Vom 1. ATP-Triumph bis zum Weltsportler Zehn grosse Meilensteine in der Karriere von Roger Federer

Syl Battistuzzi

16.9.2022

So würdigen Sport-Stars Roger Federer

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Brady, Bartoli, Hewitt und co. äussern sich zum Rücktritt von Roger Federer.

16.09.2022

Das Palmarès von Roger Federer lässt sich sehen: Auf der ATP-Tour stellte der Schweizer unzählige Rekorde auf. Hier zehn grosse Meilensteine seiner aussergewöhnlichen Karriere. 

S. Battistuzzi

Erster Titelgewinn 

Ursprünglich war Roger Federer bereits mit einem Titel überglücklich. Seine ersten beiden Finals hatte der ehemalige Junioren-Weltmeister in Marseille (im Tiebreak des dritten Satzes gegen Marc Rosset) und Basel (in fünf Sätzen gegen Thomas Enqvist) verloren. Der Titel im Februar 2001 in Mailand gegen den kaum bekannten Franzosen Julien Boutter war deshalb eine Erlösung. «Ich war so nervös und dachte: Oh Gott, hoffentlich gewinne ich wenigstens einen Titel», erinnerte sich Federer, der damals 19 Jahre alt war. 

Roger Federer posiert nach seinem ersten Erfolg auf der ATP-Tour mit Pokal. 
Roger Federer posiert nach seinem ersten Erfolg auf der ATP-Tour mit Pokal. 
KEYSTONE

Sieg über Idol

Am 2. Juli 2001 passiert Historisches: Der 19-jährige Roger Federer betritt erstmals den Centre Court von Wimbledon und stürzt sein Idol Pete Sampras – die Geburt eines neuen Supersportlers, die Geburt des «Maestro».

Niederlagen des US-Amerikaners waren so selten wie später solche von Rafael Nadal auf dem Sand von Paris. 31 Partien in Folge hatte «Pistol Pete» bis zu diesem 2. Juli gewonnen, und 56 von 57 Spielen zwischen 1993 und 2001. Mit sieben Titeln war er im Südwesten Londons der Rekordsieger.

7:6 (9:7), 5:7, 6:4, 6:7 (2:7), 7:5 gewinnt Federer einen 3:41 Stunden dauernden Krimi, der ihm auch gut 20 Jahre später noch präsent ist, als ob es gestern gewesen wäre. «Es ist sicher einer jener Matches, wenn nicht sogar der Match, den ich am besten in Erinnerung habe.» Und das sind immerhin deren 1526.

Federer vergisst nach dem Erfolg über Pete Sampras sogar kurz die Verbeugung bei der Royal Box.
Federer vergisst nach dem Erfolg über Pete Sampras sogar kurz die Verbeugung bei der Royal Box.
Bild: Getty

20 Grand-Slam-Siege

Mit dem Sieg über Sampras im Achtelfinal setzt Federer zwar ein grosses Ausrufezeichen. Viele denken heute, er habe dann auch gleich den ersten von mittlerweile acht Wimbledon-Titeln geholt. Doch der Schweizer scheitert damals in der nächsten Runde an Tim Henman, ein Jahr später – mittlerweile als Top-10-Spieler – verliert er gar zum letzten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier in der 1. Runde (gegen Mario Ancic).

2003 Wimbledon

Der ultimative Durchbruch gelingt Federer trotzdem erstmals in Wimbledon, wo er den ersten von 20 Major-Titeln holt. Im Halbfinal bezwingt er Andy Roddick, im Finale Mark Philippoussis. Das prestigeträchtige Traditionsturnier ist für Federer das Nonplusultra. Inzwischen ist der Rasen-König mit acht Titeln zum alleinigen Rekordsieger im All England Lawn Tennis and Croquet Club aufgestiegen.

2009 French Open

In Paris bezog Federer vor allem zahlreiche schmerzhafte Niederlagen gegen Rafael Nadal – eine im Halbfinal, vier im Final –, feierte aber auch 2009 den Titel, der seinen Karriere-Slam vollendete. Im Final bezwang er Robin Söderling – dem Schweden gelang es ihm im Achtelfinal, als erster Spieler überhaupt Rafael Nadal in Roland Garros zu bezwingen. Nach dem Aus des Spaniers musste Federer den Rest des Turniers die ganze Last des Favoriten tragen – und packte die (seltene) Gelegenheit am Schopf. «Es war einer der schönsten Momente meiner Karriere» hielt Federer rückblickend fest. Dieser Titel rangiere in den Top 3 seiner persönlichen Rangliste.

2017 Australian Open

Nach sechsmonatiger Verletzungspause schafft Federer das scheinbar Unmögliche. Er krönt sein Comeback mit dem 18. Grand-Slam-Turniersieg, dem ersten seit Wimbledon 2012. Im Verlauf des Turniers steigerte er sich kontinuierlich, schlug auf dem Weg zu seinem 28. Major-Endspiel unter anderen Tomas Berdych, Kei Nishikori und Stan Wawrinka. Den fünften Australian-Open-Titel nach 2004, 2006, 2007 und 2010 sicherte er sich mit einer fantastischen Leistung gegen Erzrivale Rafael Nadal.

So jubelte und weinte King Roger bei seinen 20 Grand-Slam-Siegen

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Als erster Tennisspieler hat Roger Federer 20 Grand-Slam-Titel gewonnen: den ersten 2003 in Wimbledon, den letzten 2018 am Australian Open. 20 grosse Momente einer einmaligen Karriere.

15.09.2022


Dominator beim Heimturnier

Federer machte 2019 das Stängeli an den Swiss Indoors perfekt. Der 38-Jährige triumphierte beim Heimturnier in Basel insgesamt zum zehnten Mal (2006-08, 2010-11, 2014-2015, 2017-19) und zum fünften Mal in Folge nach nunmehr 24 Siegen am Stück in der St. Jakobshalle. Seine letzte Niederlage datiert von 2013, als er im Final Juan Martin Del Potro unterlag.

Man könnte also meinen, dass sich beim Siegen eine gewisse Routine eingeschlichen hätte. Doch weit gefehlt. Dieser Jubiläums-Titel trieb ihm während der Platzrede Tränen in die Augen. Nie habe er gedacht, dass er hier zehnmal triumphieren könnte – «ich hätte ja nicht einmal gedacht, dass ich hier einmal gewinnen würde», meinte Federer sichtlich gerührt.

Zehn Mal durfte Roger Federer denn Ballkindern Pizza spendieren. 
Zehn Mal durfte Roger Federer denn Ballkindern Pizza spendieren. 
KEYSTONE

103 ATP-Titel

Federer steht mit dem letzten Sieg in Basel bei 103 Turniersiegen. Neben den 20 Major-Triumphen gewann er zusätzlich 28 Masters-Turniere und ist mit 24 Titeln Rekordsieger der ATP-Tour-500-Serie. Nur noch sechs Titel fehlten ihm zum einst für unerreichbar gehaltenen Rekord von Jimmy Connors. «Was Jimmy geleistet hat, ist unglaublich. Es ist nicht so, dass ich alle Rekorde brechen muss», so Federer.


Nummer 1 

Insgesamt 310 Wochen an der Spitze der Weltrangliste konnte sich Federer behaupten. Inzwischen hält Djokovic den Ranking-Rekord und hat damit ein gewichtiges Argument auf seiner Seite im tennishistorischen Dreikampf mit Nadal und Federer.

Federer, der im Juli 2012 den Rekord mit den meisten Wochen an der Weltranglistenspitze von Pete Sampras übernommen hatte, ist aber weiterhin der Spieler, der als Ältester zuoberst stand (2018 mit über 36 Jahren) und am längsten ununterbrochen. Zwischen Februar 2004 und August 2008 war er 237 Wochen in Serie die Nummer 1. Diese Bestmarke scheint auch für Djokovic schwierig zu erreichen. 

Federer ist zudem der Spieler mit den insgesamt meisten Wochen in den Top-3, Top-4, Top-5 und Top-10. Ausserdem schloss er die meisten Jahre in den Top-3 (15), Top-4 (15), Top-5 (16) und in den Top-10 (18) ab.

Roger Federer besteigt 2004 erstmals den Tennis-Thron.
Roger Federer besteigt 2004 erstmals den Tennis-Thron.
Bild: Keystone

Masters/ATP Finals

Mit sechs Triumphen beim Masters respektive den ATP Finals hält der Maestro auch diese Bestmarke. Seine Triumphe gab es stets im Doppelpack – 2003/2004, 2006/2007 und 2010/2011. Seit 2011 rennt er aber dem siebten Erfolg hinterher. Gleich drei Mal stoppte ihn im Final Djokovic (2012/14/15), der insgesamt fünf Mal die inoffizielle Weltmeisterschaft gewann. 

Federer ist zudem Rekordhalter für die meisten erreichten Finals (10) und Halbfinals (16). Federer qualifizierte sich 14 Mal hintereinander für das Saisonabschlussturnier (2002–2015), was ebenfalls einen Rekord bedeutet. Zudem hält er den Rekord für die meisten Teilnahmen insgesamt (17).


Olympia

Zu Olympischen Spielen hatte Federer seit jeher eine besondere Bindung, obwohl diese im Tennis nicht den höchsten Stellenwert besitzen. So schätzt der aufgeschlossene Zeitgenosse etwa die Begegnungen mit anderen Sportlern. 2000 in Sydney kam er mit Frau Mirka zusammen, 2004 und 2008 ist Federer der Schweizer Fahnenträger. Und er findet nach anfänglichen sportlichen Enttäuschungen auch zum Erfolg:

An der Seite des gross aufspielenden Stan Wawrinka gewinnt er 2008 in Peking im Doppel Gold – «Fedrinka» ist geboren.

2012 gewinnt er in London Silber im Einzel. Im Final lässt ihm Andy Murray, den Federer kurz zuvor in Wimbledon noch besiegte, keine Chance. 

Trotzdem überwiegt beim Baselbieter die Freude über die gewonnene Silbermedaille. «Was ich hier gelernt habe, werde ich wohl erst mit der Zeit realisieren. Alle Olympischen Spiele waren für mich essenziell, sie veränderten mein Leben: in Sydney, in Athen, in Peking. Die Chance, an Olympia dabei sein zu können, sollte man immer packen.»

Ein Bild geht um die Welt: Roger Federer beugt sich in Peking über den «heissen» Stan Wawrinka.
Ein Bild geht um die Welt: Roger Federer beugt sich in Peking über den «heissen» Stan Wawrinka.
Bild: Keystone

Davis Cup 

Im Davis Cup 2014 lebt der Geist von Peking (siehe Olympia) nach sechs Jahren noch einmal auf. In Lille gewinnen «Fedrinka» den Final gegen Frankreich, unter anderem dank eines Dreisatz-Sieges im Doppel gegen Richard Gasquet und Julien Benneteau. In der umgebauten Fussball-Arena in Lille sind auch zahlreiche Schweizer anwesend – es herrscht eine unglaubliche Atmosphäre. Am Schluss dürfen die «Helden von Lille» erstmals für die Schweiz die «Salatschüssel» in die Höhe stemmen und schreiben Sport-Geschichte.

So sehen Siger aus: Das Schweizer Davis-Cup-Team 2014 (v.l.n.r.; Severin Lüthi , Roger Federer, Stan Wawrinka, Marco Chiudinelli und Michael Lammer).
So sehen Siger aus: Das Schweizer Davis-Cup-Team 2014 (v.l.n.r.; Severin Lüthi , Roger Federer, Stan Wawrinka, Marco Chiudinelli und Michael Lammer).
KEYSTONE

Weltsportler des Jahres

Roger Federer wurde insgesamt fünf Mal als «Weltsportler des Jahres» ausgezeichnet (von 2005 bis 2008 sowie 2018). Er ist damit der einzige Sportler, dem die gläserne Statue fünfmal verliehen wurde. Sprintstar Usain Bolt und Rivale Novak Djokovic haben je vier Mal triumphiert. «Es ist ein absolutes Privileg, diese Auszeichnung zu erhalten. Das bedeutet mir sehr viel. Es ist eine grosse Ehre», meinte der Baselbieter nach der letzten Auszeichnung 2018. 

Auch in der Heimat räumt der Federer-Express ab. Gleich sieben Mal wurde der Tennis-Profi Schweizer Sportler des Jahres.


So erklärt Roger Federer seinen Rücktritt

So erklärt Roger Federer seinen Rücktritt

Roger Federer hat auf Instagram ein Video veröffentlicht, in dem er seinen Rücktritt vom Tennis erklärt. blue News fasst seine wichtigsten Aussagen zusammen.

15.09.2022


Anm. d. Red.: Teilweise mit Material von Keystone-SDA