Echinaforce Naturheilmittel als Waffe gegen das Virus? Ein Experte ordnet ein

Von Gil Bieler und Uz Rieger

14.9.2020

Unter Laborbedingungen zeigte das Naturheilmittel einen schlagenden Effekt gegen das neuartige Coronavirus. (Symbolbild)
Unter Laborbedingungen zeigte das Naturheilmittel einen schlagenden Effekt gegen das neuartige Coronavirus. (Symbolbild)
Bild: dpa

Eine Studie des Labors Spiez zeigt eine Wirkung des Naturheilmittels Echinaforce gegen Coronaviren – jedenfalls im Labor. Immunologe Daniel Speiser würde allerdings noch nicht von einem Durchbruch sprechen.

Das aus dem Wirkstoff des Roten Sonnenhuts gewonnene Naturheilmittel Echinaforce der Schweizer Pharmafirma A. Vogel AG aus dem thurgauischen Roggwil tötet effektiv Coronaviren ab, wie eine im «Virology Journal» veröffentlichte Studie des Labors Spiez zeigt.

Laut der Untersuchung, über die der «Blick» zuerst berichtete, zeigt Echinaforce vielversprechende Ergebnisse im Kampf gegen das neuartige Coronavirus. Der Wirkstoff des Roten Sonnenhuts tötet das Virus SARS-CoV-2 demnach in künstlichem Gewebe in der Petrischale effektiv ab. Die antivirale Wirkung zeigte sich bei direktem Kontakt des Wirkstoffs mit dem Krankheitserreger. Die Viren erholten sich danach nicht mehr.

Wie die Wissenschaftler weiter berichten, wirkt das Medikament unter den Laborbedingungen nicht nur gegen das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2, das bislang über 900'000 Tote weltweit gefordert hat, sondern auch gegen SARS-CoV-1, das 2002 eine weltweite Pandemie ausgelöst hatte, und gegen das hauptsächlich im Mittleren Osten grassierende MERS-CoV. Zudem setze es dem am häufigsten auftretenden Erkältungsvirus HCoV-229E zu.

Wirkstoff kann sich zur Prophylaxe anbieten 

Die Studie kommt zum Schluss, dass sich das Präparat Echinaforce mit seiner breiten antiviralen Wirkung als Corona-Prophylaxe anbieten könne. Allerdings sei noch abzuklären, wie der Wirkstoff konkret beim Menschen wirke. So ist auch noch nicht bekannt, wie man das Medikament idealerweise zu dosieren habe.

Während das Ergebnis aus Spiez also durchaus Hoffnung im Kampf gegen das Coronavirus macht, dürfte es doch noch ein längerer Weg sein, bis Echinaforce tatsächlich als neue Wunderwaffe gelten darf. 

So würde auch Daniel Speiser, Immunologe an der Universität Lausanne und Leiter der Abteilung Immunologie der CovidTaskforce des Bundes, noch nicht von einem Durchbruch sprechen – eher von einem kleinen Schritt: «Man muss nun schauen, wie dieses Mittel beim Menschen wirkt. Das Zusammenspiel im menschlichen Körper ist schliesslich viel komplexer als in einer Petrischale», erklärte er auf Anfrage von «Bluewin».

Hinzu komme, dass bei Naturheilmitteln besonders schwer zu identifizieren sei, welcher Wirkstoff konkret dem Virus zusetze. Und sei dieser erst einmal identifiziert, sei noch immer unklar, ob die nötige Konzentration im Körper erreicht werden könne.

Kritischer Blick des Experten

Im Detail hat sich Speiser noch nicht mit der Studie zu Echinaforce befasst. Generell aber könnten zwischen einem solchen Fortschritt im Labor, der nun vermeldet wurde, und der Marktreife eines Wirkstoffs drei bis vier Jahre vergehen. «In Coronazeiten kann es natürlich schneller gehen, aber es wird vermutlich 2021 oder sogar 2022, bis gute Medikamente erhältlich sein werden», schätzt Speiser.

Auch das Labor Spiez hat mittlerweile auf das grosse Echo reagiert, das die Geschichte ausgelöst hat. Auf Twitter weist das Labor nochmals explizit darauf hin, dass von einem Laborversuch nicht 1:1 auf einen Effekt bei der Anwendung am Menschen geschlossen werden dürfe. 

Auch wurde die Studie teilweise von der Firma A. Vogel AG, die Enchinaforce verkauft, mitfinanziert – und zwei Mitarbeiter der Firma waren daran beteiligt, wie das Portal «Watson» berichtet. Darauf weist das Labor Spiez jedoch in der Studie explizit hin.

Dass im internationalen Wettlauf um ein Coronavirus-Heilmittel auch Zwischenergebnisse bereits grosse Schlagzeilen generieren, sieht Speiser kritisch. «Es gibt zig Mittel, die nun getestet werden. Und sicher haben auch andere Hersteller längst Wirkstoffe getestet, die in der Petrischale Wirkung zeigen.» Da spielten wohl auch wirtschaftliche Interessen mit.

Als Beispiel eines vielversprechenden Mittels, das zudem bereits erhältlich ist, nennt Speiser Remdesivir: Dieses antivirale Medikament wurde im Kampf gegen Ebola entwickelt und zeigt auch gegen das Coronavirus einen Effekt. Es wird jetzt auch in der Schweiz in der Behandlung von stark erkrankten Covid-19-Patienten eingesetzt. Doch sei Remdesivir nur in relativ kleinem Umfang erhältlich, sagt Speiser. Solange die Infektionszahlen relativ niedrig blieben, dürfte es aber wahrscheinlich reichen.

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