1000 Fragen, 1000 Antworten Frank Baumann: «Sex am Morgen hat etwas nachgelassen»

Von Bruno Bötschi

24.5.2019

Das längste Interview der Schweiz: Frank Baumann über seinen Papst-Besuch, ein Drogen-Erlebnis mit dem Sohn, sein arrogantes Auftreten am Fernsehen – und Werbung für die Heimat gibt es auch.

Das längste jemals in der Schweiz geführte Interview, das war das Ziel: 1000 Fragen an Frank Baumann, 1000 Antworten von Frank Baumann.

Das «1000-Fragen-Interview» –  es wurde im «Kosmos» in Zürich geführt –, wurde in den letzten Tagen in vier Teilen auf «Bluewin» publiziert. Heute nun wird das Gespräch in seiner ganzen Länge veröffentlicht.

Kleine Geheimtipp: Wer das Interview lieber schaut als liest, kann das obige Video ansehen.

Frank Baumann, es ist kurz nach neun Uhr morgens. Ist das eine gute Zeit, um mit Ihnen ein Interview zu führen?

Perfekt, dann bin ich schon so richtig schön warmgelaufen.

Sie werden oft als Tausendassa und Schnelldenker beschrieben, deshalb dachte ich, ich stelle Ihnen 1000 Fragen. Okay?

Ist gut, perfekt.

Wie viele Stunden werden wir für die 1000 Fragen und Antworten wohl benötigen?

Es kommt darauf an, wie fit Sie sind – und wie gut die Fragen sind. Ich würde sagen: etwa drei Stunden. Wenn eine Frage schwierig ist, dauert es länger. Bekanntlich sind die einfachen Fragen die schwierigen. Bin gespannt.

Meine Marathonbestzeit ist drei Stunden 53 Minuten …

Die werden wir knacken. Sie laufen Marathon? Marathon-Läufer sind Fluchtmenschen. Wieso laufen Sie Marathon? Sind Sie auf der Flucht?

Ja, vor dieser grossen Aufgabe heute ...

(Lacht) Das ist gut ...

Damit alles mit richtigen Dingen zugeht, habe ich ein Handzählgerät mitgenommen – ich stelle die Fragen, Sie antworten und zählen. Wäre diese Arbeitsteilung gut für Sie?

Das Gerät hat erst zwei gezählt. Dann gehe ich jetzt auf fünf.

Wie viele Interviews haben Sie bisher abgebrochen in Ihrem Leben?

Keines.

Wie sind Sie heute Morgen aufgewacht – mit Vorfreude auf den Tag?

Nein. Ich habe mir einzig überlegt: Warum nur habe ich diesem Bötschi vor einem halben Jahr zugesagt. Es ist oft so, dass man sich auf etwas einlässt, und wenn es dann soweit ist, denkt man: (Theatralisch) Warum bloss habe ich nur zugesagt! Bei diesem schönen Wetter würde ich heute – ehrlich gesagt – lieber etwas anderes machen.

Wirklich wahr, dass Ihre Frau im Schlaf spricht?

Redet oder «schnurrt»? Kommt drauf an.

Und wann kommt was vor?

Nachher «schnurrt» sie …

Die meisten Kinder in der Schweiz haben ein eigenes Schlafzimmer. Warum die meisten Mütter und Väter nicht?

Ich habe Angst, alleine zu schlafen.

Die typischen Frank-Baumann-Worte gleich nach dem Aufstehen?

Scheisse.

Duschen oder Baden?

Duschen. Wir haben gar keine Badewanne mehr. Wie soll ich da denn baden. Im Lavabo!? (Lacht)

Singen Sie im Badzimmer?

(Überlegt lange) Unter der Dusche vielleicht ab und zu. Ohne Mikrofon zu singen, ist langweilig, irgendwie fake. Aber unter der Dusche, das ist schon geil.

Mal für Ihre Frau gesungen?

Mehrfach.

Was?

Zum Beispiel etwas von Frank Sinatra.

Mal für einen Taxifahrer gesungen?

Nein, aber viele Taxifahrer singen.

Für Sie?

Ja, das habe ich schon erlebt. Allerdings wäre es mir lieber gewesen, wenn er statt zu singen gefahren wäre.

Das schönste Kompliment, das man Ihrer Stimme je gemacht hat?

(Lacht laut) Das ist jetzt eine fiese, recherchierte Frage. Das ist wirklich fies … Ich war damals noch beim altehrwürdigen Radio DRS, und es war kurz vor Mittag. Eine Hörerin rief an, die ich auf den Sender nahm. Es ging um irgend etwas ganz anderes, da sagte sie ungefragt: Herr Baumann, immer wenn ich Sie am Radio höre, klemme ich mir das Transistorradio zwischen die Beine.

Wirklich wahr, dass Sie jeden Morgen eine halbe Stunde lang Zazen-Meditation machen?

Ich versuche es. Es geht nicht immer gleich gut und hängt auch davon ab, wie motiviert meine Frau ist. Wenn sie reinkommt und sagt: Du, ich muss nur ganz schnell etwas schauen, dann werde ich unterbrochen. Aber ich probiere es jeden Morgen, was für mich eine grosse Herausforderung darstellt.

Sind Sie glücklich?

Sehr.

Kaffee oder Tee?

Tee.

Warum keinen Kaffee?

Ich bringe Kaffee absolut nicht runter. Ich würde sehr gern Kaffee trinken. Ich stelle mir das sehr schön vor, auf einer Piazza zu sitzen und einen überteuerten Kaffee zu trinken, der mit einem Herzli aus Schokopulver oder so dekoriert ist. Ich kann Kaffee aber leider absolut nicht ausstehen. Nicht einmal ein Kaffeeglacé. Ich habe Kaffee einfach absolut nicht gern. Deshalb trinke ich nur Tee.

Schon mal irgendwelche anderem Wachmacher getestet?

Nein.

Wirklich gar nichts? Bewusstseinserweiternde Substanzen oder so?

Vielleicht im Militär mal oder so.

Ich hätte ein bisschen Koffein da ...

Nein, sicher nicht. Wie gesagt: Kein Kaffee.

... aber vielleicht warten wir damit besser noch zwei, drei Stunden. Oder was meinen Sie?

Wie nimmt man das? Nasal? In einer Fernsehsendung wollte ich einmal zeigen, wie das ist, wenn die Leute Kokain sniffen. Das war, als man auf den Toiletten des Musikantenstadl Supren von Kokain entdeckt hatte. Ich dachte: Sicher ist sicher und stellte das in der Sendung mit Mehl nach. Das war keine so gute Idee, denn es gab schliesslich ein Brot in der Stirnhöhle. Das schmeckte hervorragend.

Törnt Sie eher Kälte oder Wärme an?

(Überlegt lange) Sagen wir es so. Ich habe es nicht gern heiss. Ich bin nicht der Typ, der am Strand liegt und sich grillieren lässt. Aber antörnen? Welch eine Scheissfrage!

Sex am Morgen – ja oder nein?

Ähm … Hat etwas nachgelassen.

Grundsätzlich: Sind Ihnen die Menschen sympathisch?

Ähm … Ich bin eigentlich ein Menschensammler und Menschenfreund – und ein Geschichtensammler. Ich bin sehr neugierig. Sagen wir mal so: Ich gehe positiv auf die Leute zu.

Was sollten zwei Menschen idealerweise miteinander tun?

Reden.

Auf Wikipedia steht geschrieben, Sie seien Werbefachmann, Radio- und Fernsehmoderator, Fernsehproduzent und Bestsellerautor. Auf Ihrer eigenen Internetseite heisst es: Sie sind Geschäftsführer des Wörterbergs, Regisseur, Bestsellerautor, TV-Produzent, Kommunikationsfachmann und Direktor des Humorfestivals in Arosa. Wenn Sie auf ein Formular Ihren Job angeben müssen, was schreiben Sie jeweils hin?

Sackmesser. Nein: Wenn ich in einem Hotel reserviere, habe ich schon öfters «Antropophag» auf das Formular geschrieben – mit dem Resultat, dass ich mit «Herrn Doktor» angesprochen werde. Das schmeichelt mir natürlich sehr. Was allerdings niemand weiss: «Anthropophagen» sind Menschenfresser. Daher finde ich es immer sehr lustig, wenn ich so ehrwürdig mit «Herr Doktor» angesprochen werde.

Sind Ihnen all diese Talente in die Wiege gelegt worden oder weshalb sind sie so multi-talentiert?

Ich denke schon, dass mir vieles in die Wiege gelegt worden ist. Wenn man nichts kann, hilft es, wenn man ein paar Talente hat. Aber man muss halt auch trainieren und in Übung bleiben. Wenn ich lange nichts gezeichnet habe, muss ich mich richtiggehend zusammenreissen, damit ich einen Ansatz finde. Das ist wie beim Geigenspielen. Oder beim Schreiben. Wenn ich länger keinen komplexen Text geschrieben habe, muss ich mich zuerst warm schreiben.

Manchmal selbst genervt von Ihrer Vielseitigkeit?

Nein, ich empfinde diese eher als eine Gnade.

Sie sind Linkshänder und mussten in der Schule auf rechts umlernen. Wirklich wahr, dass Sie heute oft links und rechts gleichzeitig schreiben und zeichnen?

Ja, das würde ich behaupten. Ich kann halt vor allem Dinge, die man im Leben nicht braucht (lacht). Ich kann übrigens auch spiegelverkehrt schreiben.

Was hat Ihnen Ihre Mutter über Ihre Geburt erzählt?

Aha!? Das kann ich jetzt nicht abrufen oder ich habe es verdrängt.

Die zentrale Botschaft Ihrer Grossmutter?

Hmm ... Eine Botschaft? Ich hatte ja zwei Grossmütter. Die eine verschlang unsäglich viel Alkohol und Tabak. Dazu badete sie gerne in der Sonne und sah aus wie Lederstrumpf persönlich. Aber sie wurde keine 88 Jahre alt. Vielleicht lag darin ihre Botschaft: Man soll weder das eine noch das andere zu extensiv machen.

Wer war strenger: Ihre Mutter oder Ihr Vater?

Mein Vater war sehr streng.

Wer liebt mehr, die Mutter oder die Ehefrau?

Die Ehefrau. Später.

Waren Sie ein glückliches Kind?

Sehr, ja.

Netteste Erinnerung an Ihre Kindheit?

Mann, welch eine Frage! Ich ging öfters an die Grenzen, aber das waren nicht wirklich nette Erfahrungen. Ich erinnere mich jedoch an wunderbare Momente. Spontan kommt mir ein Waldspaziergang mit meinem Vater in den Sinn, bei dem mir die Socken in den Gummistiefeln bis zu den Zehen gerutscht waren, als wir endlich einen Halt machten, um mir die Socken hochzuziehen und zusammen auf einem Baumstamm einen Schoggistengel zu essen.

Sie waren ein Einzelkind. Können Sie dazu mehr erzählen?

(Gespielt weinerlich) Ja! Deshalb legte ich mir einen imaginären Freund zu, mit dem ich wunderbare Dinge erlebte. Auch hatte ich eine imaginäre Katze, die ich mit Milch fütterte, die aber mit der Zeit unter dem Schrank zu stinken begann.

Welches war Ihre Lieblings-Freizeitbeschäftigung als Sechsjähriger?

Sex.

Wirklich wahr, dass Sie bereits im Kindergartenalter Fallschirm gesprungen sind?

Meine Mutter nähte mir einen Fallschirm, weil es damals eine Fernsehsendung namens «Sprung aus den Wolken» gab. Ich lebte das nach, wie ich überhaupt alles nachlebte. Lange Zeit wollte ich Indianer werden, weil mich beeindruckte, dass sie keine Unterhosen, sondern Lendenschürzen tragen. Daher empfinde ich die Winnetou-Filme als Hochverrat an den Indianern, weil man dort deutlich sieht, wie sie unter den Lendenschürzen schwarze Unterhosen tragen.

Was das Fallschirmspringen betrifft: Meine ersten Sprünge machte ich vom Schrank aufs Bett. Mit der Zeit empfand ich das als unsexy, woraufhin mir meine Mutter einen Fallschirm nähte. Das war eigentlich eher ein Gleitschirm, der schon geöffnet war. Dieser kam dann auch tatsächlich zum Einsatz. Doch die etwa fünf bis sechs Meter hohe Gartenstützmauer, die ich runtersprang, war schräg und nicht senkrecht, also kam ich gar nie in einen Zustand des Gleitens, sondern landete sehr bald in der Schürfphase. Dementsprechend sah ich nach der Landung auch aus, sodass mich meine Mutter nach dem Sprung mit sehr viel Merfen versorgen musste.

Warum durften Sie als Kind kein Velo haben?

Nach diesem Fallschirmerlebnis fand man, dass es zu gefährlich sei, wenn ich auch noch Velo fahre. Ich gründete darauf mit vier Kollegen eine Anti-Velo-Partei, mit der ich mich einmal pro Woche im Kleiderschrank traf. Der eine wurde dann abtrünnig, indem er sich ein Töffli anschaffte.

Was lehrt die Jugend?

Hmm ... (überlegt lange) Die Jugend ist das Fundament von allem. Die Erziehung hilft, dass man auf die vermeintlich richtige Bahn gerät. Meine Eltern hatten den Pfeilbogen stark gespannt und gut gezielt. Daher flog ich auch lange ziemlich schnell in die richtige Richtung. Doch irgendwann wollte ich meine eigene Richtung einschlagen und wurde eher zu einer selbstgesteuerten Drohne.

Eine Jugendsünde, die Sie Ihren Eltern nie gebeichtet haben?

Da kommt mir nichts in den Sinn.

Wissen Ihre Eltern davon, dass Sie als Bub mit einer Pressluftflasche unter den Sprungturm tauchten, um zu gucken, wie es den Mädchen beim Köpfler die Badehosen abriss …

Ja, das ist so. Zusammen mit einem Freund paddelten wir in die Badi Wollishofen. Dort tauchten wir in die Grube unter dem Sprungturm und hofften, dass ein Mädchen im Bikini herunterspringt und wir so etwas sehen können. Doch haben wir dabei so lachen müssen, dass wir vor lauter Luftblasen gar nichts sehen konnten. Daher gehöre ich zu jenen Tauchern, welche die Maske sehr schnell ausblasen können.

Wirklich wahr, dass Sie zusammen mit Ihren Eltern als Teenager eine Taucherausrüstung gebaut haben?

Ja, das war eine andere Fernsehserie, die mich dazu inspirierte: «Die Tintenfische». Das waren Detektive. Überhaupt war ich in meiner Jugend ein Detektiv. Zusammen mit meiner Mutter baute ich aus einer Thermosflasche eine Taucherflasche.

Sie sollen dabei fast ertrunken sein, weil die Konstruktion nicht wirklich professionell war.

Das sagt ja schon alles: Mit dieser Taucherausrüstung konnte man natürlich nicht richtig tauchen. Statt Luft atmete ich sehr schnell Wasser ein.

Wie muss man sich den 14-jährigen Frank vorstellen: Lange Haare? Jeansjacke? Kiffer?

Da muss ich schnell überlegen. Mit 14 wollte ich eigentlich schon 21 Jahre alt sein. Lange Haare hatte ich nie. Gekifft habe ich in diesem Alter auch nicht. Dafür rauchte ich mit acht bereits Zigarren. Das hat mir dann für eine Zeit lang gereicht, sodass ich recht lang nicht mehr rauchte.

Je als Jugendlicher zugeschlagen?

Ja, aber nicht im heutigen Sinn, wo sich Jugendliche teilweise regelrecht vermöbeln. Das war damals eher jemanden in den Schwitzkasten nehmen oder die Muskeln reiben.

Je selber geschlagen worden?

In der Schulzeit nicht. Höchstens ein bisschen rumgebalgt, wie es normal ist auf dem Pausenplatz.

Werden Sie laut, wenn Sie streiten?

Nein, dann werde ich eher leise. Ich streite überhaupt nicht gern. Das regt meine Frau immer so wahnsinnig auf. Ist das die nächste Frage?

Nein, Ihre Frau kommt noch lange nicht dran.

Gut.

So grundsätzlich: Sie können eigentlich alles, das man nicht braucht. Sie sind eigentlich der geborene Entertainer.

Ja, das könnte man so sagen. Ich bin natürlich ein Auslaufmodell inzwischen. Aber eine Zeitlang war ich mit meinem Talent begünstigt, eine Karriere als Entertainer einzuschlagen.

Können Sie auch etwas normal oder gut? Oder müssen Sie immer alles im Leben super gut können?

Es ist nicht so, dass ich etwas super gut können will. Ich habe kein Wettkampf-Gen. Ich versuche das, was ich kann, in meinem eigenen Wertesystem so gut als möglich zu machen.

Sie sind in Zürich-Wollishofen aufgewachsen, also praktisch auf dem See. Sie können aber nicht Wakeboarden, weil Sie nicht aus dem Wasser kommen. Peinlich, nicht?

Das ist eine infame Unterstellung. Ich bin einmal in dieses Wakeboarden reingekommen. Ich war dort wie eine Eins drin und bin super gestanden. Auf dem Land. Im Wasser kam noch das Wasser dazu. Und in einem See hat es bekanntlich «uhuere» viel Wasser. Und irgendwie war das ganze Wasser gegen mich. Das war bei einem Fotoshooting für die «Schweizer Illustrierte». Das Bild erschien dann nicht. Hey, ich kann wirklich viel. Ich fahre auch gern Ski. Und ich kann alles, das man nicht können muss. Aber dieses «huere» Wakeboard brachte ich tatsächlich nicht aus dem See. Und je länger man übt, desto länger werden die Arme.

Und je müder wird man …

Ja, natürlich.

Erinnern Sie sich an die erste Musikplatte, die Sie gekauft haben?

Eine der ersten, an die ich mich erinnern kann, ist «Grüezi Wohl Frau Stinimann» von den Minstrels. Daran erinnere ich mich deshalb besonders, weil es in der Hülle dieser Single ein Loch drin hatte, wo man die Finger durchstrecken konnte, um die Beine der Frau Stirnimann darzustellen. Und irgendwann kam dann Cliff Richard.

Welches war das letzte Musikalbum, dass Sie gekauft haben?

Die letzte CD war das Hörbuch «Pu, der Bär», eine grossartige Hör-CD, die bei Kein & Aber erschienen ist. Die habe ich mir zwischen Weihnachten und Neujahr beim Kochen angehört. Von Harry Rowohlt gelesen, der dazu sicher drei Flaschen Whisky getrunken hat.

Hören Sie Musik, wenn Sie traurig sind?

Ich höre immer Musik, egal, ob traurig oder nicht. Ich kann es nicht zuordnen. Zum Beispiel Melissa Horn, eine Schwedin, bei der ich zwar kein Wort verstehe. Dann höre ich auch viel klassische Musik. Doch was ich als Letztes gehört habe, könnte ich nicht sagen.

Kann Musik Sie wütend machen?

(Überlegt lange) Wütend eher nicht. Eher, dass ich eine bestimmte Musik doof finde.

Hat Sie Musik auch schon zu Tränen gerührt?

Vielleicht eher wegen der Umstände, in denen ich die Musik gehört habe. Zum Beispiel jenes Lied, das drei Leute an der Hochzeit meiner Tochter gesungen haben. «Irgendeinisch fingt ds Glück eim» von Züri West. Das fand ich sehr berührend.

Ihre heimliche spiessige Seite?

Ich bin ein grausamer Bünzli. Am zufriedensten bin ich, wenn ich in meinen vier Wänden sitze, einen Tee oder ein Glas Wein trinke. Und man mich in Ruhe lässt. Ich bin gar nicht so, wie man mich aus den Medien erwartet. Und schon gar nicht so, wie wir es in der Fernsehsendung «Ventil»gemacht haben. Ich bin eigentlich ziemlich langweilig.

Stehen bei Ihnen zu Hause Familienfotos auf der Kommode?

Nein, keine.

Was spricht für die Existenz von Gott?

Wenig.

Jemals den Teufel getroffen?

Nein.

Ihre Schnellkritik am Papst?

Klemmschwester. Hat ein Freund von mir gesagt.

Der Freund oder der Papst?

Beide (lacht), nein, der eine eben nicht. Und «Sugar Daddy» hat der Freund dem Papst auch noch gesagt, als er am Christopher Street Day eine Rede hielt.

Sie müssen am nächsten Sonntag eine Predigt halten. Welchen Bibelspruch wählen Sie?

Ich würde keinen Bibelspruch wählen, sondern ich würde zu erzählen probieren, was auf dem Hügel in Golgatha so lief. Jetzt lese ich nämlich gerade ein spannendes Buch, in dem ein Historiker total emotionslos, nur mithilfe von Forensikern und Medizinern erläutert, weshalb Jesus vermutlich nicht am Kreuz starb.

Wieso ist das spannend?

Es ist ein super Buch, das sich wie ein Krimi liest. Einzelne Seiten muss man 14 Mal lesen, weil all diese Apostel auftauchen, die man nicht zuordnen kann.

Kennen Sie die zehn Gebote aus der Bibel auswendig?

Nein.

Dann machen wir doch gleich ein Spiel: Wie viele der zehn Gebote haben Sie bisher gebrochen? Fangen wir beim ersten Gebot an ...

1. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.

Habe ich insofern gebrochen, als dass ich gar keine Götter habe.

2. Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren.

Das wäre dann ja eigentlich so, als hätte ich es schon gebrochen.

3. Du sollst den Tag des Herrn heiligen.

Welcher Tag ist das? Der Sonntag? In diesem Fall gebrochen.

4. Du sollst Vater und Mutter ehren.

Ja, das vierte Gebot habe ich voll im Griff.

5. Du sollst nicht töten.

Über alles betrachtet: mehrfach gebrochen. Ich habe eine Sendung gemacht über das Fischen. Dann dachte ich mir, weshalb muss ich jetzt diesen Fisch am Schluss abmurksen?

Also haben Sie ihn wieder reingeworfen?

Das ist jetzt ganz schwierig: Catch and release … Der Wettkampf: Wer ist jetzt stärker, der Fisch oder ich … Jetzt mache ich mir ganz viele Feinde bei Anglern: Aber den Fisch von der Angel nehmen und sagen: Tschüss und auf Wiedersehen, da habe ich null Verständnis! Also wenn schon: Rausnehmen und futtern.

6. Du sollst nicht ehebrechen.

Ehebruch ist unnötig.

7. Du sollst nicht stehlen.

Mehrfach gebrochen.

8. Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.

Tendenziell nicht gebrochen. Aber es ist sicher schon mal vorgekommen.

9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.

Was jetzt das!? Begehren oder kopulieren!? Das sind Welten! Bei begehren sehe ich jetzt kein Problem.

10.  Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut.

Überhaupt nicht. Ich bin absolut neidfrei. Ich freue mich, wenn einer eine schöne Jacke anhat.

Würden Sie sich als klug bezeichnen?

Nein.

Zu welcher Tageszeit haben Sie die besten Ideen?

Es gibt zwei Formen, Ideen zu haben. Die eine ist: Gezielt nach einer Idee zu suchen und diese nach langer Forschung zu finden. Und das andere ist bei niederen Tätigkeiten wie dem Duschen oder beim Abwaschen. Wenn das Hirn leer und entspannt ist, dann fällt einem etwas zu. Das ist bei mir unabhängig von der Tageszeit.

Vor 20 Jahren behaupteten Sie: «Bei allem, was ich mache, ob privat oder geschäftlich, geht es mir weniger um Geld und Ruhm, sondern in erster Linie um Spass.» Hat Sie das Alter geschäftstüchtiger werden lassen?

Nein, nein, nein (schmunzelt). Das interessiert mich leider nicht.

Immerhin wissen Sie heute, wie Kosten sparen funktioniert: Sie sind kürzlich mit Ihrer Frau aus einem grossen Haus in eine kleine Wohnung gezogen. Wie hat der Umzug funktioniert?

Ich musste natürlich wahnsinnige Opfer leisten. Ich musste viel Material in die Mulde geben. Von 18 Golfschlägern habe ich radikal auf 14 reduziert. Klar, wenn man von 300 auf 54 Quadratmeter zügelt, muss man einiges liegen lassen. Doch das ist ein befreiender Prozess. Und meine Frau ist eher eine Wegwerferin, daher half sie mir gut mit. Selbstverständlich vermisste ich bereits am nächsten Tag etwas, das wir weggeworfen haben.

Gut eingelebt in der neuen Wohnung?

Ja, das ist lustig. 54 Quadratmeter, das ist schon sehr klein. Und das auf zwei Stockwerke verteilt. Es ist wie in einer Studentenwohnung. Lässig.

Welche philosophische Einsicht ist Ihnen beim Blick aus Ihrem neuen Wohnzimmerfenster gekommen?

Immer und immer wieder geht die Sonne auf.

Sie sollen ein äusserst pingeliger Mensch sein. Als Jungfrau mit Aszendent Zwillinge sei der Ordnungsfimmel Ihre Achillesferse ...

Wenn man weniger hat, dann muss man auch weniger suchen. Aber es scheisst mich an, Schlüssel zu suchen. Daher kaufte ich meiner Frau etwas ganz Lässiges: Einen Anhänger, bei dem ich ihr mit einem Pieps helfen kann, den Schlüssel zu finden. Denn das geht gar nicht: Bei schönstem Golfwetter unter Zuhilfenahme eines Hundes vier Stunden lang einen Schlüssel zu suchen, der dann schlussendlich an der eigenen Haustüre aussen im Schloss steckt.

Ihre Frau verlegt gern und oft Dinge – das ist bekannt …

Ja, aber manchmal wurde auch etwas gestohlen. Beispielsweise neulich ein grosses Portemonnaie. Da suchten wir lange und wollten sogar die Polizei zuhilfe nehmen. Doch das war dann schliesslich nicht nötig, weil beim Abbremsen des Autos in einer Rechtskurve unter dem Beifahrersitz plötzlich das rote Portemonnaie hervorgerutscht ist.

Putzfrau – ja oder nein?

Wir haben jemanden, die uns seit vielen Jahren begleitet. Doch ist sie eher eine Haushälterin, die zu einer Freundin wurde. Das ist ganz toll.

Lesen Sie Horoskope?

Nein.

Was lesen Sie beim Coiffeur?

Ich habe einen neuen Coiffeur. An unserem neuen Wohnort hat es 34 Coiffeurgeschäfte. In einem ganz kleinen Dorf. Und ich bin jetzt bei einem irakischen Türken, der gerade vis à vis von meinen Büro ist und nur 25 Franken kostet. Tuttiquanti. Dann sagte ich ihm: Ist das nicht bitzli wenig, 25 Franken? Dann sagte er: «25 Minut. 25 Frank. Gut Geschäft.» Wir verstehen uns prima.

Und was lesen Sie dort?

Nichts! Ich muss aufpassen, wenn der mit seinem Messer rumhantiert. Hallo!?

Wie geht es Ihrer Schuhe- und Bücher-Manie?

Bücher habe ich jetzt alle im Geschäft und keine mehr zuhause. Viele Bücher habe ich ja doppelt an unseren beiden Wohnsitzen in den Bergen und im Unterland. Denn ich will ein Buch sofort zur Verfügung haben und nachblättern können. Ich finde es wahnsinnig geil, ein Buch in den Händen zu haben. Das Produkt Buch fasziniert mich enorm.

Frank Baumann über seine heimliche spiessige Seite: «Ich bin ein grausamer Bünzli. Am zufriedensten bin ich, wenn ich in meinen vier Wänden sitze, einen Tee oder ein Glas Wein trinke. Und man mich in Ruhe lässt. Ich bin gar nicht so, wie man mich aus den Medien erwartet.»
Frank Baumann über seine heimliche spiessige Seite: «Ich bin ein grausamer Bünzli. Am zufriedensten bin ich, wenn ich in meinen vier Wänden sitze, einen Tee oder ein Glas Wein trinke. Und man mich in Ruhe lässt. Ich bin gar nicht so, wie man mich aus den Medien erwartet.»
Bild: Christian Thumshirn

Und Schuhe: Da habe ich etwas reduziert. Doch finde ich die einfach spannend. Der Schuh ist die direkte Verbindung zum Boden. Es ist eine grosse Kunst und Gabe, schöne Schuhe zu machen. Ich habe verschiedene Schuhe, das muss ich zugeben. Einmal bekam ich ein Paar massgeschneiderte Schuhe geschenkt. Als ich diese anprobieren ging – mehrfach, wie sich das gehört –, sagte mir dieser Verkäufer, ein Engländer: Wo immer sie hingehen, nehmen sie diese Schuhe mit. Das fährt schon ein.

Wie viele gute Bücher haben Sie in diesem Jahr schon gelesen?

Also die eigenen miteingerechnet?

Also die schreibt man ja. Die muss man nicht mehr lesen.

Also nein, wenn man es schreibt, muss man es auch lesen. Sogar 15 Mal, weil man es auch Korrekturlesen muss.

Dann sagen wir die externen, nicht die eigenen.

Gute Bücher: zwei. Jetzt bin ich eben an diesem wahnsinnigen Jesus-Buch dran, das ich erwähnt habe. Dann bin ich noch an einem über Gut und Böse. Aber ob es dieses braucht ... Und an einem dritten Buch zum Thema «Warum».

Welche Bücher haben Sie mehr als zweimal gelesen?

Ein paar. Zum Beispiel «Die Korrekturen» von Jonathan Franzen.

Wird Lesen eher einfacher oder anstrengender mit den Jahren?

Es wird einfacher, weil man mehr Übung hat. Es wird anstrengender, weil man sich einen anspruchsvolleren Stoff aussucht zum Verarbeiten.

Dürfen Haustiere in Ihrem Bett schlafen?

Selbstverständlich nicht.

Wann sind Sie still – ausser im Schlaf?

Ich bin nicht immer still im Schlaf. Es wird mir vorgeworfen, dass ich spreche im Schlaf. Aber ich schwatze dann nicht.

Wann zeigt sich Ihre Eitelkeit?

Ich behaupte zwar immer, dass ich nicht so eitel bin. Aber das stimmt natürlich nicht. Um es am Beispiel der Schuhe zu zeigen: Meine Schuhe sind immer schön säuberlich und liebevoll geputzt.

Welchen Luxusartikel haben Sie sich in letzter Zeit gegönnt?

Die Frage müsste lauten: Welchen habe ich mir nicht gegönnt!? Wir sind ja gezügelt. Ich darf mir nichts mehr gönnen. Ich habe so viele schöne Golfschläger gesehen, die ich brauchen könnte. Aber Luxusartikel gegönnt …? Ich habe keine teuren Uhren mehr gekauft, keine Füllfeder. Mir kommt nichts in den Sinn … Wieso, weiss man etwas?

Sie dürfen drei Dinge auf eine einsame Insel in die Ferien mitnehmen: Welche drei wären das?

Golfschläger. Tee. Und meine Frau. In umgekehrter Reihenfolge.

Wo waren Sie am 15. Juni 1988?

Geheiratet. Das war jetzt eine einfache Frage.

Wo waren Sie am 9. November 1989?

(Überlegt lange) Da kommt mir nichts in den Sinn.

Mauerfall Berlin …

Aber hallo, Kollege. Was haben Sie dann gemacht? Da springen Sie von der Hochzeit mit meiner Frau auf den Mauerfall. Am 29. November 1988 ist meine Tochter zur Welt gekommen. Daher dachte ich, dass Sie falsch recherchiert haben.

Haben Sie keine Ahnung, wo Sie an diesem Tag waren?

Ich arbeitete.

Wo waren Sie am 31. August 1997?

Schweizerzeit? Geschlafen. Nichtbeherrschen des Fahrzeugs.

Und wer ist gestorben?

Eure Göttin! (Lady Diana, Anmerkung der Redaktion)

Wo waren Sie am 11. September 2001?

Da weiss ich ganz genau, was dann passiert ist, weil damals eine Mitarbeiterin von mir eine Kassette in den Videorecorder reingesteckt hat, den es damals noch gab, und wir wollten etwas visionieren. Dann sagte ich zu ihr: Was ist das denn für ein Actionfilm!? Bis ich kapierte, dass dies ein feinchirurgischer Eingriff ist in die Twin-Towers.

Vermissen Sie die Unbeschwertheit der Kindheit?

(Überlegt lange) Sie wird mir mehr bewusst. Es ist so schön, wenn wir unsere Enkelin sehen. Diese Unbeschwertheit ist das Privileg der Kindheit.

Behauptet wird, dass das Wichtigste sei, so lange wie möglich Kind zu bleiben. Sehen Sie das auch so?

Ja.

Was treibt Sie an, immer weiterzumachen?

Man ist immer auf der Suche nach irgendetwas Schönem. Oder man möchte etwas noch perfekter machen. Ich glaube, dass man sich von Mal zu Mal die Messlatte höher setzt. Also muss man sich immer mehr anstrengen. Der einzige, der das perfekt gemacht hat, ist der berühmte Stabhochspringer Sergej Bubka. Der sprang absichtlich nicht so hoch, wie er es eigentlich vermocht hätte, damit er beim nächsten Mal einen neuen Weltrekord aufstellen konnte.

Ihr grösstes Handicap im Leben?

Vielleicht ist es das, der Zeit oft ein bisschen voraus zu sein, sei es mit einem Trend oder bei etwas, das erst zwei oder drei Jahre später angesagt ist. Ich war oft zu früh dran. Und natürlich eben, dass ich so pingelig bin und so präzise sein möchte. Das ist für mich, aber auch für die Mitmenschen, manchmal nervig.

Wirklich wahr, dass Sie vor ein paar Jahren ein einjähriges Sabbatical einlegten und während dieser Zeit nur Golf gespielt haben?

Es war kein Sabbatical, und ich habe auch nicht nur Golf gespielt. Aber sehr viel. Denn das hat mich fasziniert. Es hätte auch Geigenspielen sein können.

Ihr Golf-Handicap?

Es ist relativ niedrig. 3,8. Aber ich habe einen Aufwärtstrend.

Warum spielen Sie Golf?

Es gibt verschiedene Facetten, die mich faszinieren. Da ist auf der einen Seite die körperliche Ertüchtigung, dass man draussen ist und sich in einer schönen Landschaft bewegt. Dazu kommt, dass man sehr oft eine gute Küche geniesst und netten Menschen begegnet. Was ich an diesem Sport zudem sehr faszinierend finde, ist die unglaubliche Schwierigkeit. Es ist die zweitschwierigste Sportart, die es gibt. Obwohl es etwas total Unnützes ist, da man mit komplett falschem Material spielt, das überhaupt nicht geeignet ist: ein viel zu kleiner Schläger und ein viel zu kleiner Ball in ein viel zu kleines Loch. Und dann noch versuchen, eine Ästhetik reinzubringen. Das hat schon etwas Faszinierendes.

Welches ist denn die schwierigste Sportart?

Stabhochsprung.

Wirklich wahr, dass wegen Ihrer Golf-Leidenschaft fast Ihre Ehe in die Brüche gegangen wäre?

Ja, aber nur wegen meiner Frau. Sie dachte eine Zeit lang, dass sie sich von mir scheiden lassen möchte. Aber das wollte sie nicht richtig.

Das Golf-Handicap Ihrer Frau?

Irgendetwas mit 20.

Das Handicap von Ihrem Sohn?

Ich glaube 9. Aber den interessiert es nicht. Oder nicht so richtig. Er hat halt nicht diesen Ehrgeiz. Er möchte einfach möglichst lang spielen.

Das Handicap Ihrer Tochter?

Sie hat Platzreife.

Gibt es einen grösseren Wert als Familie?

Nein.

Welches Familienbild tragen Sie immer bei sich?

Im Kopf oder physisch? Familienfoto keines. Nein.

Als junger Vater gründeten Sie eine Zeltmission: Väter gehen mit ihren Kindern an Pfingsten an einem Flüssli zelten.

Jawohl. Das waren 35 Väter mit der doppelten Anzahl Kinder und noch ein paar Hunden. Und die gingen an Pfingsten zelten ohne die Frauen. Wir begannen damit 1991. Die Rahmenbedingung waren: Bordeaux unter 1991, kubanische Zigarren und keine Frauen. Zu Beginn nahm einfach jeder den besten Wein mit, allerdings hatten wir keine Gläser, daher mussten wir bei den Pet-Flaschen den Boden abschneiden, in dem wir dann die teuersten Weine schwenkten. Alle stanken nach demselben Rauch. Einzelne rauchten tonnenweise noch anderes Material. Wir kümmerten uns eigentlich gar nicht richtig um die Kinder, weil die sich untereinander einigten. Unsere Tochter sagte dann einmal zu ihrer Mutter nach einem solchen Wochenende: Also weisst du, Mami, eine Frau hätte es schon ertragen.

Scheinbar ist Ihnen heute das Zelten zu unbequem. Auf jeden Fall haben Sie den Privatclub greystroke.ch gegründet. Wollen Sie über diese sehr exklusive Society überhaupt reden?

Das ist eine autonome Männervereinigung, die es seit zehn Jahren gibt. Das ist ein Golfclub aus Männern, die die gleichen Interessen vertreten und einmal im Monat einen Anlass veranstalten. Schlauerweise jeden zweiten Monat mitsamt Frauen. Das hat zur Folge, dass die Frauen wissen, wer diese Männer sind. Das gibt dem Ganzen eine gewisse Ruhe. Dann kann man auch mal ein Reisli machen. Man kann nicht einfach so Mitglied werden, sondern man wird berufen. Es hat bekannte und unbekannte dabei. Und niemand weiss, weshalb er Mitglied ist.

Wofür hätten Sie gern mehr Zeit?

(Überlegt sehr lange) Ich lebe sehr stark im Moment. Jetzt bin ich nur hier und nirgendwo anders. Daher: Eigentlich brauche ich gar keine Zeit für etwas anders. Trotzdem hätte ich manchmal gern mehr Zeit für die blosse Kontemplation. Einfach irgendwo nur sitzen. Ein Freund von mir stellte fest, dass es kaum noch Leute gibt, die einfach irgendwo nur auf der Bank sitzen. Zuerst dachte ich, was ist denn das für eine merkwürdige Feststellung!? Aber tatsächlich ist das so! Es gibt keine Leute, die einfach nur da sitzen und sagen: Guten Tag! Klar, mit der heutigen medizinischen Versorgung ist man nicht mehr so gehbehindert, dass man sitzen muss. Aber den Moment des Nichtstuns gibt es nicht mehr. Alle haben ein Handy in der Hand und lesen auch keine Bücher mehr. Ich kam mit dem Zug hierher. Eine Person hatte ein Buch in der Hand. Die anderen schauten alle in dieses Kistchen hinein und töggelten herum.

Die härteste Arbeit, die Sie mit Ihren Händen getan haben?

Das waren viele Arbeiten. Ich erinnere mich spontan grad ans Militär, wo wir sinnlose Gräben schaufeln mussten.

Ihr Lieblingshausarbeit?

Ich wasche noch gerne ab, im Fall.

Welche Hausarbeit hassen Sie aufs Blut?

Staubsaugen finde ich doof.

Was ist immer in Ihrem Kühlschrank zu finden?

Es ist ja ein Gruppenkühlschrank. Meine Frau benutzt den ja auch. Ich würde sagen: Käse.

Welches Haushaltgerät gehört in jede Schweizer Küche?

Ein Sparschäler.

Für Spargeln?

Nein, für Kartoffeln. Der ist ja im Museum of Modern Art. Der hat neben dem Schäler noch eine kleine Ausbuchtung, mit der man die Augen aus den Kartoffeln entfernen kann. Das ist ein Hightech-Tool.

Ihr Lieblingsfrühstück?

Ein schönes, frisches, selbst gebackenes Brot. Und dazu Aprikosen- oder Quittenkonfitüre. Und ein Darjeeling-Tee von Reichmuth von Reding.

Ihr absolutes Lieblingessen im Restaurant?

Ich habe in verschiedenen Restaurants verschiedene Lieblingsessen.

Kronenhalle Zürich?

Leberli mit Kartoffelstock. Im «Rössli» in Lachen Rindsdingsbums an einer Pommery-Senfsauce. In Vals, im «Edelweiss», Cordonbleu mit Spätzli.

In Gockhausen?

Da wurde zuhause gekocht, als wir noch dort wohnten.

Lieblingessen daheim selber gekocht?

Wenn ich selber koche: ein Rindsfilet einfach so in die offene Glut gelegt, ohne Grill, einfach zack, in die weisse Glut. Und sonst: Penne Carbonara, aber die macht meine Frau. Und Aprikosenwähe, oder eine mit Zwetschgen, die richtig sauer sind, die ist auch sehr gut.

Wirklich wahr, dass Sie manchmal Gäste einladen, davor im Restaurant Essen bestellen und am Abend dann so tun, als hätten Sie selber gekocht?

Das gab es eine Zeit lang. Jetzt sind wir gezügelt, daher machen wir das nicht mehr. Asiatisch, hervorragend, beim besten Kambodschaner weltweit. Ich trug dazu immer die Schürze, damit der Eindruck entstand, dass ich das wirklich selber gekocht habe. Doch am Schluss haben wir das immer aufgelöst.

Ihre Lieblingszahl?

32.

Lieblings-App?

Keine.

Der Name Ihrer Bank?

ZKB.

Der Name eines Freundes, der abends ab und an auf ein Bier vorbeikommt?

Keiner.

Lieblings-Golfschläger?

Eisen 2.

Lieblings-Auto?

Haflinger.

Wie lautet Ihre Kurzkritik an der SBB?

Super. Keine Kritik.

Lieblings-Töff?

(Weinerlich) Ich muss ja alle weggeben, weil wir keinen Platz mehr haben. Ich hätte noch eine kleine Töff-Werkstatt zu verkaufen, falls sich jemand interessiert: Moto Guzzi, BMW, Harley …

Midelifecrises – oder warum fahren Sie seit einigen Jahren Harley-Davidson?

Nein, ich fahre wegen der Midlife-Crises seit einigen Jahren nicht mehr Harley. Aber ich habe sie immer noch.

Wirklich wahr, dass Sie mit Ihren Harley-Freunden nach Rom gefahren sind und gesündigt haben ...

Wir haben überhaupt nicht gesündigt. Wir haben gesegnet!

Sie sollen Priesterhemden angezogen und auf dem Petersdom Gläubige gesegnet haben.

Was soll man denn sonst machen – wenn man dort ist, muss man doch segnen! Alles andere wäre unanständig. Wir haben diese Priesterhemden ja nur deshalb angezogen, weil wir nicht auffallen wollten. Und in Rom fällt man mit Priesterhemden überhaupt nicht auf.

Es soll sogar Bilder von dieser Aktion auf Ihrem Handy geben ...

Natürlich wollten sich viele mit uns fotografieren lassen. Leider oft die falschen. Und dann stand ich einfach neben einer Frau, damit es ein anständiges Foto gibt von mir. Jetzt spule ich etwas vorwärts. Das war die Zeit, als der Papst sehr krank war. Zur Audienz kam es nicht. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb wir das geplant haben. Das ist jetzt zu kompliziert, das zu erklären. Also gingen wir in den Petersdom und segneten all jene, die danach verlangten: «In domino patris et filii et spiritus sancti amen.» Die erste, bei der ich das machte, sagte mir: Können sie das nicht mit der rechten Hand machen. Da ging ich zu meinem Spiritus Rector, ein sehr berühmter Schönheitschirurg. Er sagte mir: Du musst den Daumen nass machen! Also machte ich das, und alle waren glücklich.

Und es hat niemand gemerkt, dass Sie und Ihre Freunde keine echten Priester sind?

Nein, alle waren happy. Und dann wollten wir in die vatikanischen Gärten und kamen nicht weiter. Schliesslich landeten wir bei einem Schweizer Gardisten, der sagte, dass wir da nicht einfach durchkönnen, sondern Eintritt bezahlen müssten. Doch dann kam Pater Norbert, einer meiner engsten Freunde, und sagte: Komm, wir sind Patres aus der Schweiz und mit unseren Harleys viele tausend Kilometer gefahren, um die vatikanischen Gärten zu sehen. Dann packte ihn der Schweizer Gardist an den Schultern und sagte: «Du bist Nörbi von Vals. Ich bin der Sohn von Malermeister Furger.» Er liess uns dann trotzdem nicht in die vatikanischen Gärten, doch gab er uns eine kleine Privatführung.

Was zeichnet die Menschen aus, mit denen Sie besonders gut klarkommen?

Interesse.

Ihr revolutionärster Gedanke als 14-jähriger Teenager?

Papst zu werden.

Wird es echt wärmer oder bilden wir uns das nur ein?

Es wird wärmer.

Stehen wir mit dem Rücken zur Wand?

Nahe dran.

Wie viel Mal waren Sie schon an den aktuellen Schüler-Klimademos dabei?

Nie.

Würde der junge Frank sich an den heutigen Klimademos beteiligen?

Sicher. Weil es dann schulfrei gegeben hätte.

Welches war die letzte Demo, an der Sie mitgemacht haben?

Gegen Fluglärm. Ich habe damals eine Werbekampagne gemacht fürs BUWAL, das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft. Es ging darum, den Menschen zu sagen: Weniger Abfall bedeutet mehr Lebensqualität. Und damals ging es auch ums Klima. Im Laufe der Kampagne wurden ständig mehr Gelder gestrichen. Daher entstand der Eindruck, dass in der Politik jeder nur auf seinen eigenen Garten schaut.

Und am Sonntag, 7. Januar 1985, Sie waren damals Radio-24-Moderator, haben Sie den Zürcher Skilanglauf organisiert.

Ah, genau. Damals schneite es wie verrückt. Zürich lag tief im Schnee. Also machten wir einen Aufruf: Kommt mit den Langlaufskiern zur Saffa-Insel. Von dort gingen wir mit den Langlaufskiern ins Niederdorf und darauf bis ins Zürichhorn und wieder zurück. Das war unglaublich geil. Eine unbewilligte Demo. Und die Polizei konnte gar nicht eingreifen, weil sie gar nicht fahren konnte bei so viel Schnee. Das war ein bizarrer Moment, mit den Langlaufskiern durch die leere Stadt zu gleiten. Das war hervorragend. Die Leute, die damals dabei waren, reden noch heute davon.

Was würde der junge Frank über das Leben des heutigen Franks denken?

Boah! Was würde ich wohl denken über einen solchen … Vielleicht: Hey, das ist eigentlich noch cool, was der so alles gemacht hat, und wie er noch relativ jung wirkt in seinem Tun. Vielleicht würde er aber auch sagen: Der ist aus einer anderen Zeit. Ich überlege mir grad, wie habe ich damals ältere Moderationskollegen oder Fernsehleute angeschaut. Häufig war es ja so, dass man jene, die noch in diesem Job drin waren, als jene betrachtete, die dir den Platz versperren. Das könnte ich doch genauso gut wie der! Doch diesen Gedanken kann ich über mich nicht haben. Weil ich für Junge ja keinen Platz mehr versperre. Das ist ja das Hauptproblem bei diesen ganzen Medien- und Fernsehleuten. Dass alte Säcke den Platz versperren. Ist so die Frage gut beantwortet? Ich habe mir Mühe gegeben.

Ja, man merkt’s.

(Lacht)

Finden Sie auch, die Schülerinnen und Schüler würden gescheiter am Freitag in die Schule gehen, als sich mit den Klimastreiks den Verkehr in den Städten aufzuhalten?

Nein, auf keinen Fall, gopferteli! Sie müssen das machen, weil sie sich dann politisieren und engagieren für irgendetwas. Und nicht einfach abhängen. Die Schule ist wichtig, aber genauso wichtig ist es, dass sie sich politisieren und eine Meinung haben. Daher finde ich diese Kundgebungen auf der Strasse sehr wichtig.

Was tun Sie konkret, um den Klimawandel aufzuhalten?

Also erstens leben meine Frau und ich sehr bewusst. Wir ernähren uns bewusst, kaufen vernünftige Produkte ein. Wir fahren nicht nur mit dem Auto herum, sondern benutzen den öffentlichen Verkehr. Wir kompostieren und rezyklieren. Wir versuchen unser Leben, das wir haben, bewusst zu leben.

Wie erklärten Sie Ihren beiden Kindern die Ungerechtigkeiten, die es auf der Welt gibt?

Ganz simpel: Das ist gut, und das ist schlecht. Später stellte sich natürlich die Frage: Gibt es denn überhaupt das Gute und das Schlechte?

Wenn Sie nochmals Vater würden ...

Dann hätte ich einen kleinen Erklärungsnotstand.

... was würden Sie bei der Erziehung Ihrer Kinder anders machen?

Nichts.

1996 sagten Sie in einem «Schweizer Illustrierten»-Porträt: «Ich wünsche meinen Kindern, dass sie zwischen verschiedenen Kulturen und Gesellschaften pendeln können. Sie sollen mit einem Rocker genauso gut auskommen wie mit einem Generaldirektor.» Ihre Kinder sind jetzt erwachsen. Und: Haben Sie Ihr Ziel erreicht?

Ja. Weil meine Frau ihren guten Charakter vererbt hat.

Wie steht es derzeit ums Schweizer Selbstbewusstsein?

Nicht so gut, finde ich.

Welcher typische Schweizer Minderwertigkeitskomplex geht Ihnen auf die Nerven?

(Überlegt lange) Es ist dieser pauschale Minderwertigkeitskomplex, den viele Schweizerinnen und Schweizer haben und der mir auf die Nerven geht. Aber für mich stellt sich eher die Frage: Welche Schwäche geht mir auf die Nerven? Das wäre dann diese fehlende Selbstironie. Diese Humorlosigkeit, Behäbigkeit. All diese Clichés, die wir kennen und die mir am ehesten auffallen.

Eine überraschend gute Seite an den Schweizerinnen und Schweizer?

Sie sind sauber. Der Schweizer wäscht nach dem Autowaschen auch noch den Schlauch. Und zwar von innen.

Sind die Schweizerinnen und Schweizer jetzt eigentlich beliebt im Ausland oder nicht?

Sehr. Vor allem in Deutschland. Der Schweizer regt sich total auf, wenn er einen Schweizer sieht – jeder zweite Schweizer ist ja ein Deutscher. Aber völlig zu Unrecht. Der Deutsche kommt hierher und ist völlig lösungsorientiert, total offen und positiv. Während der Schweizer beim Parkieren überlegt, ob er vorwärts oder rückwärts parkieren soll, fährt der Deutsche einfach rein, denn er möchte keinen Stau verursachen. Wenn es am Würstlistand keinen Senf gibt, sagt der Schweizer: Ich glaube, ich nehme Ketchup. Der Deutsche sagt: Ich krieg ne Wurst und will Senf. Er ist lösungsorientiert.

Bitte zu sagen, wäre manchmal vielleicht auch noch nett.

Das ist doch nicht nötig. Es ist ja nur eine Information, was man möchte – aus Sicht des Deutschen. Ich machte ja diese TV-Sendung «Grüezi Deutschland», um herauszufinden, ob die Deutschen Arschlöcher sind. Und das sind sie zu meiner grossen Überraschung, der selber zu drei Viertel Deutscher ist, nicht. Sie sind einfach freundlich und offen. Ich ging auf sie zu und sagte einfach: Grüezi, ich komme aus der Schweiz. Alle Türen waren mir offen.

Sind Sie ein guter Verlierer?

Ja.

Was glauben Sie, wie Sie auf andere wirken?

Es gibt zwei Wahrnehmungen. Die eine lautet: Das ist ein dummer, arroganter Siech. Und die andere ist: Ah, das ist noch ein Origineller. Lustigerweise bekomme ich das nicht weg, dass ich reduziert werde auf das, was ich früher beim Schweizer Fernsehen gemacht habe und das etwas auffällig war.

Wie wichtig ist Ihnen, was andere über Sie denken?

Mich interessiert eigentlich nur, was die engsten Freunde denken und die Familie. Diese sind angehalten, mir zu sagen, was sie gut finden und was ich ändern soll.

Was mögen Ihre Freundinnen und Ihre Freunde besonders an Ihnen?

Ich glaube: die Verbindlichkeit.

Was ist das Wertvollste, das Sie besitzen?

Meine Familie.

Definitionsfrage: Wo fängt für Sie Armut an?

(Überlegt lange) Die fängt vor der Haustüre an.

Wo sollte Reichtum aufhören?

Was ist denn Reichtum? Wo sollte der aufhören? Fakt ist, dass die einen immer reicher werden und die anderen immer ärmer. Das sagte Mani Matter doch so schön: Dene wos guet geit giengs besser giengs dene besser wos weniger guet geit. Wenn man ein bisschen aufeinander aufpassen würde, dann würde das helfen. Aber diese Frage lässt sich nicht richtig beantworten.

Haben Sie einen armen Freund?

Ich habe ein paar Bekannte, die nicht reich sind.

Das grosszügigste Geschenk, dass Sie jemals gemacht haben?

Wahrscheinlich ist es immer dieses: Zeit.

Das grosszügigste Geschenk, dass Sie je bekommen haben?

Liebe und: Zeit.

Welcher Ausdruck ist verbrauchter: Macho oder Feministin?

Beide.

Verschlechtert oder verbessert sich gerade das Zusammenleben von Frauen und Männern?

Ich hoffe, dass es sich verbessert.

Was können Frauen besser als Männer?

Sie sind vielleicht empathischer.

Was können Männer besser als Frauen?

Autofahren.

Sind Sie ein guter Tänzer?

Nein.

Ihr Mittel gegen Müdigkeit?

(Überlegt lange)

Grüntee?

Ich habe gar kein Mittel. Wenn ich müde bin, muss ich mich hinlegen. Aber das ist nicht immer sehr früh.

Ihr Mittel gegen Selbstzufriedenheit?

Ich bin eben gar nicht so selbstzufrieden, weil ich mich immer wieder hinterfrage, und wenn ich das nicht tue, dann werde ich das von anderen. Ich komme also gar nicht in den Zustand von Selbstzufriedenheit.

Wer ist für Sie am standhaftesten in der Schweizer Politik?

Mmh. Vermutlich keiner.

Welche Politikerin und welchen Politiker mögen Sie nicht? Und warum?

Uninteressant.

Warum sind SVP-Politiker oft humorvoller als SP-Politiker?

Das ist eine Unterstellung, die ich überhaupt nicht glaube.

US-Philosoph Philosoph Jason Brennan fordert Wissentests für Wählerinnen und Wähler. Gute Idee?

Das wäre die Bankrotterklärung der Demokratie. Denn die grosse Idee ist ja, dass möglichst viele partizipieren können. Das Problem ist eher, dass Demokratie sehr unsexy verkauft wird und die Leute zu wenig Lust haben, sich politisch zu informieren und zu engagieren. Darum sind sie nicht kompetent, abzustimmen.

Finden Sie auch, dass heute der Politik der Blick auf das grosse Ganze fehlt?

Kann man nicht so pauschal sagen.

Manche behaupten, heute grassieren deutlich mehr Verschwörungstheorien als noch vor ein paar Jahren. Wahr oder nicht?

Das ist sicher so.

Haben Sie in Ihrem Bekanntenkreis Menschen, die solchen Theorien Glauben schenken.

(Lacht laut) Meine Schwiegermutter.

Muss das Internet reguliert werden?

Kommt darauf an, wer es reguliert.

Kann man Computern vertrauen?

Nein.

Sollte der Staat die Medien fördern?

Ja.

Ist die Informiertheit der Bürger eine Staatsaufgabe?

Ich sage jetzt mal ja.

Warum wurden Sie Journalist?

Weil ich zu faul war, etwas anderes zu machen. Ich dachte, dass dies noch praktisch sei, etwas zu schreiben und zu fotografieren und ein bisschen zu malen.

Ein Fehler, den Sie sich als Journalist nicht verzeihen?

Ich habe mal was abgeschrieben. Im Auftrag des «Badener Tagblatts» musste ich einen Artikel zusammenschustern über irgendeinen Satelliten oder Meteoriten. Da verwendete ich tatsächlich grössere Abschnitte aus dem «Tages-Anzeiger», was der «Tages-Anzeiger» natürlich nicht gut fand – ich würde das auch nicht mehr machen.

Sie waren bei Radio 24 Moderator. Auf Ihrer Kassette, die Sie Roger Schawinski, dem Gründer von Radio 24, schickten, soll scheinbar nur Kirchengeläut zu hören gewesen sein. Sie bekamen den Job trotzdem. Warum?

Ich wohnte damals in Baden unter der katholischen Kirche. Ich nutzte das grosse Sonntagsgeläut, liess einen Staubsauger laufen und schrie unter der Bettdecke ins Mikrofon, dass ich zu ihm nach Como komme möchte. Darauf rief er mich an und sagte: «Junger Mann, ich habe nichts verstanden. Was wollen Sie überhaupt, kommen Sie zu mir nach Como und erzählen mir, was Sie wollen» – das tat ich auch.

Weshalb bekamen Sie dann schliesslich den Job?

Vielleicht aus Mitleid. Oder er sah in mir einen Diamanten, den er schleifen konnte, damit er dann sagen kann: Es war meine Idee.

Vom Radio 24 wechselten Sie zu Radio DRS, wo Sie wahnsinnig viel Sendungen, aber auch viel Seich anstellten: Sie sollen unter anderem Schubladen des Chefs mit Daunenfedern gefüllt haben ...

Das war lustig, denn als er die Schubladen öffnete, da wirbelten alle Daunenfedern im Raum herum. Auch streuten wir Radieschensamen in die Blumentöpfe. Das war eine lustige Zeit.

Bei so viel Boshaftigkeiten: Gab es da auch einmal einen Verweis – oder gar die Androhung für die Kündigung?

Doch, doch, ich musste immer wieder vortraben.

Bei all Ihren verrückten Ideen scheren Sie sich scheinbar auch nie um Bewilligungen …

Nein! Nur einmal wollte ich eine Bewilligung einholen, als ich den Namen meiner heutigen Frau an den Himmel schreiben lassen wollte. Ich hatte extra mit einem Kunstflugpiloten eine stündige Radiosendung gemacht, damit er das gratis für mich erledigen würde. Das klappte wunderbar. Dann dachte ich in letzter Sekunde, ich hole beim Luftfahrtamt vielleicht doch besser eine Bewilligung ein. Und das war aber gleich auch das letzte Mal, dass ich mir die Mühe gemacht habe, eine Bewilligung einzuholen. Denn der Mann dort sagte mir gleich: «Sind Sie nicht ganz bei Trost!? Wohin kämen wir, wenn jeder den Namen seiner Freundin an den Himmel schreiben würde. Schlussendlich flog der Flieger also nicht.»

Wann bekamen Sie zuletzt eine Busse aufgebrummt?

Hey, gerade vor Kurzem. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, immer die Geschwindigkeit zu fahren, die angeschrieben ist. Dann haben die es doch einfach vor Stäfa oder irgendwo dort draussen in einer Zone, in der 80 gut möglich ist, auf 60 geändert, und als ich da um 23 Uhr durchfahre, macht es plötzlich Tatütatü. Das ist doch eine Frechheit!

Die teuerste Busse, die Sie je berappen mussten?

Ich weiss gar nicht mehr, was die gekostet hat, ich habe sie gleich in die Direktion weitergegeben.

Mitte der 1990er Jahre waren Sie schweizweit in den Schlagzeilen: Sie hängten eine riesige, gelbe Krawatte mit Ketchup-Klecks an die Kappellbrücke in Luzern. Was war da los?

Das war eher eine Art Kunstinstallation. Mein damaliger Geschäftspartner und ich wollten fragen: Wollt ihr das? Wisst ihr überhaupt, welch schönen Turm ihr habt? Dann flogen wir mit einem Helikopter eine Riesenkrawatte mit grünen Punkten und Ketchup in die Stadt hinein. Hier habe ich übrigens die Bewilligung eingeholt, indem ich sagte: Wir schenken der Stadt ein Kunstwerk. Wir machten es an dem Tag, als der Stadtpräsident und der Polizeichef in den Ferien waren. Das war eine sehr erfolgreiche Aktion: Es gab drei Auffahrunfälle auf der Brücke, weil die Leute in den Himmel schauten und sagten: Schau mal, diese Krawatte.

Frank Baumann über die Schüler-Klimastreiks: «Sie müssen das machen, weil sie sich dann politisieren und engagieren für irgendetwas. Und nicht einfach abhängen. Die Schule ist wichtig, aber genauso wichtig ist es, dass sie sich politisieren und eine Meinung haben.»
Frank Baumann über die Schüler-Klimastreiks: «Sie müssen das machen, weil sie sich dann politisieren und engagieren für irgendetwas. Und nicht einfach abhängen. Die Schule ist wichtig, aber genauso wichtig ist es, dass sie sich politisieren und eine Meinung haben.»

Warum haben Sie immer so gute Ideen?

Die fallen mir einfach so zu. Sie sind jedoch nicht alle immer gut.

Sie hätten die guten Ideen oft zehn Jahre zu früh, haben Sie mal in einem Interview behauptet. Haben Sie das je mit Ihrem Psychiater besprochen?

Ich habe keinen Psychiater.

Ihr lustigstes Vorurteil gegen die Psychoanalyse?

Keines.

Welche Krankheit hat für Sie den grössten Glamour?

Jede.

Ihr Lieblingsmedikament?

Ponstan. Ich nehme aber auch Mefenacid, im Fall.

Im Wechsel?

Ja, genau. Das Generika im Wechsel mit dem Original.

Mal einen Freund mit Ihrer Arbeitswut in den Wahnsinn getrieben?

Mehrfach.

Welches war die glücklichste Zeit Ihres bisherigen Lebens?

Jede.

Und welches die dunkelste?

Da gibt es nur wenige.

Waren Sie je bei einer Hellseherin?

Nein.

Wer berät Sie in Lebensfragen?

Meine Frau.

Sie werden im August 62. Gehen Sie regelmässig zu den Krebserkennungsuntersuchungen?

Ja.

Sie liessen sich 1993 unterbinden. Warum?

Zweimal.

Weil es das erste Mal nicht funktioniert hat?

Genau. Nach der ersten Operation wurden mit meinem Sperma Untersuchungen gemacht. Die Frau des Arztes, welche die Labortests durchführte, sagte: Sie sind immer noch zu gefährlich (imitiert slawischen Akzent). So musste ich diesen Eingriff zum zweiten Mal machen. Das ist ja nicht wie bei der Frau, wo man einfach nur den Bauch aufschneiden muss. Beim Mann ist das ein Eingriff am offenen Herzen. Quasi am Gehirn. Während bei der Frau ein kleines Schnittchen gemacht wird, gibt es beim Mann zwei riesige Schnitte am Gehirn.

Zwischen den Beinen am Gehirn … – tat es weh?

Es war sehr unangenehm.

Was sagten Ihre Freunde, als Sie es Ihnen erzählten, dass Sie sich unterbinden lassen?

Ich beschrieb es im Detail in der «Sonntagszeitung». Die einen fanden es super. Die anderen sagten: «Hör auf mit diesem Scheiss. Meine Frau ist bereits gekommen mit diesem Artikel und möchte, dass ich das auch mache.» Einer unserer Freunde, mit dem meine Frau das Büro teilte, erhielt von ihr auch den Artikel mit der Empfehlung, das zu machen. Nach dem Mittagessen fand sie ein Zettelchen vor: Ich musste an die frische Luft. Meint: Dem war es zu viel.

Haben Sie seither noch Lust oder gar besseren Sex als davor?

Noch mehr Lust! Beides!

Welche Niederlage haben Sie zuletzt in Alkohol ertränken müssen?

Keine.

Können Sie sich an Ihr erstes Besäufnis erinnern?

Ich besaufe mich nicht gern. Daher kam das in meinem Leben bisher erst zwei- oder dreimal vor. Einmal in Yverdon in der Rekrutenschule mit Pastis. Ich hatte effektiv Mühe, die breite Einfahrt zur Kaserne richtig anzupeilen. Ich mag es nicht, die Kontrolle zu verlieren. Ich mag es nicht, nicht mehr zu wissen, wer ich bin.

Dann haben sie auch nie eine legendäre Party gefeiert?

Wieso? Das ist eine Suggestivfrage. Ich will auch nicht am folgenden Tag Kopfweh haben. Doch, wir haben immer wieder Partys gefeiert.

Je an einer Party nackt in den Pool gesprungen?

Nein. Aber ich bin schon nackt mit dem Töff durch eine Polizeikontrolle gefahren – mit meiner Frau hinten drauf. Wir waren im See baden und fuhren nackt nach Hause. Damals durfte man das ja noch. Heute wagt sich ja niemand mehr nackt auf die Strasse. Und dann fuhren wir plötzlich in eine Polizeikontrolle, die jedoch in der Gegenrichtung stattfand, was wir aber nicht wussten. Also dachte ich mir: Wow, was geht da jetzt ab. Ich habe ja gar nichts an. Unser Puls war auf 180. Doch der Polizist am Schluss der Kontrolle winkte uns einfach kopfschüttelnd zu.

Würden Sie das auch heute noch wagen?

Ich weiss nicht. Vielleicht in einem halben Jahr, wenn ich wieder gestählt und fit bin. Aber im Moment eher nicht.

Früheste Tageszeit, zu der Sie je Wein oder Bier getrunken haben?

Kürzlich waren wir eingeladen – und schon um zehn Uhr morgens wurde Wein aufgefahren.

Wo trinkt man am besten?

Am schönsten ist es auf jeden Fall zuhause.

Lieblingsalkohol?

Wenn schon, dann Rotwein. Der Weisswein geht mir in die Gelenke.

Mojito oder Moscow Mule?

Beides nicht.

Sie wissen gar nicht, was das ist, oder?

Genau. Und was ich nicht kenne, fresse und saufe ich nicht.

Fürchten Sie eine Droge?

Nein.

Welche Droge kontrollieren Sie am besten?

Alkohol.

Lustigstes Drogen-Erlebnis?

Da gibt es tatsächlich eines. Mein Sohn brachte an Weihnachten einen Joint mit und wollte, dass wir den zusammen rauchen. Ich fand nach einigen Zügen, dass da etwas wenig passiert. Aber um ihm eine Freude zu machen, machte ich in den geöffneten Kühlschrank einen Kopfstand und sagte: «Das fährt grausam ein!» Meine Frau fragte mich später: «Hast du auch nichts gespürt?» Doch mein Sohn war überzeugt, dass wir voll dicht waren.

Was halten Sie grundsätzlich von bewusstseinserweiternden Substanzen?

Das kann sehr spannend sein.

Drogenfreigabe – ja oder nein?

Kontrolliert, ja.

Was halten Sie von dieser Definition von Glück: Das Erleben einer Situation, von der man hofft, dass sie noch möglichst lange anhalten soll.

Das ist schön.

Ist Ihre Position mehr Ihrer Leistung oder dem Glück zu verdanken?

Beidem. Fügungen – und man braucht gute Göttis. Es entsetzt mich, dass sich im Geschäftsleben kaum noch jemand die Zeit nimmt, um eine Patenschaft für jemanden zu übernehmen. Ich hatte immer hervorragende Chefs, die mich begleitet haben. Mir gesagt haben: Hey, so kannst du das nicht machen. Das wäre schön, wenn wir gerade in der Medienwelt in dieser Hektik und diesem Rummel Zeit hätten, ein Mentoring zu machen.

Ihre schrecklichste Niederlage?

Könnte ich nicht sagen. Mir hängen Niederlagen nicht an.

Ihre schrecklichste Niederlage gegen eine Frau?

Beim Klettern gegen meine Frau.

Lieber streicheln oder gestreichelt werden?

Das lässt sich durchaus simultan machen.

Welcher Sport wird Sex dereinst ersetzen?

Vielleicht rhythmische Sportgymnastik?

Ihr Lieblingsporno?

Alle Auftritte von Herrn Trump.

Lieblingsspielzeug?

Es muss rund sein. Ein Ball oder so etwas.

Jemals Angst gehabt, sich lächerlich zu machen?

Nein.

Masochist oder Sadist?

Weder noch. Konsument.

Die schlimmste Beleidigung, die Sie als Fernsehmoderator je ertragen mussten?

Als Radiomoderator hat mir ein Arbeitskollege mal gesagt: «Grüezi, Herr Bau.» Ich fragte ihn: «Wieso Herr Bau?» Darauf er: «Wissen Sie, immer wenn sie kommen, dann schalte ich ab.» Das fand ich frech. Beim Fernsehen musste ich viel «Schlötterlig» über mich ergehen lassen, aber das war mir egal.

Ziemlich spektakulär waren Sie als TV-Kommentator «Albert Wyler», als Sie während der Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville herumalberten und hierzulande heftig kritisiert wurden. Sie sollen sogar Morddrohungen bekommen haben.

Ja, nicht nur damals, sondern auch später.Der Höhepunkt war, dass mir jemand eine Pistolenkugel schickte, in die mein Name eingraviert war. Als ich das bei der Polizei meldete, sagte man mir: Seien Sie froh, dass sie diese Kugel per Post und nicht per Luftpost erhalten haben.

Das fanden Sie lustig?

Ja, ich bekam dann ja auch einen Security, der gut sichtbar hinter mir in der Sendung stand.

Auch Ihre Kinder sollen, zumindest erzählte das später Ihr Sohn Maximilian in einem Interview, unter Ihrem TV-Engagement gelitten haben ...

Das sagten sie später. Damals waren sie ja noch sehr klein und haben das nicht richtig mitbekommen.

Sie machten trotzdem weiter: 1999 gingen Sie mit der Satiresendung «Ventil» auf Sendung – damals verging fast kein Tag ohne Baumann-Schlagzeile ...

Ja, das war so. Einige habe ich auch selber geschrieben. Ich war damals mit den Leuten der «Blick»-Redaktion befreundet. Die sagten immer: Du darfst nicht so hart einfahren. Sonst wirst du noch abgesetzt. Ich war jedoch überzeugt, diese Figur noch viel präziser machen zu müssen. Leider spielte ich diese Rolle so gut, dass sie mir heute noch anhaftet und ich ständig darauf angesprochen werde: Sind Sie nicht der von «Ventil»?

Provokateur vom Dienst, Prügelknabe, TV-Fieslinge, TV-Buhmann – dann haben Sie dieses Medien-Feuerwerk selber gesteuert?

Wir haben es nicht verhindert, sagen wir es mal so. Wir wollten ja einen Dialog auslösen. Und die Frage war: Wollen wir das, wollen wir, dass am Fernsehen solches Zeugs gezeigt wird? Das gipfelte darin, dass wir in einer der letzten Sendungen einen Menschen erschiessen wollten, um die Frage auf die Spitze zu treiben: Wollen wir, dass in der Tagesschau Schwerverletzte oder Tote in Kriegsgebieten gezeigt werden? Obwohl ich ja Offizier bin, dachte ich dann doch, dass das vielleicht etwas zu weit geht, einfach so einen Menschen ohne Anlauf und Vorbereitung zu erschiessen. Also nahmen wir einen Hasen. Es gab eine Stallung mit Hasen, und das Publikum durfte wählen, welcher erschossen werden sollte. Die Redaktionsleitung drehte durch und sagte: «Das kannst du doch nicht machen!» Darauf ich: «Das wird doch täglich tausendfach gemacht, was ist da schon dran?» Als Infanterieoffizier würde mir das mit einem Zielfernrohr aus fünf Metern Distanz bestimmt bestens gelingen. Also wichen wir auf einen ausgestopften Hasen aus, den wir im Studio zwischen die herumschnüffelnden, lebendigen Hasen stellten und der vom Publikum auch ausgewählt wurde. Also schoss ich auf diesen, er zuckte dann noch so vom Aufprall. Doch für einen Infanterieoffizier gibt es eigentlich nichts niedrigeres, als auf etwas Ausgestopftes zu schiessen. Als ich nach Hause kam, rief sogleich der damalige Fernsehdirektor Schellenberg an und meinte: «Das ist das Niederträchtigste, was ich je gesehen habe!» Darauf ich: «Halt, gemach. Darf ich mich erklären?» Und er: «Nein, das geht überhaupt nicht. Das sei ein Hochverrat an ihm und am Publikum!» Und ich: «Hey Schäli, der Hase war ausgestopft!» Darauf er: «Genau das ist der Verrat! Wenn einer schon eine solch grosse Schnurre hat wie du, dann erwarte ich von ihm, dass er einen lebendigen Hasen erschiesst. Wenn du diese philosophischen Fragen stellen möchtest, dann muss der Hase leben.» Seither hinterfrage ich mich bei allem, was ich beruflich mache: Lebt der Hase oder ist er ausgestopft? Und es ist nur dann interessant, wenn der Hase lebt und nicht ausgetopft ist – metaphorisch gesprochen.

Zuschauerinnen und Zuschauer, die im «Ventil»-Studio anriefen, waren sofort live auf Sendung. Hatten Sie keine Angst vor Missbrauch?

Nein.

Ihre Frau wurde damals gefragt, wie es sei, mit dem grössten Kotzbrocken der Schweiz verheiratet zu sein. Wie fanden Sie das?

Ja: Wie halten Sie es aus, Frau Baumann?

Haben Sie diese Schlagzeile auch selber geschrieben?

(Lacht) Ja.

Die NZZ schrieb damals:  «Der chefredaktionelle Eifer wäre besser darauf verwendet worden, Frank Baumann strikter zu verbieten, am Tage vor der Ausstrahlung des Dokumentarfilms Laetitia und ausgerechnet die Wahrsagerin Uriella in die Sendung «Ventil» einzuladen. Stattdessen erhielt ein notorisch lümmelnder Moderator Carte blanche, zwei Frauen verbal zu belästigen und im Umgang mit Zuschauerinnen und Zuschauern zu beweisen, wie sehr er als Nichtschwimmer seichtes Gewässer braucht.»

Schrieb das nicht Rainer Stadler? Und der Titel lautete: Triumpf der Trottel? Dem schrieb ich sofort: «Grossartige Kritik! Wenn schon verrissen werden, dann auf diesem hohen Niveau.» Er meinte jedoch, dass ich das nicht ernst meine.

Was denken Sie, wäre die Laetitia-Uriella-Sendung heute noch möglich?

Nein, vermutlich nicht. Weil in der Führungsetage oft Bedenkenträger sind, die sich davor fürchten. Aber es müsste natürlich mehr sein heute, raffinierter.

Und wenn ja, würde es für einen deftigen MeToo-Skandal reichen?

So lange niemand niemanden anfasst, ist das ja kein Problem. Uriella und Laetitia waren damals eine Gegenüberstellung von Gut und Böse. Interessanterweise meinte Uriella im Vorfeld: «Weisst du, lieber Frank, das ist für mich überhaupt kein Problem, ich habe früher Filme untertitelt, darunter auch Sexfilme.» Worauf ich mich fragte: Wie untertitelt man Sexfilme …? Erst während der Sendung realisierte sie, dass dies vielleicht auch ihre Jünger sehen und bekam einen Stress. Daher nahm ihr Anwalt dann Kontakt mit mir auf.

Hat die Sexismusdebatte MeToo die Welt besser gemacht?

Nein. Das ist bigott.

Ihre Frau erzählte zu «Ventil»-Zeiten in einem Porträt in der «Schweizer Ilustrierten»: «Ich fand ‚Ventil' lustig, weniger lustig waren die Reaktionen, deren Folgen ich noch gar nicht abschätzen kann. Ich kenne Frank ja und weiss, dass er privat eher ein ruhiger und familiärer Typ ist, der sich nicht gern in den Vordergrund drängelt.»

Ja. Das ist so.

Sie sind also schizophren?

Ich habe gern meine Bühne, auf der ich mich bewege.

Wirklich wahr, dass Sie privat absolut unspontan sind?

Nein, das ist nicht wahr. Leute, die nackt Töff fahren, sind spontan.

Vielleicht haben Sie das ja drei Jahre lang im Voraus geplant …?

(Lacht) Nein, sicher nicht. Wir haben auch unseren kürzlichen Umzug in eine neue Wohnung nicht geplant.

Im Sommer 2000 setzten Sie «Ventil» nach 74 Folgen selber ab. Warum gaben Sie auf?

Ich dachte, dass man die Realität nicht toppen, man nicht noch absurder werden kann. Aber die Zeit hat bewiesen, dass die Welt doch schräger und absurder werden kann.

Sie sind auch der einzige Moderator, der nicht im Studio war, als seine allerletzte Live-Sendung über den Sender ging.

Ja.

Später behaupteten Sie, Sie wären auf der Toilette gewesen. Mir können Sie es ja jetzt endlich verraten: Wo waren Sie wirklich während der Sendung?

Habe ich das wirklich je gesagt? Denn ich war zusammen mit dem Regisseur und dem Chef-Kameramann hinter dem Setting im Studio, um sicher zu sein, dass ja nichts passiert. Einzig ein grunzendes Schwein lief vor der Kamera durch. Aber sonst geschah nichts. Daher wollte die Sendeleitung abbrechen, und unsere Aufgabe bestand darin zu sagen: Doch, es kommt sehr wohl etwas. Wer sagt, dass dieses Nichts, das wir hier zeigen, weniger wert ist als das andere Nichts, das ständig am Fernsehen gezeigt wird. Das war eine spannende, aber sehr nervenaufreibende Diskussion.

Mit Ihrer Nichtanwesendsein-Aktion haben Sie eine halbe Stunde lang Konzessionsgelder verschleudert.

Das ist jetzt die Frage: Haben wir mehr Konzessionsgelder verschleudert als eine Sendung, die inhaltlich die Quadratur der Leere ist? Davon gab es viele damals. Im Militär schoss einer meiner Soldaten einmal eine Rakete am Ziel vorbei, das ein Panzer auf einem Stofftuch war. Darauf regte sich ein Instruktionsoffizier fürchterlich auf, dass der jetzt 25'000 Stutz in den Dreck hinausgeschossen hat. Dann sagte ich ihm: Was ist jetzt der Unterschied, ob er das Stofftuch trifft oder direkt in den Dreck schiesst!? Das ist genau die Frage.

Hat Ihnen das Schweizer Fernsehen eigentlich Lohn bezahlt für Ihre letzte «Ventil»-Sendung?

Ja. Geile Frage!

Von all den Talenten, die Sie offenbar besitzen: Welches ist das wichtigste?

Humor.

Wieso hat es bei Ihnen mit einer erfolgreichen Fernsehkarriere à la Kurt Aeschbacher nicht geklappt?

Ich bin nicht schwul.

Nur Schwule können eine erfolgreiche Fernsehkarriere machen?

Das habe ich nicht gesagt, sondern nur, dass ich nicht schwul bin.

Ich finde, Sie wären doch der einzige mögliche Schweizer Late-Night-Talker.

Ja, das dachte ich in meiner Jugend auch. Doch inzwischen bin ich a) der festen Überzeugung, dass nicht so junge Leute das machen sollten und nicht solch alte Säcke wie ich. Und b): Dass man die nachziehen muss. Man muss die langsam aufbauen. Und das ist jetzt die grosse Herausforderung der Verantwortlichen: Herauszufinden, wer das sein könnte. Das ist nicht so einfach. Wenn man diese grossen amerikanischen Talker nimmt, sieht man, dass es schon etwas Background braucht. Aber man kann nicht mehr wie früher einfach sagen: Jetzt schicken wir den mal raus und schauen, ob es geht. Die Verantwortung dem Publikum gegenüber ist viel grösser geworden, seit es einfach weiterzappen kann. Aber klar, ich hätte gern eine solche Sendung gemacht.

Frank Baumann über die Deutschen: «Die Deutsche kommt hierher und ist völlig lösungsorientiert, total offen und positiv. Während der Schweizer beim Parkieren überlegt, ob er vorwärts oder rückwärts parkieren soll, fährt der Deutsche einfach rein, denn er möchte keinen Stau verursachen.»
Frank Baumann über die Deutschen: «Die Deutsche kommt hierher und ist völlig lösungsorientiert, total offen und positiv. Während der Schweizer beim Parkieren überlegt, ob er vorwärts oder rückwärts parkieren soll, fährt der Deutsche einfach rein, denn er möchte keinen Stau verursachen.»
Bild: Christian Thumshirn

Im Jahr 2000 wollten Sie den Posten des SRF-Unterhaltungs-Chefs übernehmen. Warum hat es nicht geklappt?

Nein, man wollte, dass ich das werde.

Behaupten Sie … Weshalb hat es dann nicht geklappt?

Ich wollte das nicht. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Ich gebe doch nicht meine Freiheit und mein Einkommen auf für einen Job in einer geschlossenen Anstalt mit weniger Lohn. Hallo?!

Kehrt denn dann und wann der Wunsch nach einer Rückkehr zum Fernsehen zurück?

Nein, nein, nein.

Wenn das Schweizer Fernsehen Sie nun plötzlich doch noch als Nachfolger von Kurt Aeschbacher aufbauen wollen würde – welche drei Personen sässen in Ihrer ersten TalkSendung?

Aeschbi, Schawinski und Schellenberg.

Hat Ihnen das Schweizer Fernsehen mehr Türen geöffnet oder verschlossen – Ihr Resümee?

Ich durfte sehr viel machen dank des Fernsehens. Man gab mir viele Chancen.

Fernsehen schauen, lieber mit Schuhen oder ohne Schuhe?

Überhaupt nicht. Ich schaue kein Fernsehen.

Einverstanden, dass «Emotionen» das Pestwort unserer Zeit ist?

Nein.

1996 zogen Sie im «Blick» unter dem Titel «So zieht Lästermaul Frank» über 20 Schweizer TV-Promis her. Na dann, schauen wir doch einmal, wie gross Ihre Klappe heute noch ist ...

Okay.

Aber Achtung, Sie dürfen pro Moderatorin, pro Moderator nur einen Satz sagen: Wir fangen mit Patrizia Laeri an.

Ist das die, die das Sechseläuten moderiert hat? Die macht das gern.

Sven Epiney.

Der macht das gut.

Susanne Kunz.

Die macht viel.

Florian Inhauser.

«Guten Abend!» (imitiert seine Stimme)

Katja Stauber.

Frau von Inhauser.

Jonas Projer.

Ist der nicht gegangen? Der ist doch gar nicht mehr beim Fernsehen.

Andrea Vetsch.

Heisst die nicht Mona?

Das ist eine andere. Das ist die vom «10 vor10».

Das ist eine attraktive.

Sandro Brotz.

Killerbestie.

Cornelia Bösch.

Macht die das Wetter?

Nein, Tagesschau.

Oder ist die die Attraktive?

Ueli Schmezer.

Guter Musiker.

Annina Frey.

Ähm. Zu ihr war ich schon mal ungerecht.

Tobias Müller.

Was macht der?

Einstein.

Einstein?

Nicole Berchtold.

Keine Ahnung.

Mario Torriani.

Radiomensch.

Sabine Dahinden.

Die Dame mit dem Silberblick.

Michael Elsener.

Ja.

Gibt es eigentlich jemanden im Fernsehen, den Sie super gut finden?

Ich finde den Sandor Brotz schon mal nicht so schlecht. Michi Elsener finde ich spannend und interessant. Aber vermutlich steckt er in der falschen Rolle.

Hatten Sie als Fernsehmacher je ein Vorbild?

In dieser Sportart, die ich betrieben habe, gab es nicht direkt Vorbilder. Aber vorher hatte ich solche: Mäni Weber war eine Lichtgestalt für mich. Oder Hans-Joachim Kulenkampff. Das waren die grossen Legenden für mich. Doch in meiner eigenen Fernsehzeit hatte ich keine Vorbilder. Dafür bin ich für viele ein Vorbild(lacht).

Für wen zum Beispiel?

Harald Schmidt! Er hat mal was von mir übernommen.

Ihr Lieblingheld der Popgeschichte mit Glatze?

Albie Donnelly, der Frontmann von Supercharge.

Ihre Lieblingsheldin der Rockgeschichte mit langen Haaren?

Die hatten ja alle lange Haare. Eine Superheldin gibt es nicht.

Internationaler Star, den Sie äusserst begehrenswert finden?

Da gibt es zu viele.

Wann zuletzt einen schönen Kinoabend verbracht?

Mein letzter schöner Kinoabend? Keine Ahnung! Denn wir sind mittlerweile sehr viel auf Netflix. Physisches Kino oder Theater kommt nicht mehr so häufig vor.

Popcorn oder Chips?

Chips.

Wie bringt man den quatschenden Vordermann zum Schweigen?

Das macht meine Frau. Ich kann schlecht reklamieren.

Ihre erste Leinwandliebe?

Audrey Hepburn.

Welchen Audrey-Hepburn-Film wollen Sie nochmals sehen?

Keinen.

Ihr Lieblingsbösewicht der Filmgeschichte?

Klaus Löwitsch.

Welchen Klaus Löwitsch-Film wollen Sie nochmals sehen?

Keinen.

Das waren wohl sehr eindrückliche Filme.

Genau. Deshalb finde ich, man sollte sie nicht nochmals anschauen.

Die Vornamen Ihrer drei besten Freunde?

Nörbi, Tomas, Heinz.

Für den nächsten Teil des Interviews habe ich mir Hilfe geholt – von Ihrer Familie, von Ihren Freundinnen und Freunden und von einigen prominenten Schweizern. Sie alle haben ganz viele Fragen an Sie – man könnte fast meinen, Sie würden nie miteinander reden ...

Da bekomme ich gerade Schweissausbrüche.

Was ist Liebe?

Gaby.

Wo hockt Gott?

Wenn man das wüsste.

Was bedeutet es, Grossvater zu werden?

Grossartig.

Wie einfach fällt es Ihnen, sich zu entschuldigen?

Einfach.

Was würden Sie nie mehr im Leben tun, was Sie schon getan haben?

Fallschirmspringen.

Auf was sind Sie besonders stolz?

Auf meine Kinder.

Was wäre Ihr Plan, wenn Sie heute im Euromillions-Lotto 50 Millionen Schweizer Franken gewinnen würden?

Das ist eine schöne Vorstellung. Ich würde alles so lassen, wie es ist.

Wären Sie gern ein Westernheld?

Oh ja.

Und wenn Westernheld – welcher bekannte Schauspieler käme Ihrem Ideal am nächsten?

Früher wäre es Clint Eastwood gewesen. Und heute: Sie wollen jetzt vielleicht Tommy Lee Jones hören. Er ist grossartig, weil er sich in keinem Film Mühe gibt, sympathisch zu sein. Aber ich sage: Jeff Bridges. Der ist auch sehr geil.

Wieso wissen Sie, was ich hören will?

Weil ich gut beobachten kann.

Welche verbotene Droge würden Sie hemmungslos konsumieren, wenn sie völlig ungefährlich und legal wäre?

Wer hat diese Frage gesteckt? Mir kommt keine in den Sinn – ich würde doch gar keine Drogen nehmen wollen, weil ich sowieso schon ein solch nervöser Pinsel bin. Das wäre beängstigend, wenn ich zusätzlich was einwerfen würde.

Was machen Sie, damit Sie einmal Ruhe von Ihrem «Schnelldenkerhirn» bekommen?

Meditieren. Oder ich versuche es zumindest. Das ist ja das Schwierigste an dieser Zazen-Meditation: Einfach nur dazusitzen und mit offenem Blick alles wahrzunehmen, keine Bewertung zu machen und nichts zu denken.

Haben Sie beim Golf schon einmal beschissen?

Ja. Doch ich würde das nicht mehr machen.

Wie denn?

Vor vielen Jahren habe ich einmal einen Ball, der schlecht lag, umpositioniert. Doch dann sagte eine Stimme von hinten: Wie wollen Sie das Ihren Freunden erklären? Das fuhr mir so grausam ein, dass ich sogleich wusste, dass ich das nie mehr erleben möchte. Das war sehr schlimm.

«Also so schlecht wie heute habe ich noch nie gespielt!» – warum sagen Sie diesen Satz so oft auf dem Golfplatz?

Weil ich so oft so schlecht spiele.

Sie organisieren Golfferien – aber nur für Frauen?

Ich habe eine Golfreise-Serie nur für Frauen erfunden. Sie heisst Erdbeerholz. Ich habe festgestellt, dass es für Frauen kein derartiges Angebot gibt.

«Erdbeerholz» – wie kamen Sie auf diesen Namen?

Die Wurzel der Erdbeeren ist das feinste Holz, das es gibt.

Die golfenden Frauen sind alle begeistert, sie lieben Frank Baumann scheinbar heiss, es soll eine richtiggehende Hysterie ausgebrochen sein. Was ist Ihr Geheimnis als Ferienveranstalter?

(Lacht) Das ist Chabis. Ich mache das mit einem Kollegen zusammen und einer Kollegin, die Yoga-Lehrerin ist. Wir versuchen etwas anzubieten, das extrem hochwertig und detailbedacht ist und zur Entspannung und Entkrampfung führen soll.

In welchen Momenten verlieren Sie die gute Laune?

Wenn mich Leute nerven. Ich möchte mich nicht nerven lassen, wenn ein 90-Jähriger vor mir im Auto fährt.

Wann sieht man Sie schlecht angezogen?

Nicht mehr so oft.

Was bringt Sie zum Einschlafen?

Bestimmte Fernsehsendungen.

Wollten Sie nicht mal drei Gramm abnehmen?

Ich bin auf einem guten Weg.

Können Sie auch einmal  «Nein» sagen?

Ich möchte es immer allen recht machen. Ich bin nicht wie die Figur, die ich im Fernsehen dargestellt habe. Ich bin extrem harmoniebedürftig. Daher ist für mich Nein sagen eher schwierig.

Denken Sie, Ihre Frau Gaby braucht Sie mehr als eine halbe Stunde pro Tag?

Doch. Aber sie sagt manchmal auch, dass es schneller gehen könnte …

Verzichten Sie auf neue Mandate zugunsten Ihres Enkelkinds Maxime?

Würde ich machen. Das ist ja das grosse Problem. Meine Frau, die ja mein Chef ist, sagt jeweils: Warum nimmst du diesen Job nicht an? Dann sage ich, weil ich dann so lange Autofahren muss. Oder ich habe sonst irgendeine Ausrede. Aber die Ausrede Enkelin wäre noch besser.

Was werden Sie mir Ihrer AHV-Rente machen?

Damit kann man nicht viel machen. So viel ist das nicht.

Sie sind bald 62. Wenn Sie pensioniert sind: Bleiben Sie kreativ, arbeiten Sie weiter?

Das ist ja das grosse Problem am Kreativsein. Das kannst du nicht einfach abschalten. Es denkt einfach immer. Manchmal wäre ich so froh, wenn es einfach aufhören würde. Wir können die Arbeit ja immer mit nach Hause nehmen. Das können die wenigsten. Chirurgen beispielsweise können zuhause ja nicht auch noch operieren. Die machen die Türe zu, und dann ist fertig. Dieses Abstellen geht bei uns Kreativen nicht. Auch nach unserer Pensionierung werden meine Frau und ich immer noch etwas herumchüngeln: Büchlein schreiben oder so.

Was würden Sie als König der Schweiz tun?

Nichts. Ich bin kein Fan von Königreichen.

Würden Sie gern gut Golf spielen können?

Ja.

Schämen Sie sich nicht über Ihr arrogantes Auftreten früher im Schweizer Fernsehen?

Das war eine Rolle. Und wenn einen die Leute auf der Strasse als Arschloch erkennen, dann ist das ein Kompliment für den Künstler. Für das Individuum hingegen ist das etwas blöde. Wenn die Leute auf Stefan Gubser zugehen, den «Tatort»-Kommissar, und ihm sagen: Herr Flückiger, mir ist das Portemonnaie gestohlen worden, helfen sie mir, dann ehrt das den Gubser. Wenn mir jemand sagte: Sie sind ein riesiges Arschloch, dann ist das ein Kompliment. Einer hat mich mal geohrfeigt. Das war zu Zeiten von «Ventil». Ich hatte die Militäruniform an und sass in einem Restaurant, da stand einer auf und haute mir eine «Flättere» runter. Mein Fahrer und sein Kollege nahmen ihn dann bei der Hand und führten ihn hinaus und sagten: So, wir gehen jetzt nach Hause. Das war legendär.

Was soll man Ihnen später einmal nachsagen?

Dass ich ein Frögli war.

Wie stehen Sie zum Älterwerden?

Positiv.

Wieso engagieren Sie sich nicht politisch?

Ich habe weder die Zeit noch die Kompetenz und Fähigkeit dafür. Ich würde mich auch ständig aufregen, dieses Zeugs auszusitzen.

Was ist Ihr Beitrag daheim im Haushalt?

Ich habe letztens ein Papiertaschentuch, das meine Frau fallen liess, aufgehoben und entsorgt.

Was schätzen Sie an Ihren Freundinnen und Ihren Freunden am meisten?

Ehrlichkeit.

Wann haben Sie das letzte Mal mit einer Papierschleuder geschossen?

Was ist eine Papierschleuder? Ein Gummi, mit dem man Papierchügeli schiesst? Das ist paar Jahre her …

Was würden Sie unbedingt Ihrer Enkelin beibringen wollen?

Zeichnen.

Was würden Sie niemals essen?

Alles, was gschlüddrig ist.

Wo können Sie sich am besten entspannen?

Vermutlich im Schlaf.

Würden Sie gern auf eine Weltreise gehen? Wenn ja, wohin und wie lange?

Wir waren schon an sehr vielen Orten. Ich war aber noch nie in Lateinamerika, das würde mich noch interessieren. Aber heute scheinen so weite Reisen kaum noch angemessen, weil man sich immer fragen muss: Ist das nötig, so viel Umweltbelastung zu erzeugen fürs Vergnügen? Mein ökologischer Fussabdruck ist nicht so toll. Allein schon wegen des Golfens. Oder jetzt fliege ich zum Beispiel nach New York, um Fotos für ein Buch zu machen. Das ist bireweich. Dieser Zwist führt immer mehr zu Diskussionen zuhause. Ich finde es wichtig, dass wir uns da hinterfragen.

Würden Sie Botox anwenden?

Nein.

Würden Sie Ihre Haare färben?

Nein, Herr Bötschi!

Wenn Sie mit US-Präsident Donald Trump ein Treffen haben könnten, was würden Sie ihn als Erstes fragen?

Meinen Sie das ernst?

Was unternehmen Sie gegen Haarausfall?

Nichts! Ich habe keinen Haarausfall.

Haben Sie jemals ein Geschäft auf dem Golfplatz abgeschlossen?

Nein, das macht man nicht. Wäre ich jetzt Zahnarzt oder Rechtsanwalt oder Versicherungsbroker, könnte das möglich sein.

Jetzt sagten Sie doch grad, man macht das nicht!?

Ja, aber wenn einer einen Rechtsstreit hat und der Kollege sagt: Dann gehe doch zum Baumann. Aber soll einer mich empfehlen, wenn er etwas Lustiges machen will am Fernsehen? Diese Chance ist klein.

Dann wollen Sie also doch weiterhin zum Fernsehen?

Hinter den Kulissen mache ich noch ab und zu etwas beim Fernsehen.

Welche Begegnungen haben Ihr Leben besonders stark geprägt?

Begegnungen mit Menschen.

Würden Sie gern einen Rebberg besitzen?

Nein.

Wären Sie gern Fussballspieler geworden?

Nein.

Wo möchten Sie am liebsten leben?

Dort, wo ich lebe.

Welche Romanheldin, welchen Romanhelden schätzen Sie am meisten?

Mungo Park. «Währen die meisten jungen Schotten seines Alters Röcke lüpften, Furchen pflügten und die Saat aussäten, stellte Mungo Park den Emir Ludamar, Al-Hadsch‘ Ali Ibn Fatoudi, seine blossen Hinterbacken zur Schau. Man schrieb das Jahr 1795.» So beginnt der Roman «Wassermusik» von T.C. Boyle.

Wer oder was wären Sie gern?

Ich bin zufrieden, wer und wie ich bin.

Wer ist Ihr Lieblingskomponist?

Eher ein klassischer.

Welches ist Ihr Lieblingsschimpfwort?

Du Huerenarschloch.

Welches ist Ihr grösster Fehler?

Dass ich solche Wörter sage. Mein grösster Fehler aber ist, dass ich unglaublich mühsam werden kann, wenn es um Perfektion geht. Ich kenne diesbezüglich keine Grautöne, sondern nur Schwarz und Weiss.

Welches ist Ihre Lieblingsfarbe?

Bunt.

Welches ist Ihr Lieblingsname?

Mungo Park.

Was verabscheuen Sie am meisten?

Dummheit.

Welche natürlichen Gaben möchten Sie gern haben?

Fliegen. In meinem Büro habe ich eine Kamera auf ein Storchennest gerichtet. Jetzt sind sie gerade ausgeschlüpft, und in sechs Wochen werden sie beringt und beginnen zu fliegen. Jetzt sehe ich immer diesen Storchenvater, der das Futter bringt, und wenn der so abhebt, dann fasziniert mich das enorm. Das wäre eine grosse Erleichterung, wenn wir fliegen könnten. (Anmerkung der Redaktion: Die Jungstörche sind kurz nach dem Interview leider verendet.)

Für alle Menschen?

Natürlich kämen dann sofort Regulierungen ins Spiel, Bewilligungen etc. Aber es würde ja eigentlich reichen, wenn nur ich das könnte oder wir beide.

Wie lautet Ihre Lebensmotto?

Geniesse das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig. Oder: Turne bis zur Urne.

Welche militärischen Leistungen bewundern Sie?

Keine.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Luzide.

Welches Geräusch oder welchen Sound können Sie nicht ertragen?

Wenn Frauen mit Flipflops oder auch Sandalen im Sommer irgendwo durchwatscheln.

Welchen Beruf würden Sie niemals ergreifen wollen?

(Überlegt lange) Kommt mir keiner in den Sinn.

Wenn Sie ein Baum sein könnten, welcher möchten Sie dann sein?

Tannenbaum.

Wenn Sie eine Blume sein könnten, welche möchten Sie dann sein?

Ein Röschen.

Wenn Sie ein Tier sein könnten, welches möchten Sie dann sein?

Ein Löwe.

Wenn das Himmelreich existierte, was würden Sie beim Eintritt von Gott hören wollen?

Guten Abend miteinander.

Wir sind immer noch bei den Fragen von Familie, Freundinnen und Freunden und Prominenten. Stellen Sie eigentlich Ihrem Gegenüber schwierige Fragen, weil Sie die Antwort wirklich interessiert, oder um das Gegenüber zu verunsichern?

Ich stelle nie jemandem Fragen, um ihn zu verunsichern, sondern ich stelle die Fragen, die mir in den Sinn kommen. Ich bin sehr einfach gestrickt. Natürlich kenne ich Techniken, wie man jemanden steuern und manipulieren kann. Aber beruflich frage ich stellvertretend das, was die Leute interessieren könnte.

Wenn man in Ihrem Alter zügelt, nochmals neu beginnt, kommt einem da der Gedanke, dass dies auch die Endstation sein könnte?

(Überlegt lange) Einer der Auslöser für das Zügeln in eine kleinere Wohnung war auch geografisch bedingt. Wir wählten gezielt einen Ort, der uns ermöglichte, dass wir die wichtigen Erledigungen des Alltags zu Fuss besser erreichen, also ohne Auto. Banal: Bäckerei, Metzger, Läden. Denn ich will nicht derjenige sein, über den ich mich jeden Tag aufregen muss, weil er vor mir fährt. Das hängt mit dem Älterwerden zusammen, weil ich mich frage: Was mache ich in zehn oder 20 Jahren?

Sie sind früher in der Öffentlichkeit oft angeeckt, Ihr Sohn Maximilian ist heute auch oft  «mutig» unterwegs. Macht das einen Vater stolz oder gibt es auch die Angst um ihn?

Das macht stolz. Ist doch schön.

Was kann Maximilian besser als Sie?

Vieles.

Was nervt Sie an Maximilian?

Dass er immer sofort alles haben muss. Da ist er wie die Mutter.

Wie sehr brauchen Sie die Bühne am Arosa Humorfestival selbst?

Gar nicht.

Wie sehr wurde Arosa in den letzten Jahren zur Routine?

Es ist nicht Routine. Es ist jedes Mal ein grosses Abenteuer. Es ist ein Job, bei dem sich gewisse Prozesse verfestigt haben. Man weiss genau: Wenn man das macht, dann passiert das. Es gibt wenig Platz für Experimente. Es gab früher krasse Geschichten mit Leuten, die sich ausgezogen haben oder die mit Honig übergossen wurden und anschliessend mit Federn übersät. Das wollen die Leute nicht mehr. Sie wollen auch nicht mehr beschimpft werden, sondern sie wollen einfach kommen, sich ins Zelt setzen, geniessen und nach Hause gehen. Ich würde so gern extremere Sachen machen. Doch ist das nicht mehr gefragt.

Als Direktor des Arosa Humorfestivals, der selber als Komödiant auf Bühnen und vor Kameras stand: Denken Sie, wenn Sie den von Ihnen engagierten Künstlerinnen und Künstlern zuschauen, nicht manchmal: «Gopf, ich wäre besser!?»

Nein. Es ist so viel Arbeit hinter einem Programm. Es ist ja kein Nachwuchsfestival. Jene, die in Arosa auftreten, sind erfahren und beherrschen ihr Metier. Es wäre der falsche Ansatz, wenn ich jetzt hinginge und es besser machen wollte im Sinne von: Das hätte ich jetzt anders gemacht. Oder: Ich wäre nicht so tief unter die Gürtellinie gegangen. Das ist ein Spitzensport, den diese Leute betreiben.

Sie sind ein bürgerlicher Anarchist. Einverstanden?

Ja.

Wie geht das eigentlich zusammen?

Ich beweise es täglich.

Wie fröhlich stimmt es Sie, wenn Sie die Humorsendungen im Schweizer Fernsehen schauen?

Ich sagte schon, ich schaue nicht Fernsehen, aber ich schaue natürlich ab und zu etwas im Internet an. Wenn ich beispielsweise Künstler sehen will, für die ich mich interessiere. Wenn es lustig ist, ist es lustig. Manchmal sind es auch die falschen Künstler. Selbst am Arosa Humorfestival, für das ich die Künstler ja selber ausgesucht habe. Aber das hängt auch damit zusammen, dass man viele Künstler fürs Fernsehen gar nicht bekommt. Das Interesse ist nicht mehr so gross. Das hängt damit zusammen, dass Humor überall verfügbar ist. Man kann an so vielen Orten Humor konsumieren: Im «Kosmos» in Zürich, im «Casinotheater» in Winterthur und in der Badi in Bonstetten. Überall gibt es Humorfestivals.

Sie haben mit «Ventil» in den 1990er Jahren die beste Satiresendung gemacht, die es im Schweizer Fernsehen je gab, Sie waren damals ihrer Zeit 20 Jahre voraus. Wünschten Sie sich dafür mehr Anerkennung?

Nein. Ich bekam die Special Mention bei der «Goldene Rose von Montreux», mehr Anerkennung gibt es nicht. Dazu kommt, dass mich nie die Anerkennung angetrieben hat. Wir hatten eine Scheissfreude, etwas zu bewegen. Gibt es etwas Tolleres, als einen Hebel zu drücken und eine Reaktion zu bekommen. Vor vielen Jahren habe ich für Radio 24 auf dem Uetliberg ein Konzert im Schnee veranstaltet. Es gab einen Schneesturm, dem Gitarristen froren fast die Finger an den Saiten an. Und beim Saxophon froren die Klappen zu. Das übertrugen wir. Irgendwann sagte ich über den Sender: Wenn es euch gefällt, löscht das Licht bei euch zuhause ab. Das war ein unbeschreiblicher Moment. Da bekomme ich jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie damals in der Stadt einfach ein Licht nach dem anderen ausging. Wenn man als Inspirator oder als Idealist unterwegs ist, dann ist die Reaktion das Grösste. Das muss nicht Jubel sein. Was zählt, ist die blosse Kommunikation.

Hätten Sie in der Vergangenheit nicht doch besser voll auf eines Ihrer Talente gesetzt?

Nein. Es ist gerade gut. Ich bin breit abgestützt und mache da etwas und dort. Ich bin happy so.

Würden Sie Satiresendung  «Ventil» heute nochmals machen?

Ja, natürlich. Wenn ich so fuhrwerken könnte, wie ich möchte und mich so weit hinauslehnen, würde ich sie sofort nochmals machen. Doch sehe ich als alter Mann keine Notwendigkeit, dass ich nochmals auf den Schirm gehe und besonders extrem bin. Dieses Bedürfnis habe ich nicht mehr. Doch finde ich ein solches Format nach wir vor toll. Vor allem, dass man auf der Klaviatur der Fantasie alle Tasten drücken darf. Das ist so entsetzlich, wenn man ein Medium wie das Farbfernsehen hat – und nur eine Oktave bespielen darf. Das ist doch schade. Man muss doch auch mal mit dem Arm drauf hauen können …

Oder mit dem Füdli drauf sitzen …

Genau. Oder was auch immer.

Tut es nicht weh, so viel Antipathie oder Vorbehalte bei den Leuten zu spüren, aufgrund einer TV-Sendung – und nach all diesen Jahren?

Es tut nicht weh. Diese Antipathie ist ja nur bei der Hälfte der Leute vorhanden, die anderen fanden die Sendung gut. Erstaunlicherweise treffe ich immer mehr Leute, die sagen, dass sie die Sendung gut gefunden hätten. Es ist einfach interessant, zu erleben, wie meine Rollen gesehen werden, sie bleiben jahrzehntelang in den Köpfen der Leute. Ein «Derrick» zum Beispiel ist auch heute noch ein Oberinspektor, obwohl er das in Wirklichkeit nie gewesen ist.

Ist es nicht schlimm, bei so vielen Menschen nur auf diese TV-Sendung reduziert zu werden? Viele Schweizerinnen und Schweizer wissen gar nicht, was Sie alles sonst noch können ...

Ja. «Ein Fisch für zwei» wurde für den Grimme-Preis nominiert. Das ist der höchste deutsche Fernsehpreis überhaupt, vergleichbar mit dem Oscar. Wir hatten eine Scheissfreude, das zu machen. Und auch die Gespräche mit über 80-Jährigen sind spannende Zeitdokumente. Aber ich bin auch der Auffassung, dass man nicht zu sehr zurückdenken und etwas hinterherrennen sollte.

Sind Sie eigentlich YouTube-süchtig? Sie kennen jedes Video und Filmchen – so kommt es einem jedenfalls vor.

Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich es nicht bin. Ich schaue aber auch sehr viel Musik. Etwa Arturo Sandoval, wie er Trompete ohne Mundstück spielt. Aber ich schaue auch, wie jemand Schleiereulen zuhause hält. Ab und zu bekomme ich auch etwas von Kollegen oder Studenten zugeschickt, und dann gerät man plötzlich in eine Schlaufe hinein. Ich habe drei Monitore, und auf einem läuft immer Musik. Wenn ich etwas von Sting höre, kommt irgendwann plötzlich etwas anderes, das mich vielleicht interessiert, und ich bleibe hängen. Oder ich checke einen Komiker … – ja, ich schaue viel.

Gibt es irgendwann den Rentner Frank? Und wenn ja: Was wird der tun?

Er rennt jetzt dann wieder etwas mehr, weil er abnehmen muss.

Frank Baumann über seine allerletzte TV-Sendung «Ventil»: «Wer sagt, dass dieses Nichts, das wir hier zeigen, weniger wert ist als das andere Nichts, das ständig am Fernsehen gezeigt wird. Das war eine spannende, aber sehr Nerven aufreibende Diskussion.»
Frank Baumann über seine allerletzte TV-Sendung «Ventil»: «Wer sagt, dass dieses Nichts, das wir hier zeigen, weniger wert ist als das andere Nichts, das ständig am Fernsehen gezeigt wird. Das war eine spannende, aber sehr Nerven aufreibende Diskussion.»
Bild: Christian Thumshirn

Sie haben eine Wurstmaschine. Wie kommt man auf so eine Idee?

Endlich ein relevantes Thema, Herr Bötschi,das ist grossartig! Ich las in einem Buch: Ein Mann, der noch nie selber eine Wurst gemacht hat, ist kein Mann. Also wusste ich, dass ich hier ein Manko habe und begann mich damit zu befassen, wie man Würste macht und machte an einem Kochevent für Cervelat-Promis mit. Dann sagte mir ein sehr guter Koch, wie das geht.

Warum habe ich bisher noch nie eine Frank-Wurst gesehen?

Hallo? Was ist mit den Frankfurterli? Noch nie gesehen? Das ist doch nahe dran. Nein, im Ernst: Es ist etwas Grossartiges, eine Wurst zu produzieren. Überhaupt: Zusammen ein Essen zu erzeugen, finde ich etwas Grossartiges.

Wie lange schlafen Sie nachts wirklich?

Wenn meine Frau nicht morgens um vier Uhr eine Grundsatzdiskussion mit mir anfangen möchte, dann sind es vielleicht sechs Stunden.

Braucht auch ein Baumann im Alter mehr Schlaf?

Ich finde schon. Vor allem braucht er keine Grundsatzdiskussionen morgens um vier Uhr.

Was machen Sie lieber: Schreiben oder Zeichnen?

(Überlegt lange) Ich schreibe, glaube ich, lieber. Ich liege meistens in meinem Stuhl, und dann ist das wie Sprechen. Es ist doch wunderbar, wenn man etwas entstehen lassen kann – auch mit geschlossenen Augen. Zeichnen ist eine andere Beschäftigung.

Haben Sie neben dem Arosa Humorfestival eigentlich ein regelmässiges, geregeltes Einkommen?

Ich habe noch zwei bis drei Mandate.

Die Sie reich machen?

Das wäre jetzt eine sogenannte Suggestivfrage. Nein, natürlich nicht.

Laufen Sie wirklich während der ganzen zwei Wochen am Humorfestival in Arosa im Hotel jedes Mal in den 8. Stock hinauf und nehmen nie den Lift?

Ja. Zu Beginn denke ich jeweils im vierten Stock: Wann hört das endlich auf?

Warum haben Sie denn ein Gewichtsproblem?

Weil wir einfach zu viel essen und trinken. Jetzt habe ich aber wieder ein Fitnessabo gelöst und gehe dreimal in der Woche ins Training. Allerdings erst seit gestern.

Welche Medien und anderen Kanäle konsumieren Sie regelmässig, damit Sie immer viel Wissen zum aktuellen Tagesgeschehen haben?

Das ist jetzt sehr extrapoliert. Ich weiss von sehr vielem sehr wenig. Aber ich habe in ganz wenigen Bereichen ganz viel Tiefe. Ich fege jeden Tag die NZZ durch. Dann lese ich die «Frankfurter Allgemeine». Auf Facebook schaue ich die abonnierten Kanäle an, die ich spannend finde. Den «Spiegel» lese ich in letzter Zeit auch wieder häufiger.

Und was ist mit der «Republik»?

Das tut mir schrecklich leid. Bei der «Republik» bin ich seit zwei Jahren Abonnent. Aber im dritten Jahr vermutlich nicht mehr. Ich wollte das unterstützen, und einzelne Geschichten habe ich auch verfolgt wie etwa den Bauskandal in Graubünden, aber ich kann nicht nur das lesen. Wenn ich die Triage machen muss, dann bleibe ich lieber bei der geradlinigen Information. Übrigens checke ich auch oft SRF, denn die machen das gut. Dort hat es weniger inhaltliche Fehler und Schreibfehler als zum Beispiel bei 20-Minuten-online.

Was gefällt Ihnen an Vals?

Die Talendlage, die intakte Natur, das frisch geschnittene Gras, der blaue Himmel, das glasklare Wasser … – es sprudelt aus den Felswänden heraus, und man kann es einfach trinken. Und diese wunderbare Echtheit.

Gefällt Ihnen Vals wirklich? Oder sagen Sie es nur, weil Sie dort halt ein Haus haben?

Es hat auch Dinge, die mir nicht gefallen.

Gefällt Ihnen Arosa wirklich? Oder sagen Sie das nur, weil Sie den Job am Humorfestival haben oder dem Kurdirektor einen Gefallen tun wollen?

In Arosa bin ich hauptsächlich während des Humorfestivals. Dort gefällt mir vor allem das Alpenpanorama. Ganz egal, ob es schneit oder die Sonne lacht. Es ist einfach immer verdammt intensiv. Und nachts aus dem Zelt herauskommen, das haut dich einfach um. Das sagen auch alle Künstler. Ich bin überhaupt mehr Bergmensch als Meermensch.

Der Kurdirektor von Arosa gefällt Ihnen nicht?

Wir sind ja langjährige Handballkollegen.

Und das macht sie beide automatisch zu grossen Sexsymbolen?

(Lacht) Das ist eine irrsinnig tolle Zusammenarbeit und langjährige Freundschaft. Aber wir müssen uns immer auch anzünden. Er war ja erfolgreicher Handballspieler auf nationaler und internationaler Ebene, einer der erfolgreichsten Handballer, den die Schweiz je hatte. Er war bei GC als Nummer 10 eine Legende. Ich war auch bei GC, musste aber wegen durchschnittlicher Schulleistungen aufhören. Irgendwann schrieb die NZZ, dass wir beide gut streiten und kämpfen könnten miteinander, weil wir beide bei GC zusammen Handball gespielt hätten. Sogar die «New York Times» hat das weiter zitiert. Dabei habe ich auf niedrigstem Niveau gespielt. Das regte ihn natürlich wahnsinnig auf, dass wir beide als Handballlegenden da stehen.

«Er ist immer optimistisch, tolerant und gegenüber allem sehr offen. Mit ihm kann man die ganze Bandbreite des Lebens geniessen» – wer hat Sie 1996 so beschrieben?

Das hat sicher meine Frau gesagt.

Bravo, ja! Das waren jetzt also alle Fragen Ihrer Familie, Ihren Freundinnen und Freunden und der Prominenten an Sie ...

Worin besteht der Unterschied zwischen allein und einsam sein?

Jemand, der allein ist, ist nicht zwingend einsam. Aber jemand, der einsam ist, kann sich auch in einer Gruppe allein fühlen.

Was spricht für die grosse Liebe?

Alles.

Und was fürs ewige Single-Dasein?

Das ist ein anderer Lebensentwurf. Es spricht viel dafür.

Frank Baumann über seine erste Ehe: «Ich würde nicht mal sagen missglückt. Es war einfach zur falschen Zeit das falsche Experiment.»Bild: Christian Thumshirn

Mit Ihrer Frau sind Sie seit 31 Jahren verheiratet. Hat es sich gelohnt?

Seit 32 Jahren. Unbedingt.

Was haben Sie gedacht, als Sie Gaby Baumann-von Arx, Ihre heutige Frau, das erste Mal gesehen haben?

Als ich sie zum ersten Mal gehört habe, dachte ich: Das ist eine kleine, dicke, schwarzhaarige Aargauerin. Und als ich sie das erste Mal gesehen habe, dachte ich: Oha!

Ist es eigentlich Ihre erste Ehe?

Es ist, glaube ich, die zweite.

Wie lange waren Sie das erste Mal verheiratet?

Lange, sehr lange. Acht Monate, wovon sie sechs Monate auf einer Weltreise war. Das war eine tolle Zeit.

Sozusagen eine missglückte Hauptprobe ...

Ich würde nicht mal sagen missglückt. Es war einfach zur falschen Zeit das falsche Experiment.

Sind Sie gut im Entschuldigen?

Ja.

Haben Sie jetzt endlich Hunger?

Ich habe schon lange Hunger, Herr Bötschi. Aber Sie sind doch auf diesem Gesundheitstrip und wollen abnehmen.

Ich habe bisher keinen einzigen Satz von einer Diät gesagt …

Aber ich sehe es Ihnen an. Sie sind doch total eingefallen im Gesicht. Sie sind doch sicher Spitzensportler …

Gewesen …

Das merkte ich sogleich.

Ich sagte Ihnen ja bereits. 3:53 im Marathon und 11:42 im Hundertmeterlauf …

Das ist jetzt aber nicht so wahnsinnig schnell – unter uns gesagt.

Wir können gern einen Wettkampf machen …

Junger Mann gegen Geriatriefraktion, das wäre nicht ganz fair.

Ich bin im Fall nicht so viel jünger wie Sie …

Sie haben ja auch gefärbte Haare …

Wann wachen Sie gewöhnlich auf?

6 Uhr – und um 6.30 Uhr geht dann der Radiowecker los. Dann öffne ich das Fenster, und es ist Morgen.

Wer wacht gewöhnlich früher auf – Sie oder Ihre Frau Gaby?

Meine Frau. Und wenn es umgekehrt ist, tue ich so, als ob ich noch schlafen würde.

War das heute Morgen auch so?

Nein, heute wachte sie zuerst auf. Sie jasst ja immer noch vor dem Einschlafen. Das ist manchmal mühsam, wenn noch Musik läuft dazu, während ich einschlafen möchte.

Ihr Kosename für Ihre Frau?

Gäberli.

Wie nennt sie Sie?

Ich glaube, Sie nennt mich nur beim Namen. Manchmal sagt sie «Stallion».

Wann sagt sie das? Nach einem Streit?

Generell nachher. Wir streiten ja nicht.

Weil Sie es nicht können.

Nein, weil ich es nicht will.

Drei Adjektive, die Ihre Frau Gaby als Person beschreiben?

Es braucht nur eines: einmalig.

Sie hatten mit elf entschieden, nie etwas mit Mädchen anzufangen, weil die Liebesnacht mit Eva nicht geklappt hatte. Zumindest behaupteten Sie das 1997 in einer «Annabelle»-Geschichte. Waren Sie ein frühreifer Teenager?

Ja. Das habe ich bereits gesagt: Mit acht habe ich meine erste Zigarre geraucht.

Aber Zigarren rauchen hat ja nichts mit Sex zu tun!?

Ha, Herr Bötschi!

Also hat es damit etwas zu tun? Ist Zigarren rauchen besser als Sex?

Nein, ich habe ja nur gesagt, dass es etwas damit zu tun hat. Sie haben mit Ihrer Suggestivfrage indirekt gesagt, dass es nichts damit zu tun hat. Und ich habe darauf gesagt: Aber Herr Bötschi! Dann haben Sie impliziert: Zigarrenrauchen ist besser als Sex.

Was führte dazu, dass Sie Ihren Heiratsentscheid später revidiert haben?

Gier nach Reichtum. Meine zweite Frau ist in einem Schloss aufgewachsen, dem Schloss Lenzburg! Da dachte ich natürlich, dass sie eine Prinzessin ist. Sie war Tochter des Schlosswarts, was ich erst später herausfand.

Sie mussten für die Liebe Ihrer heutigen Frau hart kämpfen. Sie sollen Ihren Fiat Panda mit Packpapier eingepackt haben ...

Ja, das war atypisch für mich. Ich habe alles eingepackt mit Geschenkpapier und Schlaufe – inklusive mich selber im Auto. Sie kam von einem Flug nach Hause und ging ins Parkhaus zu ihrem Auto, das – eben – eingepackt war. Zuerst konnte sie gar nicht glauben, dass es ihres ist. Dann öffnete sie es, und ich liess den Song spielen «Der Kaffee ist fertig.» Dann war sie ziemlich begeistert.

Wie haben Sie Ihre heutige Frau definitiv erobert?

Ich hatte noch ein Kaffeerähmchen dabei mit dem Bild vom Schloss Lenzburg drauf. Da merkte sie: Dieser Mann ist ein Konzeptkünstler. Dann hatte ich sie. Es ging sehr schnell im Fall. Ein halbes Jahr hat es etwa gedauert.

Viele Ihrer Freunde fanden Ihre Liebesschwur-Aktionen damals nicht besonders lustig. Warum nicht?

(Lacht) Sie fanden die Aktionen übertrieben. Und sie befürchteten natürlich auch, dass es ihnen das Business versauen würde, weil ihre Freundinnen plötzlich von ihnen auch verlangen könnten, dass sie sich etwas zusammenreissen und unternehmen müssten. Damals konnte ich das noch nicht so richtig verstehen, dass das ein enormer Psychodruck ist, aber heute sagt mir meine Frau natürlich auch immer wieder: Du könntest auch wieder einmal etwas unternehmen. Dieser Druck ist enorm.

Vermutlich unternehmen Sie doch ab und zu etwas mit Ihrer Frau. Denn viele Ihrer Freunde sind mittlerweile geschieden. Sie nicht. Bitte verraten Sie mir doch Ihr Liebesgeheimnis!

Wir lachen viel. Lachen hilft.

Ist das Ihr Liebesgeheimnis?

Nein, natürlich auch Respekt. Aufeinander eingehen. Diskutieren. Gemeinsam einen Weg beschreiten, und etwas zusammen erleben. Das schweisst enorm zusammen.

Schreiben Sie eigentlich Ihrer Frau immer noch Liebesbotschaften an den Badzimmerspiegel?

Ja! Gerade gestern und heute habe ich das gemacht.

Ihre Frau stört etwas an Ihnen: Sie sind zu organisiert. Wie wirkt sich das im Alltag aus?

Es wirkt natürlich schnell etwas organisiert, wenn es meine Frau beurteilen muss. Weil sie von sich auf andere schliesst.

Ist Sie eine Chaotin?

Ja. Sie hatte eine Zeit lang den Übernamen «Chaotengeberli». Ich bin relativ organisiert.

Wie wirkt sich das auf den Alltag aus?

Ich deponiere meinen Schlüssel immer am selben Ort. Ich suche nicht gern. Ich bin keine typische Jungfrau, aber es langweilt mich einfach, Dinge zu suchen. Daher versuche ich alles zu organisieren, was mir natürlich auch nicht immer gelingt.

Sie sollen hingegen öfters im Auto in den Taschentücheli Ihrer Frau baden – ist das immer noch so?

Versaufen ist nicht gerade treffend. Aber es ist so, wie wenn man in einem Skigebiet in einen Pulverschneehang fährt. Dann ersäuft man ja auch nicht gerade – aber es ist schon eine Art baden.

Worüber haben Sie zuletzt mit Ihrer Frau gestritten?

Das war letztes Jahr mal, als wir beim Golf zusammen gespielt haben, und sie hauderte irgendetwas zusammen, das mich genervt hat. Wir streiten – wie gesagt – sehr selten, weil ich es uninteressant finde.

Was macht Ihre Frau, wenn sie auf Sie wütend ist?

Zuerst einmal sagt sie nichts. Dann frage ich sie: Ist etwas? Dann sagt sie: Nein! Dann frage ich nochmals nach: Ist etwas? Dann sagt sie nochmals: Nein. Und nach dem 15. Nachfragen sagt sie: Du weisst genau, was ist. Dabei habe ich gar keine Ahnung, was es sein könnte.

Und das Nachher ist dann auch immer noch am schönsten?

Wenn man Streit hatte, ist die Versöhnung am schönsten. Aber wir haben eigentlich gar keinen Streit, denn ich bin ein schlechter Streitpartner.

Gab es jemals eine grössere Krise in Ihrer Beziehung?

Sie hat sich mal getrennt von mir. Einen halben Nachmittag oder so.

Fehlt Ihnen der Thrill vom Verliebtsein nicht?

Aus dem lodernden Feuer, das am Anfang war, wurde eine Glut. Und diese Glut ist wunderbar heiss. Darauf kann man ein Rindsfilet braten, was man in einem Feuer nicht kann.

Was ist das Beste daran, zusammen älter zu werden?

Es gehen neue Türen auf. Man erkennt mehr Zusammenhänge. Das Leben ist wie ein Puzzle, und wenn man das letzte Teilchen platziert hat, dann hat man den Überblick und stirbt, weil man zu viel weiss. Das ist jetzt etwas Glückspostphilosophie, ich weiss.

Wenn Sie eine Frau wären, wären Sie gern mit sich selbst verheiratet?

Ich würde es mindestens probieren, aber ich glaube, ich bin etwas anstrengend.

Wie viele Männer haben Sie bisher in Ihrem Leben geküsst?

Keine. Das ist nicht meine erste Priorität.

Vor einigen Jahren schrieben Sie zusammen mit Ihrer Frau die Paarkolumne «Bei den Baumanns» für die «Schweizer Familie». Wie kam das?

Wir wurden angefragt und dachten, dass das eine gute Sache ist. Das ging in Richtung Literatur. Der Chefredaktor rief am Tag des Abgabetermins jeweils an und fragte: «Solltest du nicht etwas abgeben?» Und ich: «Was denn?» Er: «Ja, eure Kolumne!» So entstanden sie: sehr schnell geschrieben. Aber nachträglich ist es für uns ein schönes Dokument über die Erlebnisse, die wir mit den Kindern teilten.

Welchen Einfluss hatten die Kolumnen auf Ihre Ehe?

Ich würde sagen: weder einen negativen noch einen positiven.

Ihre Frau meinte, es sei eine Art bezahlte Paartherapie gewesen.

Ja, genau. Ich glaube das aber nicht.

Vor Jahren sagten Sie in einem Interview, die Ehe sei eine der letzten grossen Herausforderungen der Menschheit. Sehen Sie das heute immer noch so?

Ja, eine der männlichen Menschheit. Es ist eine hochexplosive Lebensform. Ich muss mich über jeden schlapp lachen, der sich im Berner Oberland mit dem Wingsuit – von Red Bull gesponsert – vom Felsen stürzt. Das ist eine Bagatelle gegenüber jemandem, der verheiratet ist. Darum bin ich der Meinung, dass jeder Ehemann von Red Bull gesponsert sein sollte. Das wäre das einzige Adäquate.

Haben Sie das dem Chef von Red Bull schon mal vorgeschlagen?

Nein. Aber das ist gerade eine gute Idee, die ich anpacken sollte.

Frank Baumann über seine Wurstmaschine: «Ich las in einem Buch: Ein Mann, der noch nie selber eine Wurst gemacht hat, ist kein Mann. Also wusste ich, dass ich hier ein Manko habe und begann mich damit zu befassen, wie man Würste macht und machte an einem Kochevent für Cervelat-Promis mit.»
Frank Baumann über seine Wurstmaschine: «Ich las in einem Buch: Ein Mann, der noch nie selber eine Wurst gemacht hat, ist kein Mann. Also wusste ich, dass ich hier ein Manko habe und begann mich damit zu befassen, wie man Würste macht und machte an einem Kochevent für Cervelat-Promis mit.»
Bild: Christian Thumshirn

Was halten Sie von der Idee, ab 65 für Bluewin.ch eine regelmässige Seniorenkolumne zu schreiben?

Es kommt drauf an, wie viel dafür bezahlt würde.

Sie sind recht monetär geworden aufs Alter.

Ja, wegen meiner Frau. Bis 65 steigert sich mein Marktwert noch.

Und nach 65 geht er runter, und dann kann man Sie billig haben.

Nein! Denn durch eine Kolumne auf der Bluewin-Plattform steigt mein Marktwert ins Unermessliche. Ich schreibe gern. Das Aneinanderreihen von Buchstaben ist etwas sehr Erhellendes.

Lieben Sie deshalb Ihre Frau so sehr?

Weil ich ihr so viele Liebesbriefe schreibe? Das hat etwas nachgelassen, muss ich zugeben.

Was tragen Sie im Bett?

Nichts. Verantwortung. Im Bett bin ich verantwortlich für das gute Gelingen der Nacht.

Wer macht die erotischeren Massagen – Ihre Frau oder Sie?

Meine Frau hat gerade gestern eine gemacht.

Mit Happy End?

Ich bin eingeschlafen. Ich war im Nacken verspannt – und dann hat sie da etwas herum gemacht.

Mit oder ohne Massageöl?

Mit Öl auf Silikonbasis. Es ist eigentlich kein Massageöl. Doch habe ich zuerst Voltaren eingeschmiert, und dann dachte ich, dass noch Massageöl dazu etwas overdosed wäre.

Wann zuletzt bei Kerzenlicht gebadet?

Das war an Neujahr, als wir in Vals waren in unserem Haus. Wir liessen das Bad einlaufen und stellten zwei Weingläser hin, die Kerzen leuchteten stimmungsvoll. Doch als ich in einem hoch erotischen Move in die ebenerdige Badewanne einsteigen wollte, rutschte ich aus und ging mit der einen Hand einen halben Zentimeter an diesem Weinglas vorbei. Angenommen, ich hätte mit der Hand direkt in das Weinglas gefasst, wäre ich am Silvester in der Notfallstation gelandet. Zum guten Glück passierte das nicht, doch tat mir alles weh, und dieser Crash war natürlich alles andere als aphrodisierend. In eine Badewanne zu fallen, ist etwas Niedriges.

Was halten Sie von Sex im Freien?

Ein Must!

Welche sexuelle Fantasie beflügelt Ihre Arbeitskraft?

Jede!

Wirklich wahr, dass Sie sich super sexy finden?

Nein. Kommt aber wieder!

Empfinden Sie es als eine Erleichterung, dass es mit dem Sex im Alter irgendwann weniger wird?

Das ist eine absolute Suggestivfrage! Weder das eine noch das andere.

Welches Ding nehmen Sie arbeitend am liebsten in die Hand?

Einen Dildo.

Ihre längste Zeit im Bett?

Kann ich nicht sagen.

Schlafstörungen?

Ab und zu eine Erektion.

Korrekt, dass man über 60 tendenziell nur noch vier Stunden Schlaf braucht?

Nein, ganz sicher nicht. Ich brauche acht Stunden, bekomme aber nur sechs.

Ihr grösstes Abenteuer in einem Bett?

Da müssen Sie Überbrückungsmoderation machen, denn ich schlucke jetzt etwas runter.

Die grösste Orgie, bei der Sie je zugesehen haben?

3D oder 2D? Foursome …

4D! Drei sollten aber mindestens dabei gewesen sein.

Das Spektakulärste, das uns mal passiert ist, ist, dass das Bett in der Mitte zusammengekracht ist, und wir wie in einem offenen Buch gelegen sind. Das war sehr spektakulär. Das zweite war, dass ich einmal eingreifen musste, als zwei junge Pärchen in unserem Ehebett gelegen sind. Sie lagen nach getaner Arbeit in unserem Ehebett. Ich war davor zwei Stunden und 15 Minuten Auto gefahren mit recht hoher Geschwindigkeit, um die Situation in unserem Ehebett zu bereinigen.

Ihre versauteste Seite?

Seite 48 oder 49 in meinem Buch «Der Salamichlaus und das verschwundene Christkindli».

Eine schöne Beschäftigung, die leider im Bett nicht funktioniert?

Velofahren.

Ins Meer hinausschwimmen – lieber allein oder zu zweit?

Da ich sehr geliebt werde von Insekten und immer Angst habe, dass ich aufgefressen werde in der Nacht, würde ich aus Angst vor Haifischen im Meer lieber zu zweit hinausschwimmen.

Woran erkennt man, dass Sie jeden Moment explodieren können?

Meine Frau sagt, dass bei mir ein Müskelchen zuckt.

Welchen Sinn sehen Sie darin, Kinder auf die Welt zu bringen?

Das ist der einzige Sinn.

Ein typischer Vater-Spruch?

Nei, nöd gliii, jetzt!

Hiess es Papi, Vati oder Vater?

Papi.

Eine Krawatte von Ihrem Vater geerbt?

Ja. Eine schräg gestreifte.

Gibt es sie noch?

Nein, ich habe beim Zügeln vieles entsorgt.

Frank Baumann über ältere Menschen: «Es wäre schön, wenn man ältere Menschen, und da spreche ich jetzt von 80- oder 90-Jährigen, als weise respektieren und ihre unglaublichen Ressourcen erkennen und nutzen würde.»
Frank Baumann über ältere Menschen: «Es wäre schön, wenn man ältere Menschen, und da spreche ich jetzt von 80- oder 90-Jährigen, als weise respektieren und ihre unglaublichen Ressourcen erkennen und nutzen würde.»
Bild: Christian Thumshirn

Welcher Mädchenname war für Sie geplant?

Frank. Heinz-Rüdiger wäre bireweich für ein Mädchen.

Was konnten Sie als Dreijähriger auf dem Klavier spielen?

Nichts.

Bettnässer?

Nein.

Daumenlutscher?

Ich glaube nicht.

Grausamste Bestrafung, unter der Sie als Kind gelitten haben?

Kalte Dusche.

Das letzte nette Erlebnis mit Ihrer Tochter?

Täglich nette Erlebnisse.

Weil Sie mit ihr täglich telefonieren?

Nein, ich habe ihr einen Brief geschrieben, und sie hat mir ein SMS geschickt. Nein, es war ein Voicemail, und ich konnte es nicht abhören. Da muss ich noch nachfassen. Gut, dass Sie mich daran erinnern.

Das letzte nette Erlebnis mit Ihrem Sohn?

Ich musste schimpfen mit ihm.

Wo liegen Sie, wenn Sie komplett relaxt sind?

Auf dem Rücken.

Führt Konzentration zwangsweise zur Einsamkeit?

Hmm. Nein.

Wohin gehen Sie, wenn Sie allein sein wollen?

An einen Fussballmatch von GC.

Wann zuletzt gezeichnet?

Gestern. Ich bin an einer Serie von Illustrationen. Da habe ich einen Zeitplan, den ich einhalten muss, und wenn ich ihn nicht einhalte, bekomme ich ein Zeitproblem. Ich muss also «Gring ache u seckle» und das durchziehen.

Wann zuletzt fotografiert?

Gestern privat und letzte Woche geschäftlich.

Haben Sie einen geheimen Instagram-Account?

Ist der noch geheim? Ich habe noch meine «Alter-Egi», welche ihre eigenen Facebook- und Instagram-Accounts haben.

Wo ist Zürich am schönsten?

Das ist eine blöde Frage. Zürich ist eine Hammerstadt. Es gibt so viele Ecken und Gassen, die schön sind.

Wo ist Bern am schönsten?

Bern geht mir auf den Sack. Wann immer ich dort arbeiten musste, traf ich auf der Strasse viele spezielle Leute an. Vielleicht ist es gut, wenn man sie nicht in die Psychiatrie steckt, sondern sagt: Gehe etwas an die frische Luft spazieren. Aber so viele verwirrte und verwahrloste Leute tun mir fast etwas weh. Denn die Stadt ist eigentlich traumhaft. Ein ganz schöner Platz war die Wohnung von Alt-Bundesrätin Doris Leuthard.

Wo ist Genf am schönsten?

Nicht meine Ecke.

Was empfinden Sie am Zürichsee?

Kälte.

Weshalb zügeln sie dann an den Zürichsee?

Ich muss ja nicht in den Zürichsee. Und dort, wo wir wohnen, gibt es den schönsten Sonnenuntergang.

Wo ist die Schweiz am allerschönsten?

In Lachen.

Wie oft waren Sie auf der Jungfrau?

Auf verschiedenen. Später liess das natürlich nach, weil die auch älter wurden ... – aber auf dem Berg war ich zusammen mit dem verstorbenen Bergsteiger Ueli Steck. Das ist ein paar Jahre her.

Wie oft auf dem Rütli?

Auf dem Ruthli oder dem Rütli? Dreimal höchstens.

Je das Schloss Chillon besucht?

Klar.

Wohin führte Ihre allererste Schulreise?

Aufs Schloss Chillon ... Stimmt natürlich nicht. Weiss ich nicht mehr. Das ist überhaupt eine Katastrophe, eine Schulreise. Da wird einem etwas Schönes vorgegaukelt. Es gibt ein Sandwich und eine Banane und etwas zum Trinken. Man macht sich bereit, bereitet sich voller Motivation auf diesen speziellen Anlass vor, geht ins Bett. Und am nächsten Tag regnet's – und es heisst: Die Schulreise ist abgesagt. Die Schulreise ist eine Frechheit für die Schüler.

Aber es gibt doch den Wetterbericht.

Damals doch nicht. Da gab es noch keine Wetter-Apps. Weshalb gibt es heute eigentlich noch Wetterfrösche? Da gibt es irgendwelche Wahnsinnigen wie Herrn Wick, die uns das Wetter verkaufen. Dabei ist das doch gar nicht nötig, dass sich irgendwelche Wetter-Fees völlig unterkühlt und ausgemergelt bei Schneesturm auf das Dach des Fernsehstudios stellen. Den Thomas Bucheli kannst du rauchen. Ich habe heute doch die Wetter-App.

Man sollte also Kachelmann und Co. abschaffen?

Klar, weg mit all diesen Vögeln! Das bringt gar nichts. Quote würde man machen, wenn man Naked News machen würde mit nackten Wetterfeen.

Und das würden Sie machen?

Ich würde es verantworten. Selber machen bringt ja nichts. Im letzten Sommer hatte ich ein Nackterlebnis, das fast eine Nahtoderfahrung war. Im August übernachteten wir auf unserem Motorboot auf dem Zürichsee. Vorher gingen wir noch baden. Als wir wieder ins Boot einsteigen wollten, klappte plötzlich die Kabinentür zu. In der Folge drifteten wir ohne Schlüssel, ohne Kleider und ohne Handy über den See. Meine Frau schlug vor, dass ich auf die Insel Ufenau schwimme und dort nach Kleidern frage. Ob dieser Vorstellung sah ich natürlich schon die «Blick»-Schlagzeile vom kommenden Tag: «Verwirrter TV-Greis strippt auf Insel!» Nach 20 Minuten konnten wir dann endlich die Türe doch noch öffnen. Danach verfolgten mich die ganze Nacht schreckliche Albträume. Ich sah mich vor 26 Nonnen stehen, nackt. Die Fantasie brannte komplett durch mit mir.

Wegen der Nonnen?

Nein, wegen dem ganzen Nonsens.

Sind Sie eigentlich immer noch regelmässig als Werber tätig?

Nein, die Zeiten haben sich komplett geändert. Es ist nur noch minim lustig. Es hat überall Bedenkenträger, die sich um den Shareholder-Value sorgen. Niemand hat noch Mut, sondern fürchtet um seinen Job. Ich konnte als Werber arbeiten, als man noch das Kalb machen und etwas bewegen konnte. Machen Sie doch einmal für «Bluewin» eine geile Kampagne!

Sie würden gratis für «Bluewin» eine Kampagne machen?

Schon wieder eine Suggestivfrage, Herr Bötschi. Gratis gibt es gar nichts mehr.

Kostenlos?

Günstig.

Sie haben einen Satz, um für die Schweiz zu werben: Wie lautet er?

Ähm. Und sie bewegt sich doch!

Sie haben zwei Sätze, um für die Schweiz zu werben: Wie lauten sie?

Ehrenwort. Das eine Wort als Ergänzung zu dem Satz oben.

Was empfinden Sie in den Bergen?

Demut.

Der höchste Berg, den Sie je bestiegen haben?

Das Matterhorn ist es nicht, aber irgendein Walliser Berg.

Wo waren Sie zuletzt in den Ferien?

Murcia.

Wo reisen Sie demnächst hin?

Mallorca. Dann nach New York.

Welcher bedeutende Satz über Europa muss unbedingt noch gesagt werden?

Könnte man viel sagen. Möchte ich aber nichts sagen.

Frank Baumann über seinen Verdienst: «Keine Ahnung! Ich weiss nicht im Ansatz, wie viel Geld wir verdienen. Meine Frau regt sich immer fürchterlich auf, weil mich das nicht interessiert. Denn mich interessiert mehr die Art und Weise, wie ich verdiene. Und wenn es nicht mehr reicht, dann essen wir halt nur noch Brot und Käse.»
Frank Baumann über seinen Verdienst: «Keine Ahnung! Ich weiss nicht im Ansatz, wie viel Geld wir verdienen. Meine Frau regt sich immer fürchterlich auf, weil mich das nicht interessiert. Denn mich interessiert mehr die Art und Weise, wie ich verdiene. Und wenn es nicht mehr reicht, dann essen wir halt nur noch Brot und Käse.»
Bild: Christian Thumshirn

Und wenn wir schon bei dem Thema«Heimat» sind, wollen wir den Fragebogen dazu nicht vergessen, den der Schriftsteller Max Frisch 1971 während eines USA-Aufenthaltes erstellt hat:

Seine erste Frage war: Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: Befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?

Kommt auf die Leute an.

Hat Heimat für Sie eine Flagge?

Nein, einen Geruch.

Worauf könnten Sie eher verzichten: auf Heimat, auf das Vaterland oder auf die Fremde?

Vaterland.

Was bezeichnen Sie als Heimat? Ein Dorf, eine Stadt oder ein Quartier darin, einen Sprachraum, einen Erdteil oder eine Wohnung?

Wohnung.

Wollten Sie schon einmal auswandern?

Nein.

Welche Speisen essen Sie aus Heimweh und fühlen Sie sich dadurch in der Welt geborgener?

Jesses Gott! Ein Wiedikerli von der Metzgerei Keller in Zürich.

Wie viel Heimat brauchen Sie?

Nicht so viel.

Haben Sie eine zweite Heimat?

Nein.

Sie sind ja dreiviertel Deutscher. Fühlen Sie sich nicht auch etwas als Deutscher?

Ich bin aufgrund familiärer Dispositionen dreiviertel Deutscher. Ich könnte genauso gut Taliban sein. Sie können mich aber doch nicht als Taliban bezeichnen, bloss weil ich in diesen Kulturkreis hinein geboren wurde.

Ich habe Sie nur gefragt und nicht verantwortlich gemacht ...

Aber Sie hatten diesen aggressiven Unterton, der schon im ganzen Gespräch vorherrscht.

Kann Ideologie zu einer Heimat werden?

Nein.

Das waren einige Fragen von Max Frisch zum Thema «Heimat», die haben Ihnen allem Anschein nach nicht so veil Spass gemacht ...

Doch, sehr! Ich habe auch viel dazu beigetragen.

Wann zuletzt unter freiem Himmel geschlafen?

Das war ganz lässig. Das war vor etwa zehn Jahren, zusammen mit der Familie. Es war im Gebirge. Ich kaufte dann extra noch solche Überzugschlafsäcke gegen die Kälte, die auch die Alpinisten verwenden. Trotzdem war dann meine Frau am nächsten Morgen etwas unterkühlt, weil sie sich im Laufe des Schlafprozesses mit ihrem Daunenschlafsack aus diesem Schutzsack herausoperierte und die ganze Nacht im feuchten Gras verbrachte, sodass alles seichnass war. Doch es war grossartig, so unter freiem Himmel zu schlafen.

Welches Hotel hat die besten Matratzen der Welt?

Das White Hotel in New York.

Können Sie versprechen, dass Sie niemals mehr als eine Schlaftablette pro Nacht nehmen?

Ja, das kann ich versprechen.

Wie geht es dem Rücken?

Nicht so schlecht, seit ich turne. Ich möchte nochmals daran erinnern: Turne bis zur Urne!

Wir erinnern uns aber auch, dass Sie das erst seit gestern machen …

Das war ein Spässchen. Ich muss jetzt in die erste Kontrolle. Das heisst, ich habe schon fünfmal diese Löli-Übungen gemacht, eingespannt in irgendwelche Folterwerkzeuge aus dem Hause Nautilus.

Tut es Ihnen in diesem Moment grad irgendwo weh?

Nein.

Wann hatten Sie das letzte Mal Grippe?

Über Weihnachten ging diese schweinische Grippe um, selten hat es mich so umgeworfen, sandsackmässig umgenietet.

Fällt Schönsein leichter, wenn man Champagner intus hat?

Ich mag Champagner nicht.

Sollen wir jetzt endlich ein Glas Alkohol trinken?

Ich trinke im Mai keinen Alkohol. Aber im Juni wie ein Muni.

Das heisst, Sie sind ein Alkoholiker, der Pause machen muss?

Das ist keine medizinisch verordnete, sondern eine schönheitsbildende Massnahme. Das ist meine neue Mai-Diät.

Dann können wir uns jetzt ja ganz nüchtern noch ein paar ganz intelligenten Fragen zuwenden ...

Wer ist die klügste Schweizerin unter 50 Jahren?

Keine Ahnung. Wen hätte ich sagen müssen?

Ich hätte Hazel Brugger gesagt.

Nein, die ist lustig und cool. Aber klug ist sie nicht. Das würde sie selber von sich auch nicht sagen. Eine, die das ganze Denken kultiviert und im Griff hat, ist Magdalena Martullo-Blocher. Die mit den «Seven Thinking Steps». Sie sieht einfach aus wie 70. Wie ihr Vater.

Wer ist der klügste Schweizer unter 50 Jahren?

Jetzt kommt sicher so einer wie Fabian Unteregger.

Es gibt keine Vorgaben. Sie können sich selber jemanden aussuchen.

Ja, schon, aber diese Superlativitis …

Würden Sie eine Einladung des Bundesrates annehmen, um im Nationalratssaal eine Rede zur Lage der Nation zu halten?

Das würde ich annehmen, weil ich das Gefühl hätte, eine Verantwortung wahrzunehmen.

Wie viele 1.-August-Reden haben Sie bisher gehalten?

Mehrere. Aber die beste war nach den Vorkommnissen im Fall Clinton. Als diverse Leute auf dem Dorfplatz brüllten, dass ich ein Kommunist sei. Ich sagte in dieser Rede, dass ich es schade finde, dass er nicht dazu steht, dass sie vor ihm niedergekniet ist. Das wurde als kommunistische Bemerkung interpretiert.

Die wichtigsten Worte Ihrer Mutter?

Schlaf guet!

Die wichtigsten Worte Ihres Vaters?

Stah ändlich uf!

Was ist der Sinn des Lebens?

Gute Frage.

Können Sie sie auch beantworten?

Nein.

Welche Illusion lassen Sie sich nicht nehmen?

(Überlegt lange) Dass es am Schluss einen Sinn ergibt.

Was raten Sie jungen Leuten?

Ich habe in einem Interview mal Hans-Dietrich Genscher dazu befragt. «Er sagte: Jungen Leuten, die erfolgreich sein wollen in der Wirtschaft, der Forschung oder der Politik, rate er immer: Denken hilft!» Das finde ich gut.

Sind Sie ein guter Lügner?

Ja.

Was können Sie mit 61 besser als mit 25?

Loslassen.

Wann haben Sie das letzte Mal bedauert, Ihr Handy nicht ausgeschaltet zu haben?

Tja. Das bedauerte ich eigentlich noch nie. Denn ich bin kein Handyfonierer. Nur sehr wenige Leute haben meine Nummer. Es ist eher ein Arbeits-, Fotografier- und Suchinstrument.

Lust, einmal eine ganze Woche nichts zu sagen?

Ich war in einem Schweigekloster. Aber keine ganze Woche. Das war recht anspruchsvoll, weil man sich ja eigentlich ständig kundtun möchte: Gefühle äussern, ob etwas schön, kalt oder warm ist. Ob man hungrig oder durstig ist. Es ist nicht einfach, nichts zu sagen. Umgekehrt wäre ich manchmal froh, die Leute würden mehr sagen. Oder dass das, was sie sagen, mehr Inhalt hätte.

Eine kleine Sache im Leben, die glücklich macht?

Sex.

Das letzte Kunstwerk, das Sie gekauft haben?

Eine Fotografie von Sebastiao Salgado.

Das letzte Kunstwerk, das Sie verkauft haben?

Das letzte war auch eine Fotografie.

Ist es möglich, mit einem iPhone oder iPad Kunst zu machen?

Ja.

Wie viel Geld haben Sie letzte Woche verdient?

Keine Ahnung! Ich weiss nicht im Ansatz, wie viel Geld wir verdienen. Meine Frau regt sich immer fürchterlich auf, weil mich das nicht interessiert. Denn mich interessiert mehr die Art und Weise, wie ich verdiene. Und wenn es nicht mehr reicht, dann essen wir halt nur noch Brot und Käse.

Sind Sie ein reicher Mann?

Ja, wir sind sehr reich. Aber vor allem an Erfahrungen und an Geborgenheit. Reich an Soft Facts.

Macht Geld glücklich?

Nein, das glaube ich nicht.

So grundsätzlich: Das Leben geniessen, Herr Baumann, wie geht das?

Es hilft, wenn man im Moment lebt und nur da ist. Und wenn man sich bewusst ist, dass das letzte Auto immer ein Kombi ist.

Sie sind kürzlich in ein Dorf am Zürichsee gezügelt: Was ist dann nun das Lustigste, was man an einem Freitagabend dort anstellen kann?

Da gibt es ganz viele Sachen. Was öffentliche Unterhaltungsangebote anbelangt zum Beispiel: Da gibt es eine autonome Splittergruppe «Lokomotive Bali», die Anlässe veranstaltet mit Claudio Zuccolini oder Werner Aeschbacher, einer der bekanntesten Schwyzer Örgeler auf der Welt. Es gibt überall tolle Gelegenheiten, etwas zu erleben. Und wenn es nichts gibt, kann man selber etwas gestalten.

Können Sie bitte Ihren aktuellen Lieblingswitz zum Besten geben?

Nein.

Wieso?

Weil ich keinen weiss. Obwohl ich ein grosser Freund des Witzes bin. Ich finde Witze etwas Fantastisches.

Hat es mit dem Alter zu tun, dass Sie sich Witze nicht merken können?

Es interessiert mich zu wenig. Das hat dann einfach zu wenig Platz.

Hebt es Ihre Stimmung, wenn Sie einkaufen?

Gar nicht.

Wo kaufen Sie Ihre Kleider ein?

Ich habe einen Schneider, und ich bestelle viel im Internet.

Ihr Beauty-Tick?

Keinen.

Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?

Das ist nicht mehr da. Das ist dem Zügel zum Opfer gefallen. Eine Jeans, die sich wunderbar an meinen Körper angeschmiegt hatte, die aber auch durchsichtige Stellen hatte.

Was ist das hässlichste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?

Das war diese erwähnte älteste Jeans.

Wie viele Krawatten hängen in Ihrem Kleiderschrank?

Nicht mehr so viele. Etwa 20.

Und wie viel Paar Jeans?

Zwei. Wir haben alles reduziert. Es gibt nur noch fünf weisse und fünf schwarze T-Shirts. Es gibt fünf weisse Hemden und fünf Jeans.

Dann haben Sie auch eine Waschmaschine zur Verfügung, mit der Sie immer waschen können …?

Ich war völlig überrascht, dass es eine Waschmaschine ist. Ich dachte, es sei ein Senkrechtstarter der Royal Air Force. Die Maschine tut wie ein Satan.

Dann waren Sie früher nie in der Waschküche und wussten daher nicht, wie eine Waschmaschine aussieht?

Ich habe oft selber gewaschen, wenn meine Frau weg war. Leider gingen die Flecken nicht weg, weil sich herausstellte, dass ich den Tumbler benutzte.

Das teuerste Paar Schuhe: Wann und wo gekauft? Und wie viele haben die Schuhe gekostet?

Beim Schäppi in Zürich. Dem besten Schuhmacher der Welt, der jetzt aufgehört hat und beim Opernhaus arbeitet. Gekostet haben sie sehr viel.

Tragen Sie zu Hause Jogginghosen?

Nein.

Haben Sie Stil-Vorbilder?

Lange Zeit war es Prinz Charles. Ich dachte mir: Wenn du so herumläufst wie der, kannst du nicht viel falsch machen. Inzwischen verwässerte sich das etwas. Inzwischen ist es Don Draper, the Sexiest Man Alive, die Hauptfigur aus der US-Serie «Mad Men».

Ihr persönlicher Fashion-Gau in den 1990er-Jahren?

Keine Ahnung.

Gab es noch andere Modesünden, die Sie heute beichten möchten?

Nein.

Ist es 2019 noch vorstellbar, seine Würde durch die Wahl der falschen Kleider zu verlieren?

Nein.

Haben Sie jemals ein Kleidungs- oder Möbelstück selber gemacht?

Nein. Ich hatte mal eine Firma, die Möbelstücke entwickelte.

Besitzen Sie ein komplettes Porzellan-Service?

Ja, also ich und meine Frau.

Wie viele Uhren besitzen Sie?

Nicht mehr so viele, seit der Rumäne bei uns war.

Wann war das?

Vor acht bis neun Jahren.

Wieso wissen Sie, dass es ein Rumäne war?

Flückiger Markus, Kapo, sagte, dass es ein Rumäne war.

Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?

Mit ohne. Das finde ich grossartig. Doch jemand, der die Bällchen in der Gegend herum ballert und sie nachher nicht mehr findet, ist mit dem ganzen Golfgepäck unterwegs und das geht mit dem Auto besser. Sonst benutzen meine Frau und ich sehr oft die öffentlichen Verkehrsmittel.

Haben Sie schon einmal einen Velokurier auf einem E-Bike gesehen?

Das wäre ja peinlich! Nein: Ein Velokurier muss solch grosse Ohrläppchen haben (zeigt es), maximal tätowiert sein und ein Fixbike ohne Bremsen haben – selbstverständlich. Und auf der Rämistrasse bergab nur mit der Kraft der Oberarmmuskeln bremsen, und wenn das nicht reicht, abspringen, blockieren und weiterfahren.

Wann zuletzt im Zug oder Tram schwarzgefahren?

Nicht vorsätzlich. Aber in der Kantizeit natürlich dauernd.

Ihre Lieblingsfarbe?

Schon mal gefragt, tut mir leid.

Und welche wäre es?

Was habe ich gesagt?

Bunt. Diese Farbe gibt es aber nicht.

Bunt gefällt mir. Sie müssen sich schon etwas konzentrieren. Bei diesen lächerlichen 1000 Fragen können Sie nicht plötzlich einknicken und etwas fragen, das sie schon mal gefragt haben.

Wir zählen ja nicht. Wir sind jetzt erst bei …

1057.

Das stimmt nicht. Ich habe gefragt, ob Sie gut lügen können, und Sie haben «Nein» gesagt. Jetzt beweisen Sie grad das Gegenteil.

Hey, hallo! Ich habe «Ja» gesagt und mich dafür noch geschämt. Das ist ein ganz groteskes Interview. Der Mann hört mir nicht zu! Jetzt wird es immer besser.

Jetzt wird es peinlich.

Ich hoffe, das Publikum, welches dieses Interview liest und schaut, zählt genau nach, wie viele Fragen es am Schluss wirklich sind.

Okay, wir machen einen Wettbewerb. Und was bekommt der Gewinner?

Unter allen Einsendungen wird ein Sieger ermittelt, und den lade ich ans Arosa Humorfestival ein.

Abgemacht – also diese Frage, die ich jetzt stelle, zählt auch dazu?

Ja, die zählt auch dazu.

Und die Frage, die ich jetzt stelle auch?

Halt! War das jetzt eine Frage oder eine Antwort?

Ich wollte Ihre Frage beantworten.

Nein, Sie haben gesagt «Und die Frage, die ich jetzt stelle auch?», also ist das auch wieder eine Frage.

Kurz und gut ...

... der Gewinner des Wettbewerbs kann ans Humorfestival kommen, an die beste Vorstellung.

Gibt es Farben, die Ihnen Probleme bereiten? Oder sind es nur Fragen? Und wenn ja, warum?

Fragen machen mir gar keine Probleme, denn die kann ich beantworten. Farben hingegen schon. Da gibt es solche, bei denen ich mir denke: Mann, wer hat denn dieser Frau das Kleid verkauft? Da gehört der Designer dazu, der das entworfen hat. Dann Kinder, die irgendwo in Bangladesch nähen, und dann gibt es einen Chefeinkäufer, der diesen Seich einkauft, und dann gibt es Frau Muggli, die das Kleid kauft und trägt. Und dann versagen sämtliche Rettungsmechanismen. Die Verkäuferin sagt nicht: Kaufen Sie bitte dieses Kleid nicht, diese Farbe ist ja abscheulich! Sondern sie sagt abends ihrem Schatz zuhause: Endlich habe ich dieses schreckliche Kleid verkauft und bin es los. Und Frau Muggli kommt nach Hause, und ihr Mann sagt nicht: Du, was ist denn das für ein Scheissdreck, den du da anhast!!? Deshalb sieht man immer Leute mit solch schrecklichen Kleidern herumgehen, weil sämtliche Sicherheitsventile lecken.

Gibt es Pflanzen, die Ihnen Probleme bereiten?

Zum Beispiel Brennesseln, Disteln. Daher bin ich kein Nacktwanderer, weil das dann bei einem Päuschen etwas ganz anderes ist, wie wenn man als oberbayrischer Trachtenseppel auf einer Distel sitzt.

Gibt es Tiere, die Ihnen Angst machen?

Ja, Schildkröten, Frösche und Schlangen sind gar nichts für mich. Schlangen sind Katastrophen. Als ich bei Radio 24 arbeitete, ging ich einmal aufs WC, und als ich zurückkam, leuchtete die Lampe rot. Das heisst, das Mikrofon war an, obwohl ich es vor dem Austreten ausgeschaltet hatte. Also näherte ich mich in dunkler Vorausahnung vorsichtig. Dann lag dort eine Riesenschlange auf dem Pult. Die Kollegen mussten diese entfernen, weil mich das dermassen anwiderte.

Ihre surrealste Natur-Erfahrung?

Ich war mit Mike Müller skifahren, und der Schnee kam ganz fein vom Himmel. Doch die Sonne schien durch alles hindurch, und es bildete sich ein Kreis. Und nicht nur einmal, sondern mehrfach. Wir schauten überall in Sonnen, die Kreise bildeten.

Vielleicht lag das auch an den zu vielen Kafi Schnaps, die sie getrunken hatten …!?

Nein, wir waren nicht die einzigen, die das sahen. Alle hielten an und staunten.

Warum ist der Himmel nachts schwarz?

Weil es kein Licht hat dort oben. Ist ja logisch.

Lieblingsvogel?

Im Moment sind es Störche. Aber auch der Spatz, weil einer mal meiner Frau auf den Kopf geschissen hat – mit weitreichenden Folgen. Als sie nämlich ihren Verlag gründen wollte, war sie lange unsicher. Doch als der Spatz ihr auf den Kopf schiss, empfand sie dies als Zeichen von oben, dies zu tun. Gut, dass es kein Storch war. Dann hätten wir jetzt einen Grossverlag.

Lieblingsfisch?

Bin nicht so der Fischfreund. Vielleicht der Steinfisch, weil: Den sieht man nicht so gut.

Lieblingssäugetier?

Ich bin jetzt eher der Hunde- als der Katzentyp, finde aber Katzen interessanter.

Nachdem Sie mit «Ventil» Hunderttausende ans TV gefesselt oder auch genervt haben, wechselten Sie 2003 – zusammen mit Ihrem Hund Bostich – in die Kleinkunst. Was war der Reiz?

Es ist natürlich fantastisch, auf einer Bühne zu stehen, und vis à vis befindet sich unmittelbar das Publikum. Was immer man tut, man hat sofort eine Reaktion. Das ist anders als beim Fernsehen, wo man einfach in einen Kameramann hinein spielt und versucht, durch die Kamera hindurch in die Herzen des Publikums zu gelangen. Auf der Bühne hat man das Resultat immer sofort.

Stimmt es, dass Sie besser Golf spielen können als Witze erzählen und deshalb heute nicht mehr als Satiriker auf der Bühne stehen?

Ich finde nicht, dass ich besser Golf spiele als Witze erzähle.

Oder anders gefragt: Warum gab es dann nach Ihrem ersten Bühnenprogramm «Bilder im Kopf» 2003 kein Nachfolgeprogramm?

Es gab zwei. Die «Unterbindung» habe ich hundert Mal gespielt. Mit «Hund» waren es zweihundert Vorstellungen. Ich dachte mir, dass ich als Direktor des Humorfestivals nicht auch noch selber der Lustige sein muss. Ab und zu mache ich noch eine schräge Lesung. Alles zu seiner Zeit.

Das heisst, sobald Sie als Festivaldirektor zurücktreten, gehen Sie wieder auf die Bühne? Ist das eine Drohung?

Das ist eine Information, Herr Bötschi.

Das Normalste, das Sie je auf der Bühne getan haben?

(Überlegt lange) Es ist natürlich so, dass ich nicht so viel Normales auf der Bühne gemacht habe. Es war eigentlich nie etwas normal, tut mir schrecklich leid.

Ihre geschmackloseste Tat, Ihre grösste Sauerei auf der Bühne?

Da gab es viele. Man trieb mir das jedoch aus. Erst jetzt habe ich kapiert, was das heisst: «Keine Sauereien» zu machen. Wenn am Humorfestival ein Leo Bassi auftritt und sich mit Honig und Federn übergiesst oder mit Scherben herumhantiert, dann ist das fürs Personal sehr mühsam.

Welche überraschende Wahrheit hat ein Kritiker über Sie respektive über Ihre Bühnenprogramme geschrieben?

Keine Ahnung.

Wie viele Zugaben sind noch okay?

Kommt aufs Programm an. Manchmal ist man froh, wenn es überhaupt keine Zugaben gibt ... Was hat der Kritiker geschrieben?

Das war eine Frage an Sie.

Entschuldigung, ich wollte Sie nicht unterbrechen.

Haben Sie aber.

Aber ich habe mich entschuldigt ...

Wie lange machen Sie es noch als Direktor des Arosa-Humorfestivals?

... können Sie Entschuldigungen nicht gut annehmen?

Nein, am Ende eines langen Interviews ist es schwierig, noch so viel zu denken.

Sind Sie müde? Nehmen Sie um Gottes Willen endlich von diesem Pulver. Sie müssen jetzt dieses Kokainpulver nehmen. Das ist ja Wahnsinn – so ein junger Mensch, der so schnell schlapp macht ...

... ich kann leider mit meinem kaputten Finger das Säckli nicht öffnen. Können Sie mir bitte helfen?

Das ist noch speziell. Wie wollen Sie das jetzt einnehmen?

Wir leeren das Pulver in zwei Gläser Wasser und trinken es.

Ich trinke das sicher nicht. Nein! Das ist wie eine Berocca-Tablette, einfach in Weiss. Was steht da in der Gebrauchsanweisung? Herr Bötschi, Sie sind noch jung, hauen Sie sich nicht einfach solches Zeugs rein!

Vielleicht ist es Kokain? Wer weiss das schon?

(Tut so, als würde er den Produktebeschrieb lesen) Koffeinhaltiges Getränkepulver ... Beutel aufreissen, Pulver in ein Getränk schütten, den Inhalt aufkochen, durch ständiges Rühren auflösen ...

... ich sterbe wahrscheinlich demnächst.

Und noch ein Tipp: Schmeckt in Fruchtsäften am besten (lacht schallend).

Vielmehr wäre es ein Problem, wenn ich mit so einem Säckli weissem Pulver auf der Strasse von der Polizei erwischt würde.

Da hätten Sie sicher ein Problem.

Wie lange machen Sie es noch als Direktor des Arosa-Humorfestivals?

Ich mache es noch ein paar Jahre.

Auf welche Künstlerinnen dürfen wir uns im nächsten Dezember in Arosa freuen?

Keine Ahnung.

Es gibt ja kaum Künstlerinnen im Programm …

Es gibt einfach sehr wenige lustige Frauen.

Wie bitte, Frauen sind nicht lustig?

Ich wäre sogar so weit gegangen, das zu sagen: Hazel Brugger, Patti Basler, Frölein Da Capo, die sind lustig. Dann gibt es Caroline Kebekus, die ist auch lustig. Es gibt sie schon, die lustigen Frauen. Die Herausforderung ist, dass der Mann alles sehen will auf der Bühne, aber keine lustige Frau. Er will auch keine lustige Frau zuhause sehen. Die soll humorvoll sein, aber kein Clown. Die Frau hat verschiedene Qualitäten, die sie erfüllen soll, aber sie soll nicht doof tun. Das will kein Mann.

Ist denn lustig doof?

Nein, aber häufig wird das missverstanden. Caroline Kebekus vertritt einen intelligenten, klugen Humor. Hazel auch. Patti auch. Aber es wird dann halt oft auch von diesen Frauen erwartet, dass sie Marco-Rima-mässig auf die Bühne gehen und das Kalb machen. Doch das will niemand sehen.

Was macht guten Humor aus?

Mir gefällt dieser Humor, der mit dem Florett gefochten wird. Und nicht mit dem Zweihänder.

Merken Sie, dass ich wieder wacher bin.

Sehr. Sie haben auch so weite Pupillen. Ich habe noch nie eine gröbere Ausrede gesehen, um einen solch riesigen Beutel Kokain reinzufedern wie Sie mit diesem nachträglich hilflos angetackerten Bleib-wach-Teilchen, den man in einem halben Liter Fruchtsaft hätte warm auflösen müssen. Nein, Herr Bötschi!

Ist der Humor etwas, was einen durch das Leben zieht und jung erhält?

Ja.

Warum sind lustige Männer sexier?

Von Frauen werden Männer mit Humor als sexier empfunden. Umgekehrt ist es so, wie ich gesagt habe. Männer haben gern humorvolle Frauen, aber keine Clowns.

Worüber darf man keine Witze machen?

Man darf über alles Witze machen.

Heute erscheint die Welt immer öfter als Realsatire. Wie behauptet sich da Komik?

Komik reflektiert Realsatire. Und reframed sie, bringt sie in neue Zusammenhänge, macht neue Analysen der Realsatire.

Wie lustig sind die Schweizerinnen?

Als Stamm, als Rasse? Da gibt es sehr lustige.

Wie lustig sind die Schweizer?

Auch da gibt es sehr viele lustige, aber auch solche, die in den Keller gehen, um zu lachen.

Welcher Schweizer Komiker ist der kommende Star?

Star? Ich finde, es gibt ein paar, die super sind. Daniel Ziegler als Bassimisten finde ich grossartig. Er hat solch eine schöne Leck-mich-am-Arsch-Ausstrahlung.

Wenn man die Schweizer Mediendatenbank nach Ihrem Namen durchackert, denkt man irgendwann: Es gibt Nichts, was der Baumann nicht schon gemacht hat. Wahr oder nicht?

Nicht wahr.

Manchmal Lust, einfach Hausmann zu sein?

Nein.

Können Sie hier und jetzt alle Fernsehsendungen aufzählen, die Sie in den vier vergangenen Jahrzehnten realisiert, kommentiert und/oder produziert haben?

Nein.

Ihre Erinnerungen an den ehemaligen Tagesschau-Sprecher Léon Huber?

Mann und Pudel von hinten am Fenster.

Ihre Erinnerung an Nella Martinetti?

Sie hat das Schlagzeug meines Sohnes mit einem Autogramm versehen. Ich bin der Meinung, dass mein Sohn der einzige heterosexuelle Schlagzeuger auf der Welt ist, der ein Autogramm von Nella Martinetti auf seinem Schlagzeug hat.

Sie wohnten mal mit Hausi Leutenegger in einer WG.

So geil! Etwa zehn Tage lang.

Wirklich wahr, dass er damals eines Tages am Pool nackt vor Ihnen lag und Sie scheinbar aufgefordert hat, ebenfalls die Hosen runterzulassen. Haben Sie es getan?

Ja, er lag nackt an der Sonne und legte eine Unterhose über sein Gemächt und sagte zu mir (imitiert den Thurgauer Dialekt): «Frank, zieh dein Höschen aus.» Worauf ich sagte: «Nein, das mache ich sicher nicht. Da vorne sind deine Frau und deine Schwiegermutter. Das ist nicht der richtige Moment.» «Bist du prüde!?» «Nein, sicher nicht!»

Warum so prüde?

Ich wollte doch diese Frauen nicht antörnen! Dann sprang er ins Wasser und ich in meiner eigelben Timberland-Badehose hinten drein, sodass es mir grad die Luft abschnürte, denn das Wasser hatte nur 14 Grad. Worauf ich ihm sagte: «Bist du verrückt, das Wasser ist ja gar nicht geheizt!?» Worauf er sagte: «Bei den Reichen lernt man sparen!» Als ich das in einem Artikel erwähnte, machte er eine Gegendarstellung im «Blick». Das war sehr geil. Doch wir reden noch miteinander. Leider wird er falsch eingeschätzt, denn er ist ein erfolgreicher, aber sehr bescheidener Typ. Er will – wie alle Menschen – geliebt werden.

Sind die heutigen Influencer eigentlich die direkten Nachfolger der Schweizer Cervelatpromis?

Ich halte nicht viel von denen. Ich glaube sogar, dass die Influencer völlig überschätzt werden.

Die tollste Telefonnummer in Ihrem Handy?

Ich habe immer alle Telefonnummern aufgeschrieben, schon zu Zeiten als ich bei Radio DRS war. Dadurch habe ich eine riesige Datenbank an Namen und Telefonnummern. Viele sind veraltet. Und ich gebe keine weiter.

Traurig darüber, dass der beste Interviewer der Schweiz, Roger Schawinski, den richtigen Zeitpunkt für seinen Abgang verpasst hat?

Wann wäre der gewesen? Er macht ja immer noch Interviews. Ich habe sehr viel von ihm gelernt. Natürlich wenden die Jungen heute seine Interviewtechnik nicht mehr so an. Aber es ist sein gutes Recht, diese für sich heute noch so anzuwenden.

Sie als Schnelldenker: Können Sie SVP-Nationalrat Roger Köppel in maximal drei Sätzen charakterisieren?

Ist das eine Frage! Ich war mal mit ihm klettern, und es hatte danach Blutspuren an der Felswand, weil er sagte: Ich gehe da rauf! Und er hat sich dort raufgeschruppt. In drei Sätzen: Ganz schwierig. Er charakterisiert sich selber mit seinen Auftritten.

Können Sie Bundesrätin Simonetta Sommaruga in maximal drei Sätzen charakterisieren?

Nein. Sie spielt Cembalo. Das finde ich noch schön. Sie setzt sich ein für uns.

Die Schweiz ohne Christoph Blocher wäre ...

Dann würde nichts passieren.

Wo würden Sie sich politisch einordnen?

Ich habe mich – als früher eher links-orientierter Journalist – mehr zur Mitte hin bewegt. Es ist ja so, dass die Inhalte mittlerweile von allen Parteien bewirtschaftet werden. Es ist alles flacher geworden. Radikalität finde ich in alle Richtungen einfach blöd.

Sind viele Journalistinnen und Journalisten zu Moralisten und Moralistinnen geworden?

Nein, aber es sind immer mehr schlecht ausgebildet.

Über Ihr Leben als Autor und Schriftsteller haben wir noch nicht geredet: Sie haben schon mehrere Besteller geschrieben, aber noch keinen Roman. Wann erscheint er?

Ich habe drei Romane mitgeschrieben. Jugendromane, die die famose Blanca Imboden verfasst hat und deren Lektor ich war. Dann fand sie, dass ich etwas sehr viel überarbeitet habe, also machten wir das zusammen. Der letzte Roman, den ich mitgeschrieben habe, ist eben dieser «Salamichlaus und das verschwundene Christkindli». Da gibt es jetzt einen neuen Roman, der im Dezember erscheint «Der Salamichlaus und der Osterhase mit den kalten Füssen». Das ist auch wieder ein Wirtschaftskrimi.

Das ist ein Kinderbuch?

Das erste war als Kinderbuch gedacht gewesen. Als Adventskalender, bei dem man jeden Tag die einzelnen Seiten aufreissen und weiterlesen kann. Dieser landete bei den Literaturbestsellern auf Rang sieben. Das heisst, offenbar kauften sich das viele Erwachsene, die sich das vorlasen.

Gibt es denn nicht eine Idee von einem «richtigen» Roman?

Es gibt doch so viele wunderbare literarische Werke. Ich bekomme gerade Depressionen, wenn ich eine Buchhandlung betrete und sehe, was es da alles gibt.

Und wann publizieren Sie Ihre Autobiographie?

Das mache ich nicht. Dafür bin ich zu wenig eitel oder zu eitel.

Sie sind nach wie vor voller Tatendrang. Haben Sie manchmal das Gefühl, die Zeit läuft Ihnen davon?

Natürlich, in diesem hohen Alter. Ich stehe kurz vor Inbetriebnahme des Rollators. Die Zeit läuft uns allen davon. Es gibt ein wunderbares Buch «Einstein’s Dream». Dort steht Einstein in Bern auf dem Balkon und sinniert darüber, ob die Zeit im Fluss ist, ob sie retour oder vorwärts geht, aber Fakt ist, dass wir nicht immer auf diesem Planeten sind, und dass wir die Zeit so intensiv nutzen sollten wie möglich. Und das habe ich bisher immer gemacht.

Als Nostalgiker tendiert man dazu, die Vergangenheit zu verklären – besonders die eigene. Sie auch?

Nein. Ich schaue eigentlich nicht zurück. Mir hat Peter Simonischek, ein Burg-Schauspieler, dessen Sohn jetzt beim «Zwingli»-Filmmitgemacht hat, in einer Fernsehsendung, die wir zusammen machten, einen irrsinnigen Satz geschenkt, der von Hugo von Hofmannsthal stammt. Es ist ein Ausschnitt aus einem Gedicht, das «Gestern» heisst. Der Ausschnitt lautet: «Musst du mit Gestern stets das Heute stören. Muss ich die Fessel immer klirren hören, die ewig dir am Fuss beengend hängt, wenn ich für mich sie tausendmal gesprengt.» Das fasst das gut zusammen: Das Gestern blockiert. Der Satz nach dieser Passage lautet: «Das Gestern lügt, nur das Heute ist wahr.» Wir müssen im Hier und Jetzt sein. Vielleicht noch etwas vorausschauen.

Was wollen Sie in Ihrem Leben noch erreichen?

Das weiss ich nicht. Es spült mich irgendwo hin. Ich versuche, mich im weitesten Sinn der Herausforderung des täglichen Bewusstseins zu stellen. Im Augenblick präsent zu sein und mich den täglichen Aufgaben stellen. Das haben Sie jetzt wahrscheinlich auch gemerkt: Ich bin jetzt hier und nirgendwo anders, obwohl ich noch zwei, drei Aufgäbeli hätte, die ich lösen müsste in meinem Leben.

Wenn Sie Ihr Leben noch einmal leben könnten – gibt es grundsätzliche Dinge, die Sie anders machen würden?

Nein.

Was machen Sie am 13. August 2019?

Dann bin ich eingeladen an den 50. Geburtstag von Magdalena Martullo-Blocher.

Wissen Sie schon, wo dieses Fest stattfinden wird?

Ja, in Ems (lacht schallend).

Sie sind vor anderthalb Jahren 60 geworden. Hatte diese Schwelle eine Bedeutung für Sie?

Nein.

Jener von Frau Martullo-Blocher hat eine grössere Bedeutung?

Ja, extrem.

Haben Sie Angst vor dem Alter?

Nein. Aber ich würde jetzt nicht gerade sterben wollen. Das würde mich etwas stressen. Weil: Ich habe noch viel zu tun.

Früher galten ältere Menschen als weise. Und heute?

Das wäre schön, wenn man ältere Menschen, und da spreche ich jetzt von 80- oder 90-Jährigen, als weise respektieren und ihre unglaublichen Ressourcen erkennen und nutzen würde. Ich bin überzeugt, wenn man auf die älteren Menschen verstärkt zurückgreifen würde, könnte man von ihrer Lebenserfahrung enorm profitieren.

Sie haben bereits einen Fragebogen von Schriftsteller Max Frisch beantwortet, jetzt kommt der zweite: Thema «Tod»:

Haben Sie Angst vor dem Tod und seit welchem Lebensjahr?

Vielleicht ist es eine vor dem Ungewissen. Ich denke, es wäre wertvoll, wenn wir unseren Kindern beibringen könnten, wie man a) mit dem Tod und b) mit Behinderten umgeht. Das müsste ein Schulfach sein: Lernen sterben. Oder jemanden begleiten. Und dass wir den Tod nicht als etwas Erschreckendes betrachten, sondern als etwas Schönes. Nicht dass ich das jetzt gerade möchte. Aber vielleicht könnten wir Frieden schliessen. Und es gibt ja Kulturen, die das schaffen.

Möchten Sie unsterblich sein?

Nein, gar nicht.

Möchten Sie wissen, wie Sterben ist?

Nicht zwingend.

Was stört Sie an Begräbnissen?

Eigentlich nichts. Ich möchte auch nicht begraben werden, sondern irgendwo verstreut. In Vals habe ich einmal ein Begräbnis erlebt, da haben sechs Leute einen Sarg getragen, den sie zum Grab bringen wollten. Dann ist einer ausgerutscht und hat sich das Jochbein gebrochen. Das Hemd war ganz rot, trotzdem hat er bis zum Schluss geholfen. Doch das war natürlich für alle sehr peinlich. Sowohl für jenen im Sarg als auch alle, die zugeschaut haben.

Ausstopfen lassen wollen Sie sich aber nicht?

Nein, eigentlich nicht. Aber das ist schon wieder ein schöner Einfall von Ihnen, Herr Bötschi. Danke höfli! Das wäre sehr originell.

Haben Sie Freunde unter den Toten?

Nein. Ich glaube nicht, dass man mit Toten kommunizieren kann.

Haben Sie schon Tote geküsst?

Geküsst nicht, aber berührt. Und als Journalist auch schon mehrere erlebt.

Möchten Sie lieber mit Bewusstsein sterben oder überrascht werden von einem fallenden Ziegel, von einem Herzschlag oder von einer Explosion?

Überrascht werden.

Wissen Sie, wo Sie begraben sein möchten?

Eben nicht. Weder wo – noch dass …

Das waren jetzt also die Todes-Fragen von Max Frisch – weiter geht es wieder mit meinen Fragen an Sie ...

Ist alt werden erstrebenswert?

Ja, es ist so spannend, weil sich neue Türen öffnen und Geschichten entstehen. Erich Vock hat mir auch mal ein schönes Zitat geschenkt: «Weisst du, alt ist man, wenn man die Fäden an den Marionetten sieht.» Das ist ein wunderbares Bild. Als Kind sieht man nur die Marionette und blendet die Fäden aus. Und wenn man älter wird, dann sieht man plötzlich: So läuft das.

Woran soll man sich erinnern, wenn Sie mal nicht mehr auf der Welt sind.

Kann ich nicht sagen.

Sind Sie Mitglied einer Sterbeorganisation?

Nein. Bin noch nicht dazu gekommen. Ich habe aber eine Patientenverfügung und einen Organspendeausweis.

Was soll dereinst auf Ihrem Grabstein stehen?

Müsste ich mir länger überlegen. Es müsste gut geschrieben sein. Es müsste schön sein. Ich habe jetzt die Zeit nicht, etwas selber zu formulieren. Es ist auch nicht so dringend. Da käme mir dann schon etwas in den Sinn. Abgesehen davon, dass es keinen Grabstein geben wird.

Sondern?

Nichts. Wenn ich meine Asche verstreuen lasse, brauche ich keinen Grabstein.

Gibt es ein Danach?

Nein.

Wie lange, sagten Sie, hätten wir für die 1000 Fragen?

Schneller als Ihre Marathon-Bestzeit von 3:53 Stunden.

Wir brauchten über vier Stunden. Frank Baumann, ich sage Dankeschön – ich bin begeistert von Ihrer Ausdauer.

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