Ukraine-Überblick Schwere Kämpfe um Bachmut und Awdijiwka +++ Kreml-Truppen rüsten sich für Sturm auf Wuhledar

Agenturen/red

23.4.2023

Moskau: Deutschland weist «massenhaft» russische Diplomaten aus

Moskau: Deutschland weist «massenhaft» russische Diplomaten aus

Moskau: Deutschland weist «massenhaft» russische Diplomaten aus

23.04.2023

Die Ukraine will den westlichen Verbündeten deutlich mehr abverlangen. Die Forderungen aus Kiew zeigen, woran es hapert. Derweil sieht sich Russland in Cherson im Hintertreffen. Die Entwicklungen im Tages-Überblick.

Agenturen/red

Die Ukraine fordert im Kampf gegen die russische Invasion eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe und härtere Sanktionen. Vizeaussenminister Andrij Melnyk sagte, die Partner im Westen sollten endlich aufhören, künstliche rote Linien für ihre Unterstützung zu ziehen. Vielmehr sollten sie ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgeben. Das wären allein im Fall von Deutschland mehr als 35 Milliarden Euro.

«Wir sind unseren Verbündeten dankbar für ihre militärische Hilfe. Aber das ist nicht genug», schrieb Melnyk am Samstag auf Twitter. «Die Ukraine braucht zehn Mal mehr, um die russische Aggression dieses Jahr zu beenden.» Bisher hätten alle Verbündeten zusammen 55 Milliarden US-Dollar (50 Milliarden Euro) bereitgestellt. Es brauche aber das Zehnfache, betonte der Diplomat, der lange Botschafter in Deutschland gewesen war.

Der ukrainische Diplomat meinte, verglichen mit dem Zweiten Weltkrieg seien die Beträge gering. «Die Verbündeten sollten das Ausmass dieses Krieges begreifen», sagte Melnyk, der zu dem Thema auch in einer ukrainischen Fernsehtalkshow auftrat. Zur Militärhilfe kommen die Milliardenzahlungen westlicher Länder hinzu, mit denen die Ukraine ihren Staatshaushalt aufrecht erhält.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangte schärfere Strafmassnahmen sowie eine Durchsetzung der bestehenden Sanktionen gegen Russland. «Je härter die Sanktionen gegen Russland und gegen die gesamte russische Kriegswirtschaft sind, desto schneller wird der Krieg enden», sagte er in seiner täglich verbreiteten Videobotschaft. Dagegen behauptet Russland immer wieder, dass die Sanktionen unwirksam seien und weder den Krieg beenden noch die Wirtschaft der Rohstoffgrossmacht zerstören würden.

Ukrainische Truppen in Cherson auf linkem Dnipro-Ufer

Die ukrainischen Truppen sind nach Analysen westlicher Experten im teilweise befreiten Gebiet Cherson nun auch auf die bisher von russischen Besatzern kontrollierte Uferseite des Flusses Dnipro vorgestossen. Aus veröffentlichten Geodaten und Texten russischer Militärblogger gehe hervor, dass die ukrainischen Streitkräfte Positionen am linken beziehungsweise Ostufer im Gebiet Cherson eingenommen hätten, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) mit.

Unklar seien aber das Ausmass und die Ziele dieser erstmals so registrierten Erfolge der Ukrainer. Die neue Entwicklung würde auf einen Kontrollverlust der russischen Einheiten in der Region hinweisen. Demnach könnten sich die russischen Besatzer nur noch auf Städte konzentrieren. Vom Gebiet Cherson aus wäre bei einer Eroberung der Region der Weg für die ukrainische Armee frei zu der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim.

Das ukrainische Militär wollte die ISW-Angaben zunächst weder dementieren noch bestätigen. «Die sehr schwere Arbeit geht weiter», sagte eine Sprecherin. Die Lage an dem riesigen Fluss sei kompliziert. Solche Operationen bräuchten keinen «Informationslärm», sondern Ruhe. Sie riet den ISW-Experten zur «Geduld».

Selenskyj fordert Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland

Selenskyj beklagte einmal mehr, dass Russland die im Zuge des Kriegs verhängten Sanktionen des Westens umgehe. Es sei eine zentrale Aufgabe der Weltgemeinschaft, das zu verhindern. Russland führt etwa viele Güter über Parallelimporte und Drittstaaten ein. Zudem verdient das Land trotz der Blockaden des Westens weiter Milliarden mit Öl- und Gasexporten und hält seine Kriegswirtschaft so am Laufen.

Selenskyj teilte mit, dass er neue Sanktionsdekrete unterzeichnet habe, um Russland und insbesondere dem militärisch-industriellen Komplex zu schaden. Details zur möglichen Wirkung dieser Schritte nannte er nicht.

Brasiliens Präsident Lula fordert erneut Friedensgespräche

Brasiliens linker Präsident Luiz Inácio Lula da Silva setzte sich bei einem Besuch in Europa weiter für Friedensgespräche ein. Während eines Staatsbesuchs in Portugal kritisierte er am Samstag zwar erneut die Verletzung der staatlichen Integrität der Ukraine durch Russland. Daraus leitete er jedoch keine Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine ab, sondern forderte Friedensgespräche.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Olexij Danilow, sagte am Sonntag, die Ukraine brauche niemanden, der sie an den Verhandlungstisch setzen wolle. Das Land brauche Waffen, um die Ukraine vor der russischen Zerstörung zu schützen. «Waffen sind der beste Vermittler und das für Russland einzig verständliche Argument», sagte er.

Baltenstaaten empört über eine chinesischen Botschafter

Indes reagierten die baltischen Staaten mit Empörung auf Äusserungen des chinesischen Botschafters in Frankreich, wonach Ex-Sowjetrepubliken nicht notwendigerweise souverän seien. In einem Interview im französischen Fernsehen hatte der chinesische Botschafter Lu Shaye zuvor die Souveränität von Staaten in Frage gestellt, die einst der Teil Sowjetunion waren. Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, sagte der Diplomat, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. «Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren.»


Die Ereignisse des Tages in der Übersicht

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Russische Truppen haben am Sonntag nach Angaben der Ukraine zahlreiche Angriffe gegen die Städte Awdijiwka und Bachmut im Osten der Ukraine geführt.
  • Russische Truppen bereiten sich nach Meinung ukrainischer Militärs erneut zum Sturm auf die Stadt Wuhledar vor.
  • Ukrainischen Truppen stossen laut westlichen Experten im teilweise befreiten Gebiet Cherson nun auch auf die bisher von russischen Besatzern kontrollierte Uferseite des Flusses Dnipro vor.
  • Auf der Suche nach Freiwilligen für das Militär appelliert Russland nach Angaben der britischen Regierung an die «Männlichkeit» möglicher Rekruten.
  • Kiew fordert im Kampf gegen die russische Invasion eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj verlangt schärfere Strafmassnahmen sowie eine Durchsetzung der bestehenden Sanktionen gegen Russland.
  • Eine Übersicht über die Ereignisse vom Samstag findest du hier.
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    Wir beenden unseren Live-Ticker vom 23. April 2023

  • 19.52 Uhr

    Selenskyj dankt ukrainischen Soldaten für Einsatz

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Soldaten für ihren Einsatz und Kampfeswillen gedankt. In seiner allabendlichen Videoansprache zählte er am Sonntag eine Reihe von Einheiten auf, die sich in den Kämpfen vergangener Tage und Wochen besonders hervorgetan hatten. «Danke für Ihre Widerstandsfähigkeit, für die Verteidigung Ihrer Stellungen und damit für den Schutz der Ukraine», sagte Selenskyj. «Es ist wichtig, dies in jeder Stadt, in jedem Dorf zu verstehen, überall dort, wo es jetzt mehr oder weniger ruhig ist.»

    Die Menschen sollten überall dort, «wo heute nur ein ruhiger, sonniger Frühlingstag war», die Opfer der Frontkämpfer verstehen. «Jeder Tag dieser Ruhe in den rückwärtigen Gebieten wird von unseren Soldaten in erbitterten Kämpfen an der Front gewonnen, in täglichen Kämpfen», sagte Selenskyj. Er forderte die Bevölkerung auf, dies zu respektieren. «Und helfen Sie unseren Soldaten immer, wenn sie es brauchen, unterstützen Sie den Staat und die Verteidigung, so gut Sie können.» 

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankt seinen Soldaten für den Schutz der Ukraine.
    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankt seinen Soldaten für den Schutz der Ukraine.
    Archivbild: Michal Dyjuk/AP/dpa
  • 21.14 Uhr

    Frankreich sagt Kiew Lieferung von Schiffen und Bahnschienen zu

    Frankreich hat der Ukraine Hilfe beim Aufbau der durch den russischen Angriffskrieg schwer beschädigten Verkehrsinfrastruktur zugesagt. Sein Land werde Lotsenschiffe bereitstellen, um den Getreidetransport aus ukrainischen Häfen zu unterstützen, kündigte Verkehrsminister Clément Beaune am Sonntag an. Zudem werde Frankreich weitere Schulbusse spenden. Mit der Lieferung von 20’000 Tonnen Eisenbahnschienen solle ausserdem der Wiederaufbau des Schienenverkehrs unterstützt werden.

    Nach Einschätzung des französischen Umweltministeriums werden für den Wiederaufbau der Verkehrsinfrastruktur in der Ukraine insgesamt 83 Milliarden Euro benötigt.

    Die Unterstützung der Ukraine mit Munition kommt derweil laut einem Bericht schleppend voran. Die EU-Staaten hätten Kiew eine beträchtliche Zahl von Raketen übergeben, seien aber noch weit von ihrem Ziel entfernt, dem Land eine Million Schuss für schwere Artillerie zu liefern, berichtete die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» unter Berufung auf eine vertrauliche Aufstellung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD).

  • 20.38 Uhr

    Protest in Paris gegen Frau von Russlands Vize-Verteidigungsminister

    Kreml-Kritiker haben in Paris vor dem mutmasslichen Wohnhaus der Frau von Russlands Vize-Verteidigungsminister für Sanktionen gegen die Politiker-Gattin demonstriert. Mehrere Dutzend Demonstranten versammelten sich am Sonntag vor dem Haus im siebten Arrondissement, einem der teuersten Viertel der französischen Hauptstadt. Der Protest wurde von Unterstützern des in Russland inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny organisiert.

    Die Demonstranten hielten mit Blick auf den Vize-Minister Plakate mit Aufschriften wie «Raubt in Russland. Tötet in der Ukraine. Hat eine Frau in Frankreich» hoch. Die Aktivisten kritisieren, dass Swetlana Manjowitsch, die Frau des russischen Vize-Verteidigungsministers Timur Iwanow, ihrem Mann die Umgehung von EU-Sanktionen ermögliche. Es müsse ihr daher untersagt werden, in der EU zu leben. Ihre Guthaben in Europa müssten eingefroren werden.

    «Das sind die Angehörigen eines Kriegsverbrechers», sagte Maria Pewschich, eine enge Mitarbeiterin von Nawalny, bei der Protestkundgebung in Paris der Nachrichtenagentur AFP. «Sie sollten eine Art Strafe und Gerechtigkeit für das, was sie tun, erfahren.»

  • 19.26 Uhr

    Lawrow empört über verweigerte US-Visa für russische Journalisten für Reise zur UNO

    Moskau hat die USA für ihre Entscheidung, russischen Journalisten für ihre geplante Reise zur Sitzung des UN-Sicherheitsrats Visa auszustellen, scharf kritisiert. «Wir werden nicht vergessen, wir werden nicht verzeihen», sagte Russlands Aussenminister Sergej Lawrow am Sonntag vor seiner Abreise nach New York. Er sprach von einer «feigen» Entscheidung Washingtons.

    Russland hatte im April inmitten seiner Militäroffensive in der Ukraine den turnusmässigen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen, was von Kiew scharf kritisiert worden war. Lawrow wird mehrere Sitzungen des höchsten UN-Gremiums am Hauptsitz der UNO in New York leiten. Nach Angaben des russischen Vize-Aussenministers Sergej Riabkow hatten die USA trotz «mehrfacher Kontakte in den vergangenen Tagen» den Journalisten, die Lawrow auf seiner Reise in die USA begleiten wollten, «keine Visa ausgestellt».

    Dies sei eine «skandalöse und absolut inakzeptable Methode», sagte Riabkow. Russland werde Wege finden, «um darauf zu reagieren, damit die Amerikaner sich lange daran erinnern, dass das nicht geht», fügte er nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen hinzu. Eine diplomatische Quelle, die von der Nachrichtenagentur RIA Nowosti zitiert wurde, kündigte an, dass US-Journalisten in Russland mit «Unannehmlichkeiten und Unbequemlichkeiten» rechnen müssten.

    Die Ankündigungen erfolgten drei Wochen nach der Festnahme des US-Journalisten Evan Gershkovich in Russland. Die russischen Behörden werfen dem 31-jährigen Reporter des «Wall Street Journal» Spionage vor, was dieser kategorisch zurückweist. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.

    Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovich drohen im Fall einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Gefängnis.
    Wall Street Journal-Reporter Evan Gershkovich drohen im Fall einer Verurteilung bis zu 20 Jahre Gefängnis.
    Bild: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa
  • 19.03 Uhr

    Kiew: Schwere Kämpfe um Bachmut und Awdijiwka gehen weiter

    Russische Truppen haben am Sonntag nach Angaben der Ukraine zahlreiche Angriffe gegen die Städte Awdijiwka und Bachmut im Osten der Ukraine geführt. Insgesamt seien dort rund 45 Angriffe unter Verlusten für den Gegner abgeschlagen worden, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Abend mit. Auch aus Marjinka wurden mehrere russische Angriffe gemeldet.

    Russische Militärs berichteten dagegen von wiederholten ukrainischen Artillerieangriffen auf die Stadt Donezk im Donbass. Die Grossstadt im Donbass sei am Sonntag mindestens fünf Mal aus Raketenwerfern beschossen worden, hiess es bei der russischen Staatsagentur Tass. Über die Auswirkungen dieser Angriffe wurden keine Angaben gemacht.

    Artillerieangriffe wurden auch aus der ukrainisch kontrollierten Region Cherson im Süden der Ukraine gemeldet. Dort seien 35 Ortschaften von russischer Artillerie beschossen worden, teilte der Generalstab in Kiew mit.

    In der vom Krieg betroffenen Stadt Awdijiwka helfen Polizisten einem älteren Bewohner beim Einsteigen in ein Evakuierungsfahrzeug.
    In der vom Krieg betroffenen Stadt Awdijiwka helfen Polizisten einem älteren Bewohner beim Einsteigen in ein Evakuierungsfahrzeug.
    Archivbild: LIBKOS/AP
  • 18.33 Uhr

    Russisches Militär feuert Raketen auf Charkiw ab

    Die russischen Streitkräfte haben am Sonntag die ostukrainische Stadt Charkiw angegriffen. Die örtlichen Behörden teilten mit, das russische Militär habe mindestens fünf S-300-Raketen auf die zweitgrösste Stadt des Landes und die umliegende Region abgefeuert. Die Geschosse beschädigten nach Angaben von Gouverneur Oleh Synjehubow eine Industrieanlage und Wohnhäuser. Todesopfer oder Verletzte gab es demnach nicht.

    In Cherson wurde ein Zivilist getötet, als russische Truppen mit Artillerie, Drohnen und Kampfflugzeugen insgesamt 54 Angriffe auf die Provinz flogen, wie Gouverneur Oleksandr Prokudin am Sonntagmorgen im Netzwerk Telegram mitteilte. Zwei Zivilisten wurden verletzt.

    Das russische Militär warf zudem am Samstag und in der Nacht zum Sonntag fünf gelenkte Bomben über der Region Cherson ab, wie das ukrainische Einsatzkommando Süd am Sonntag in einem Facebook-Post mitteilte. Dem Beitrag zufolge wurden die Bomben von Drohnen und Flugzeugen abgeworfen und beschädigten mehrere Wohngebäude. Tote oder Verletzte wurden nicht gemeldet.

    Ebenfalls in der Region Cherson wurden zwei Frauen im Alter von 85 und 57 Jahren ins Krankenhaus gebracht, nachdem sie bei einem russischen Artillerieangriff verletzt worden waren. Eine Schule und etwa 25 Wohnhäuser im Dorf Kisomys wurden bei dem Angriff beschädigt, wie Gouverneur Prokudin erklärte. In der benachbarten Region Saporischschja wurde in Stepnohirsk, einer Stadt am Ufer des Dnipro, nach Behördenangaben ein 56-jähriger Mann durch russischen Beschuss verwundet.

  • 18.10 Uhr

    Ukrainischer Aussenminister: Russland hat Frieden in Europa gestohlen

    Russland hat nach Ansicht des ukrainischen Aussenministers Dmytro Kuleba nicht nur Territorium seiner Heimat, sondern auch den Frieden in Europa und die Stabilität in der Welt gestohlen. «Es hat die Grundprinzipien der Menschheit zerstört, indem es unsägliche Gräueltaten verübt hat», schrieb Kuleba am Sonntag in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung «Die Welt»

    Die Hoffnungen auf ein 21. Jahrhundert im Zeichen des Friedens hätten sich früh zerschlagen. «Stattdessen hat Russland uns in ein langes, von kolonialen Eroberungen geprägtes 19. Jahrhundert zurückgeworfen», schrieb Kuleba. «Dieser Krieg hat gezeigt, dass die Sicherheit in der Region unteilbar ist. Eine Bedrohung für einen ist eine Bedrohung für alle.» Die Zukunft der euroatlantischen Sicherheit werde «auf dem Schlachtfeld in der Ukraine entschieden».

    Kuleba erteilte Rufen nach schnellen Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew eine klare Absage. «Sollten wir jetzt einen Fehler begehen und uns dafür entscheiden, Putin für seine Aggression in irgendeiner Form zu belohnen, anstatt ihn als Lehre für alle anderen Möchtegern-Aggressoren zu besiegen, wird die Zukunft der Ukraine, Europas und der ganzen Welt gefährdet.» Echter Frieden werde nur durch die Wiederherstellung der international anerkannten Grenze der Ukraine erreicht.

    «Echter Frieden bedeutet eine Welt, die unter der Herrschaft des Völkerrechts vereint ist.» Aus den Lehren der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts sei klar erkennbar, «dass die Welt einen echten Frieden braucht, und kein Appeasement».

    Es könne auch keinen wirklichen Frieden geben, wenn Moskau nicht für alle Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werde, so Dmytro Kuleba, Aussenminister der Ukraine. 
    Es könne auch keinen wirklichen Frieden geben, wenn Moskau nicht für alle Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werde, so Dmytro Kuleba, Aussenminister der Ukraine. 
    Archivbild: Marcus Brandt/dpa-Pool/dpa/Archiv
  • 17.36 Uhr

    Aussenminister der EU-Staaten beraten über Unterstützung für Ukraine

    Die Aussenminister der EU-Staaten beraten an diesem Montag in Luxemburg über die anhaltenden Bemühungen der EU, der Ukraine einen Sieg über die russischen Angreifer zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der Gespräche stehen die militärische Unterstützung und weitere Sanktionen gegen Russland. Zudem soll es unter anderem um einen EU-Aktionsplan zu den geopolitischen Folgen des russischen Angriffskriegs und die Entwicklungen im Sudan gehen. Das Land im Nordosten Afrikas wird seit mittlerweile mehr als einer Woche von einem gewaltsam ausgetragenen politischen Machtkampf erschüttert.

    Überschattet werden die Beratungen der Minister von einem EU-internen Streit über den gemeinsamen Einkauf von Munition für die Ukraine. Frankreich besteht nach Angaben von Diplomaten darauf, dass nur dann gemeinsam Munition mit EU-Geld beschafft werden sollte, wenn alle Bestandteile aus der EU stammen. Das Land will damit erreichen, dass die EU dem französischen Ziel einer «strategischen Autonomie» näher kommt und die Abhängigkeit von anderen Weltregionen reduziert.

    Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba hatte an dem Streit in der vergangenen Woche scharfe Kritik geübt. Er schrieb auf Twitter: «Die Unfähigkeit der EU, ihren eigenen Beschluss über die gemeinsame Beschaffung von Munition für die Ukraine umzusetzen, ist frustrierend.» Für die Ukraine würden «die Kosten der Untätigkeit in Menschenleben gemessen».

  • 16.34 Uhr

    Kiew: Russische Militärs nehmen wieder Wuhledar ins Visier

    Russische Truppen bereiten sich nach Meinung ukrainischer Militärs erneut zum Sturm auf die Stadt Wuhledar vor. Der Ort im Südwesten der Oblast Donezk sei in den vergangenen Tagen wiederholt unter schweren Beschuss geraten, sagte am Sonntag der regionale Militärsprecher Olexij Dmitraschkowski im ukrainischen Staatsfernsehen. Allein am Samstag sei die Stadt sechs Mal von der russischen Luftwaffe angegriffen worden.

    «Der Feind verfolgt eine Taktik der verbrannten Erde», sagte Dmitraschkowski. «Damit soll sichergestellt werden, dass unsere Verteidiger keine Positionen finden, um sich zu verteidigen.»

    Eine mit Panzern verstärkte russische Eliteeinheit mit Marine-Infanteristen erlitt erhebliche Verluste, als sie in einer dreiwöchigen Offensive im Februar versuchte, das Gebiet um Wuhledar einzunehmen.

  • 16.14 Uhr

    Ukraine meldet über 186’000 tote russische Soldaten

    Seit Beginn der russischen Invasion auf die Ukraine sind gemäss Angaben des ukrainischen Generalstabs 186’420 russische Soldaten getötet worden. Die Zahl der Toten sei in den letzten 24 Stunden um etwa 690 gestiegen.

    Ausserdem seien weitere drei Panzer, ein gepanzertes Fahrzeuge, fünf Artilleriesysteme, vier Drohnen und ein Helikopter zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen.

  • 15.11 Uhr

    Chinesischer Botschafter sorgt mit Äusserungen über Ukraine für Verärgerung

    Chinas Botschafter in Frankreich hat mit dem Infragestellen der Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken wie der Ukraine in Europa für Verärgerung gesorgt. Botschafter Lu Shaye hatte am Freitag dem Nachrichtensender LCI gesagt, die nach dem Kalten Krieg aus der Sowjetunion hervorgegangenen Länder hätten «keinen wirksamen Status nach internationalem Recht, weil es kein internationales Abkommen gibt, das ihren Status als souveräne Nationen bestätigt».

    Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak widersprach Lu am Sonntag öffentlich. Der Status von Ex-Sowjetrepubliken wie der Ukraine oder auch heutigen EU-Ländern wie den baltischen Staaten sei sehr wohl «im internationalen Recht verankert», sagte er auf LCI. Podoljak wies ausserdem Lus Interview-Äusserungen über die 2014 von Russland besetzte und annektierte ukrainische Halbinsel Krim zurück.

    Auf die Frage, ob die Krim ukrainisch sei, hatte Lu auf LCI geantwortet, dies hänge davon ab, «wie man das Problem betrachtet. Es gibt eine Geschichte. Die Krim war zu Beginn russisch.» Podoljak urteilte, es sei «seltsam, eine absurde Version der ‹Geschichte der Krim› vom Repräsentanten eines Landes zu hören, das keine Skrupel hinsichtlich seiner tausendjährigen Geschichte hat».

    Kritik an dem chinesischen Botschafter kam auch aus den Baltenstaaten. Der lettische Aussenminister Edgars Rinkevics schrieb auf Twitter, Lus Sicht sei «vollkommen inakzeptabel». Estlands Chef-Diplomat Margus Tsahkna nannte die Äusserungen des Botschafters «falsch und eine Fehlinterpretation der Geschichte».

  • 14.42 Uhr

    Russland sprengt in Bachmut ganze Wohnblöcke

    Reporter der «Washington Post» haben ukrainische Truppen im umkämpften Bachmut besucht. Einer der Soldaten aus dem Bericht, der für eine Verteidigungsposition in einem Hochhaus zuständig, erklärt gegenüber der US-Zeitung, dass russische Soldaten für ein schnelleres Vorrücken inzwischen ganze Wohnblöcke in die Luft sprengen.

    «Eine mächtige Fliegerbombe wurde auf die vierstöckigen Gebäude neben unserem abgeworfen – es war nichts mehr davon übrig. Wenn sie auf unserem Gebäude gelandet wäre, wären wir nicht hier». In Bachmut würden es weiterhin unzählige Opfer geben.

  • 14.18 Uhr

    Russischer Statthalter dementiert Übersetzen ukrainischer Truppen am Ostufer des Dnipro

    Der vom Kreml eingesetzte Verwaltungschef annektierten Region Cherson bestritt am Sonntag, dass ukrainische Streitkräfte sich am Ostufer des Dnirpo festgesetzt hätten. Wladimir Saldo teilte im Netzwerk Telegram mit, die russischen Streitkräfte hätten das Gebiet vollständig unter Kontrolle. «Unser Militär kontrolliert das Territorium vollständig.» Es könne vorkommen, dass feindliche Sabotagegruppen anlanden und Selfies aufnähmen, «bevor sie zerstört oder von unseren Kämpfern ins Wasser geschubst werden», so Saldo. 

    Das in den USA ansässige Institute for the Study of War hatte unter Berufung auf russische Militärblogger erklärt, die Ukraine habe am Dnipro-Ostufer Positionen bezogen. Es sei aber nicht klar, in welchem Ausmass und mit welchen Absichten. Ein Sprecher des südukrainischen Militärkommandos wollte die Angaben des Instituts weder bestätigen noch dementieren.

    Saldo vermutete, die Bilder, auf die sich ISW bezog, zeigten möglicherweise ukrainische Sabotageeinheiten, denen es gelungen sei, ein Foto über den Dnipro zu machen, bevor sie zurückgedrängt worden seien.

  • 11.30 Uhr

    Ukrainische Truppen stossen an Dnipro-Ostufer vor

    Die ukrainischen Truppen sind nach Analysen westlicher Experten im teilweise befreiten Gebiet Cherson nun auch auf die bisher von russischen Besatzern kontrollierte Uferseite des Flusses Dnipro vorgestossen. Aus veröffentlichten Geodaten und Texten russischer Militärblogger gehe hervor, dass die ukrainischen Streitkräfte Positionen am Ostufer im Gebiet Cherson eingenommen hätten, teilte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) mit. Unklar seien aber das Ausmass und die Ziele dieser erstmals so registrierten Erfolge der Ukrainer.

    Bei einer ukrainischen Offensive im Herbst hatten sich die russischen Militärs aus der Gebietshauptstadt Cherson und Teilen der Region komplett vom Westufer des Dnipro zurückgezogen. Ziel war es gewesen, einen Vorstoss der ukrainischen Truppen auf die andere Uferseite zu verhindern.

    Die neue Entwicklung würde auf einen Kontrollverlust der russischen Einheiten in der Region hinweisen. Demnach könnten sich die russischen Besatzer nur noch auf Städte konzentrieren.

    Die ISW-Experten vermuten, dass das Verteidigungsministerium in Moskau sich zuletzt auch deshalb immer wieder offen mit dem Chef der russischen Privatarmee Wagner arrangierte, um über ihn zu Putin vorzudringen. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin gilt als enger Vertrauter Putins - und als Mann offener Worte.

  • 10.00 Uhr

    London: Russland wirbt um «echte Männer» für das Militär

    Auf der Suche nach Freiwilligen für das Militär appelliert Russland nach Angaben der britischen Regierung an die «Männlichkeit» möglicher Rekruten. Das Verteidigungsministerium in Moskau werbe mit einer allgegenwärtigen Kampagne in den sozialen Netzwerken sowie auf Werbetafeln und im Fernsehen um Freiwillige, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem regelmässigen Geheimdienst-Update auf Twitter mit.

    Die neuen Anzeigen sprechen demnach den «maskulinen Stolz» potenzieller Rekruten und «echte Männer» an. Auch die finanziellen Vorteile einer Rekrutierung würden herausgestellt.

    Ein russischer Wehrpflichtiger erhält in einem Einberufungsbüro in Kaliningrad, Russland, eine Uniform. Das russische Militär wirbt aktuell um «echte Männer», die in den Krieg ziehen sollen. 
    Ein russischer Wehrpflichtiger erhält in einem Einberufungsbüro in Kaliningrad, Russland, eine Uniform. Das russische Militär wirbt aktuell um «echte Männer», die in den Krieg ziehen sollen. 
    IMAGO/SNA/Mikhail Golenkov
  • 08.15 Uhr

    Kiew will das Zehnfache an Militärhilfe

    Die Ukraine fordert im Kampf gegen die russische Invasion eine Verzehnfachung der westlichen Militärhilfe und härtere Sanktionen. «Wir sind unseren Verbündeten dankbar für ihre militärische Hilfe. Aber das ist nicht genug», schrieb Vizeaussenminister Andrij Melnyk am Samstag auf Twitter. «Die Ukraine braucht zehn Mal mehr, um die russische Aggression dieses Jahr zu beenden.»

    Bisher hätten alle Verbündeten zusammen 55 Milliarden US-Dollar (rund 49 Milliarden Franken) bereitgestellt. Es brauche aber das Zehnfache, betonte der Diplomat, der lange Botschafter in Deutschland gewesen war.

  • 08.10 Uhr

    Selenskyj fordert schärfere Strafen gegen Russland

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangt schärfere Strafmassnahmen sowie eine Durchsetzung der bestehenden Sanktionen gegen Russland. «Je härter die Sanktionen gegen Russland und gegen die gesamte russische Kriegswirtschaft sind, desto schneller wird der Krieg enden», sagte er in seiner täglich verbreiteten Videobotschaft. Dagegen behauptet Russland immer wieder, dass die Sanktionen unwirksam seien und weder den Krieg beenden noch die Wirtschaft der Rohstoffgrossmacht zerstören würden.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 20. April 2023 bei einer Medienkonferenz mit der Nato. Er will, dass Russland härter bestraft und sanktioniert wird. 
    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 20. April 2023 bei einer Medienkonferenz mit der Nato. Er will, dass Russland härter bestraft und sanktioniert wird. 
    KEYSTONE/AP Photo/Efrem Lukatsky
  • 08.06 Uhr

    Sohn von Kremlsprecher Peskow kämpfte in Ukraine

    Der Sohn von Kremlsprecher Dmitri Peskow hat im russischen Krieg gegen die Ukraine nach Angaben der Privatarmee Wagner an der Seite von deren Söldnern gekämpft. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin teilte mit, dass sich Peskow selbst an ihn gewandt habe wegen des Kriegseinsatzes.

    Er riet dem Vertrauten von Kremlchef Wladimir Putin demnach, seinen Sohn nicht in die regulären Truppen des Verteidigungsministeriums zu schicken. Der Wagner-Chef kritisiert immer wieder die schlechte Ausrüstung und mangelhafte Ausbildung und Führung der Soldaten.

    Peskows Sohn habe nach einer Ausbildung von drei Wochen unter falschem Namen als Artillerist im umkämpften Gebiet Luhansk gedient, sagte Prigoschin, der den Einsatz als vorbildlich lobte. Die Kinder der meisten Vertreter der russischen Elite drückten sich vor dem Kriegseinsatz. «Die Eltern verstecken sie», klagte der 61-Jährige. Die Söhne würden an die Uni geschickt, wo sie freigestellt seien vom Dienst an der Waffe. Dagegen würden die Kinder von Arbeitern in dem Krieg sterben.

    Kremlsprecher Dmitri Peskow soll seinen Sohn in den Krieg in der Ukrainer geschickt haben.  
    Kremlsprecher Dmitri Peskow soll seinen Sohn in den Krieg in der Ukrainer geschickt haben.  
    KEYSTONE/Mikhail Klimentyev, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP

    Niemand in der Truppe habe von der Aktion gewusst. «Darüber habe nur ich Bescheid gewusst und der Chef des Kaderdienstes», sagte Prigoschin. «Er hat Mut und Heldentum gezeigt - genauso, wie alle.» Jetzt sei der Sohn von Peskow nach sechs Monaten Dienst im Urlaub. Der Wagner-Chef wirbt immer wieder damit, dass er seine Kämpfer besser behandele, ausrüste und bezahle als die reguläre russische Armee ihre Soldaten.

  • 08.05 Uhr

    Brasiliens Präsident Lula fordert erneut Ukraine-Friedensgespräche

    Brasiliens linker Präsident Luiz Inácio Lula da Silva setzt sich bei einem Besuch in Europa weiter für Friedensgespräche ein. Während eines Staatsbesuchs in Portugal kritisierte er am Samstag zwar erneut die Verletzung der staatlichen Integrität der Ukraine durch Russland. Daraus leitete er jedoch keine Forderung nach einem Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine ab, sondern forderte Friedensgespräche.

    Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am 22. April 2023 in Lissabon. Er ruft zu Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland auf. 
    Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am 22. April 2023 in Lissabon. Er ruft zu Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland auf. 
    KEYSTONE/ANTONIO PEDRO SANTOS

    Indirekt setzte Lula Angreifer und Angegriffene auf eine Stufe. «Russland will nicht aufhören, und die Ukraine will nicht aufhören», zitierte ihn die staatliche portugiesische Nachrichtenagentur Lusa. Brasilien wolle mit Partnern Frieden zwischen Russland und der Ukraine ermöglichen. Details zu diesem Vorhaben nannte er nicht.

    Bereits im Januar hatte Lula eine internationale Vermittlung mit Beteiligung Brasiliens und Chinas vorgeschlagen. Einen Vorschlag Brasiliens, die Ukraine solle um des Friedens Willen auf die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verzichten, wies Kiew kategorisch zurück. Vor einigen Tagen kritisierte Lula dann die militärische Unterstützung der Ukraine durch die Nato und Länder ausserhalb des Bündnisses. Bei einem Besuch in China sagte er: «Die USA müssen aufhören, den Krieg zu fördern und anfangen, über Frieden zu reden. Die EU muss anfangen, über den Frieden zu reden.» Die USA reagierten brüskiert und wiesen Lula öffentlich zurecht.