Jogi ruft, Ferien abgesagt Nils Petersen: «Meine Freundin war positiv schockiert»

pat

30.5.2018

Nils Petersen bei einem Medientermin.
Nils Petersen bei einem Medientermin.
Bild: Keystone

Der 29-Jährige Nils Petersen war schon im Ferienmodus, als er die drei verpassten Anrufe von Jogi Löw auf seinem Handy entdeckte. Nun ist er auf bestem Weg, sein WM-Ticket zu lösen.

In der Saison 2010/11 wurde Petersen mit 25 Treffern Zweitliga-Torschützenkönig. Es folgte der Wechsel von Cottbus nach München, doch bei den Bayern schaffte er den Durchbruch nicht. 2012 verpflichte ihn Werder Bremen, 2015 wechselte er nach Freiburg, wo er auch über diese Saison hinaus bleiben wird. In 156 Bundesliga-Spielen erzielte Petersen 54 Treffer. An den Olympischen Spielen 2016 in Rio wurde Petersen mit sechs Treffern Torschützenkönig und holte Silber. Die «Badische Zeitung» hat mit Nils Petersen gesprochen. Das ganze Interview lesen Sie hier.

Für die Deutsche A-Nati hat er aber noch kein einziges offizielles Länderspiel bestritten und deshalb hat er selbst nicht mit einem WM-Aufgebot gerechnet. Der Bundestrainer versuchte ihn dreimal zu erreichen, ohne Erfolg. Denn Petersen war mit seinen Mannschaftskollegen auf Mallorca und hatte das Handy nicht immer griffbereit. Er habe die Nummer gekannt und zurückgerufen, das hat sich gelohnt. «Er hat mir dann gesagt, dass ich im vorläufigen Kader stehe.»

Die Ferien waren schon gebucht

Er habe es aber zuerst nur seinem Zimmerkollegen «Chico» Höfler erzählt: «Ich musste ihm ja erklären, warum ich am nächsten Morgen zurückfliegen und mich am Abend zurückhalten werde.» Und dann musste er auch noch seine Freundin informieren. «Ich war ja schon im Entspannungsmodus. Der Urlaub war auch schon gebucht. Ich musste also erstmal meine Freundin anrufen und ihr sagen, dass wir die Kreuzfahrt stornieren müssen. Sie hat erst gedacht, ich erzähle Blödsinn.» Und dann? «War sie positiv schockiert», so Petersen.

Er habe auch erst im Nachhinein realisiert, dass der Bundestrainer beim letzten Heimspiel gegen Augsburg im Stadion zugegen war. «Vielleicht haben die Leute auch jeden Tag zu ihm gesagt ‚nimm Petersen mit‘. Irgendwann konnte er es dann nicht mehr hören und hat es einfach gemacht», witzelt der Stürmer. Und dann im Ernst: «Ich habe mit gar nichts gerechnet. Sonst wäre ich ja gar nicht nach Mallorca geflogen, sondern hätte den Jungs unter irgendeinem Vorwand gesagt: ‚Sorry, ich bleibe zu Hause‘.»

Früher haute er sich gerne Gordon Bleus in die Pfanne

Löw hat Petersen in erster Linie nominiert, weil er ein so guter Joker ist (67 Einwechslungen, 20 Tore – das ist Bundesliga-Rekord!). In dieser Saison stand er im Verein aber so gut wie immer in der Startelf. Er sieht darin aber keinen Widerspruch: «Mir ist schon klar, dass ich in der Nationalmannschaft nicht für die erste Elf geplant bin.» Dass er in den letzten Jahren ein neuer Spieler geworden sei, glaubt er nicht, schiebt dann aber nach: «Ich weiss, dass ich meine acht, neun Stunden Schlaf brauche. Da habe ich im jugendlichen Alter nicht eine Sekunde dran gedacht. Da habe ich mir zwischen zwei Trainingseinheiten gefrorene Cordon Bleus in die Pfanne gehauen. Hinzu kommt, dass ich in Freiburg eine besondere Wertschätzung gespürt habe. Ich brauche ein Umfeld, in dem ich mich wohlfühle, wo ich weiss, ich kann auch mal zwei schlechte Spiele haben und bin nicht sofort raus.»

Im DFB-Training sei er ein wenig nervös. «Das gebe ich zu. Auch wenn ich schon etwas älter bin: Es ist so, als wenn du in eine neue Schulklasse kommst. Natürlich gehe ich hier anders in die Einheiten rein als beim SC Freiburg.» Um mithalten zu können, müsse er ans Limit gehen.

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Petersen weiss, was er Freiburg zu verdanken hat

Dass er seinen Vertrag in Freiburg vorzeitig verlängert hat, bereut der torgefährliche Stürmer nicht, auch wenn sich nach der WM vielleicht neue Türen geöffnet hätten. «Ich habe nicht ohne Grund verlängert. Auch wenn ich seinerzeit gewusst hätte, dass ich in den Kader berufen werde, wäre meine Entscheidung so gefallen. Natürlich ist es spannend, den Jungs hier zuzuhören, wenn Sie beim Essen erzählen, wie es in Manchester, Barcelona oder Turin so läuft.» Aber er sei auch dankbar, denn dank Freiburg habe er es zu Olympia geschafft und nun ins vorläufige WM-Kader. «Ich werde jetzt sicher nicht irgendwelche Flausen im Kopf kriegen und das aufgeben.»

«Sitze manchmal im Zimmer und google die Namen»

Überrascht sei er gewesen, als er am Flughafen ankam und all die DFB-Mitarbeiter sah. «Das Team hinter dem Team ist grösser als der Spielerkader. Da ich jedem Respekt entgegenbringen will, sitze ich manchmal auf dem Zimmer und google die Namen, um zu wissen, wer genau wer ist. Ich will ja allen gerecht werden. Nicht dass ich zum Zeugwart gehe und ihn um psychologische Hilfe bitte. Oder andersherum.»

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