
Für einmal bewegt Ricardo Rodriguez nicht auf dem Fussballplatz, sondern auf LinkedIn. Der Nati-Star, der mit einer Zwerchfellhernie auf die Welt kam, erzählt, wie er ums Leben kämpfte. Er gewährt tiefe und intime Einblicke in seine Gefühlswelt und berührt Leserinnen und Leser.
Keine Zeit? blue Sport fasst für dich zusammen
- Nati-Star Ricardo Rodriguez erobert die Herzen der Fans mit einem emotionalen Post auf LinkedIn.
- Der 125-fache Nati-Crack schreibt, wie er am 25. August 1992 mit einer angeborenen Zwerchfellhernie zur Welt kam. Die Chance zu überleben, habe bei 50 Prozent gelegen.
- «Für meine Familie war das ein Albtraum. Für mich? Es war einfach das Leben, wie ich es kannte. Ich kannte den Geruch von Krankenhausfluren, bevor ich überhaupt sprechen konnte», schreibt Rodriguez.
- Rodriguez hofft, mit seinen persönlichen Zeilen auch anderen Menschen Mut zu machen, die vor ähnlich schwierigen Herausforderungen stehen.
Mit 125 Länderspielen ist Betis-Verteidiger Ricardo Rodriguez (32) hinter seinem Kumpel Granit Xhaka (135 Spiele) auf Rang 2 der Schweizer Rekord-Nationalspieler. Cooler als Rodriguez verteidigt kaum einer. Der Zürcher, der auch schon für Wolfsburg, Milan, PSV Eindhoven und Torino spielte, ist zweifellos einer der erfolgreichsten Schweizer Fussballer aller Zeiten.
Das Foto, wie er 2014 im WM-Achtelfinal in Brasilien den wohl grössten Fussballer aller Zeiten klein aussehen lässt, geht um die Welt.

Seither hat er sich mit diversen Stürmerstars erbitterte Zweikämpfe geliefert.
Seinen grössten Kampf hat Rodriguez aber längst gewonnen. Er kam am 25. August 1992 mit einer angeborenen Zwerchfellhernie zur Welt. Ricis Bauchorgane wie Magen, Milz, Leber und Darm hatten sich durch eine Lücke im Zwerchfell in seinen Brustkorb verlagert. Wäre er mit dieser Krankheit zehn Jahre früher auf die Welt gekommen, hätte man ihn nicht retten können.
Sein Onkel legte Klein-Rici eine Madonna ins Bettchen
Weil die Krankheit schon vor der Geburt festgestellt wird, stirbt er nicht bei der Geburt, sondern wird sofort operiert und kriegt eine Chance von 50 Prozent, dass er überlebt. Die Ärzte schicken sogar einen Seelsorger ins Zimmer – in der Ungewissheit, ob der Kleine die Operation überleben wird. Grossvater Nelson wirft den Seelsorger aber sofort wieder aus dem Zimmer. «Mein Enkel ist genug stark. Er wird es mit Sicherheit überleben!», meint er. Sein Onkel legt dem Kleinen ein Madonna-Bildchen ins Bettchen. Sie solle auf ihn aufpassen.
Madonna und Ärzte machen ihren Job hervorragend. Kaum 18 lässt sich Rici die Madonna in seinen rechten Oberarm tätowieren.
Diese Woche erzählt er in einem bewegenden Eintrag auf LinkedIn von seinem schwierigen Start ins Leben, von seinem Kampf, seinen Gefühlen. Er schreibt: «Für meine Familie war das ein Albtraum. Für mich? Es war einfach das Leben, wie ich es kannte. Ich kannte den Geruch von Krankenhausfluren, bevor ich überhaupt sprechen konnte.» Und: «Aber als Kind hinterfragst du das nicht. Ihr kennt das sicher: Du denkst nicht daran, wie schwer etwas ist – du denkst an Dinge wie Fussball, an Freunde und daran, wann du endlich wieder draussen spielen kannst. Natürlich war ich ‹anders›. Aber kein Kind will anders sein. Ich wollte dazugehören, einfach so sein wie die anderen. Vielleicht war es genau diese Leichtigkeit, die mir half, immer weiterzumachen. Wenig nachdenken, einfach tun.»
«Es gibt kaum etwas Wertvolleres, als die Hoffnung»
Rodriguez hofft mit seinen persönlichen Zeilen auch anderen Menschen helfen zu können, die vor ähnlich schwierigen Herausforderungen stehen. «Mein Rat? Mach dir weniger Gedanken darüber, was alles nicht geht. Fang einfach an. Die wahre Stärke liegt nicht darin, perfekt zu sein – sondern darin, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen, auch wenn es schwerfällt. Am Ende zählt nicht, wie schnell du bist, sondern dass du ankommst – bei deinen Zielen, deinen Träumen.»
Er bedankt sich bei seinen Liebsten. «Es gibt kaum etwas Wertvolleres, als die Hoffnung und die Menschen um dich herum, die dich dabei tragen (...) Wenn ich heute darüber nachdenke, was mich durch all das getragen hat, dann war es nicht dieser «Kampfgeist», den man mir als Spieler oft nachsagt. Es war meine Familie, die mir den Rücken gestärkt hat und der Sport, der mir Halt und Freude gegeben hat.»
Dieser Post bewegt Menschen auf Social Media
Dass sein Post bewegt, sieht man an den Reaktionen der Userinnen und User. Einer schreibt: «Super, Ricardo. In der heutigen Welt von Insta und FB, sehen wir immer wieder die Erfolge, die Schokolade-Seite, die glamourösen Momente. Gerade die nächste Generation braucht mehr Ehrlichkeit, mehr Demut, mehr Dankbarkeit. Schwierigkeiten hinter sich zu lassen, Aufzustehen, Weiterzumachen, Durchzuhalten, das sehen wir wenig. Deine persönliche Geschichte so aufzuzeigen, braucht Mut. Du bist damit ein geniales Vorbild. Danke fürs Teilen!»
Ein anderer meint: «Ich habe Ihre Zeilen eben meiner Frau vorgelesen und wir haben uns danach die Hand gereicht. Dank 🙏.»
Besonders bewegend ist die Reaktion einer Userin, die schreibt: «Mein Sohn wurde auch mit einer Zwerchfellhernie geboren. Er ist jetzt 8 Wochen alt und kämpft sich ganz toll durch. Es ist schön zu lesen, dass sich alles zum Guten wenden kann ❤️.»