Prozess Freispruch gefordert in mutmasslichem Covid-Kredit-Betrug

kad, sda

23.3.2021 - 18:39

Ein zinsloses Covid-Darlehen bringt einen 35-jährigen Luzerner vors Kriminalgericht. (Archivbild)
Ein zinsloses Covid-Darlehen bringt einen 35-jährigen Luzerner vors Kriminalgericht. (Archivbild)
Keystone

Ein Covid-19-Kredit von 110'000 Franken hat einen Luzerner Bauunternehmer am Dienstag vor Kriminalgericht gebracht. Der Staatsanwalt warf dem Mann Betrug vor, der Verteidiger nahm die Bank in die Pflicht und forderte einen Freispruch. Es war der erste solche Gerichtsfall in der Deutschschweiz.

Im April 2019 wurde der Beschuldigte Geschäftsführer des Trockenbauunternehmens, ein gutes Jahr später war der 35-Jährige den Posten bereits wieder los. Er hatte am 31. März 2020 bei der Bank der Baufirma einen Covid-19-Nothilfekredit beantragt. Nur eine Woche später war das Geld bereits auf dem Konto. Allerdings hatte die Bank schon bald Bedenken, was zu einer Verdachtsmeldung und schliesslich zur Anklage wegen Betrugs und Urkundenfälschung führte.

Der Staatsanwalt sagte, die Firma habe sich nie in einer finanziellen Notlage befunden. Genau das aber habe der Beschuldigte mit seiner Unterschrift auf dem Formular geltend gemacht, um an den Kredit zu gelangen. Er habe das Geld statt für die Liquidität des Unternehmens unter anderem für ein privates Darlehen über 15'000 Franken an seinen Vater missbräuchlich verwendet.

Die Anklage forderte eine unbedingte oder teilbedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten und einen Landesverweis von fünf Jahren für den Kosovaren. Zentral sei die Frage der «Opfermitveranwortung», also ob die Bank den vom Bund abgesicherten Kredit zu leichtfertig vergeben habe.

Präzedenzfall

Es seien gegen 70 ähnlich gelagerte Strafanzeigen hängig, sagte der Staatsanwalt. «Es besteht ein praktisches Bedürfnis nach einem richterlichen Entscheid.» Laut dem Vertreter der Privatkläger wäre es das erste solche Urteil in der Deutschschweiz.

Der Verteidiger forderte einen Freispruch von Schuld und Strafe für seinen Mandanten. Er schob die Schuld der Bank zu. Wieso diese das Gesuch nicht schon am Anfang geprüft habe, sei unverständlich. Sein Mandant habe darauf vertraut, dass er berechtigt sei, einen Covid-19-Kredit zu erhalten und dass dies geprüft würde.

Das nicht wahrheitsgemäss ausgefüllte Formular wäre höchstens eine einfache Lüge, was die Betrugsvoraussetzung nicht erfülle. Allerdings habe das Unternehmen seines Mandanten zum Zeitpunkt des Einreichens tatsächlich vor ungewisser Zukunft gestanden. So lagen nur noch 450 Franken auf dem Konto.

In Panik geraten

Der Beschuldigte selber sagte bei der Befragung, er sei wegen eines drohenden Baustopps in Panik geraten. Als Vorsichtsmassnahme habe er den Covid-Kredit beantragt. Er habe zum Wohle der Firma gehandelt. Dass er seinem verschuldeten Vater ein Privatdarlehen gewährte, sei aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen. Er habe ihm helfen wollen.

Sein Verteidiger argumentierte, der Vater habe erst einen Tag vor Auszahlung des Kredits um Geld gebeten. Als er das Gesuch stellte, habe sein Mandant also keine missbräuchliche Absicht gehegt. Zudem sei nicht erstellt, dass das Geld an den Vater vom Covid-Kredit-Betrag überwiesen wurde.

Der Staatsanwalt blieb dabei, dass der Beschuldigte in Täuschungs- und Bereicherungsabsicht gehandelt habe, als Gefälligkeit innerhalb der Familie. Den Landesverweis begründete er mit den mehrfachen Vorstrafen. «Der Beschuldigte lebt in einem Land, dessen Werte er nicht teilt und dessen Regeln er nicht befolgt.»

Dieser wiederum sagte, eine Ausschaffung wäre ein «Familienmord». Der verheiratete Vater eines Sohnes sagte, er hätte keine Zukunft im Kosovo. Auch sein Verteidiger sagte, ein Landesverweis wäre unverhältnismässig. Das vorgeworfene Verschulden sei nicht so schwer und die Kernfamilie lebe in der Schweiz.

Das Urteil wird am Mittwoch mündlich eröffnet.

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