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1000 Fragen – Teil 2 Frank Baumann: «Das Niederträchtigste, was ich je gesehen habe»
Von Bruno Bötschi
21.5.2019
Das längste Interview der Schweiz, Teil zwei: Frank Baumann, der Tausendsassa, über chirurgische Eingriffe, eine Nackt-Töfffahrt mit seiner Frau und die Macken von Schweizer Fernsehstars.
Der erste Teil des «1000-Fragen»-Gespräches kann hier abgerufen werden. Wer das Interview lieber schaut als liest, guckt sich das obige Video an.
Herr Baumann, wie steht es derzeit ums Schweizer Selbstbewusstsein?
Nicht so gut, finde ich.
Welcher typische Schweizer Minderwertigkeitskomplex geht Ihnen auf die Nerven?
(Überlegt lange) Es ist dieser pauschale Minderwertigkeitskomplex, den viele Schweizerinnen und Schweizer haben und der mir auf die Nerven geht. Aber für mich stellt sich eher die Frage: Welche Schwäche geht mir auf die Nerven? Das wäre dann diese fehlende Selbstironie. Diese Humorlosigkeit, Behäbigkeit. All diese Clichés, die wir kennen und die mir am ehesten auffallen.
Eine überraschend gute Seite an den Schweizerinnen und Schweizer?
Sie sind sauber. Der Schweizer wäscht nach dem Autowaschen auch noch den Schlauch. Und zwar von innen.
Sind die Schweizerinnen und Schweizer jetzt eigentlich beliebt im Ausland oder nicht?
Sehr. Vor allem in Deutschland. Der Schweizer regt sich total auf, wenn er einen Schweizer sieht – jeder zweite Schweizer ist ja ein Deutscher. Aber völlig zu Unrecht. Der Deutsche kommt hierher und ist völlig lösungsorientiert, total offen und positiv. Während der Schweizer beim Parkieren überlegt, ob er vorwärts oder rückwärts parkieren soll, fährt der Deutsche einfach rein, denn er möchte keinen Stau verursachen. Wenn es am Würstlistand keinen Senf gibt, sagt der Schweizer: Ich glaube, ich nehme Ketchup. Der Deutsche sagt: Ich krieg ne Wurst und will Senf. Er ist lösungsorientiert.
Bitte zu sagen, wäre manchmal vielleicht auch noch nett.
Das ist doch nicht nötig. Es ist ja nur eine Information, was man möchte – aus Sicht des Deutschen. Ich machte ja diese TV-Sendung «Grüezi Deutschland», um herauszufinden, ob die Deutschen Arschlöcher sind. Und das sind sie zu meiner grossen Überraschung, der selber zu drei Viertel Deutscher ist, nicht. Sie sind einfach freundlich und offen. Ich ging auf sie zu und sagte einfach: Grüezi, ich komme aus der Schweiz. Alle Türen waren mir offen.
Sind Sie ein guter Verlierer?
Ja.
Was glauben Sie, wie Sie auf andere wirken?
Es gibt zwei Wahrnehmungen. Die eine lautet: Das ist ein dummer, arroganter Siech. Und die andere ist: Ah, das ist noch ein Origineller. Lustigerweise bekomme ich das nicht weg, dass ich reduziert werde auf das, was ich früher beim Schweizer Fernsehen gemacht habe und das etwas auffällig war.
Wie wichtig ist Ihnen, was andere über Sie denken?
Mich interessiert eigentlich nur, was die engsten Freunde denken und die Familie. Diese sind angehalten, mir zu sagen, was sie gut finden und was ich ändern soll.
Was mögen Ihre Freundinnen und Ihre Freunde besonders an Ihnen?
Ich glaube: die Verbindlichkeit.
Was ist das Wertvollste, das Sie besitzen?
Meine Familie.
Definitionsfrage: Wo fängt für Sie Armut an?
(Überlegt lange) Die fängt vor der Haustüre an.
Wo sollte Reichtum aufhören?
Was ist denn Reichtum? Wo sollte der aufhören? Fakt ist, dass die einen immer reicher werden und die anderen immer ärmer. Das sagte Mani Matter doch so schön: Dene wos guet geit giengs besser giengs dene besser wos weniger guet geit. Wenn man ein bisschen aufeinander aufpassen würde, dann würde das helfen. Aber diese Frage lässt sich nicht richtig beantworten.
Haben Sie einen armen Freund?
Ich habe ein paar Bekannte, die nicht reich sind.
Das grosszügigste Geschenk, dass Sie jemals gemacht haben?
Wahrscheinlich ist es immer dieses: Zeit.
Das grosszügigste Geschenk, dass Sie je bekommen haben?
Liebe und: Zeit.
Welcher Ausdruck ist verbrauchter: Macho oder Feministin?
Beide.
Verschlechtert oder verbessert sich gerade das Zusammenleben von Frauen und Männern?
Ich hoffe, dass es sich verbessert.
Was können Frauen besser als Männer?
Sie sind vielleicht empathischer.
Was können Männer besser als Frauen?
Autofahren.
Sind Sie ein guter Tänzer?
Nein.
Ihr Mittel gegen Müdigkeit?
(Überlegt lange)
Grüntee?
Ich habe gar kein Mittel. Wenn ich müde bin, muss ich mich hinlegen. Aber das ist nicht immer sehr früh.
Ihr Mittel gegen Selbstzufriedenheit?
Ich bin eben gar nicht so selbstzufrieden, weil ich mich immer wieder hinterfrage, und wenn ich das nicht tue, dann werde ich das von anderen. Ich komme also gar nicht in den Zustand von Selbstzufriedenheit.
Wer ist für Sie am standhaftesten in der Schweizer Politik?
Mmh. Vermutlich keiner.
Welche Politikerin und welchen Politiker mögen Sie nicht? Und warum?
Uninteressant.
Warum sind SVP-Politiker oft humorvoller als SP-Politiker?
Das ist eine Unterstellung, die ich überhaupt nicht glaube.
US-Philosoph Philosoph Jason Brennan fordert Wissentests für Wählerinnen und Wähler. Gute Idee?
Das wäre die Bankrotterklärung der Demokratie. Denn die grosse Idee ist ja, dass möglichst viele partizipieren können. Das Problem ist eher, dass Demokratie sehr unsexy verkauft wird und die Leute zu wenig Lust haben, sich politisch zu informieren und zu engagieren. Darum sind sie nicht kompetent, abzustimmen.
Finden Sie auch, dass heute der Politik der Blick auf das grosse Ganze fehlt?
Kann man nicht so pauschal sagen.
Manche behaupten, heute grassieren deutlich mehr Verschwörungstheorien als noch vor ein paar Jahren. Wahr oder nicht?
Das ist sicher so.
Haben Sie in Ihrem Bekanntenkreis Menschen, die solchen Theorien Glauben schenken.
(Lacht laut) Meine Schwiegermutter.
Muss das Internet reguliert werden?
Kommt darauf an, wer es reguliert.
Kann man Computern vertrauen?
Nein.
Sollte der Staat die Medien fördern?
Ja.
Ist die Informiertheit der Bürger eine Staatsaufgabe?
Ich sage jetzt mal ja.
Warum wurden Sie Journalist?
Weil ich zu faul war, etwas anderes zu machen. Ich dachte, dass dies noch praktisch sei, etwas zu schreiben und zu fotografieren und ein bisschen zu malen.
Ein Fehler, den Sie sich als Journalist nicht verzeihen?
Ich habe mal was abgeschrieben. Im Auftrag des «Badener Tagblatts» musste ich einen Artikel zusammenschustern über irgendeinen Satelliten oder Meteoriten. Da verwendete ich tatsächlich grössere Abschnitte aus dem «Tages-Anzeiger», was der «Tages-Anzeiger» natürlich nicht gut fand – ich würde das auch nicht mehr machen.
Sie waren bei Radio 24 Moderator. Auf Ihrer Kassette, die Sie Roger Schawinski, dem Gründer von Radio 24, schickten, soll scheinbar nur Kirchengeläut zu hören gewesen sein. Sie bekamen den Job trotzdem. Warum?
Ich wohnte damals in Baden unter der katholischen Kirche. Ich nutzte das grosse Sonntagsgeläut, liess einen Staubsauger laufen und schrie unter der Bettdecke ins Mikrofon, dass ich zu ihm nach Como komme möchte. Darauf rief er mich an und sagte: «Junger Mann, ich habe nichts verstanden. Was wollen Sie überhaupt, kommen Sie zu mir nach Como und erzählen mir, was Sie wollen» – das tat ich auch.
Weshalb bekamen Sie dann schliesslich den Job?
Vielleicht aus Mitleid. Oder er sah in mir einen Diamanten, den er schleifen konnte, damit er dann sagen kann: Es war meine Idee.
Vom Radio 24 wechselten Sie zu Radio DRS, wo Sie wahnsinnig viel Sendungen, aber auch viel Seich anstellten: Sie sollen unter anderem Schubladen des Chefs mit Daunenfedern gefüllt haben ...
Das war lustig, denn als er die Schubladen öffnete, da wirbelten alle Daunenfedern im Raum herum. Auch streuten wir Radieschensamen in die Blumentöpfe. Das war eine lustige Zeit.
Bei so viel Boshaftigkeiten: Gab es da auch einmal einen Verweis – oder gar die Androhung für die Kündigung?
Doch, doch, ich musste immer wieder vortraben.
Bei all Ihren verrückten Ideen scheren Sie sich scheinbar auch nie um Bewilligungen …
Nein! Nur einmal wollte ich eine Bewilligung einholen, als ich den Namen meiner heutigen Frau an den Himmel schreiben lassen wollte. Ich hatte extra mit einem Kunstflugpiloten eine stündige Radiosendung gemacht, damit er das gratis für mich erledigen würde. Das klappte wunderbar. Dann dachte ich in letzter Sekunde, ich hole beim Luftfahrtamt vielleicht doch besser eine Bewilligung ein. Und das war aber gleich auch das letzte Mal, dass ich mir die Mühe gemacht habe, eine Bewilligung einzuholen. Denn der Mann dort sagte mir gleich: «Sind Sie nicht ganz bei Trost!? Wohin kämen wir, wenn jeder den Namen seiner Freundin an den Himmel schreiben würde. Schlussendlich flog der Flieger also nicht.»
Wann bekamen Sie zuletzt eine Busse aufgebrummt?
Hey, gerade vor Kurzem. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, immer die Geschwindigkeit zu fahren, die angeschrieben ist. Dann haben die es doch einfach vor Stäfa oder irgendwo dort draussen in einer Zone, in der 80 gut möglich ist, auf 60 geändert, und als ich da um 23 Uhr durchfahre, macht es plötzlich Tatütatü. Das ist doch eine Frechheit!
Die teuerste Busse, die Sie je berappen mussten?
Ich weiss gar nicht mehr, was die gekostet hat, ich habe sie gleich in die Direktion weitergegeben.
Mitte der 1990er Jahre waren Sie schweizweit in den Schlagzeilen: Sie hängten eine riesige, gelbe Krawatte mit Ketchup-Klecks an die Kappellbrücke in Luzern. Was war da los?
Das war eher eine Art Kunstinstallation. Mein damaliger Geschäftspartner und ich wollten fragen: Wollt ihr das? Wisst ihr überhaupt, welch schönen Turm ihr habt? Dann flogen wir mit einem Helikopter eine Riesenkrawatte mit grünen Punkten und Ketchup in die Stadt hinein. Hier habe ich übrigens die Bewilligung eingeholt, indem ich sagte: Wir schenken der Stadt ein Kunstwerk. Wir machten es an dem Tag, als der Stadtpräsident und der Polizeichef in den Ferien waren. Das war eine sehr erfolgreiche Aktion: Es gab drei Auffahrunfälle auf der Brücke, weil die Leute in den Himmel schauten und sagten: Schau mal, diese Krawatte.
Warum haben Sie immer so gute Ideen?
Die fallen mir einfach so zu. Sie sind jedoch nicht alle immer gut.
Sie hätten die guten Ideen oft zehn Jahre zu früh, haben Sie mal in einem Interview behauptet. Haben Sie das je mit Ihrem Psychiater besprochen?
Ich habe keinen Psychiater.
Ihr lustigstes Vorurteil gegen die Psychoanalyse?
Keines.
Welche Krankheit hat für Sie den grössten Glamour?
Jede.
Ihr Lieblingsmedikament?
Ponstan. Ich nehme aber auch Mefenacid, im Fall.
Im Wechsel?
Ja, genau. Das Generika im Wechsel mit dem Original.
Mal einen Freund mit Ihrer Arbeitswut in den Wahnsinn getrieben?
Mehrfach.
Welches war die glücklichste Zeit Ihres bisherigen Lebens?
Jede.
Und welches die dunkelste?
Da gibt es nur wenige.
Waren Sie je bei einer Hellseherin?
Nein.
Wer berät Sie in Lebensfragen?
Meine Frau.
Sie werden im August 62. Gehen Sie regelmässig zu den Krebserkennungsuntersuchungen?
Ja.
Sie liessen sich 1993 unterbinden. Warum?
Zweimal.
Weil es das erste Mal nicht funktioniert hat?
Genau. Nach der ersten Operation wurden mit meinem Sperma Untersuchungen gemacht. Die Frau des Arztes, welche die Labortests durchführte, sagte: Sie sind immer noch zu gefährlich (imitiert slawischen Akzent). So musste ich diesen Eingriff zum zweiten Mal machen. Das ist ja nicht wie bei der Frau, wo man einfach nur den Bauch aufschneiden muss. Beim Mann ist das ein Eingriff am offenen Herzen. Quasi am Gehirn. Während bei der Frau ein kleines Schnittchen gemacht wird, gibt es beim Mann zwei riesige Schnitte am Gehirn.
Zwischen den Beinen am Gehirn … – tat es weh?
Es war sehr unangenehm.
Was sagten Ihre Freunde, als Sie es Ihnen erzählten, dass Sie sich unterbinden lassen?
Ich beschrieb es im Detail in der «Sonntagszeitung». Die einen fanden es super. Die anderen sagten: «Hör auf mit diesem Scheiss. Meine Frau ist bereits gekommen mit diesem Artikel und möchte, dass ich das auch mache.» Einer unserer Freunde, mit dem meine Frau das Büro teilte, erhielt von ihr auch den Artikel mit der Empfehlung, das zu machen. Nach dem Mittagessen fand sie ein Zettelchen vor: Ich musste an die frische Luft. Meint: Dem war es zu viel.
Haben Sie seither noch Lust oder gar besseren Sex als davor?
Noch mehr Lust! Beides!
Welche Niederlage haben Sie zuletzt in Alkohol ertränken müssen?
Keine.
Können Sie sich an Ihr erstes Besäufnis erinnern?
Ich besaufe mich nicht gern. Daher kam das in meinem Leben bisher erst zwei- oder dreimal vor. Einmal in Yverdon in der Rekrutenschule mit Pastis. Ich hatte effektiv Mühe, die breite Einfahrt zur Kaserne richtig anzupeilen. Ich mag es nicht, die Kontrolle zu verlieren. Ich mag es nicht, nicht mehr zu wissen, wer ich bin.
Dann haben sie auch nie eine legendäre Party gefeiert?
Wieso? Das ist eine Suggestivfrage. Ich will auch nicht am folgenden Tag Kopfweh haben. Doch, wir haben immer wieder Partys gefeiert.
Je an einer Party nackt in den Pool gesprungen?
Nein. Aber ich bin schon nackt mit dem Töff durch eine Polizeikontrolle gefahren – mit meiner Frau hinten drauf. Wir waren im See baden und fuhren nackt nach Hause. Damals durfte man das ja noch. Heute wagt sich ja niemand mehr nackt auf die Strasse. Und dann fuhren wir plötzlich in eine Polizeikontrolle, die jedoch in der Gegenrichtung stattfand, was wir aber nicht wussten. Also dachte ich mir: Wow, was geht da jetzt ab. Ich habe ja gar nichts an. Unser Puls war auf 180. Doch der Polizist am Schluss der Kontrolle winkte uns einfach kopfschüttelnd zu.
Würden Sie das auch heute noch wagen?
Ich weiss nicht. Vielleicht in einem halben Jahr, wenn ich wieder gestählt und fit bin. Aber im Moment eher nicht.
Früheste Tageszeit, zu der Sie je Wein oder Bier getrunken haben?
Kürzlich waren wir eingeladen – und schon um zehn Uhr morgens wurde Wein aufgefahren.
Wo trinkt man am besten?
Am schönsten ist es auf jeden Fall zuhause.
Lieblingsalkohol?
Wenn schon, dann Rotwein. Der Weisswein geht mir in die Gelenke.
Mojito oder Moscow Mule?
Beides nicht.
Sie wissen gar nicht, was das ist, oder?
Genau. Und was ich nicht kenne, fresse und saufe ich nicht.
Fürchten Sie eine Droge?
Nein.
Welche Droge kontrollieren Sie am besten?
Alkohol.
Lustigstes Drogen-Erlebnis?
Da gibt es tatsächlich eines. Mein Sohn brachte an Weihnachten einen Joint mit und wollte, dass wir den zusammen rauchen. Ich fand nach einigen Zügen, dass da etwas wenig passiert. Aber um ihm eine Freude zu machen, machte ich in den geöffneten Kühlschrank einen Kopfstand und sagte: «Das fährt grausam ein!» Meine Frau fragte mich später: «Hast du auch nichts gespürt?» Doch mein Sohn war überzeugt, dass wir voll dicht waren.
Was halten Sie grundsätzlich von bewusstseinserweiternden Substanzen?
Das kann sehr spannend sein.
Drogenfreigabe – ja oder nein?
Kontrolliert, ja.
Was halten Sie von dieser Definition von Glück: Das Erleben einer Situation, von der man hofft, dass sie noch möglichst lange anhalten soll.
Das ist schön.
Ist Ihre Position mehr Ihrer Leistung oder dem Glück zu verdanken?
Beidem. Fügungen – und man braucht gute Göttis. Es entsetzt mich, dass sich im Geschäftsleben kaum noch jemand die Zeit nimmt, um eine Patenschaft für jemanden zu übernehmen. Ich hatte immer hervorragende Chefs, die mich begleitet haben. Mir gesagt haben: Hey, so kannst du das nicht machen. Das wäre schön, wenn wir gerade in der Medienwelt in dieser Hektik und diesem Rummel Zeit hätten, ein Mentoring zu machen.
Ihre schrecklichste Niederlage?
Könnte ich nicht sagen. Mir hängen Niederlagen nicht an.
Ihre schrecklichste Niederlage gegen eine Frau?
Beim Klettern gegen meine Frau.
Lieber streicheln oder gestreichelt werden?
Das lässt sich durchaus simultan machen.
Welcher Sport wird Sex dereinst ersetzen?
Vielleicht rhythmische Sportgymnastik?
Ihr Lieblingsporno?
Alle Auftritte von Herrn Trump.
Lieblingsspielzeug?
Es muss rund sein. Ein Ball oder so etwas.
Jemals Angst gehabt, sich lächerlich zu machen?
Nein.
Masochist oder Sadist?
Weder noch. Konsument.
Die schlimmste Beleidigung, die Sie als Fernsehmoderator je ertragen mussten?
Als Radiomoderator hat mir ein Arbeitskollege mal gesagt: «Grüezi, Herr Bau.» Ich fragte ihn: «Wieso Herr Bau?» Darauf er: «Wissen Sie, immer wenn sie kommen, dann schalte ich ab.» Das fand ich frech. Beim Fernsehen musste ich viel «Schlötterlig» über mich ergehen lassen, aber das war mir egal.
Ziemlich spektakulär waren Sie als TV-Kommentator «Albert Wyler», als Sie während der Olympischen Winterspiele 1992 in Albertville herumalberten und hierzulande heftig kritisiert wurden. Sie sollen sogar Morddrohungen bekommen haben.
Ja, nicht nur damals, sondern auch später. Der Höhepunkt war, dass mir jemand eine Pistolenkugel schickte, in die mein Name eingraviert war. Als ich das bei der Polizei meldete, sagte man mir: Seien Sie froh, dass sie diese Kugel per Post und nicht per Luftpost erhalten haben.
Das fanden Sie lustig?
Ja, ich bekam dann ja auch einen Security, der gut sichtbar hinter mir in der Sendung stand.
Auch Ihre Kinder sollen, zumindest erzählte das später Ihr Sohn Maximilian in einem Interview, unter Ihrem TV-Engagement gelitten haben ...
Das sagten sie später. Damals waren sie ja noch sehr klein und haben das nicht richtig mitbekommen.
Sie machten trotzdem weiter: 1999 gingen Sie mit der Satiresendung «Ventil» auf Sendung – damals verging fast kein Tag ohne Baumann-Schlagzeile ...
Ja, das war so. Einige habe ich auch selber geschrieben. Ich war damals mit den Leuten der «Blick»-Redaktion befreundet. Die sagten immer: Du darfst nicht so hart einfahren. Sonst wirst du noch abgesetzt. Ich war jedoch überzeugt, diese Figur noch viel präziser machen zu müssen. Leider spielte ich diese Rolle so gut, dass sie mir heute noch anhaftet und ich ständig darauf angesprochen werde: Sind Sie nicht der von «Ventil»?
Provokateur vom Dienst, Prügelknabe, TV-Fieslinge, TV-Buhmann – dann haben Sie dieses Medien-Feuerwerk selber gesteuert?
Wir haben es nicht verhindert, sagen wir es mal so. Wir wollten ja einen Dialog auslösen. Und die Frage war: Wollen wir das, wollen wir, dass am Fernsehen solches Zeugs gezeigt wird? Das gipfelte darin, dass wir in einer der letzten Sendungen einen Menschen erschiessen wollten, um die Frage auf die Spitze zu treiben: Wollen wir, dass in der Tagesschau Schwerverletzte oder Tote in Kriegsgebieten gezeigt werden? Obwohl ich ja Offizier bin, dachte ich dann doch, dass das vielleicht etwas zu weit geht, einfach so einen Menschen ohne Anlauf und Vorbereitung zu erschiessen. Also nahmen wir einen Hasen. Es gab eine Stallung mit Hasen, und das Publikum durfte wählen, welcher erschossen werden sollte. Die Redaktionsleitung drehte durch und sagte: «Das kannst du doch nicht machen!» Darauf ich: «Das wird doch täglich tausendfach gemacht, was ist da schon dran?» Als Infanterieoffizier würde mir das mit einem Zielfernrohr aus fünf Metern Distanz bestimmt bestens gelingen. Also wichen wir auf einen ausgestopften Hasen aus, den wir im Studio zwischen die herumschnüffelnden, lebendigen Hasen stellten und der vom Publikum auch ausgewählt wurde. Also schoss ich auf diesen, er zuckte dann noch so vom Aufprall. Doch für einen Infanterieoffizier gibt es eigentlich nichts niedrigeres, als auf etwas Ausgestopftes zu schiessen. Als ich nach Hause kam, rief sogleich der damalige Fernsehdirektor Schellenberg an und meinte: «Das ist das Niederträchtigste, was ich je gesehen habe!» Darauf ich: «Halt, gemach. Darf ich mich erklären?» Und er: «Nein, das geht überhaupt nicht. Das sei ein Hochverrat an ihm und am Publikum!» Und ich: «Hey Schäli, der Hase war ausgestopft!» Darauf er: «Genau das ist der Verrat! Wenn einer schon eine solch grosse Schnurre hat wie du, dann erwarte ich von ihm, dass er einen lebendigen Hasen erschiesst. Wenn du diese philosophischen Fragen stellen möchtest, dann muss der Hase leben.» Seither hinterfrage ich mich bei allem, was ich beruflich mache: Lebt der Hase oder ist er ausgestopft? Und es ist nur dann interessant, wenn der Hase lebt und nicht ausgetopft ist – metaphorisch gesprochen.
Zuschauerinnen und Zuschauer, die im «Ventil»-Studio anriefen, waren sofort live auf Sendung. Hatten Sie keine Angst vor Missbrauch?
Nein.
Ihre Frau wurde damals gefragt, wie es sei, mit dem grössten Kotzbrocken der Schweiz verheiratet zu sein. Wie fanden Sie das?
Ja: Wie halten Sie es aus, Frau Baumann?
Haben Sie diese Schlagzeile auch selber geschrieben?
(Lacht) Ja.
Die NZZ schrieb damals: «Der chefredaktionelle Eifer wäre besser darauf verwendet worden, Frank Baumann strikter zu verbieten, am Tage vor der Ausstrahlung des Dokumentarfilms Laetitia und ausgerechnet die Wahrsagerin Uriella in die Sendung «Ventil» einzuladen. Stattdessen erhielt ein notorisch lümmelnder Moderator Carte blanche, zwei Frauen verbal zu belästigen und im Umgang mit Zuschauerinnen und Zuschauern zu beweisen, wie sehr er als Nichtschwimmer seichtes Gewässer braucht.»
Schrieb das nicht Rainer Stadler? Und der Titel lautete: Triumpf der Trottel? Dem schrieb ich sofort: «Grossartige Kritik! Wenn schon verrissen werden, dann auf diesem hohen Niveau.» Er meinte jedoch, dass ich das nicht ernst meine.
Was denken Sie, wäre die Laetitia-Uriella-Sendung heute noch möglich?
Nein, vermutlich nicht. Weil in der Führungsetage oft Bedenkenträger sind, die sich davor fürchten. Aber es müsste natürlich mehr sein heute, raffinierter.
Und wenn ja, würde es für einen deftigen MeToo-Skandal reichen?
So lange niemand niemanden anfasst, ist das ja kein Problem. Uriella und Laetitia waren damals eine Gegenüberstellung von Gut und Böse. Interessanterweise meinte Uriella im Vorfeld: «Weisst du, lieber Frank, das ist für mich überhaupt kein Problem, ich habe früher Filme untertitelt, darunter auch Sexfilme.» Worauf ich mich fragte: Wie untertitelt man Sexfilme …? Erst während der Sendung realisierte sie, dass dies vielleicht auch ihre Jünger sehen und bekam einen Stress. Daher nahm ihr Anwalt dann Kontakt mit mir auf.
Hat die Sexismusdebatte MeToo die Welt besser gemacht?
Nein. Das ist bigott.
Ihre Frau erzählte zu «Ventil»-Zeiten in einem Porträt in der «Schweizer Ilustrierten»: «Ich fand ‚Ventil' lustig, weniger lustig waren die Reaktionen, deren Folgen ich noch gar nicht abschätzen kann. Ich kenne Frank ja und weiss, dass er privat eher ein ruhiger und familiärer Typ ist, der sich nicht gern in den Vordergrund drängelt.»
Ja. Das ist so.
Sie sind also schizophren?
Ich habe gern meine Bühne, auf der ich mich bewege.
Wirklich wahr, dass Sie privat absolut unspontan sind?
Nein, das ist nicht wahr. Leute, die nackt Töff fahren, sind spontan.
Vielleicht haben Sie das ja drei Jahre lang im Voraus geplant …?
(Lacht) Nein, sicher nicht. Wir haben auch unseren kürzlichen Umzug in eine neue Wohnung nicht geplant.
Im Sommer 2000 setzten Sie «Ventil» nach 74 Folgen selber ab. Warum gaben Sie auf?
Ich dachte, dass man die Realität nicht toppen, man nicht noch absurder werden kann. Aber die Zeit hat bewiesen, dass die Welt doch schräger und absurder werden kann.
Sie sind auch der einzige Moderator, der nicht im Studio war, als seine allerletzte Live-Sendung über den Sender ging.
Ja.
Später behaupteten Sie, Sie wären auf der Toilette gewesen. Mir können Sie es ja jetzt endlich verraten: Wo waren Sie wirklich während der Sendung?
Habe ich das wirklich je gesagt? Denn ich war zusammen mit dem Regisseur und dem Chef-Kameramann hinter dem Setting im Studio, um sicher zu sein, dass ja nichts passiert. Einzig ein grunzendes Schwein lief vor der Kamera durch. Aber sonst geschah nichts. Daher wollte die Sendeleitung abbrechen, und unsere Aufgabe bestand darin zu sagen: Doch, es kommt sehr wohl etwas. Wer sagt, dass dieses Nichts, das wir hier zeigen, weniger wert ist als das andere Nichts, das ständig am Fernsehen gezeigt wird. Das war eine spannende, aber sehr nervenaufreibende Diskussion.
Mit Ihrer Nichtanwesendsein-Aktion haben Sie eine halbe Stunde lang Konzessionsgelder verschleudert.
Das ist jetzt die Frage: Haben wir mehr Konzessionsgelder verschleudert als eine Sendung, die inhaltlich die Quadratur der Leere ist? Davon gab es viele damals. Im Militär schoss einer meiner Soldaten einmal eine Rakete am Ziel vorbei, das ein Panzer auf einem Stofftuch war. Darauf regte sich ein Instruktionsoffizier fürchterlich auf, dass der jetzt 25'000 Stutz in den Dreck hinausgeschossen hat. Dann sagte ich ihm: Was ist jetzt der Unterschied, ob er das Stofftuch trifft oder direkt in den Dreck schiesst!? Das ist genau die Frage.
Hat Ihnen das Schweizer Fernsehen eigentlich Lohn bezahlt für Ihre letzte «Ventil»-Sendung?
Ja. Geile Frage!
Von all den Talenten, die Sie offenbar besitzen: Welches ist das wichtigste?
Humor.
Wieso hat es bei Ihnen mit einer erfolgreichen Fernsehkarriere à la Kurt Aeschbacher nicht geklappt?
Ich bin nicht schwul.
Nur Schwule können eine erfolgreiche Fernsehkarriere machen?
Das habe ich nicht gesagt, sondern nur, dass ich nicht schwul bin.
Ich finde, Sie wären doch der einzige mögliche Schweizer Late-Night-Talker.
Ja, das dachte ich in meiner Jugend auch. Doch inzwischen bin ich a) der festen Überzeugung, dass nicht so junge Leute das machen sollten und nicht solch alte Säcke wie ich. Und b): Dass man die nachziehen muss. Man muss die langsam aufbauen. Und das ist jetzt die grosse Herausforderung der Verantwortlichen: Herauszufinden, wer das sein könnte. Das ist nicht so einfach. Wenn man diese grossen amerikanischen Talker nimmt, sieht man, dass es schon etwas Background braucht. Aber man kann nicht mehr wie früher einfach sagen: Jetzt schicken wir den mal raus und schauen, ob es geht. Die Verantwortung dem Publikum gegenüber ist viel grösser geworden, seit es einfach weiterzappen kann. Aber klar, ich hätte gern eine solche Sendung gemacht.
Im Jahr 2000 wollten Sie den Posten des SRF-Unterhaltungs-Chefs übernehmen. Warum hat es nicht geklappt?
Nein, man wollte, dass ich das werde.
Behaupten Sie … Weshalb hat es dann nicht geklappt?
Ich wollte das nicht. Ich bin doch nicht wahnsinnig. Ich gebe doch nicht meine Freiheit und mein Einkommen auf für einen Job in einer geschlossenen Anstalt mit weniger Lohn. Hallo?!
Kehrt denn dann und wann der Wunsch nach einer Rückkehr zum Fernsehen zurück?
Nein, nein, nein.
Wenn das Schweizer Fernsehen Sie nun plötzlich doch noch als Nachfolger von Kurt Aeschbacher aufbauen wollen würde – welche drei Personen sässen in Ihrer ersten TalkSendung?
Aeschbi, Schawinski und Schellenberg.
Hat Ihnen das Schweizer Fernsehen mehr Türen geöffnet oder verschlossen – Ihr Resümee?
Ich durfte sehr viel machen dank des Fernsehens. Man gab mir viele Chancen.
Fernsehen schauen, lieber mit Schuhen oder ohne Schuhe?
Überhaupt nicht. Ich schaue kein Fernsehen.
Einverstanden, dass «Emotionen» das Pestwort unserer Zeit ist?
Nein.
1996 zogen Sie im «Blick» unter dem Titel «So zieht Lästermaul Frank» über 20 Schweizer TV-Promis her. Na dann, schauen wir doch einmal, wie gross Ihre Klappe heute noch ist ...
Okay.
Aber Achtung, Sie dürfen pro Moderatorin, pro Moderator nur einen Satz sagen: Wir fangen mit Patrizia Laeri an.
Ist das die, die das Sechseläuten moderiert hat? Die macht das gern.
Sven Epiney.
Der macht das gut.
Susanne Kunz.
Die macht viel.
Florian Inhauser.
«Guten Abend!» (imitiert seine Stimme)
Katja Stauber.
Frau von Inhauser.
Jonas Projer.
Ist der nicht gegangen? Der ist doch gar nicht mehr beim Fernsehen.
Andrea Vetsch.
Heisst die nicht Mona?
Das ist eine andere. Das ist die vom «10 vor10».
Das ist eine attraktive.
Sandro Brotz.
Killerbestie.
Cornelia Bösch.
Macht die das Wetter?
Nein, Tagesschau.
Oder ist die die Attraktive?
Ueli Schmezer.
Guter Musiker.
Annina Frey.
Ähm. Zu ihr war ich schon mal ungerecht.
Tobias Müller.
Was macht der?
Einstein.
Einstein?
Nicole Berchtold.
Keine Ahnung.
Mario Torriani.
Radiomensch.
Sabine Dahinden.
Die Dame mit dem Silberblick.
Michael Elsener.
Ja.
Gibt es eigentlich jemanden im Fernsehen, den Sie super gut finden?
Ich finde den Sandor Brotz schon mal nicht so schlecht. Michi Elsener finde ich spannend und interessant. Aber vermutlich steckt er in der falschen Rolle.
Hatten Sie als Fernsehmacher je ein Vorbild?
In dieser Sportart, die ich betrieben habe, gab es nicht direkt Vorbilder. Aber vorher hatte ich solche: Mäni Weber war eine Lichtgestalt für mich. Oder Hans-Joachim Kulenkampff. Das waren die grossen Legenden für mich. Doch in meiner eigenen Fernsehzeit hatte ich keine Vorbilder. Dafür bin ich für viele ein Vorbild (lacht).
Für wen zum Beispiel?
Harald Schmidt! Er hat mal was von mir übernommen.
Ihr Lieblingheld der Popgeschichte mit Glatze?
Albie Donnelly, der Frontmann von Supercharge.
Ihre Lieblingsheldin der Rockgeschichte mit langen Haaren?
Die hatten ja alle lange Haare. Eine Superheldin gibt es nicht.
Internationaler Star, den Sie äusserst begehrenswert finden?
Da gibt es zu viele.
Wann zuletzt einen schönen Kinoabend verbracht?
Mein letzter schöner Kinoabend? Keine Ahnung! Denn wir sind mittlerweile sehr viel auf Netflix. Physisches Kino oder Theater kommt nicht mehr so häufig vor.
Popcorn oder Chips?
Chips.
Wie bringt man den quatschenden Vordermann zum Schweigen?
Das macht meine Frau. Ich kann schlecht reklamieren.
Ihre erste Leinwandliebe?
Audrey Hepburn.
Welchen Audrey-Hepburn-Film wollen Sie nochmals sehen?
Keinen.
Ihr Lieblingsbösewicht der Filmgeschichte?
Klaus Löwitsch.
Welchen Klaus Löwitsch-Film wollen Sie nochmals sehen?
Keinen.
Das waren wohl sehr eindrückliche Filme.
Genau. Deshalb finde ich, man sollte sie nicht nochmals anschauen.
Und so geht's weiter:
Das «1000-Fragen-Interview» wird in vier Teilen auf «Bluewin» publiziert – gestern Montag ist Teil eins erschienen, morgen Mittwoch folgt Teil drei und am Donnerstag Teil vier.
Wer das Interview gerne an einem Stück lesen möchte, kann dies am Freitagmorgen tun: Dann wird das Interview als Ganzes aufgeschaltet.
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