Neue Hinweise Grönlands Wikinger flohen wegen Dürre, nicht Eiszeit

SDA/uri

24.3.2022 - 00:00

Überbleibsel einer Siedlung der Wikinger auf Grönland. (Archiv)
Überbleibsel einer Siedlung der Wikinger auf Grönland. (Archiv)
Bild: Getty Images

Hunderte Jahre siedelten die Wikinger auf Grönland, dann waren sie plötzlich weg. Lange ging man davon aus, dass die kleine Eiszeit sie zur Aufgabe zwangen. Doch es scheint einen anderen Grund zu geben. 

Nicht die Eiszeit, sondern Dürre hat dazu geführt, dass die Wikinger im 15. Jahrhundert ihre Siedlungen in Südgrönland aufgegeben haben. Das berichtet ein Team mit Schweizer Beteiligung im Fachblatt «Science Advances» und widerlegt damit eine weitverbreitete Theorie.

Im Jahr 985 nach Christus kamen die Wikinger nach Grönland. Sie rodeten Land und bauten Gras an, um Weideflächen für ihr Vieh, ihre Hauptnahrungsquelle, zu schaffen. In der Blütezeit lebten in den Siedlungen etwa 2000 Menschen. Doch im frühen 15. Jahrhundert verschwanden die Nordmänner aus Grönland – wieso, ist ein Rätsel. Die Erklärungen reichen von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch über Seuchen bis hin Temperaturstürzen aufgrund der Kleinen Eiszeit.

Ein Team um Boyang Zhao von der US-Universität Massachusetts Amherst berichtet nun, dass eher zunehmende Trockenheit für die Flucht aus Grönland verantwortlich war. Das zeigen Sedimente aus einem See, der an einen alten Wikinger-Bauernhof grenzt. Aus den Sedimenten liess sich die lokale Klimageschichte der letzten 2000 Jahre rekonstruieren.

Bauern trugen geschwächtes Vieh

Demnach war das späte 14. Jahrhundert sogar eine der wärmeren Perioden an diesem Standort. Die höheren Temperaturen verstärkten die anhaltende Trockenheit womöglich noch weiter.

Viehhalter und Ackerbauern bewegten sich in Südgrönland aufgrund der schwierigen Bedingungen schon immer am Limit. Beispielsweise waren viele Rinder im Frühjahr so schwach, dass sie sich kaum aus den Ställen bewegen konnten. Die Bauern mussten ihr Vieh unter diesen Umständen sogar auf die Weide tragen.

Die lang anhaltende Dürre könnte schliesslich dazu beigetragen haben, dass noch weniger Gras für die Ernährung des Viehs wuchs, womöglich zu wenig. Das zwang die Wikinger, Jagd auf Meeressäuger zu machen – eine vergleichsweise gefährliche und unsichere Tätigkeit. In Kombination mit anderen Faktoren wie sozialen und wirtschaftlichen Instabilitäten habe die Dürrezeit demnach wohl erheblich zur Aufgabe der Siedlungen beigetragen, mutmasst das Forschungsteam.

Beteiligt an der Studie war auch Tobias Schneider, der derzeit mit einem Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in den USA forscht. Seine Doktorarbeit absolvierte er am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern.

SDA/uri