Die Young Boys geraten im Kampf ums europäische Überwintern in die Bredouille. Der Schweizer Meister verliert bei Villarreal aufgrund einer Nachlässigkeit 0:2 und geht als Gruppenletzter ins Restprogramm gegen Atalanta Bergamo und Manchester United.
Étienne Capoue erzielte das wegweisende 1:0 nach einem Corner in der 36. Minute, in der Schlussphase erhöhte Arnaut Danjuma nach einem Ballverlust von Fabian Rieder. Die Young Boys trotzten der Verletzungsmisere ziemlich gut und erarbeiteten sich viele Chancen und drückten phasenweise vehement auf den Ausgleich, allerdings ohne dafür belohnt zu werden. Unter anderem wurde nach 55 Minuten ein Tor von Christian Fassnacht aufgrund einer Abseitsstellung von Nicolas Bürgy vom VAR nicht anerkannt.
Es wirkte fast, als hätte David Wagner eine Vorahnung gehabt: Wie tags zuvor an der Medienkonferenz hatte der YB-Trainer im TV-Interview vor dem Anpfiff auf die Details verwiesen, die in der Champions League entscheidend seien. Hellwach müsse man sein, in jeder Sekunde und auch fernab des Spielgeschehens, betonte er. Tatsächlich wurde den Young Boys dann prompt ein solches Detail zum Verhängnis: Bei einem Corner übersahen die Berner für einen entscheidenden Moment das Geschehen auf der entfernten Seite, Villarreals Aussenverteidiger Mario Gaspar hatte zu viel Platz, köpfelte den Ball unbedrängt in die Mitte weiter, wo Capoue im zweiten Anlauf zum 1:0 traf.
Viele Chancen, keine Tore
Der Treffer machte die Berner Bemühungen zunichte, die bis dahin einiges versprachen. Schon kurz nach Spielbeginn versuchte sich Vincent Sierro aus der Distanz, nach 25 Minuten verfehlte Fassnacht im Strafraum mit einem weiteren Volley die Führung knapp, und wiederum fünf Minuten später vertändelten die Gäste nach einem Ballgewinn auf Höhe der Mittellinie einen gefährlichen Konter mit vier Angreifern gegen drei Verteidiger.
Nach dem Seitenwechsel wurden die Young Boys noch drückender, doch mit dem Toreschiessen wollte es nicht klappen. Ein weiteres Mal blieb Fassnacht mit einem Kopfball ohne Erfolg, zweimal kam Fabian Rieder dem Ausgleich nahe. Zuerst traf er im Strafraum freistehend das Aussennetz, kurz darauf rettete Raul Albiol in extremis nach einem Ausflug von Goalie Geronimo Rulli.
Wie die Young Boys trat Villarreal aufgrund durchwachsener Resultate mit angekratztem Selbstvertrauen an. Vielleicht auch deshalb agierten die Gastgeber überraschend abwartend und defensiv. Bei Ballbesitz spielten sie ihre technischen Qualitäten aber aus, und auch bei den Standardsituationen sorgten sie für viel Gefahr. Nach Sierros Volley zu Beginn parierte der wegen der Verletzung von David von Ballmoos ins Tor gerückte Guillaume Faivre einen Schuss von Boulaye Dia, und unmittelbar nach dem missglückten YB-Konter verfehlte der wie beim 4:1 im ersten Duell wirblige Alfonso Pedraza den Führungstreffer knapp.
Gegenüber dem 1:3 in St. Gallen nahm Wagner drei Umstellungen und einen Systemwechsel vor: Innenverteidiger Bürgy ersetzte in der Viererabwehr wie erwartet den verletzten Mohamed Ali Camara, im Mittelfeld rückten Sierro und Rieder neben Michel Aebischer ins Team. Fassnacht, Meschack Elia und Nicolas Moumi Ngamaleu bildeten im 4-3-3 den Dreierangriff. Auch im vierten Gruppenspiel wich Wagner damit von dem in der Liga bewährten 4-4-2 ab.
Emerys Derniere?
Für Villarreal erhielt die Partie durch einen Medienbericht der englischen Zeitung «Times» eine spezielle Note. Dem Bericht zufolge soll es sich für Trainer Unai Emery um das letzte Spiel an der Seitenlinie des Europa-League-Siegers gehandelt haben. Emery, der in der Premier League nach seine Station bei Paris Saint-Germain schon für Arsenal tätig war, soll neuer Trainer von Fabian Schär bei Newcastle United werden. Der nach der Übernahme durch den saudi-arabischen Staatsfonds PIF potente englische Traditionsklub überweise dafür die fällige Ablösesumme von 6 Millionen Pfund nach Spanien, vermeldete die Zeitung mit Verweis auf eine verlässliche Quelle.
Trotz der taktischen Kniffe warten die Young Boys auch nach Anläufen auf den ersten Auswärtssieg in der Champions League. 2018/19 verloren die Berner bei Juventus Turin, Valencia und Manchester United, in der laufenden Kampagne bei Atalanta Bergamo und nun Villarreal. Die nächste und vorläufig letzte Gelegenheit bietet sich am 8. Dezember wiederum bei Manchester United. Davor steht am 23. November das Heimspiel gegen Atalanta auf dem Programm. Gefordert sind die Berner in beiden Partien, wollen im Frühjahr noch europäisch spielen.