Fauxpas mit Happy End Ein Versäumnis verhilft Roman Safiullin zum Wimbledon-Coup

Von Luca Betschart

11.7.2023

Roman Safiullin jubelt über den Viertelfinal-Vorstoss beim Traditionsturnier in Wimbledon.
Roman Safiullin jubelt über den Viertelfinal-Vorstoss beim Traditionsturnier in Wimbledon.
Bild: Imago

Der Russe Roman Safiullin stürmt bei seiner ersten Wimbledon-Teilnahme sensationell in den Viertelfinal. Eine versäumte Anmeldung der aktuellen Weltnummer 92 steht am Anfang seines Coups beim Rasen-Klassiker.

Von Luca Betschart

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Roman Safiullin qualifiziert sich in Wimbledon überraschend für den Viertelfinal und trifft da am Dienstag auf Jannik Sinner. 
  • Der Russe profitiert dabei von einer ungewöhnlich langen Rasen-Vorbereitung, die eigentlich nicht so geplant ist.
  • Auf ein Hotel-Upgrade verzichtet die aktuelle Weltnummer 92, obwohl er sich mit dem geschafften Viertelfinal-Einzug einen wertvollen finanziellen Zustupf verdient.

Vor dem dritten Grand-Slam-Turnier des Jahres an der Church Road im Südwesten Londons hat Roman Safiullin wohl niemand auf der Rechnung. Die aktuelle Weltnummer 92 kann in den ersten sechs Monaten des Jahres gerade mal sechs Siege einfahren – und stellt sich vor den French Open zusätzlich selbst ein Bein.

«Ich habe vergessen, mich anzumelden für die Qualifikation für Roland Garros, weil ich ein Match gegen Zapata (bei den Mutual Open in Madrid) hatte. Ich habe völlig vergessen, dass ich mich anmelden muss», gibt Safiullin gegenüber der «ATP» zu.

Immerhin: Der Fauxpas wirkt sich für den Russen nur bedingt aus. Denn er hätte bei den French Open schlussendlich sowieso nicht antreten können. «Wie sich herausstellte, verletzte ich mich in Rom und zog mich vom Turnier in Genf zurück. Ich wäre sowieso nicht fit gewesen, um die Quali in Paris zu spielen», erklärt Safiullin.

Die Rasen-Vorbereitung trägt Früchte

Zugleich gewährt ihm die Zwangspause die Chance, sich intensiv auf den Rasen-Klassiker in Wimbledon vorzubereiten. Safiullin kann gleich an drei Turnieren an seinem Rasen-Tennis feilen. In Stuttgart bleibt er nach einer enttäuschenden Auftaktpleite in der Qualifikation gegen die Weltnummer 295 hängen. In Halle und in Mallorca übersteht er die Quali, mehr als der Viertelfinal-Vorstoss in Mallorca liegt aber nicht drin.

Doch die vergleichsweise lange Vorbereitung für das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres zahlt sich aus. «Ich habe bei einigen Turnieren nicht so gut abgeschnitten, aber Schritt für Schritt habe ich das Spiel auf Rasen gelernt», glaubt Safiullin, der in Wimbledon zur Hochform aufläuft.

Dank Siegen über Bautista-Agut, Moutet, Pella und Shapovalov stösst der 25-Jährige überraschend unter die letzten Acht vor. «Es ist schwer zu realisieren, dass ich es in den Viertelfinal geschafft habe, besonders beim ersten Mal im Wimbledon-Hauptfeld. Ich habe in meiner Karriere noch nicht oft auf Rasen gespielt, deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich es geschafft habe», so der Australien-Open-Champion der Junioren aus dem Jahr 2015. 

Safiullin bleibt bescheiden

Safiullin erhält als Junior grosse Vorschusslorbeeren und weist in jungen Jahren auch Namen wie Rublev, Medvedev oder Khachanov in die Schranken. Doch im Gegensatz zum genannten Trio lässt sein Durchbruch auch wegen Verletzungspech auf sich warten. Erst im abgelaufenen Oktober stösst er in die Top 100 der Weltrangliste vor, so richtig in Fahrt kommt er aber auch in der Folge nicht, was sich auch auf das eingespielte Preisgeld auswirkt.

Entsprechend bedacht wählt Safiullin deshalb seine Unterkunft in Wimbledon aus. Der Russe haust in einem einfachen, kleinen Zimmer, wo es kaum genug Platz für seine Tennistasche gibt. Ein Fitnessstudio sucht man in seinem Hotel vergebens. Doch mehr will und kann sich Safiullin offenbar nicht leisten. 

Mit dem Einzug in den Wimbledon-Viertelfinal erspielt sich Safiullin einen dicken Batzen von über 380'000 Schweizer Franken. Ein Upgrade, was die Unterkunft angeht, will er sich deshalb aber nicht leisten. «Warum sollte ich das ändern? Es ist ein schönes Hotel. Natürlich ist es nicht wie fünf Sterne, aber ich mag das Bett», sagt Safiullin und macht vor dem Viertelfinal-Duell mit Jannik Sinner klar: «Für mich passt alles. Es ist eigentlich nicht so weit weg und es gibt nicht so viel Verkehr. Warum sollte ich es ändern?»