Sports Awards Dicke Luft vor Sportlerwahl: Boykott nach Nichtberücksichtigung von Andy Schmid

Von Luca Betschart

13.12.2019

Andy Schmid gehört seit Jahren zu den besten Spieler in der deutschen Handball-Liga.
Andy Schmid gehört seit Jahren zu den besten Spieler in der deutschen Handball-Liga.
Bild: Getty

Unruhe vor den Sports Awards am Sonntag: Weil Handballer Andy Schmid bei der Nomination zum «MVP des Jahres» nicht berücksichtig wird, boykottiert die Vereinigung Basellandschaftlicher Sportjournalisten die Preisverleihung. 

Die Mannschaftssportler hatten es schon immer schwierig. Seit 1950 wird in der Schweiz jeweils zum Jahresende der Sportler des Jahres gekürt, 1954 wurde die Wahl der Sportlerin des Jahres eingeführt. Doch Teamsportler sucht man sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern vergebens – mit einer einzigen Ausnahme: Vor 66 Jahren kam Fussballer Alfred Bickel die Ehre zuteil. Für Ralph Stöckli von Swiss Olympics ist das aber keine Überraschung: «Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Einzelsportler für sich und seine Erfolge eine grössere Bühne erhält, als ein einzelner Spieler in einer Mannschaftssportart. Damit wird der Einzelsportler auch stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen.»

Aus diesem Grund reagieren die Organisatoren im Hinblick auf die diesjährige Preisverleihung und führen eine neue Kategorie ein: Der wertvollste Spieler («Most valuable Player», kurz: MVP). So soll der beste Mannschaftssportler des Jahres in Zukunft mehr Anerkennung erhalten.

«Aufgrund der Wahlkriterien kamen die Mannschaftssportler in der Kategorie Sportler des Jahres seit mehr als 60 Jahren nicht zum Zug», erklärt Stöckli und führt aus: «Mit der MVP-Kategorie sollen die Top-Leistungen der Mannschaftssportler gewürdigt und ihnen ebenfalls eine grosse Plattform geboten werden.» Allerdings sorgt bereits die Nomination der Anwärter auf die neu eingeführte Auszeichnung für rote Köpfe.

Umstrittene Vorauswahl der Nominierten?

Für die Auszeichnung des MVP werden im Vorfeld sechs Athleten und Athletinnen nominiert – und zwar von einem Wahlgremium bestehend aus Ralph Stöckli für Swiss Olympics und je einem Vertreter von sportpress.ch, der SRG und der Athletenkommission. Anschliessend wählen Fans, Spitzensportler und Sportjournalisten drei der sechs Nominierten in die Entscheidungsshow. In diesem Jahr sind das Basketballer Clint Capela, NHL-Star Roman Josi und der Unihockey-Goalie Pascal Meier. Das Trio setzte sich gegen Eishockey-Nationalspielerin Alina Müller, Arsenal-Captain Lia Wälti und Benfica-Torschützenkönig Haris Seferovic durch. Aber fehlt da nicht ein grosser Name?

Die Rede ist von Handballer Andy Schmid. Der Schweizer gehört seit Jahren zu den besten Spielern der deutschen Liga, führt die Rhein-Neckar Löwen 2016 und 2017 zur deutschen Meisterschaft und wird zwischen 2013 und 2018 ligaweit fünfmal in Serie zum Spieler der Saison gekürt. Zudem verhilft er der Schweizer Nationalmannschaft, sich erstmals seit 2006 für eine EM-Endrunde zu qualifizieren.



Vor allem der Vereinigung Basellandschaftlicher Sportjournalisten (VBLSJ) stösst Schmids Nichtberücksichtigung sauer auf. In einer Medienmitteilung kündigt sie an, die Wahl am Sonntag zu boykottieren. «Grund ist die Nicht-Nomination von Handballer Andy Schmid, der auch ausserhalb der Handballszene als ‹Roger Federer des Handballs› gilt. (…) Dass Andy Schmid selbst bei der neu erschaffenen Kategorie MVP nicht aufgelistet ist, erachtet die VBLSJ schlicht als Skandal und äussert hiermit grösste Zweifel an der Fachkompetenz des Gremiums, welches die entsprechende Vorauswahl getroffen hat.»

Wahlgremium zeigt sich irritiert

Ursprung des Problems seien die undurchsichtigen Listen der Nominierten: «Transparenz, wie es zur doppelten Nicht-Nomination von Schmid kam, wird nicht wirklich geschaffen (und die VBLSJ hat explizit darum gebeten). Dieses Verhalten weckt ungute Gefühle, ist der Nährboden für Gerüchte und Mutmassungen und schadet dem Ansehen und der Glaubwürdigkeit des Schweizer Sports», schreibt die VBLSJ. Neben Schmid seien auch andere Sportler und Sportarten übergangen worden.

Auf Anfrage von «Bluewin» nimmt Wahlgremiums-Mitglied Ralph Stöckli Stellung zu den Vorwürfen: «Sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene erbringen zahlreiche Schweizerinnen und Schweizer in ihren Mannschaften regelmässig herausragende Leistungen. Das Feld der möglichen Nominierten war entsprechend gross.»

Auch Andy Schmid habe zum Kreis der potenziellen Nominierten gezählt. «Auf Basis der im Wahlreglement definierten Nominationskriterien und unter Berücksichtigung der massgebenden Wahlperiode vom 1. November 2018 bis zum 31. Oktober 2019 gelangte der Wahlausschuss jedoch zur Überzeugung, dass sich in diesem Jahr sechs andere Sportpersönlichkeiten noch mehr für die Nomination in der Kategorie «MVP des Jahres» aufdrängten. Aber natürlich ist uns die Entscheidung im Bezug auf Andy Schmid nicht leichtgefallen.»

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