Gesundheit Basler Studie offenbart viele Problemfälle bei Lehrlingsausbildung

chhi, sda

30.3.2022 - 13:44

Männer haben gemäss der Studie in der Lehre mehr Defizite als Frauen. (Symbolbild)
Männer haben gemäss der Studie in der Lehre mehr Defizite als Frauen. (Symbolbild)
Keystone

59 Prozent der Lernenden in der Nordwestschweiz und im Kanton Bern weisen einen «problematischen Lehrverlauf» auf. Dies zeigt eine Basler Studie, die erstmals Daten über auffällige Lernende in der Ausbildung liefert. Dabei zeigen sich grosse Unterschiede zwischen Männern und Frauen.

Keystone-SDA, chhi, sda

Jeder vierte Lehrling mit psychischen Problemen bleibt mit diesen bis zum Abschluss alleine: Bei 26 Prozent bleiben die Probleme bis zum Schluss ungelöst, heisst es in der Mitteilung zur Studie, die das Basler Gesundheitsdepartement am Mittwoch vorstellte.

20 Prozent aller Lernenden lösen den Lehrvertrag vorzeitig auf. Bei der Risikogruppe sind es 30 Prozent. Das bedeute jedoch nicht, dass es keine Anschlusslösungen gebe, betonte Reto Baumgartner vom Gewerbeverband Basel-Stadt an der Medienkonferenz. Auch mit problematischem Lehrverlauf würden Lehren abgeschlossen.

Männer mit mehr Defiziten als Frauen

Die Studie erstellt haben das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum WorkMed der Psychiatrie Baselland, dem Bereich Basler Mittelschulen und Berufsbildung, dem Gewerbe- und Arbeitgeberverband sowie der Stiftung Rheinleben. Befragt wurden Berufsbildende in fünf Kantonen, jedoch keine Lernenden. Ziel des Studienauftrags war es, dass Berufsbildnerinnen und -bildner früher und gezielter intervenieren können.

Die Studie zeigte Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Männliche Lernende zeigen laut Studie mehr Defizite auf als weibliche. Das äussert sich darin, dass Männer unpünktlich sind, der Arbeit fernbleiben und sich selbst schlecht organisieren. Zudem suchen Männer viel seltener Hilfe als Frauen und gehen psychische Probleme weniger an. Frauen leiden gemäss Studie eher unter Stimmungsschwankungen und unter der Angst, Fehler zu machen.

Die Berufsbildnerinnen und -bildner in den Betrieben wissen häufig nicht, an wen sie sich wenden sollen, um problematischen Lernenden zu helfen. Den Kontakt zu den Eltern wünschten sich Berufsbildnerinnen zwar, aber er finde nicht statt. Die Studie zeigt deutlich, dass ein reibungsloser Lehrverlauf von der Unterstützung in der Familie abhängt.

Auch externe Stellen wie der Schulpsychologische Dienst werden laut Studie selten aufgesucht; und wenn, sind die Ausbildner selten zufrieden mit der Hilfe. Weshalb das so ist, sei unklar, sagten Niklas Baer, Leiter WorkMed bei der Psychiatrie Baselland, und die Psychologin Barbara Schmocker. Der Austausch der Berufsbilder zu Fachpersonen fehle, zeigte die Studie.

Externe Stellen werden kaum aufgesucht

Auch die Invalidenversicherung werde aus «falschen Hemmungen» zu spät» beigezogen, kritisierte Baer. Dort fänden sich spezialisierte Fachpersonen, welche die Berufsausbildner unterstützen könnten.

Niklas Baer wies auf die Diskrepanz hin, dass die Gesundheitsversorgung immer besser werde und dennoch laufend mehr Jugendliche eine Invalidenrente (IV) erhielten. «Eine Behandlung ist eben noch keine Garantie, dass Menschen im Arbeitsmarkt bleiben», sagte Baer. «Es braucht ein zusätzliches Element.» Dieses Element seien gute Lehrbetriebe und Berufsbildner, die auf die Probleme der Lernenden eingehen.

«Probleme in der Lehre sind die Regel und nicht die Ausnahme», betonte Baer. Die Probleme müssen nicht psychisch sein. Doch es könne nicht darum gehen, keine Probleme zu haben, sondern Wege aufzuzeigen, wie sie gelöst werden können.

Basel-Stadt Spitzenreiter an psychischen Behandlungen

Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Die Mitte) wies auf die Hilfsleistungen des Kantons hin, wie beispielsweise den Schulpsychologischen Dienst und Präventions-Kampagnen. Zudem sei ein neues Psychiatriekonzept und eine Neuplanung der Psychiatrie in Arbeit.

Im Vergleich mit anderen Kantonen weise die Psychiatrie in Basel-Stadt «doppelt so viele» stationäre Behandlungen auf. «Das regt zum Nachdenken an», sagte Engelberger.

Insgesamt haben sich 6365 Berufsbildnerinnen und -bildner an der Umfrage beteiligt.