«Free the Nipple» Facebook und Insta sollen nackte Brustwarzen zulassen

Von Dirk Jacquemien

19.1.2023

Dürfen sich nichtbinäre oder Transmenschen oberkörperfrei auf Facebook und Instagram zeigen? Derzeit ist das nicht klar.
Dürfen sich nichtbinäre oder Transmenschen oberkörperfrei auf Facebook und Instagram zeigen? Derzeit ist das nicht klar.
Imago

Der «Oberste Gerichtshof» von Meta hat das Unternehmen dazu aufgefordert, auf Facebook und Instagram die Richtlinien zum Umgang mit der Darstellung von Brustwarzen zu überarbeiten.

Von Dirk Jacquemien

Das «Meta Oversight Board» hat Meta, Betreiberin von Facebook, Instagram und Whatsapp, aufgefordert, neue Richtlinien zur Darstellung von Nacktheit auf den Plattformen zu entwickeln. Das Oversight Board, gelegentlich als «Facebook-Gerichtshof» bezeichnet, wurde 2020 etabliert und soll kontroverse Entscheidungen des Tech-Giganten in Bezug auf die Moderation von Posts überprüfen.

Der aktuelle Fall betraf zwei Instagram-Posts eines Paares, das sich als transgender und nonbinär identifiziert. Es hatte Bilder ihrer Oberkörper veröffentlicht und über eine bevorstehende Brustentfernung im Rahmen einer geschlechtsangleichenden Operation gesprochen.

Auf den Posts waren die Nippel sogar abgeklebt, gelöscht wurden die Bilder trotzdem, weil das Paar in der Beschreibung um Spenden für die Finanzierung der Operation gebeten hatte. Dies habe gegen ein Verbot zur «Anwerbung von Sex» verstossen.

Oversight Board kann nur Empfehlungen aussprechen

In diesem Fall hat Meta bereits eingeräumt, die Bilder fälschlicherweise gelöscht zu haben. Das Oversight Board fordert nun aber das Unternehmen auf, noch weiter zu gehen und generell seine Richtlinien zu Nacktbildern zu ändern. Dieser Part hat allerdings nur Empfehlungscharakter, die Meta-Führung kann die Richtlinien komplett selbst ausgestalten.

Die aktuelle Regulierung basiere auf einer «binären Auffassung von Geschlechtern und der Unterscheidung von männlichen und weiblichen Körpern», so das Oversight Board. Es bleibe unklar, wie mit Intersex-, nonbinären sowie Transgender-Menschen umgegangen werden soll, was es den Moderator*innen verunmögliche, ihre Arbeit zu machen. Die Ausnahmen in der Regulierung in Bezug auf weibliche Nippel seien verwirrend und schlecht definiert.

Nach Auffassung des Oversight Board schränken die derzeitigen Richtlinien besonders Frauen sowie Trans- und nichtbinäre Menschen in ihrer Meinungsfreiheit ein. Stattdessen solle Meta nun klare Richtlinien in Bezug auf die Darstellung von Nacktheit bei Erwachsenen entwickeln, damit alle Menschen entsprechend internationaler Menschenrechtsstandards behandelt werden und es keine Diskriminierung auf Basis von Geschlecht oder Geschlechtsidentität gibt.

Zehn Jahre alte Debatte

Das Oversight Board spricht allerdings nicht explizit aus, ob es sich etwa wünscht, dass das Nippelverbot ganz fällt. Denn hinfällig würde die Problematik sowieso, wenn überhaupt keine Unterscheidung mehr zwischen der Darstellung männlich gelesener Oberkörper – die auf Facebook, Instagram und fast allen anderen Social-Media-Diensten der Welt schon immer problemlos bekleidungsfrei gezeigt werden dürfen – und weiblich gelesener Oberkörper gemacht wird.

Das war auch die Forderung der ursprünglichen «Free the Nipple»-Kampagne, die Anfang der 2010er aufkam. Sie argumentiert, dass eine solche Unterscheidung auf Social Media und im öffentlichen Leben generell unter Gleichbehandlungs-Grundsätzen schwer zu rechtfertigen sei.