Boxen Tyson Fury spendet seine gesamte Kampfbörse an Obdachlose

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3.12.2018

Tyson Fury (rechts) hatte viel Liebe übrig nach dem Kampf gegen Deontay Wilder. 
Tyson Fury (rechts) hatte viel Liebe übrig nach dem Kampf gegen Deontay Wilder. 
Bild: Getty

Endlich ist wieder Zunder drin im Schwergewichtsboxen. Nach dem Remis zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder am Wochenende steht fest: 2019 wird ein tolles Jahr für die Boxsport-Fans.

Die Ringrichter werteten den spektakulären Schlagabtausch im Staples Center ausgeglichen: Einer sah den «Bronze Bomber» Deontay Wilder mit 115:111 vorne, einer wertete den Kampf mit 114:112 für Fury und der dritte Unparteiische sah keinen Sieger und notierte ein 113:113. Ergo bleibt mit diesem Resultat die Ungeschlagenheit beider Boxer bestehen.

Wilder (40 Siege, 39 durch K.o., ein Remis) und Fury (27 Siege, 19 durch K.o., ein Remis) sahen sich nach dem Kampf freilich beide als Gewinner. Wilder schickte Fury zweimal auf die Bretter, Fury landete indessen deutlich mehr Treffer und war für Experten der klar bessere Boxer. Weil er aber doppelt angezählt wurde, war es unmöglich, ihn zum Sieger zu küren. Das Remis geht folgerichtig auch in Ordnung.

«Ich brauche das Geld nicht, ich will weder Millionär noch Milliardär werden»

Fury war für viele Zuschauer an diesem Abend aber nicht nur der dynamischere Boxer, sondern auch der bessere Entertainer und Sieger der Herzen. Das Comeback des 30-jährigen «Gipsy King» fiel gleichsam beeindruckend wie unerwartet aus. Noch vor wenigen Monaten war der Brite sprichwörtlich am Boden.

Manische Depressionen, Suizidgedanken, Alkohol- und Drogenexzesse hätten den 2.06-Meter grossen Linksausleger beinahe aus dem Rennen – und wohl auch aus dem Leben – genommen. Doch Fury fing sich und kämpft nun für ein höheres Gut und gegen die Armut: Er will seine gesamte Kampfbörse von rund 10 Millionen Franken gemeinnützigen Zwecken spenden. Insbesondere Obdachlosen will er helfen.

«Ich brauche das Geld nicht. Ich will weder Millionär noch Milliardär werden», sagt Fury am Tag nach dem Kampf gegenüber der Presse. «Ich habe den grössten Preis bereits gewonnen. Ich sitze hier, ich bin bin gesund, mein Kopf funktioniert und ich habe keine Schäden.»

Wortgewandt und gewohnt schlagfertig analysiert er den Kampf. Jener Schiedsrichter, der gegen ihn gewertet habe, müsse eigentlich gefeuert werden, meint er. Lacher mischen sich unter die Reaktionen der Journalisten. Tags zuvor mussten sie noch einstimmen, als Fury «American Pie» intonierte, aber das ist eine andere Geschichte.

«Meine Kinder müssen ihren eigenen Weg gehen»

Er verlasse Kalifornien als besserer Mensch, ergänzt Fury, der in den Strassen von Los Angeles in den letzten Wochen so viel Leid gesehen habe. «Ich will euch nichts vorschreiben, aber das ist ein Problem. Nicht nur bei euch, sondern auch bei uns in Grossbritannien.» Fury hat sich gewandelt – und man nimmt dem ehemaligen Raubein die Wandlung ab. Wer so tief unten war, der sucht Halt. Und er findet ihn oft im Glauben.

Das ist auch bei Fury offensichtlich, als er noch im Ring seinen ersten Dank an Jesus Christus richtete. Seinen vier Kindern will Fury übrigens kein Geld vermachen. «Ich glaube, alle Kinder sollten dereinst ihr Geld selber verdienen. Wenn sie es nicht tun, dann werden sie es nicht schätzen können. Meine Kinder müssen ihren eigenen Weg gehen. Nur auf Kosten meiner Reputation zu leben, ist zu einfach. Es gibt so viele von diesen ‹Rich Kids›, denen immer alles in den Schoss fällt. Ich musste immer hart arbeiten, um das zu bekommen, was ich nun habe.»

Ein Küsschen für die Ehefrau: Tyson Fury bedankt sich bei Paris Fury für die Unterstützung.
Ein Küsschen für die Ehefrau: Tyson Fury bedankt sich bei Paris Fury für die Unterstützung.
Bild: Keystone

Wie geht es nun weiter?

Keine Frage: Fury hat mit seinem beherzten Auftritt viele Sympathien gewonnen und dem Boxsport neues Leben eingehaucht. Die Fans warten nun gespannt auf die Fortsetzung seiner Karriere – und auf ein Duell mit dem vierfachen Weltmeister (IBF, WBA, WBO und IBO) Anthony Joshua.

Der Mann, den es zu schlagen gilt, wartet auf seinen Herausforderer. Joshua würde zwar lieber gegen Wilder boxen, wie er vor dem Kampf zu Protokoll gab, doch er wird aller Voraussicht nach früher oder später auch gegen Landsmann Fury in den Ring steigen müssen.

Das Wembley-Stadion war ursprünglich für den 13. April 2019 für einen Kampf gegen den Sieger des Duells Wilder / Fury reserviert. Dem Rendez-Vous könnte nun aber eine Re-Match-Klausel zwischen Wilder und Fury zuvorkommen.

Der aus Manchester stammende Fury sagte, er möchte eigentlich wieder einmal in England kämpfen, nachdem er 2015 gegen Wladimir Klitschko in Düsseldorf in den Ring stieg und nun in Kalifornien gegen Wilder antrat. Aber er meint auch mit Blick auf seinen Promoter: «Mir egal, ich werde überall kämpfen, wo man mich hinschickt und das Geld zu holen ist.» Joshua, Fury, Wilder: Das Schwergewichts-Boxsport-Jahr 2019 ist bereits lanciert.
Und die Aussichten auf packende Kämpfe sind rosig.

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