Ähnlich wie am Tag zuvor Novak Djokovic befreit sich auch Rafael Nadal aus einer schwierigen Situation. Der als Nummer 2 gesetzte Spanier gewinnt im Wimbledon-Viertelfinal gegen den Weltranglisten-14. Taylor Fritz in fünf Sätzen und trifft nun auf Nick Kyrgios.
Auf den Tag genau 14 Jahre nach dem legendären Final gegen Roger Federer, den manche als bestes Spiel der Tennis-Geschichte sehen, bot Rafael Nadal den 15'000 Zuschauern auf dem ebenso legendären Centre Court noch einmal Drama pur. Eine Verletzung am Bauchmuskel, ein 1:2-Satzrückstand gegen einen starken Gegner und nach 4:20 Stunden ein 3:6, 7:5, 3:6, 7:5, 7:6 (10:4), wie es 2008 noch nicht möglich gewesen wäre.
Nun aber setzte ein Match-Tiebreak bei 6:6 dem Spektakel ein Ende, und in diesem spielte der 22-fache Grand-Slam-Champion Nadal gegen den 24-jährigen Amerikaner Fritz in dessen erstem grossen Viertelfinal seine ganze Routine aus und dominierte nach einem schnellen 5:0 klar. Sonst aber hatte der zwölf Jahre ältere Spanier eine ganze Reihe von Widerständen zu brechen.
Eine Frage der Erfahrung
«Ich weiss nicht, wie ich das geschafft habe», meinte Nadal im Platzinterview hochzufrieden, aber auch müde. «Es ist die Energie dieses Centre Courts, die mich solche Leistungen erbringen lässt.» Er gab zu, dass «mit dem Bauchmuskel etwas nicht gut» sei und er beim Service deshalb umstellen musste. Ab Mitte des zweiten Satzes war die Aufschlagsgeschwindigkeit durchschnittlich 10 km/h tiefer. Nadal servierte praktisch nur noch zweite Aufschläge, versuchte aber mit der Platzierung möglichst viel herauszuholen.
Allerdings half auch Taylor Fritz mit. Der Kalifornier, einer der Aufsteiger des Jahres, besiegte Nadal im Final des Masters-1000-Turniers in Indian Wells, auch da war der Spanier allerdings durch eine (wie sich später herausstellte) gebrochene Rippe arg handicapiert. Am Ende konnte Fritz seine mangelnde Erfahrung und Kaltblütigkeit nicht kaschieren und beging zu viele unerzwungene Fehler.
Nadal aber steht in seinem 38. Major-Halbfinal – dem achten in Wimbledon. Nur Roger Federer (46) und Novak Djokovic (43) haben mehr. Als nächster folgt dann mit grossem Abstand Jimmy Connors (31).
Fragezeichen vor Halbfinal gegen Kyrgios
Er müsse nun schauen, ob und wie er in zwei Tagen gegen Nick Kyrgios antreten könne, gab sich Nadal nicht unbedingt zuversichtlich. «Ich hoffe, ich bin bereit.» Der «Bad Boy» Kyrgios steht nach Viertelfinals in Wimbledon 2014 und am Australian Open ein Jahr später erstmals in einem Major-Halbfinal. Als Teenager gewann er aber schon einmal auf dem Rasen von Wimbledon gegen Nadal. Die Aufgabe wird also gegen den aufschlagstarken und unberechenbaren Australier selbst in Vollbesitz der Kräfte alles andere als einfach. Noch aber wahrt sich Nadal nach seinen Siegen am Australian Open und in Paris die Chance auf den seit 1969 nicht mehr gesehenen Kalender-Grand-Slam.
«Dass ich nach 14 Jahren noch immer – oder wieder – da bin, hätte ich aber auch nicht gedacht», staunte Nadal über sich selber.
ck, sda