Arise, Sir Manuel Akanji Von der Presse gehuldigt, von Guardiola zum Ritter geschlagen

Von Tobias Benz

11.10.2022

Manuel Akanji spielt bei ManCity derzeit ganz gross auf.
Manuel Akanji spielt bei ManCity derzeit ganz gross auf.
Bild: KEYSTONE

Im Schatten Erling Haalands mausert sich in Manchester ein Schweizer zum heimlichen Star der Milliarden-Truppe von Pep Guardiola. Sein Name: Sir Manuel Akanji. Ein Kommentar.

Von Tobias Benz

«Er ist ein Geschenk!» – mit ausgestreckten Armen und dem Blick gen Himmel ringt Pep Guardiola nach dem 4:0-Sieg Manchester Citys über Southampton sichtlich nach Worten. Gemeint ist dabei weder Wunderstürmer Erling Haaland noch der aktuelle Ölpreis. Empfänger der minutenlangen Lobeshymnen des spanischen Trainergenies ist kein anderer als: Nati-Verteidiger Manuel Akanji.

«Das ganze Paket», blafft der Spanier an der Pressekonferenz und atmet dabei deutlich hörbar aus: «Pffff, es ist perfekt!» PER-FEKT! Dieses Wort aus dem Munde des erfolgreichsten Fussballtrainers der Neuzeit, das ist der verbale Schlag mit dem Schwert auf Hals, Nacken und Schulter. Aufstehen, Sir Manuel, Sie sind in den Ritterstand erhoben.

«Manchmal kauft man die richtigen Spieler, manchmal nicht», holt Guardiola nach dem jüngsten Kantersieg vor versammelter britischer Fussballpresse aus und erklärt bis ins kleinste Detail, weshalb dem im beschaulichen Wiesendangen geborenen Akanji solche Ehre gebührt.

«Mit diesem Typ brauchst du nur ein Training»

«Wir haben eine neue Waffe bei Standardsituationen und langen Bällen», verkündet der Spanier. «Nathan (Aké) und John (Stones) sind nicht immer konstant genug, wenn sie alle drei Tage spielen müssen. Deshalb habe ich im Sommer gesagt: ‹Für diese Saison brauchen wir einen neuen Stürmer und einen neuen Innenverteidiger›», verrät der 51-Jährige.

«Ich kannte ihn nicht persönlich. Aber bei ihm merkst du sofort, dass er intelligent ist. Mit diesem Typ brauchst du nur eine Trainingsession. Mein Assistent für Standardsituationen hat mir gesagt: ‹Du musst ihm die Dinge ein einziges Mal erklären und dann weiss er es.› Die Bewegungen und Abläufe sowie defensiv als auch offensiv, die trainiert er ein Mal und führt sie dann perfekt aus. Das ist ein Geschenk für den Trainer. Und dann ist er auch noch eine exzellente Person.» Guardiola ist sichtlich begeistert. Wie der Fussball-Connaisseur, der er ist, formt der Erfolgscoach dabei Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis und küsst die Fingerspitzen.

Kein Witz, das hat er tatsächlich getan! Für alle Ungläubigen in der Folge der Videobeweis.

Was den Taktik-Freak an Akanji aber am meisten beeindruckt, ist seine Flexibilität. Der Schweizer, der seit seinem Wechsel bisher jedes Mal auf dem Platz stand, wenn er einsatzfähig war, kommt gegen Southampton während 90 Minuten auf der rechten Aussenverteidigerposition zum Einsatz. Für den Nati-Kicker natürlich kein Problem.

«Bei unserem Aufbauspiel spielen wir hinten mit drei Spielern. Normalerweise haben wir da Kyle (Walker) oder John (Stones) auf der rechten Seite. Wir dachten, Akanji kann das auch, aber wir waren ein bisschen unsicher, weil wir es bis heute noch nicht beweisen konnten. Er musste dann auch nach vorne, um das Pressing aufzuziehen und bei den Flanken am zweiten Pfosten zu stehen», sagt Guardiola und verkündet strahlend: «Er hat es nicht ein einziges Mal falsch gemacht. Es war absolut perfekt!»

«Heute haben wir herausgefunden, dass wenn wir mit drei hinten spielen und jemanden auf der rechten Seite brauchen – wow!», staunt der 51-Jährige. «Das zeigt einmal mehr, dass er eine intelligente Person ist. Manu hat einen enormen Einfluss, seit er zu uns gekommen ist. Der Verein hat einen unglaublichen Transfer gemacht. Einen richtig, richtig, richtig guten.»

«Besserer Transfer als Haaland»

Solche Worte aus dem Mund eines Trainers und Mentors von Fussballgrössen wie Lionel Messi, Andres Iniesta oder Xavi Hernandez – da würde manch Fussballer schneller abheben als Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyans Privatjet, mit dem er nie an die Spiele seiner Mannschaft fliegt.

Aber nicht nur der ManCity-Besitzer und sein Ex-Barça- und Bayern-Trainer sind beeindruckt, auch bei der britischen Presse ist die Meinung gemacht.

«Der bessere Transfer als Haaland», titelt der «Independent» am Sonntag und argumentiert: «Schliesslich war es immer eine Selbstverständlichkeit, die Ausstiegsklausel eines Generationstalents zu nutzen, auch wenn praktisch alle europäischen Spitzenklubs mit ihm konkurrierten. Für Manuel Akanji gab es viel weniger Aufsehen und viel weniger Interessenten.» Die Verpflichtung des Schweizers für 17 Millionen Euro bezeichnet das Blatt als «Steal of the Season» – den «Diebstahl der Saison» – und stellt Edin Terzics und Borussia Dortmunds Verkaufsentscheid im Sommer ungläubig infrage.

Andere Zeitschriften singen dieselben Hymnen. Der «Mirror» schreibt von einem «beeindruckenden und mühelosen» Start in seine ManCity-Karriere. Der «Telegraph» hält die Ablösesumme für «lächerlich» und die «Times» erklärt den Schweizer kurzerhand zur «perfekten Ergänzung» für Guardiolas Mannschaft.

Lob gibt's auch von City-Edelfan Liam Gallagher. Der Leadsänger der britischen Rockband Oasis sieht im Nati-Verteidiger den neuen Vincent Kompany. Der Belgier hatte die Abwehr der Citizens als Captain über Jahre angeführt und mit den Skyblues vier Mal die englische Meisterschaft gewonnen.

Mathegenie Akanji: «Läuft wirklich gut für mich»

Natürlich gehen die Tage auch Akanjis Kopfrechenkünste viral. Was in der Schweiz längst zum Allgemeinwissen zählt, begeistert dank eines Video-Interviews beim britischen TV-Sender «Sky» aktuell ganz England. Der Clip, in dem der 27-Jährige – wie einst bei SRF – seine Mathematik-Kenntnisse unter Beweis stellt, wurde auf Twitter bereits dreieinhalb Millionen Mal abgespielt. Der Begeisterung um seine Person tut das selbstverständlich keinen Abbruch. «Akanji ist ein menschlicher Supercomputer!», liest sich in unzähligen Kommentaren auf Social Media. Selbst Transfer-Guru Fabrizio Romano ist erstaunt. «Das ist die Überraschung des Tages», twittert der Italiener.

Etwas schwieriger als ein paar Rechenaufgaben dürfte die am Samstag anstehende Partie bei Erzrivale Liverpool sein. Auch dann ist mit dem Schweizer in der Startformation zu rechnen. Dasselbe gilt für die Champions-League-Partie am Dienstagabend gegen den FC Kopenhagen (live auf blue Sport).

Akanji selbst gibt sich trotz der hohen Schlagzahl gelassen. «Ich denke, dass es bisher wirklich gut für mich gelaufen ist. Ich versuche, das jeden Tag im Training zu machen, und das macht es mir im Spiel leichter», so der Nati-Verteidiger im Interview mit dem hauseigenen TV-Kanal der Himmelblauen vergangene Woche. «Sie wussten, dass ich in dieses System passe, aber meine Mannschaftskameraden haben es mir auf dem Platz auch leicht gemacht und mir viele Lösungen angeboten.»

Läuft also bei Sir Manuel. Und während sie in Dortmund dastehen wie die Kühe, wenn's donnert, sagen wir: Long may it continue!