Gelbschwarz-Derby Die Verschwörung, die keine war

SDA

15.9.2018 - 03:59

Kein Trainer der Super League ist in so sicherer Position wie Gerardo Seoane von den Young Boys (rechgts).
Kein Trainer der Super League ist in so sicherer Position wie Gerardo Seoane von den Young Boys (rechgts).
Source: Keystone

Gelbschwarz gegen Gelbschwarz, Schaffhausen gegen die Young Boys. Dies ist eines der attraktivsten Duelle in den Cup-Sechzehntelfinals vom Wochenende.

Am 10. Mai 1988 standen sich die beiden Mannschaften in einem Spiel gegenüber, das in die Geschichte einging. Der damalige B-Klub Schaffhausen schafften im Cup-Halbfinal die grosse Überraschung mit einem 1:0-Sieg gegen YB im Wankdorf. In den Saisons davor waren die Berner Meister (1986) und Cupsieger (1987) geworden.

Aber an jenem verregneten Dienstagabend im Frühling 1988 war die Welle der Begeisterung in Bern längst verebbt. Von der Stammelf des Meisterteams waren noch Goalie Urs Zurbuchen, die treuen Defensiven Jean-Marie Conz, Martin Weber und Jürg Wittwer sowie Stürmer Dario Zuffi übriggeblieben. YB war in der NLA wieder nur ein Mitläufer wie in den 26 Saisons vor dem Meistertitel.

«Jeder von uns gab alles, um in den Final zu kommen»

Die Young Boys bissen sich am Underdog die Zähne aus. Der Aussenseiter war jedoch nicht namenlos: der Ur-Schaffhauser Stephan Lehmann im Tor, Rolf Fringer Libero hinter zwei Manndeckern, die Dario Zuffi und Björn Nilsson abmeldeten, der 2016 verstorbene Uwe Dreher im Mittelfeld, Roberto Di Matteo als eingewechselter Offensivspieler. Lehmann musste in der ersten Halbzeit ein paar gute Paraden zeigen. Später immer weniger. Schaffhausen hatte zwei Matchwinner: Marco Filomeno, der Urs Zurbuchen eine Viertelstunde vor Schluss mit einem haltbaren Weitschuss überraschte, und den jungen Ralph Heydecker, der YBs schwedischen Spielmacher Hasse Holmqvist aus dem Spiel nahm.

In den Tagen nach dem Match machte in und um Bern eine Verschwörungstheorie die Runde: Die Spieler hätten Meistertrainer Alexander Mandziara loswerden wollen. Tatsächlich wurde der Pole sechs Tage nach der Schmach im Cup und zwei Tage nach einem 0:6 in Genf gegen Servette entlassen. Martin Weber kann heute jedoch nur lächeln, wenn er an die angebliche Verschwörung in der Garderobe denkt. «Wir waren im Halbfinal. Jeder von uns gab alles, um in den Final zu kommen», sagt der heute 60-jährige Seeländer. «Es war einfach eines dieser Spiele, wie sie immer wieder vorkommen. Es wollte nichts gelingen. Und dann passierte dem Ürsu (Zurbuchen) noch dieser Bock beim Weitschuss. In der zweiten Halbzeit schüttete es, und alles wurde nur noch schwieriger.»

Achtung, gefährlicher Leihspieler!

Vor dem Spiel am Samstag kann man eine Verschwörung gegen den Trainer - diesmal Gerardo Seoane - gänzlich ausschliessen. Kein Trainer der Super League sitzt so fest im Sattel wie er. YB ist haushoher Favorit. Schaffhausen, die Mannschaft aus dem Mittelfeld der Challenge League, wirft aber diesmal den Heimvorteil in die Waagschale. Präsident Aniello Fontana rechnet mit gegen 5000 Fans im schmucken neuen Stadion.

Schaffhausen argumentiert aber auch mit Miguel Castroman. Der 23-Jährige ist Spielmacher und Goalgetter in einem. In den sechs Partien dieser Saison hat er sechsmal getroffen. Das Pikante am Hispano-Berner: Er ist eine Leihgabe der Young Boys.

Die Berner wissen nur zu gut, dass sie sich vor eigenen, aber ausgeliehenen Spielern hüten müssen. Ihr heutiger Goalie David von Ballmoos ermöglichte die Cup-Überraschung vom März 2017, als YB den Viertelfinal daheim gegen Winterthur im Penaltyschiessen verlor. Der Emmentaler aus Heimiswil wehrte in jenem Match mehrere Schüsse ab, die er nicht hätte abwehren müssen. Auf die nachfolgende Saison wurde er von YB und Sportchef Christoph Spycher zurückbeordert. Vielleicht wird Miguel Castroman schon bald den gleichen Weg gehen – als Bezwinger seines Besitzers.

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