WM 2022 Verbände wegen One-Love-Binde von FIFA massiv unter Druck gesetzt

sda

22.11.2022 - 18:32

Das Verbot der One-Love-Binde durch die FIFA schlägt hohe Wellen
Das Verbot der One-Love-Binde durch die FIFA schlägt hohe Wellen
Keystone

Das Verbot der One-Love-Captainbinde durch die FIFA hallt nach. Weil sich die Verbände dem Willen des Weltverbandes beugen, entfacht Kritik an ihnen. Der Druck, den die FIFA auf sie ausübt, ist gross.

Sie würden sportliche Interessen höher gewichten als menschliche, lautet der Vorwurf an die sieben betroffenen europäischen Landesverbände, deren Captains in Katar als symbolische Geste für Vielfalt und Toleranz mit einer bunten Binde am Arm auflaufen wollten und zu denen auch der Schweizerische Fussballverband (SFV) mit Captain Granit Xhaka gehört.

Der Strafenkatalog der FIFA für das Missachten der Kleidervorschriften sähe eine gelbe Karte vor. Doch wie inzwischen durchsickerte, drohte die FIFA den Verbänden massiv – mit weitaus härteren Konsequenzen, Spekulationen zufolge etwa mit dem Ausschluss von einzelnen oder mehreren Spielern oder Punktabzügen für Mannschaften.

Die FIFA, die sich selbst stets für Offenheit und Toleranz einsetzt, sich in Katar aber offensichtlich unhinterfragt dem Diktat des WM-Gastgebers unterwirft, hatte am Dienstag kurzfristig und wenige Stunden vor Englands Auftaktmatch gegen den Iran ein Verbot des Tragens der Binde verhängt. Mit der Argumentation, dass es sich um einen Verstoss gegen die Kleiderordnung handle. Ein ähnliches Verbot sprach sie den Belgiern fürs Tragen ihres Ausweichtrikots mit dem Aufdruck «Love» aus.

Verbände in Zeitnot und Zwickmühle

Die Verbände mit der One-Love-Binde gerieten durch die Androhung nicht nur in Zeitnot, sondern auch in die Zwickmühle. Sind sie bereit, für ihr Anliegen sportliche Abstriche zu riskieren und die eigentlich indiskutable Botschaft der Binde zum Juristenfutter zu machen?

Sie entschieden sich gegen den Konfrontationskurs, indem ihre Captains die Binden nicht tragen werden und sie von juristischen Vorstössen wie dem Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) vorerst absehen. Man habe zum jetzigen Zeitpunkt nicht die Absicht, den Rechtsweg zu beschreiten. Man stehe im Austausch mit den anderen Verbänden der Arbeitsgruppe Menschenrechte und spreche sich mit diesen ab, liess Adrian Arnold, der Mediensprecher des SFV, verlauten. Derweil berichteten Medien in Deutschland, der Deutsche Fussballbund erwäge den Gang vor den CAS. Alternative Aktionen der Verbände an der WM sind nicht ausgeschlossen.

Warum so intolerant?

Für die FIFA ist die Angelegenheit ein weiterer Schandfleck. Warum zeigt sich der Weltfussballverband in dieser an sich harmlosen Causa um das bunte «Bändeli» nicht so tolerant, wie er das stets proklamiert? Warum macht er zwischen der selbst kreierten und damit erlaubten eigenen «No Discrimination»-Binde einen so grossen Unterschied?

Antworten gibt die FIFA selbst keine. Die Interpretation kann fast nur lauten, dass sich die FIFA von Katar als Marionette einspannen lässt. Was wiederum die Frage aufwirft, warum sie in einer bis zur Lächerlichkeit reichenden Ergebenheit vor den Wünschen des Gastgebers kuscht, sie ihre schon lange angekratzte Glaubwürdigkeit weiter ramponiert und all den Korruptionsvorwürfen weiteres Futter liefert.

sda