Russland hat mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine einer aktuellen Studie zufolge in den ersten anderthalb Jahren mehr klimaschädliche Treibhausgase verursacht als ein Land wie Belgien in einem Jahr. Für die Zeitspanne errechnete ein internationales Forscherteam rund um den Niederländer Lennard de Klerk 150 Millionen Tonnen an CO₂-Äquivalenten. Die Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorab vorliegt, sollte an diesem Montag auf der Weltklimakonferenz in Dubai vorgestellt werden. Von CO₂-Äquivalenten ist die Rede, wenn die Emissionen anderer klimaschädlicher Treibhausgase – wie etwa Methan – in CO₂-Emissionen umgerechnet werden, um besser vergleichen zu können.
Rund ein Viertel der 150 Millionen CO₂-Äquivalente sind in dieser Zeit durch die eigentliche Kriegsführung – also etwa den Treibstoffverbrauch der Truppen oder militärische Ausrüstung und Geschosse – ausgestossen worden. Eine weitere grosse Quelle klimaschädlicher Gase sind Brände (15 Prozent). 12 Prozent der Emissionen entstehen den Berechnungen zufolge dadurch, dass durch die Sperrung betroffener Lufträume für viele Airlines Flugzeuge lange Umwege fliegen.
Die mit Abstand meisten Treibhausgase, nämlich 54,7 Millionen CO₂-Äquivalente oder 36 Prozent des gesamten Ausstosses, veranschlagt das Forscherteam für den Wiederaufbau von zerstörten Gebäuden und Infrastruktur – besonders wird dabei der zerstörte Kachowka-Staudamm hervorgehoben. Der Bausektor, in dem viel Beton verarbeitet wird, gehört generell zu jenen Sektoren mit einem sehr hohen Ausstoss an Treibhausgasen. Hier rechnen die Forscher vor, wie viele Emissionen eingespart werden können, wenn man auf weniger klimaschädliche Materialien setzt.
De Klerk spricht sich dafür aus, die in gängigen Berechnungen und Prozessen oft übersehenen Emissionen von Kriegen im Blick zu behalten. «Im Fall der Emissionen, die aus Russlands Krieg in der Ukraine resultieren, ist es das erste Mal, dass solche Emissionen berechnet werden», sagte der Forscher. «Mit diesen Zahlen in der Hand kann Russland für den Schaden, den das Land für unser Klima angerichtet hat, zur Rechenschaft gezogen werden.»
Um die durch Russland im Ukraine-Krieg verursachten Klimaschäden finanziell zu beziffern, legen die Forscher einen sogenannten durchschnittlichen CO₂-Schattenpreis von 64 US-Dollar pro Tonne CO₂-Äquivalent zugrunde, in diesem werden etwa auch soziale Kosten eingerechnet. Nach dieser Rechnung hätte Russland in der Ukraine 9,6 Milliarden US-Dollar an Klimaschäden verursacht – mit Auswirkungen in aller Welt.
Es sei sinnvoll, dies im Schadensregister unter Schirmherrschaft des Europarats zu dokumentieren, in dem die Zerstörungen in der Ukraine dokumentiert werden, um Russland dafür zur Rechenschaft ziehen zu können. Das Register gilt als erster Schritt auf dem Weg zu möglichen Entschädigungszahlungen an die Ukraine.