Forscher warnen Mikroplastik in den Meeren nimmt dramatisch zu

SDA

8.2.2022 - 06:30

Die Flosse eines Delfins hat sich vor der ägyptischen Küste im Mittelmeer in einem Plastiksack verfangen. (Archiv)
Die Flosse eines Delfins hat sich vor der ägyptischen Küste im Mittelmeer in einem Plastiksack verfangen. (Archiv)
Bild: Getty Images

Recycling und Verbote von Plastikartikeln täuschen darüber hinweg, dass in den Ozeanen immer mehr Plastik schwimmt. Vor allem der Mikroplastikanteil wächst exponentiell – mit dramatischen Folgen für das grösste Ökosystem der Erde.

Eine Studie des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) im Auftrag der Umweltschutzorganisation WWF warnt vor einer dramatischen Verschärfung der Plastikkrise in den Weltmeeren. Bis 2050 droht demnach eine Vervierfachung der Plastikkonzentration.

Bis zum Ende des Jahrhunderts könnten Meeresgebiete von der zweieinhalbfachen Fläche Grönlands ökologisch riskante Schwellenwerte der Mikroplastikkonzentration überschreiten. Im Vorfeld des UN-Umweltgipfels (UNEA) forderte der WWF daher ein global verbindliches Abkommen gegen den Eintrag von Plastikmüll in die Ozeane.



«Wir erleben eine ‹Plastifizierung› der Ozeane. Die fatalen Folgen für marine Ökosysteme und viele Tierarten sehen wir schon heute und lassen Schlimmes befürchten», sagte Axel Hein, Meeresexperte des WWF Österreich.

Mikroplastik-Menge könnte stark zunehmen

Über 2500 ausgewertete Studien der bisher umfassendsten Meta-Studie kommen zur Prognose einer Kettenreaktion: «Die Kunststoffproduktion wird sich bis 2040 voraussichtlich mehr als verdoppeln. In der Folge vervierfacht sich grösseres Makroplastik im Ozean in den nächsten dreissig Jahren. Dieses zersetzt sich in immer kleinere Teile bis hin zu Mikro- und Nanoplastik. Bis zum Ende des Jahrhunderts droht die Menge des marinen Mikroplastiks, um das 50-fache zuzunehmen», meinte Hein.

Eine Echte Karettschildkröte, die an einem nahegelegenen Strand gefunden wurde, wird nach einer Autopsie zusammen mit Müll, vor allem Plastik (oben) und Nahrungsmitteln im Labor des Al Hefaiyah Conservation Center gezeigt.
Eine Echte Karettschildkröte, die an einem nahegelegenen Strand gefunden wurde, wird nach einer Autopsie zusammen mit Müll, vor allem Plastik (oben) und Nahrungsmitteln im Labor des Al Hefaiyah Conservation Center gezeigt.
Bild: Kamran Jebreili/AP/dpa

Der WWF forderte, die Ursachen der Plastikverschmutzung bereits im Keim zu bekämpfen, da dies viel effektiver sei, als die Folgen im Nachhinein zu beseitigen: «Regierungen, Industrie und Gesellschaft müssen jetzt geschlossen handeln, um die Plastikkrise zu stoppen. Es braucht einen globalen Kraftakt auf der UN-Versammlung im Februar», forderte Hein.

Die Situation verschlimmert sich rasant

Hinsichtlich Arten und Ökosysteme verschlimmere sich die Situation laut Studie rasant: «Plastikmüll durchringt das gesamte Meeressystem – vom Plankton bis zum Pottwal. Für fast alle Artengruppen der Ozeane sind negative Auswirkungen nachweisbar», sagte Hein.

«Die Forschung wirkt wie eine Taschenlampe, mit der wir Lichtstrahlen ins Dunkel der Ozeane werfen. Erfasst und erforscht ist erst ein Bruchteil der Folgen. Die dokumentierten Schäden sind beunruhigend und müssen als Warnsignal für ein weit grösseres Ausmass verstanden werden. Besonders beim derzeitigen und prognostizierten Wachstum der Plastikproduktion», erklärte auch Melanie Bergmann, Meeresbiologin des Alfred-Wegener-Instituts.

Der WWF forderte, dass bei der UN-Umweltkonferenz (UNEA) von 28. Februar bis 2. März in Nairobi ein rechtsverbindliches Abkommen zur Eindämmung von Plastikmüll beschlossen wird. Regionale und freiwillige Massnahmen reichen demnach nicht mehr aus, um die Krise zu bewältigen.

SDA/uri

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