Ökologischer Stress Kälte könnte zum Aussterben der Neandertaler beigetragen haben

SDA/DPA

28.8.2018

Die Nachbildung eines älteren Neandertalers steht im Neanderthal-Museum von Mettmann.
Die Nachbildung eines älteren Neandertalers steht im Neanderthal-Museum von Mettmann.
Keystone

Die Ursache für das Aussterben der Neandertaler ist bis heute nicht geklärt und beschäftigt Generationen von Wissenschaftlern. Forscher haben nun Hinweise dafür gefunden, dass Neandertaler sich nicht so gut auf extreme Kälte einstellen konnten wie die modernen Menschen.

Wiederholte extreme Kälteperioden während der letzten Eiszeit könnten einer Studie zufolge zum Aussterben der Neandertaler beigetragen haben. Einem Forscherteam um Michael Staubwasser vom Institut für Geologie und Mineralogie der Universität Köln zufolge fallen die Kälteintervalle mit Zeiträumen zusammen, aus denen keine Neandertaler-Nachweise bekannt sind.

Dies deute darauf hin, dass der durch die Kälteperioden ausgelöste ökologische Stress massgeblich für den zyklischen Rückgang der Neandertaler und die Ausbreitung des modernen Menschen war, schreiben die Forscher im Fachjournal Proceedings der US-nationalen Akademie der Wissenschaften («PNAS»).

Der Übergang der vom Neandertaler dominierten Besiedlung zu der des modernen Menschen in Europa vollzog sich vor etwa 45'000 bis 40'000 Jahren. Meist gebe es zeitliche Lücken zwischen abgelagerten Artefakten der Neandertaler und solchen der modernen Menschen, erklärte Staubwasser.

Spurensuche in Tropfsteinhöhlen

Er und seine Kollegen untersuchten Kalkstalagmiten aus zwei rumänischen Höhlen und schlossen aus den Daten, dass es vor etwa 44'000 und vor 40'000 Jahren extreme Kälteperioden gab. Erstere liege zeitgleich mit einer Ablagerungslücke zwischen Neandertalerartefakten und denen moderner Menschen im Donauraum, die zweite mit einer solchen Lücke im heutigen Frankreich.

Wissenschaftler untersuchten Kalkstalagmiten aus zwei rumänischen Höhlen und schlossen aus den Daten, dass es vor etwa 44'000 und vor 40'000 Jahren extreme Kälteperioden gab.
Wissenschaftler untersuchten Kalkstalagmiten aus zwei rumänischen Höhlen und schlossen aus den Daten, dass es vor etwa 44'000 und vor 40'000 Jahren extreme Kälteperioden gab.
PNAS/dpa

«Das deutet darauf hin, dass während der Kälteperioden - die stets mit grosser Trockenheit einhergingen - die Neandertaler-Population erheblich zurückging», erläutert Staubwasser.

Ein Aspekt, der dem Neandertaler zum Verhängnis geworden sein könnte, war demnach seine Ernährung: In vielen Gebieten habe er sich überwiegend von Fleisch - speziell von Grosswild - ernährt. Dieses sei vom Kälteeinbruch stark betroffen gewesen.

Kältephasen als Schrittmacher

Die in der Folge weitgehend entvölkerten Gebiete besiedelte dann der moderne Mensch, der womöglich besser an die klimatischen Bedingungen angepasst war, vermuten die Forscher. Der periodisch auftretende ökologische Stress und die veränderten Umweltbedingungen hätten somit «als Schrittmacher mehrerer Entvölkerungs- und Wiederbevölkerungszyklen in Europa fungiert».

Dass das Aussterben der Neandertaler mit klimatischen Veränderungen zusammenhängen könnte, hatten schon frühere Studien nahegelegt. So gehen zum Beispiel auch die Mitarbeiter des Neanderthal-Museums in Mettmann von heftigen Klimaschwankungen als Hauptursache aus. «Es war zeitweise zu kalt und zu trocken, so dass sich das Nahrungsangebot für die Neandertaler reduziert hat und die Bevölkerung dadurch zurückgegangen ist», sagte die stellvertretende Museumsdirektorin Bärbel Auffermann.

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