Verzweiflungstat von ZuckerbergFacebook und Instagram werden zu TikTok
Dirk Jacquemien
26.7.2022
Weil die Nutzer*innen davonlaufen, will Mark Zuckerberg die Apps für Facebook und Instagram noch stärker dem derzeitigen Überflieger TikTok nachempfinden.
Dirk Jacquemien
26.07.2022, 18:19
Dirk Jacquemien
Die Apps für Facebook und Instagram bekommen ein neues Design, wie der Meta-Konzern ankündigte. Standardmässig wird Nutzer*innen hier bald eine «Home»-Ansicht vorgesetzt, bei der die App bestimmt, was man zu sehen bekommt.
Zu sehen sind dann nicht Posts von Freund*innen oder Promis und Marken, denen man selbst folgt, sondern Beiträge aus dem gesamten Fundus von Instagram und Facebook, die der Algorithmus ausgesucht hat. Eine «klassische» Ansicht, mit Posts von Freunden, soll allerdings weiterhin angeboten werden.
Es geht um Aufmerksamkeit
Damit setzt Meta-CEO Mark Zuckerberg seine Taktik fort, das derzeit deutlich dynamischere TikTok zu kopieren. Dessen «For You»-Ansicht war von Anfang an rein algorithmisch bestimmt. TikTok sucht Videos aus, von denen es glaubt, dass einzelne Nutzer*innen sie interessant finden.
Dem Wachstum nach zu urteilen, den TikTok in den vergangenen Jahren hingelegt hat, tut die chinesische App dies ziemlich gut. Die Methode ist vor allem bestens geeignet, um Nutzer*innen bei der Stange zu halten, weil ihnen so ein schier unendlicher Fluss an Inhalten geboten wird. Aufmerksamkeit ist die wichtigste Währung für Social-Media-Plattformen.
Stagnierende bis schwindende Nutzerzahlen machen es für Meta noch wichtiger, um diese Aufmerksamkeit zu kämpfen. Es bleibt allerdings unklar, ob die Taktik des TikTok-Kopierens dafür ausreichen wird. Der vor über zwei Jahren in Instagram integrierte TikTok-Klon Reels erfreut sich weiterhin nur begrenzter Beliebtheit. Sehr viele Reels – also Videos – sind immer noch Eins-zu-Eins-Kopien von TikTok, die einfach auch auf Instagram hochgeladen wurden.
Die ganze App in den TikTok-Modus zu schalten, könnten zudem auch noch die Nutzer*innen abschrecken, die der Plattform bislang treu geblieben sind. Kylie Jenner, die mit ihren 360 Millionen Instagram-Followern nur von Cristiano Ronaldo übertroffen wird, beschwerte sich in ihrer Instagram-Story beispielsweise schon über die Änderungen. Die Plattform solle aufhören, zu TikTok zu werden, Jenner wolle einfach nur «süsse Fotos» ihrer Freundin*innen sehen, schrieb der Reality-Superstar.
The last time Kylie Jenner complained about a social media site, Snapchat lost $1.3B, so yeah Instagram has a problem. pic.twitter.com/ugipc9abb6
Anderseits hat Meta auch positive Erfahrungen mit dem skrupellosen Kopieren von der Konkurrenz erfundenen Features gemacht. So hatte Instagram 2016 die Stories-Funktion von Snapchat übernommen – dieser Ideenklau wurde zu einem grossen Erfolg und verschaffte Instagram zumindest einen temporären Aufschub vor dem Absturz in die Irrelevanz.