ausschuss im US-Kongress aussagen.