Ein NachrufHunsperger wählte nach langem Leiden den Freitod
sda
19.8.2018
Rudolf Hunsperger war seit mehreren Jahren gesundheitlich schwer angeschlagen. Am Samstagmorgen setzte die Berner Schwinger-Legende im Alter von 72 Jahre seinem Leiden mit dem Freitod ein Ende, wie der «Blick» berichtete.
Hunsperger Rüedu war einer der Grössten seines Fachs. Nicht nur dank seinen drei Königstiteln 1966, 1969 und 1974 ist er noch heute für viele der Schwinger schlechthin. Dreimal den begehrten Titel zu gewinnen ist sonst nur noch Hans Stucki und Jörg Abderhalden gelungen.
Seinen letzten Gang hat Hunsperger am Samstagmorgen verloren. Der Berner musste in seinen letzten Lebensjahren viel Leid ertragen. Eine hartnäckige Knie-Infektion, die zu mehreren Operationen führte, hatte ihm schwer zugesetzt. Vor einer Woche erlitt er zudem einen Schlaganfall. Hunsperger entschied sich, die Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen und schlief am Samstagmorgen im Kreise seiner Familie friedlich ein.
Zieht man die Kranzfestsiege und die Siege an den grössten Anlässen heran, halten viele den acht Jahre älteren Winterthurer Karl Meli für den besten Schwinger jener Zeit. Meli wurde 1961 und 1964 Schwingerkönig und siegte am Kilchberger Schwinget 1967 und 1973. Im weiteren triumphierte er gegen die ganze Elite am ESV-Jubiläumsschwinget 1970 und am Gedenkschwinget Murten 1976. Hunsperger siegte zwar 1968 am Unspunnen-Schwinget. Damals jedoch hatte der Anlass in Interlaken noch keine eidgenössische Prägung.
Dennoch ist der Name Rudolf Hunsperger in der Bevölkerung vermutlich fester verankert als der Name des 2012 verstorbenen Karl Meli. Der Schwinger aus Habstetten hoch über Bern am Luzeren-Pass zwischen Bolligen und Krauchthal schrieb seine Geschichte mit den Auftritten an den Eidgenössischen Festen. 1966 in Frauenfeld überraschte Rekrut Hunsperger alle – und wohl am meisten den hohen Favoriten Meli im Schlussgang. Meli setzte nach zwei Minuten siegessicher zum Kurzzug an. Hunsperger konterte mit Gammen und wuchtete Meli zu Boden, wo er ihn bis zum «Gut» des Kampfrichters nicht mehr losliess. Das sensationelle Resultat war der Beginn einer neuen Epoche.
In den nachfolgenden Jahren erlitt Hunsperger – vor allem an den Wettkämpfen in der Nordostschweiz – ein paar sportliche Rückschläge. Er lernte daraus, dass er versierter werden musste. Mit besserem Rüstzeug war er am Eidgenössischen 1969 in Biel, im eigenen Verbandsgebiet, der ganzen Konkurrenz hoch überlegen. Schon vor dem Schlussgang war er punktemässig nicht mehr einzuholen.
Den Hattrick als Schwingerkönig realisierte Hunsperger 1974 in Schwyz. Im Schlussgang bezwang er seinen besten Kumpel Fritz Uhlmann. Es war nicht nur ein Schlussgang unter Bernern, sondern auch einer unter Klubkameraden. Beide gehörten dem Schwingklub Worblental in Boll-Sinneringen an.
Die oft vertretene Meinung, Hunsperger hätte vier Mal Schwingerkönig werden können, wenn nicht sein Vater wenige Tage vor dem Eidgenössischen 1972 in La Chaux-de-Fonds gestorben wäre, ist falsch. Wäre er in La Chaux-de-Fonds gestartet, hätte Hunsperger seine Karriere nach dem Fest mit 26 Jahren beendet. So aber beschloss er, zwei weitere Jahre zu schwingen.
Für den an den Originalschauplätzen in Bern und am Bielersee gedrehten Kinofilm «Der Richter und sein Henker» nach Friedrich Dürrenmatts Roman wählte Regisseur Maximilian Schell Ruedi Hunsperger als Leibwächter des von Robert Shaw gespielten Bösewichts «Gastmann» aus.
In den Jahren nach dem Schwingen hatte Hunsperger weniger Glück. Zwei Ehen scheiterten. Als Garagist reüssierte er so wenig wie als Wirt auf der «Linde» in seinem Habstetten. Am schlimmsten waren die unzähligen gesundheitlichen Probleme. Im Sommer 2017 war er so verzweifelt, dass er sich das Leben zu nehmen versuchte. Der Versuch misslang. Kurze Zeit später konnten die Ärzte das unerträgliche Leiden beseitigen. Und der Hunsperger Rüedu war dankbar, dass er wieder unter den Menschen war, für die er immer der Hunsperger Rüedu gewesen war.
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