Die Hand Gottes hat Diego Armando Maradona in den Himmel geholt. Die argentinische Fussball-Legende ging als Genie am Ball und Gescheiterter im Leben.
Als Diego Maradona am 30. Oktober dieses Jahres seinen 60. Geburtstag feierte, staunte manch einer nicht schlecht. Nicht dass der Argentinier in blendender Verfassung gewesen wäre. Was überraschte, war, dass Maradona diese Altersmarke überhaupt erreichte. Er musste nicht nur ein gar aussergewöhnlicher Fussballer gewesen sein, sondern auch mit sieben Leben ausgestattet. Mehrmals war Maradona dem Tod von der Schippe gesprungen. Ein weiteres Mal gelang es ihm nicht. Nach einer Operation am Gehirn Anfang November wollte sich Maradona in seinem Haus am Stadtrand von Buenos Aires erholen. Ein Herzinfarkt durchkreuzte den Plan.
Über keinen anderen Fussballer entstand eine solche Kontroverse wie über Diego Armando Maradona, den Goldjungen aus dem Armenviertel Villa Fiorito im Süden von Buenos Aires. Auch ausserhalb Argentiniens ist «El Pibe de Oro» für viele der Grösste, den dieser Sport je gesehen hat. Andere halten ihn für eine gescheiterte, bemitleidenswerte Existenz, die den Drogen, dem Alkohol und den Frauen verfallen war und während seiner Zeit in Neapel zum Spielball der Camorra wurde.
Maradonas Leben war die Geschichte von seinem Aufstieg und Fall, von der Magie auf dem Rasen sowie Sucht, Exzessen, Abstürzen und Skandalen im Privaten. Dank seines Talents und Könnens wurde Maradona bereits in jungen Jahren zum Hoffnungsträger und Oberhaupt der Familie. Er stieg zum besten und spektakulärsten Spieler seiner Generation auf, verzauberte in Neapel eine ganze Stadt, wurde von den Tifosi vergöttert und schliesslich doch verstossen.
«Hand Gottes» und «Tor des Jahrhunderts»
In der süditalienischen Stadt am Vesuv erlebte Maradona seine glanzvollste Zeit im Klubfussball. Als Solokünstler führte er seine durchschnittlich bestückte Mannschaft 1987 und 1990 zu den bis heute einzigen Meistertiteln. Auf der anderen Seite akzentuierten sich in der von der Mafia unterwanderten Stadt die menschlichen Abgründe des Superstars. Die Öffentlichkeit erlebte mit, wie dem Ballkünstler die Kontrolle über das Leben entglitt.
Auf dem Platz zeigten sich die Extreme von Maradonas Persönlichkeit nie offensichtlicher als am 22. Juni 1986 im Aztekenstadion in Mexico City, als Argentiniens Nummer 10 im WM-Viertelfinal gegen England (2:1) innerhalb von knapp vier Minuten die neben dem Wembley-Treffer 1966 berühmtesten Tore in der Historie des Fussballs erzielte. Das 1:0 ging als die «Hand Gottes» in die Geschichtsbücher ein, das Solo zum 2:0 als «Tor des Jahrhunderts».
Nie war ein einzelner Spieler an einem grossen Turnier so dominant wie Maradona an jener WM 1986 in Mexiko. Praktisch im Alleingang führte er auch hier eine mässig talentierte Mannschaft zum WM-Titel, dem zweiten für die Albiceleste nach 1978.
Trainer, Moderator, Drogensüchtiger
Auch nach der Karriere blieb Maradonas Leben unstet. Er versuchte sich als Trainer mit bescheidenem Erfolg und neben dem Fussballfeld als Moderator in seiner eigenen Sendung. Seine Trainer-Engagements in seiner Heimat, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Mexiko endeten eher früher als später. Auch seine Tätigkeit als Präsident des weissrussischen Klubs Dynamo Brest 2018 blieb ein kurzes Intermezzo. Die argentinische Nationalmannschaft führte er an der WM 2010 in den Viertelfinal, den sie gegen Deutschland nach einem taktischen Debakel 0:4 verlor. Ab 2019 trainierte Maradona den argentinischen Erstligisten Gimnasia aus La Plata.
Sein Suchtproblem bekam Maradona nie in den Griff. Noch vor seinem 40. Geburtstag erlitt er einen Herzinfarkt als Folge einer Überdosis Kokain. Später folgten weitere längere Spital-Aufenthalte; mal wegen Alkoholmissbrauchs, mal wegen einer Hepatitis, mal wegen seines chronischen Übergewichts, weswegen er sich einer Magenverkleinerung unterzog, und zuletzt wegen des Blutgerinnsels im Gehirn.
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