Zwischen 2016 und 2018 stand Lucien Favre während zwei Saisons bei Nizza an der Seitenlinie. Er schaffte es, Skandal-Kicker Mario Balotelli zu zähmen. Doch seit Favres Abgang ist der Italiener wieder «der Untrainierbare».
Mario Balotelli galt einst als eines der grössten Stürmertalente überhaupt. An der EM 2012 hatte er seinen ganz grossen Auftritt und schoss Italien mit einem Doppelpack gegen Deutschland in den Final. Im Endspiel unterlagen die Italiener den Spaniern dann allerdings mit 0:4.
Balotelli spielte ins seiner Karriere schon für die beiden Mailänder Spitzenklubs AC Milan und Inter, in England feierte er Erfolge mit Manchester City und auch für Liverpool lief er schon auf. Doch immer wieder sorgte er abseits des Platzes für Negativschlagzeilen und so landete er Ende August 2016 bei Nizza. Sein Trainer dort war kein Geringerer als Lucien Favre.
Und der Schweizer schaffte das schier Unmögliche: Unter seiner Führung spielte Balotelli plötzlich wieder ganz gross auf, Negativschlagzeilen gehörten plötzlich der Vergangenheit an. Zwar kassierte er für einen Stürmer viel zu viele Karten, doch seinen Torriecher hat er wiedergefunden. Balotelli erzielte unter Favre in wettbewerbsübergreifend 66 Spielen 44 Tore. Seit der Schweizer im Sommer Nizza verliess, hat der Italiener nie mehr getroffen und landete wegen Disziplinlosigkeiten auf dem Abstellgleis.
Balotelli unter Favre und Nachfolger Viera
Saison 16/17 (unter Favre)
Ligue 1: 23 Spiele, 15 Tore, 1 Assist
Europa League: 4, 1, 0
Coupe de la Ligue: 1, 1, 0
Saison 17/18 (unter Favre)
Ligue 1: 28 Spiele, 18 Tore, 1 Assist
Europa League: 7, 6, 1
Champions-League-Quali: 2, 1, 0
Coupe de la Ligue: 1, 1, 0
Saison 18/19 (unter Viera)
Ligue 1: 10 Spiele, 0 Tore, 1 Assist
Gemäss der französischen «L’Equipe» ist Balotelli im November vor einem Testspiel ausgerastet und wollte auf seinen Trainer Patrick Vieira los. Staff-Mitglieder mussten eingreifen, um Schlimmeres zu verhindern. Trotz dieser Auseinandersetzung liess Vieira, der als Spieler mit Frankreich 1998 Weltmeister und 2000 Europameister wurde, Balotelli im darauf folgenden Meisterschaftsspiel auflaufen. Vieira meinte darauf angesprochen: «Ich darf nicht einen Spieler nicht einsetzen, nur weil er mir auf den Wecker geht.» Balotellis Vertrag werde man im kommenden Sommer aber nicht verlängern, das habe man dem Spieler bereits mitgeteilt.
Inzwischen sucht man Balotellis Name jeweils vergeblich auf dem Matchblatt des Tabellenzehnten. Vieira meinte dazu: «Ich habe Lust, Balotelli an eine Wand oder an den Kleiderständer zu hängen. Ich muss aber nachdenken, bevor ich den Mund aufmache, weil ich einen Spieler verlieren und es bereuen könnte.»
Der 28-Jährige will den Verein ohnehin verlassen. Vergangene Woche kritisierte er bei «L’Equipe» seine Mitspieler öffentlich: «Wir kriegen nicht einmal zwei Pässe hin. Ich will wieder in einen Top-Klub.» Stellt sich bloss die Frage, ob auch die Top-Klubs an einer Verpflichtung des Skandal-Kickers interessiert sind. Denn ausser Favre hat es noch kein Coach geschafft, den einst so hochgelobten Stürmer zu zähmen.
