Die Hausse im Nachgang zu den Europameisterschaften 2014 in Zürich hält an. Swiss Athletics übertrifft an den Weltmeisterschaften in Doha die Erwartungen.
Mit der Bronzemedaille für Mujinga Kambundji über 200 m, zwei 4. Rängen durch die Hürdenläuferin Lea Sprunger und die Sprint-Staffel der Frauen, insgesamt sechs Top-Ten-Klassierungen (dreimal Platz 9 für Marathonläufer Tadesse Abraham, Siebenkämpferin Géraldine Ruckstuhl und Kambundji nach dem um fünf Tausendstel verpassten 100-m-Final) plus drei weiteren Vertretern in den Top 16 schnitt die Schweizer Delegation erfolgreich ab. Die meisten Athletinnen und Athleten waren zum Saisonhöhepunkt, der 2019 ausnahmsweise im Herbst anstand und eine Umstellung erforderte, in Topform. Insbesondere Kambundji und Sprunger, Ende Juli und im Fall der Westschweizerin bis vor den Titelkämpfen als Sorgenkinder betitelt, haben mit ihrer Crew eben doch alles richtig gemacht.
Die Breite im Schweizer Team wurde durch eine Bronzemedaille belohnt. Sie wird letztlich in Erinnerung bleiben. Kambundji überzeugte im 200-m-Final nicht bloss durch Leistung, sondern auch durch mentale Stärke. In den letzten anderthalb Jahren hatte ihr stets nur wenig zum Coup gefehlt, die Serie fand nach dem Tausendstel-Krimi über 100 m ihre Fortsetzung. Die Bernerin liess sich nicht entmutigen und schlug zu, als sich die Chance ergab. Sie verdrängte die negativen Gedanken und ging mit der vollen Überzeugung ins Rennen, dass es etwas zu gewinnen gibt.
Klimatisierte Stadien und Gratis-Eintritt
An Titelkämpfen zählen die Medaillen, die USA sind weiterhin die Leichtathletik-Grossmacht (14 Gold/11 Silber/4 Bronze – London 2017 10/11/9) . Die «Placing Table», welche die Top-8-Klassierungen jeder Nation wertet und die Qualität der Leichtathletik im jeweiligen Land abbildet, widerspiegelt die Hausse im Schweizer Team. In London resultierte noch Platz 38, nun taucht die Equipe im 26. Rang auf, punktgleich mit Italien und den Bahamas. Dahinter liegen ehemals starke Nationen wie Australien, Portugal, Nigeria, Türkei, Kroatien, Ungarn, Tschechien und Rumänien.
Im klimatisierten Khalifa International Stadium fanden überaus hochstehende, gut organisierte und spannende Wettkämpfe statt. Zum Saisonschluss fielen in den während des Sommers regelmässig ausgetragenen Stadion-Disziplinen – also ohne Staffeln – nicht weniger als 14 (!) Jahresweltbestleistungen, darunter sogar ein Weltrekord (400 m Hürden Frauen). Die Bedingungen für die Sportler waren exzellent. Auch die Wettkämpfe unter klimatisch schwierigen Bedingungen (Marathon, Gehen) waren für die Aktiven zumutbar.
Zwei Vorwürfe müssen sich der Weltverband beziehungsweise der Organisator jedoch gefallen lassen. Ein herunter gekühltes Freiluft-Stadion gibt ein schlechtes Bild ab. Mit der Verschiebung in die Wintermonate, so wie es die Fussballer 2022 tun werden, wäre diese Kritik den Funktionären erspart geblieben. Die Leichtathleten sind nicht der einzige Weltverband, der für Titelkämpfe neue Märkte sucht und sich im Fall von Katar auch vom Geld locken lässt. Leere Stadien schaden dem Sport. Der Veranstalter reagierte viel zu spät. Erst in den letzten drei Tagen, als er das Stadion dank Gratiseintritten flutete, entstand eine WM-würdige Stimmung.