Polen Robert Lewandowskis schwierige Mission Achtelfinal

sda

30.11.2022 - 06:01

Robert Lewandowskis Erleichterung nach seinem ersten WM-Tor war riesig
Robert Lewandowskis Erleichterung nach seinem ersten WM-Tor war riesig
Keystone

Polen nimmt gegen Argentinien einen weiteren Anlauf, sich erstmals seit 36 Jahren für die K.o-Phase einer WM zu qualifizieren. Robert Lewandowski soll diesen nächsten Meilenstein ermöglichen.

Robert Lewandowski hat in seiner Karriere schon viele Tore geschossen, über 600 Mal hat der Pole in seiner Karriere bereits getroffen. Und doch gibt es Treffer, die emotional mehr wert sind als andere, und sich im Gedächtnis einbrennen. Am letzten Samstag gelang Lewandowski ein solcher Treffer. Kein besonders schöner wars. Lewandowski profitierte beim 2:0-Erfolg der Polen gegen Saudi Arabien von einem Fehler eines Verteidigers bei der Ballannahme, lief ein paar Schritte und schob den Ball locker mit dem linken Fuss in die weite Torecke. Dutzendfach hat der 34-Jährige so und ähnlich schon Tore erzielt. Und doch war es diesmal anders.

In dieser 82. Minute nahmen die Polen nicht nur einen weiteren Schritt zu ihrem ersten Sieg bei der WM in Katar, sondern konnte Lewandowski auch seinem eindrücklichen Leistungsausweis einen neuen Abschnitt hinzufügen. An seiner zweiten WM gelang Lewandowski sein erstes Tor. Wie viel ihm das bedeutet, zeigen die Tränen, die danach über sein Gesicht flossen. Mit dem Alter werde er emotionaler, meinte Lewandowski. «Ich habe immer davon geträumt, an einer WM zu treffen – nur schon, um zu unterstreichen, dass ich an diesem Turnier habe teilnehmen können.»

Warten seit 1986

Saudische Fans hatten vor der Partie ein Transparent kreiert, auf dem sie die Frage aufwarfen «Where is Lewandowski?» und damit implizit darauf anspielten, dass der Stürmer in der Vergangenheit gerade in der Nationalmannschaft in wichtigen Partien oft unsichtbar und wirkungslos geblieben war. Nun, nachdem der Druck der Torlosigkeit nicht mehr auf seinen Schultern lastet, ist gut möglich, dass Lewandowski weitere Treffer folgen lässt. Was auch nötig sein könnte, um überhaupt im Turnier zu bleiben und erstmals seit 1986 einen WM-Achtelfinal bestreiten zu dürfen.

Die Polen führen die Gruppe C zwar etwas überraschend vor ihrem letzten Gegner Argentinien an, haben dadurch die Achtelfinal-Qualifikation aber noch nicht auf sicher, da sowohl die Saudis als auch Mexiko Chancen besitzen, sich im Direktduell den Verbleib im Turnier zu sichern.

Diskussionen ums System

Polens Erfolg ist sehr oft mit der Form und der Wirksamkeit Lewandowskis verknüpft. Dass er auf Klubebene effektiver agiert, ist kein Geheimnis. Für Barcelona hat er in dieser Saison in 19 Partien wettbewerbsübergreifend 18 Mal getroffen. Diese Diskrepanz hat in Polen auch schon zu Diskussionen geführt, ob Trainer Czeslaw Michniewicz, der das Amt Anfang Jahr vom ehemaligen FC-Basel-Trainer Paulo Sousa übernommen hat, seine Spieler richtig einsetzt oder ob sein bevorzugtes 3-5-2-System nicht zu defensiv ist und Lewandowski somit seiner grössten Stärke beraubt.

Polen ist kein Team, das mit mitreissendem Offensivfussball die Massen begeistert. Vor der WM schrieben wohl die wenigsten die Polen als ihren Weltmeistertipp auf. In der Aussenwahrnehmung sind sie zwar dabei, aber unauffällig, und dann schon bald wieder weg, ohne im Wüstensand Katars grosse Spuren hinterlassen zu haben.

Polen setzt auf Stabilität und Organisation. Dass dies nicht zwingend den Einfluss Lewandowskis minimieren muss, zeigte der zweifache Weltfussballer gegen Saudi Arabien, als er nicht nur traf, sondern den ersten Treffer von Piotr Zielinski auflegte. Doch für konstanten Erfolg müsste er dies wohl öfter zeigen. Ob da eine entscheidende Partie gegen Argentinien und den gut aufgelegten Lionel Messi die richtige Bühne dafür ist?

Im riesigen Pressezentrum in Doha machten nach dem Spiel gegen Saudi Arabien zwei polnische Journalisten Interviews mit ausländischen Medienschaffenden und baten sie um eine Einschätzung zum polnischen Team und dessen Potenzial an dieser WM. Es ist ein Indiz dafür, dass die Polinnen und Polen selber nicht genau wissen, was in dieser Mannschaft steckt.

sda