Ukraine-Übersicht Lukaschenko droht dem Westen: «Nehmen eure Hauptstädte ins Visier»

red

2.7.2022

Schlangeninsel: Mutmasslicher Abwurf russischer Phosphorbomben

Schlangeninsel: Mutmasslicher Abwurf russischer Phosphorbomben

Das ukrainische Militär hat Aufnahmen veröffentlicht, die zeigen den Abwurf von russischen Phosphorbomben zeigen sollen. Erst kürzlich hatten sich russische Streitkräfte von dort zurückgezogen.

02.07.2022

Am 129. Kriegstag verstärkt Russland den Einsatz: Der ukrainische Generalstab meldet zahlreiche Angriffe im Osten und Süden des Landes. Die Entwicklungen im Ticker. 

red

Nach wochenlangen Gefechten haben prorussische Separatisten nach eigenen Angaben die Stadt Lyssytschansk im ostukrainischen Gebiet Luhansk vollständig umzingelt. Am Samstag seien mithilfe der russischen Armee «die letzten strategisch wichtigen Höhen» besetzt worden, sagte der Separatistenvertreter Andrej Marotschko der russischen Agentur Interfax. Der Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, erklärte, Russlands Truppen seien schon ins Stadtzentrum von Lyssytschansk vorgedrungen. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Angaben nicht.

Die ukrainische Seite sprach am Wochenende zwar auch von heftigen Gefechten, bezeichnete die Stadt aber weiter als umkämpft. Der Gouverneur des Gebiets, Serhij Hajdaj, teilte mit, die Russen versuchten, Lyssytschansk von verschiedenen Seiten aus zu stürmen.

Lyssytschansk ist der letzte grosse Ort im Gebiet Luhansk, den die ukrainischen Truppen zuletzt noch gehalten haben. Die Eroberung des Gebiets ist eines der erklärten Ziele Moskaus in dem bereits seit mehr als vier Monaten andauernden Krieg. In der vergangenen Woche hatte das ukrainische Militär die nur durch einen Fluss von Lyssytschansk getrennte Grossstadt Sjewjerodonezk aufgeben müssen.

Russische Angriffe entlang der gesamten Front

Auch andernorts im Osten der Ukraine setzte Russland seine Angriffe auf breiter Front fort. Das Verteidigungsministerium in Moskau behauptete, bei Luftangriffen seien mehrere ukrainische Waffenlager zerstört worden.

Der ukrainische Generalstab in Kiew berichtete, in der Umgebung von Charkiw – der zweitgrössten Stadt des Landes – versuche die russische Armee, mit Unterstützung der Artillerie verlorene Positionen zurückzuerobern. Angaben aus den Kampfgebieten lassen sich unabhängig kaum prüfen.

Bei Raketenangriffen auf die Stadt Slowjansk mit mindestens vier Toten soll Russland nach ukrainischen Angaben in der Nacht zum Samstag verbotene Streumunition eingesetzt haben. Dabei seien zivile Bereiche getroffen worden, in denen es keine Militäranlagen gebe, berichtete Bürgermeister Wadym Ljach im Messengerdienst Telegram.

Lukaschenko droht dem Westen: Haben eure Hauptstädte im Visier

Mehr als vier Monate nach Beginn des Kriegs in der Ukraine hat der russlandtreue Machthaber der Ex-Sowjetrepublik Belarus, Alexander Lukaschenko, dem Westen gedroht. Sollte es einen Angriff auf Belarus geben, werde sein Land sofort reagieren, sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge am Samstag in einer Rede zum bevorstehenden Unabhängigkeitstag des Landes.

«Vor weniger als einem Monat habe ich den Einheiten der Streitkräfte den Befehl gegeben, die – wie man jetzt sagen kann – Entscheidungszentren in ihren Hauptstädten ins Visier zu nehmen», sagte der 67-Jährige. Was genau er damit meinte, erläuterte er nicht.

Er fügte hinzu: «Fassen Sie uns nicht an – und wir werden Sie nicht anfassen.» Ungeachtet der Tatsache, dass Russland selbst die Ukraine angegriffen hat, stellen sich Moskau und das verbündete Minsk immer wieder als Opfer vermeintlich feindlicher Politik des Westens und der Nato im Speziellen dar.

Ukraine: Russland hat Phosphorbomben über Schlangeninsel abgeworfen

Die Ukraine beschuldigte Russland auch, über der inzwischen geräumten Schlangeninsel im Schwarzen Meer Phosphorbomben abgeworfen zu haben. Solche Bomben, die schwere Verbrennungen und Vergiftungen verursachen können, sind nicht explizit verboten. Allerdings ist ihr Einsatz gegen Zivilisten und in städtischen Gebieten geächtet.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow, ging auf keinen der Vorwürfe ein. Russland hatte die strategisch wichtige Insel, die es zu Beginn des Kriegs erobert hatte, diese Woche wieder geräumt.

Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sprach von einer veränderten Kriegsführung der russischen Armee. «Es ist eine neue Taktik Russlands: Wohnviertel zu attackieren und Druck auf westliche politische Eliten auszuüben, um die Ukraine zu zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen.» Moskau nehme keine Rücksicht darauf, wie die Welt auf «unmenschliche Angriffe» mit Marschflugkörpern auf Wohnviertel reagiere. Diese Taktik werde aber nicht aufgehen, sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj.

London: Russland setzt zunehmend auf ungenaue Raketen

Nach britischer Einschätzung setzt Russland in der Ukraine zunehmend auf ungenaue Raketen. Grund sei wohl, dass die Vorräte an modernen, zielgenauen Waffen schwinden, so das Verteidigungsministerium in London. Auf Überwachungsaufnahmen sei zu sehen, dass ein Einkaufszentrum in der ostukrainischen Stadt Krementschuk sehr wahrscheinlich von einer Rakete des Typs Ch-32 getroffen worden sei. Dabei handele es sich um eine Weiterentwicklung der sowjetischen Rakete Ch-22, die aber noch immer nicht dafür optimiert sei, Bodenziele genau zu treffen. In Krementschuk wurden bei dem Angriff am Montag mindestens 20 Menschen getötet.

Konferenz in Lugano

Bei einer Konferenz für die Ukraine, die am Montag in Lugano beginnt, will die ukrainische Regierung Vorstellungen zum Wiederaufbau des Landes vorlegen. Mit Geberländern und Finanzinstitutionen geht es um die Koordinierung der künftigen Aufgaben. Dabei sind Vertreter aus rund 40 Ländern und etwa 20 internationalen Organisation. Zum Auftakt soll Präsident Selenskyj per Video zugeschaltet werden.


Die Ereignisse des Tages im Überblick

Das Wichtigste in Kürze

  • Pro-russische Kämpfer in der Ukraine haben nach eigenen Angaben die umkämpfte Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes vollständig umzingelt.
  • Aus dem Osten der Ukraine meldet Kiew verstärkte russische Angriffe.  
  • Der Bürgermeister der Stadt Slowjansk berichtet vom Einsatz verbotener Streumunition durch die russische Armee.
  • «Absichtlicher, gezielter russischer Terror»: So bezeichnet der ukrainische Präsident Präsident Wolodymyr Selenskyj den jüngsten Angriff auf Odessa.
  • Der Wirtschaftsnobelpreisträger Roger Myerson bringt die Schweiz als Vorbild für den Wiederaufbau der Ukraine ins Spiel.
  • Alle Nachrichten zur Ukraine findest du hier im Ticker von Freitag.
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    Wir beenden den Live-Ticker am Samstag

  • 21.34 Uhr

    Lukaschenko droht dem Westen: «Nehmen eure Hauptstädte ins Visier»

    Mehr als vier Monate nach Beginn des Kriegs in der Ukraine hat der russlandtreue Machthaber der Ex-Sowjetrepublik Belarus, Alexander Lukaschenko, dem Westen gedroht. Sollte es einen Angriff auf Belarus geben, werde sein Land sofort reagieren, sagte Lukaschenko der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge am Samstag in einer Rede zum bevorstehenden Unabhängigkeitstag des Landes.

    «Vor weniger als einem Monat habe ich den Einheiten der Streitkräfte den Befehl gegeben, die - wie man jetzt sagen kann - Entscheidungszentren in ihren Hauptstädten ins Visier zu nehmen», sagte der 67-Jährige. Was genau er damit meinte, erläuterte er nicht.

    Er fügte hinzu: «Fassen Sie uns nicht an - und wir werden Sie nicht anfassen.» Ungeachtet der Tatsache, dass Russland selbst die Ukraine angegriffen hat, stellen sich Moskau und das verbündete Minsk immer wieder als Opfer vermeintlich feindlicher Politik des Westens und der Nato im Speziellen dar.

    Seit Ende Februar schon gibt es die Befürchtung, dass Belarus offiziell an der Seite Russlands in den Krieg einsteigen könnte. machthaber Alexander Lukaschenko (Foto) hat bereits eingeräumt, dass in den ersten Kriegswochen russische Raketen von belarussischem Staatsgebiet aus auf die Ukraine abgefeuert wurden.
    Seit Ende Februar schon gibt es die Befürchtung, dass Belarus offiziell an der Seite Russlands in den Krieg einsteigen könnte. machthaber Alexander Lukaschenko (Foto) hat bereits eingeräumt, dass in den ersten Kriegswochen russische Raketen von belarussischem Staatsgebiet aus auf die Ukraine abgefeuert wurden.
    Archivbild: Nikolay Petrov/BelTA/AP/dpa
  • 21.16 Uhr

    Gauck: Kanzler Scholz handelt langsam, aber er handelt

    Der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sieht die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine angekündigte Zeitenwende in wesentlichen Punkten eingeleitet.

    Der «Neuen Osnabrücker Zeitung» sagte Gauck: «Bundeskanzler Scholz handelt vielleicht langsam, aber er handelt.» Wenn Deutschland etwa in Litauen die Nato-Kräfte unter deutscher Führung verstärke, «dann ist es nicht nur ein Symbol, sondern sehr konkret die Stärkung der Verteidigungsbereitschaft». Auch die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine sei «ein deutliches Signal dafür, dass der Wandel ernst gemeint ist und wir nicht wieder zurückfallen in eine Phase des Wunschdenkens», urteilte Gauck.

    Mit sieben Panzerhaubitzen sind vor wenigen Tagen auch die ersten schweren Waffen aus Deutschland in der Ukraine angekommen. Bestimmte Waffensysteme liefern Nato-Staaten bisher aber nicht, zum Beispiel Kampfflugzeuge und Kampfpanzer. Grünen-Chef Omid Nouripour sagte auf die Frage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) nach der Lieferung von Schützen- und Kampfpanzern: «Die Lage ändert sich ständig. Deswegen kann sich auch die Haltung zu einzelnen Waffensystemen ändern.» Entschieden werde das aber «nur gemeinsam mit internationalen Bündnispartnern».

    Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., bei einer Veranstaltung im thüringischen Geisa.
    Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., bei einer Veranstaltung im thüringischen Geisa.
    Bild: dpa
  • 19.17 Uhr

    Agentur Belta: Lukaschenko wirft Kiew Raketenangriffe auf Belarus vor

    Inmitten von Spekulationen über eine zunehmende Verwicklung von Minsk in den Konflikt zwischen Kiew und Moskau hat der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko der Ukraine Raketenangriffe auf sein Land vorgeworfen. «Wir werden provoziert. Vor rund drei Tagen, vielleicht mehr, wurde von der Ukraine aus versucht, militärische Ziele in Belarus anzugreifen», sagte Lukaschenko am Samstag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta.

    «Gott sei Dank haben unsere Luftabwehrsysteme alle Raketen abgefangen, die von den ukrainischen Truppen abgefeuert wurden», sagte Lukaschenko demnach. «Wie ich vor mehr als einem Jahr gesagt habe, wir haben nicht die Absicht, in der Ukraine zu kämpfen», fügte er hinzu.

    Nach dem Beginn der Offensive des Kreml gegen die Ukraine am 24. Februar diente Belarus als Basis für die russischen Streitkräfte. Diese versuchten von dort aus die Hauptstadt Kiew einzunehmen, bevor sie sich Ende März wegen des ukrainischen Widerstands zurückzogen.

    Angesichts massiver westlicher Sanktionen ist die Regierung in Minsk militärisch und wirtschaftlich stark abhängig von Russland. Vergangene Woche sicherte Kremlchef Wladimir Putin Lukaschenko die Lieferung von atomwaffenfähigen Raketensystemen «in den kommenden Monaten» zu.

  • 18.19 Uhr

    Sommaruga für Stromproduktion zu Abstrichen bei Naturschutz bereit

    Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat sich bei der Stromproduktion zu Abstrichen beim Natur- und Landschaftsschutz bereit erklärt. Angesichts der drohenden Stromlücke könne man es sich nicht mehr leisten, 20 Jahre zu warten, bis eine Staumauer erhöht werden könne, sagte sie an der Sommertagung der SP in Biel.

    Sie sei keinesfalls der Meinung, dass man den ganzen Natur- und Landschaftsschutz aufgeben müsse, sagte Sommaruga am Samstag laut Mitschnitt von Radio SRF zu ihren sozialdemokratischen Parteigenossinnen und -genossen.

    Die Schweiz werde aber massiv mehr Strom brauchen. Das bedeute, dass man Hand bieten müsse zu Projekten, die einen grossen Nutzen brächten und bei denen man den Schaden für die Landschaft möglichst tief zu halten versuche. «Anders wird es nicht gehen», sagte Sommaruga.

    Hintergrund ihrer Äusserungen ist eine drohende Stromlücke vor allem in den Wintermonaten. Bereits im kommenden Winter könnte etwa wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, aber auch wegen des eingeschränkten Betriebs der Atomkraftwerke in Frankreich der Strom knapp werden.

    Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist angesichts einer drohenden Stromlücke zu Zugeständnissen beim Natur- und Landschaftsschutz bereit. 
    Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist angesichts einer drohenden Stromlücke zu Zugeständnissen beim Natur- und Landschaftsschutz bereit. 
    Archivbild: Keystone
  • 18.09 Uhr

    Video zeigt ukrainischen Angriff auf Schlangeninsel

    Das ukrainische Verteidigungsministerium hat ein Video veröffentlicht, dass einen Angriff auf die Schlangeninsel mit einer Bayraktar-Drohne zeigt. Das Video soll während des russischen Rückzugs von dem Eiland entstanden sein. Das Filmmaterial zeigt, wie russische Militärfahrzeuge und ein Mehrfachraketenwerfer nach dem Drohnenangriff in die Luft fliegen.

  • 16.33 Uhr

    Kiew weist Angaben pro-russischer Kämpfer zu Umzingelung von Lyssytschansk zurück

    Die ukrainische Armee hat Erfolgsmeldungen pro-russischer Separatisten über eine vollständige Umzingelung von Lyssytschansk im Osten des Landes zurückgewiesen. Es gebe zwar heftige Kämpfe um die in der Region Luhansk gelegene Stadt, sagte ein ukrainischer Armeesprecher am Samstag im Fernsehen. Lyssytschansk sei «aber nicht eingekesselt und weiter unter Kontrolle der ukrainischen Armee».

    Wenige Stunden zuvor hatten die pro-russischen Kämpfer in der Ukraine verkündet, dass sie Lyssytschansk vollständig umzingelt hätten. Zusammen mit russischen Truppen seien «heute die letzten strategischen Hügel» erobert worden, sagte ein Vertreter der Separatisten der russischen Nachrichtenagentur Tass. «Damit können wir melden, dass Lyssytschansk vollständig eingekreist ist.»

  • 15.51 Uhr

    Deutschland fürchtet Totalausfall russischer Gaslieferungen

    Mit Blick auf die anstehenden Wartungsarbeiten an der Erdgas-Leitung Nord Stream 1 wächst in Deutschland die Sorge, dass auch nach Abschluss der Arbeiten kein Gas mehr fliessen könnte.

    Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, fürchtet einen Totalausfall russischer Gaslieferungen – und appelliert an die Bevölkerung, Energie zu sparen. Die Frage sei, ob aus der bevorstehenden regulären Wartung der Erdgas-Leitung Nord Stream 1 «eine länger andauernde politische Wartung wird», sagte Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag).

    Wenn der Gasfluss aus Russland «motiviert länger anhaltend abgesenkt wird, müssen wir ernsthafter über Einsparungen reden». Die zwölf Wochen bis zum Beginn der Heizsaison müssten genutzt werden, um Vorbereitungen zu treffen, sagte er.

    Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Donnerstag deutlich gemacht, dass er ein vollständiges Ausbleiben russischer Gaslieferungen durch Nord Stream befürchtet. Es drohe ab dem 11. Juli «eine Blockade von Nord Stream 1 insgesamt», sagte der Grünen-Politiker. Deswegen könne es im Winter wirklich problematisch werden. Die Gasversorgung über den Sommer sei gewährleistet. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream, die in der Regel zehn Tage dauern. Dann fliesst kein Gas durch Nord Stream 1. Die grosse Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.

  • 15.05 Uhr

    Ukraine sieht veränderte Kriegsführung russischer Armee

    Gut vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs sieht der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak eine veränderte Kriegsführung der russischen Armee.

    «Es ist eine neue Taktik Russlands: Wohnviertel zu attackieren und Druck auf westliche politische Eliten auszuüben, um die Ukraine zu zwingen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen», sagte Podoljak nach Berichten verschiedener Medien am Samstag in Kiew. Moskau nehme keine Rücksicht darauf, wie die Welt auf «unmenschliche Angriffe» mit Marschflugkörpern auf Wohnviertel reagiere. Diese Taktik werde aber nicht aufgehen.

    Russland kämpfe nicht, um Gebietsgewinne zu erzielen, sondern um die Ukraine zu zerstören und eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa zu schaffen, sagte der Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er verstehe nicht, «warum es im Westen immer noch einflussreiche Politiker gibt, die glauben, dass man mit Russland sprechen kann. Das ist Unsinn.» Moskaus Taktik bestehe darin, die Welt so zu erschrecken, dass sie sich vom Krieg in der Ukraine abwende und sage: «Tut alles, was sie wollen. Hauptsache, dieser Horror geht nicht weiter, damit wir ihn nicht jeden Tag auf den Seiten unserer Zeitungen oder im Fernsehen sehen.»

    Blick auf ein Gebäude, das bei einem russischen Angriff in Charkiw zerstört wurde.
    Blick auf ein Gebäude, das bei einem russischen Angriff in Charkiw zerstört wurde.
    Bild: dpa
  • 14.30 Uhr

    «Kriegsverbrechen»: Ukraine ermittelt nach Angriff nahe Odessa

    Nach russischen Raketenangriffen auf Wohngebiete in einer Küstengemeinde nahe der Hafenstadt Odessa mit mindestens 21 Toten hat die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa von einem Kriegsverbrechen gesprochen. «Wir ergreifen alle notwendigen Ermittlungsmassnahmen, um die konkreten Personen zu ermitteln, die sich dieses schrecklichen Kriegsverbrechens schuldig gemacht haben», sagte sie, während Ermittler die Trümmer durchkämmten.

    Wenediktowa sagte, die Ermittler stellten Fragmente der Raketen sicher, die ein Wohngebäude in der Küstenstadt Serhijiwka getroffen hätten. Es würden auch Messungen vorgenommen, um die Flugbahn der Geschosse zu bestimmen, sagte sie.

    Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, drei Schiffsabwehrraketen hätten «ein gewöhnliches Wohngebäude, ein neunstöckiges Gebäude» getroffen, in dem etwa 160 Menschen lebten. Unter den Opfern seien zudem vier Mitglieder einer Familie, die sich auf einem «typischen» Campingplatz am Meer aufgehalten hätten. «Ich betone: Dies ist absichtlicher, direkter russischer Terror und kein Fehler oder versehentlicher Raketenangriff», sagte Selenskyj.

    Ein beschädigtes Wohnhaus in Serhijiwka, etwa 50 Kilometer südwestlich von Odessa, nach russischen Raketenangriffen.
    Ein beschädigtes Wohnhaus in Serhijiwka, etwa 50 Kilometer südwestlich von Odessa, nach russischen Raketenangriffen.
    Bild: Uncredited/Ukrainian Emergency Service/AP/dpa
  • 14.23 Uhr

    Russischer Eishockey-Star Fedotow in St. Petersburg festgenommen

    Wie der «Spiegel» berichtet, ist der russische Eishockey-Nationaltorwart Iwan Fedotow in Sankt Petersburg festgenommen worden. Der Torhüter stand vor einem Wechsel zu den Philadelphia Flyers in die NHL. Die Festnahme wurde von russischen Medien bestätigt, als erstes hatte die russische Online-Zeitung «Fontanka» davon berichtet. Demnach habe sich Fedotow dem Militärdienst verweigert und soll unmittelbar nach Verlassen einer Trainingshalle zum Einberufungsbüro der russischen Armee gebracht worden sein.

  • 14.07 Uhr

    Pro-russische Kämpfer vermelden Umzingelung von Lyssytschansk

    Die pro-russischen Kämpfer in der Ukraine haben nach eigenen Angaben die umkämpfte Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes vollständig umzingelt. Zusammen mit russischen Truppen seien «heute die letzten strategischen Hügel» erobert worden, sagte ein Vertreter der Separatisten am Samstag der russischen Nachrichtenagentur Tass. «Damit können wir vermelden, dass Lyssytschansk vollständig eingekreist ist.»

    Lyssytschansks Nachbarstadt Sjewjerodonezk war nach wochenlangen Gefechten vor einer Woche von russischen Truppen erobert worden. Beide Städte gehören zur Region Luhansk, eine der beiden Teilregionen des Donbass. Sollten die russischen Truppen auch Lyssytschansk einnehmen, könnten sie anschliessend Kramatorsk und Slowjansk in der zweiten Donbass-Teilregion Donezk ins Visier nehmen.

    Eine Frau geht in der Nähe eines bei einem russischen Luftangriff zerstörten Gebäudes in Lyssytschansk vorbei. 
    Eine Frau geht in der Nähe eines bei einem russischen Luftangriff zerstörten Gebäudes in Lyssytschansk vorbei. 
    Bild: Efrem Lukatsky/AP/dpa
  • 12:32 Uhr

    Russlands Militär meldet Zerstörung von Waffenlagern in Ukraine

    Die russische Armee hat nach eigenen Angaben bei Luftangriffen in der Ukraine zahlreiche militärische Ziele getroffen. Unter anderem seien zwei Waffenlager nahe der Grossstadt Mykolajiw im Süden des Landes zerstört worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag in Moskau der Agentur Tass zufolge. Im Osten sei ein Waffenlager in einem Traktor-Depot bei Charkiw getroffen worden, der zweitgrössten Stadt des Landes. Die Ukraine habe «hohe Verluste an Menschen und Material» erlitten, behauptete Konaschenkow.

    Die Angaben aus Kampfgebieten lassen sich von unabhängiger Seite kaum überprüfen. Auf ukrainische Vorwürfe, Russland habe über der inzwischen geräumten Schlangeninsel im Schwarzen Meer Phosphorbomben abgeworfen, ging der Ministeriumssprecher dem Tass-Bericht zufolge nicht ein. Auch zu Vorwürfen, mit verbotener Streumunition Wohnhäuser zu beschiessen, äusserte er sich demzufolge nicht. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert inzwischen mehr als vier Monate.

  • 11.42 Uhr

    London: Ungenaue russischer Raketen fordern zivile Opfer

    Russland setzt nach britischer Einschätzung bei seinen Angriffen in der Ukraine zunehmend auf ungenaue Raketen. Grund sei vermutlich, dass die Vorräte an modernen, zielgenauen Waffen schwinden, teilte das Verteidigungsministerium in London am Samstag mit. Analysen von Überwachungsaufnahmen hätten ergeben, dass das Einkaufszentrum in der ostukrainischen Stadt Krementschuk sehr wahrscheinlich von einer Rakete des Typs Ch-32 getroffen worden sei, hiess es unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.

    Dabei handele es sich um eine Weiterentwicklung der sowjetischen Rakete Ch-22 (Nato-Code: AS-4 Kitchen), die aber noch immer nicht dafür optimiert sei, Bodenziele genau zu treffen, vor allem in Städten. «Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit von Kollateralschäden beim Zielen auf bebaute Gebiete erheblich», betonte das Ministerium.

    Bei Angriffen auf das südwestukrainische Gebiet Odessa am 30. Juni seien vermutlich Raketen vom Typ Ch-22 eingesetzt worden. «Diese Waffen sind sogar noch ungenauer und ungeeignet für zielgenaue Angriffe und haben in vergangenen Wochen so gut wie sicher zu wiederholten zivilen Opfern geführt», hiess es weiter.

  • 10.25 Uhr 

    Kiew: Russische Angriffe auf breiter Front im Osten

    Im Osten der Ukraine setzt Russland nach Angaben aus Kiew seine Angriffe auf breiter Front fort. Im Raum Charkiw versuche die russische Armee, mit Unterstützung der Artillerie verlorene Positionen zurückzuerobern, teilte der ukrainische Generalstab am Samstag mit. Zahlreiche Orte würden beschossen, um die ukrainische Armee dort zu binden. In der Region Donezk sei eine russische Attacke abgewehrt worden, hiess es. Aus dem Raum Awdijiwka wurden russische Luftangriffe gemeldet. Im Schwarzen Meer wiederum blockiere Russland weiterhin die Seeverbindungen der Ukraine.

    Die Angaben aus den Kampfgebieten lassen sich unabhängig kaum überprüfen. Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert inzwischen schon mehr als vier Monate.

    Russische Artillerie an einem unbekannten Ort in der Ukraine. (Archiv)
    Russische Artillerie an einem unbekannten Ort in der Ukraine. (Archiv)
    Bild: Keystone
  • 10.16 Uhr 

    Slowjansk: Russen setzen angeblich Streumunition ein

    Russland soll bei Raketenangriffen auf die Stadt Slowjansk im Osten der Ukraine mit mindestens vier Toten nach ukrainischen Angaben verbotene Streumunition eingesetzt haben. Dabei seien in der Nacht zum Samstag zivile Bereiche getroffen worden, in denen es keine Militäranlagen gebe, berichtete Bürgermeister Wadym Ljach am Samstag im Online-Messengerdienst Telegram. Vier Menschen seien getötet, sieben Menschen verletzt worden.

    Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper freisetzen. Ihr Einsatz ist völkerrechtlich geächtet. Aus dem Raum Charkiw und Mykolajiw wurden am Samstagmorgen zudem Explosionen gemeldet. Details waren zunächst unklar. Die Angaben aus Kampfgebieten lassen sich von unabhängiger Seite kaum überprüfen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert inzwischen schon mehr als vier Monate.

  • 10.03 Uhr

    Argentinien plädiert für Diplomatie

    Argentinien setzt zur Beendigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verstärkt auf Diplomatie. «Ich hatte ein Telefongespräch mit (dem ukrainischen Präsidenten) Wolodymyr Selenskyj, bei dem ich meine Unterstützung für alle Verhandlungen zur Beendigung der Feindseligkeiten und zum Erreichen eines endgültigen Friedens zum Ausdruck brachte», schrieb Präsident Alberto Fernández auf Twitter am Freitag (Ortszeit). «Lateinamerika lehnt den Einsatz von Gewalt ab und fördert den Dialog zur Konfliktlösung.»

    Argentinien hat derzeit den Vorsitz der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) inne und war als Gast zum G7-Gipfel in Bayern eingeladen.

    Chiles Präsident Gabriel Boric schrieb auf Twitter, er habe Selenskyj seine Solidarität zum Ausdruck gebracht. «Ich habe ihm auch gesagt, dass er mit der Unterstützung Chiles in humanitären Fragen rechnen kann. Die Ukraine hat einen Freund in Südamerika.» Selenskyj schrieb auf Twitter, er baue weiterhin Beziehungen zu einer wichtigen Region auf – Lateinamerika.

    Anfang Februar waren Fernández wie auch der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro zu Besuchen in Moskau und hatten dem russischen Staatschef Wladimir Putin angeboten, die Beziehungen zu vertiefen. Argentinien könne Russland beim Markteintritt in Lateinamerika helfen, sagte Fernández damals im Kreml. Ausserdem dankte er Putin für die Lieferung von Corona-Impfstoffen. Den Angriff der russischen Streitkräfte auf das Nachbarland Ukraine verurteilte Argentinien.

  • 9.52 Uhr

    Explosionen in Mykolajiw, schwerer Beschuss im Osten 

    In der Ost- und in der Südukraine sind Stellungen der ukrainischen Armee entlang der ganzen Frontlinie von russischen Truppen mit Artillerie beschossen worden. Dutzende Orte in den Gebieten Charkiw, Donezk, Luhansk, Saporischschja, Mykolajiw und Cherson wurden am Freitag in dem bei Facebook veröffentlichten Bericht des ukrainischen Generalstabs aufgezählt. Vereinzelt seien auch Angriffe von Flugzeugen und Helikoptern geflogen worden, hiess es. Ukrainische Einheiten hätten einen russischen Angriff bei einem Gelatine-Werk bei der Industriestadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk abgewehrt. 

    In einem Update am Samtsag, 2. Juli, berichtet der Generalstab, dass die russischen Streitkräfte im ostukrainischen Slowjansk in die Defensive geraten sind und ukrainische Vorstösse in der Nähe von Charkiw abzuwehren versuchen. 

    In der Stadt Mykolajiw in der südlichen Ukraine soll es am frühen Morgen Detonationen gegeben haben «Es gibt starke Explosionen in der Stadt! Bleibt in den Schutzräumen!», schrieb Bürgermeister Oleksandr Senkevich auf Telegram. Die Ursache der Explosionen war noch unbekannt – die Berichte können nicht unabhängig geprüft werden.

    Rauch steigt über dem Kampfgebiet in der Region Luhansk Mitte Juni auf. (Archiv)
    Rauch steigt über dem Kampfgebiet in der Region Luhansk Mitte Juni auf. (Archiv)
    Bild: Keystone
  • 8:27 Uhr

    Ukraine-Konferenz: Schweiz in Vorbilderrolle?

    Die Schweiz kann laut dem Wirtschaftsnobelpreisträger Roger Myerson mit ihrem föderale System und ihrer bewaffneten Neutralität ein Vorbild für die Ukraine nach dem Krieg sein.

    Die Ukraine könne ihre Unabhängigkeit künftig nur bewahren, wenn sie auch nach dem Krieg eine starke Armee behalte, sagte Myerson in einem Interview mit dem «Blick». Sie dürfe aber gegenüber Russland nicht bedrohlich wirken, sonst drohe der nächste Konflikt.

    Beim Politiksystem habe die Ukraine ihre Institutionen schon in den letzten Jahren in Richtung Föderalismus umgebaut. Sie habe mehr Macht an die lokalen Bürgermeister übertragen. Darauf müsse beim Wiederaufbau Wert gelegt werden.

    Bei der Vermittlung zwischen der Ukraine und Russland könne die Schweiz eine wichtige Rolle spielen. Die Schweiz sei nie Teil der Nato gewesen, habe in der Vergangenheit nie Positionen für oder gegen Russland bezogen. Das sichere ihr eine hohe Glaubwürdigkeit.

    Wenn die Schweiz Lösungsvorschläge mache, wirke das nicht wie ein Nato-Komplott. Diese Rolle - diese Verantwortung - sollte die Schweizer Regierung sehr ernst nehmen, sagt Myerson, der an der Universität Chicago Konfliktforschung lehrt und zur Spieltheorie forscht.

  • 8:24 Uhr

    Selenskyj: «Absichtlicher, gezielter russischer Terror»

    Mit scharfen Worten hat die Ukraine einen russischen Raketenangriff mit mindestens 21 Toten und 39 Verletzten auf ein Wohnhaus im südukrainischen Gebiet Odessa verurteilt. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einem «absichtlichen, gezielten russischen Terror». In dem Haus seien weder Waffen noch militärische Ausrüstung versteckt gewesen - «wie russische Propagandisten und Beamte immer über solche Angriffe erzählen», sagte er am Freitag in einer Videobotschaft. Der Einschlag der drei Raketen sei kein Versehen gewesen. Der Samstag ist für die Ukraine der 129. Kriegstag.

    Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba warf Russland im Zusammenhang mit dem Raketenangriff einen Krieg gegen Zivilisten vor. «Ich fordere unsere Partner dringend auf, der Ukraine so schnell wie möglich moderne Raketenabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen. Helft uns, Leben zu retten und diesem Krieg ein Ende zu setzen», teilte Kuleba per Twitter mit.

    Zerstörtes Wohnhaus in Serhijiwka in der Oblast Odessa am 1. Juli 2022, nachdem es offenbar von russischen Raketen getroffen worden war. 
    Zerstörtes Wohnhaus in Serhijiwka in der Oblast Odessa am 1. Juli 2022, nachdem es offenbar von russischen Raketen getroffen worden war. 
    Bild: Keystone