Geflogen wird, weil's billig istFlugscham und Billigtickets – wie Airlines um ihr Image kämpfen
dpa
15.6.2019
Obwohl immer mehr Menschen immer öfter fliegen, müssen Airlines um ihr Image kämpfen. Über ein Paradoxon.
Noch ist «Flugscham» lediglich ein vor allem in Skandinavien verbreitetes Schlagwort: Weder auf dem Schweizer noch auf dem internationalen Luftverkehrsmarkt halten sich die Kunden beim Buchen von Flugreisen merklich zurück – der nach der schwedischen Aktivistin Thunberg benannte «Greta-Effekt» lässt auf sich warten. Nach Einschätzung des Airline-Verbandes IATA wird in diesem Jahr die globale Passagierzahl um fünf Prozent auf 4,6 Milliarden zulegen, die Industrie kann voraussichtlich das zehnte Jahr in Folge Nettogewinne einstreichen.
Doch das Image der Branche hat in den Zeiten des Klimawandels deutlich gelitten. «Sie sind mitverantwortlich für den Sturzflug unserer Erde», rief beispielsweise der deutsche «Fridays for Future»-Aktivist Maximilian Reimers dem Lufthansa-Chef Carsten Spohr auf der diesjährigen Hauptversammlung entgegen. Zwar ist der Luftverkehr nur für knapp drei Prozent der weltweiten Co2-Emissionen verantwortlich, doch fehlt es angesichts des stetigen globalen Wachstums an einer positiven Perpektive in diesem Sektor.
Technische Alternativen fehlen
Anders als im landgebundenen Verkehr oder bei der Energiegewinnung stehen bei Flugzeugen mittelfristig keine technische Alternative zu den Verbrennungsmotoren zur Verfügung. Der enorme Energiebedarf von Flugzeugmotoren bringt batterie-elektrische Lösungen schnell an die Grenzen, Brennstoffzellenflugzeuge befinden sich bislang nur im Forschungsstadium. Mit ihnen wäre emissionsfreies Fliegen möglich.
Ein klimafreundlicher Zwischenschritt wäre wie bei Autos der Einsatz nachwachsender Brennstoffe. Seit 2008 wird Bio-Kerosin im zivilen Luftverkehr getestet, seit 2016 setzt es die US-Gesellschaft United im Regelverkehr ein. Auch die Lufthansa hat den Bio-Treibstoff ausführlich getestet, verweist aber auf geringe Verfügbarkeit und sehr hohe Preise. Auf absehbare Zeit bleibt die schnelle Flotten-Modernisierung der grösste Hebel der Airlines, um umweltschonender unterwegs zu sein.
Billige Tickets verstärken das CO2-Problem
Der irische Billigflieger Ryanair reklamiert für sich, mit 66 Gramm pro Personenkilometer die geringsten CO2-Emissionen in der europäischen Luftfahrtindustrie auszustossen. Hilfreich sind dabei die hohe Auslastung der Jets (96 Prozent) und das geringe Durchschnittsalter der Flotte von gerade einmal sechs Jahren.
Ryanair profitiert vom schnellen Wachstum in den vergangenen Jahren auf nunmehr rund 475 Flugzeuge. Dass die Iren weitere 210 Jets bestellt haben und die Passagierzahl von zuletzt 153 Millionen auf mehr als 200 Millionen im Jahr 2024 steigern wollen, zeigt aber auch die Wachstumsproblematik. Alle diese Flieger müssen erst einmal gefüllt werden: Ryanair verspricht als Anreiz weiterhin fallende Preise, was viele für den eigentlichen Grund des Dauerwachstums der Passagierzahlen zumindest in Europa halten.
Geflogen wird, wo's billig ist
Politisch steht die weltweite Nicht-Besteuerung des Flugbenzins zur Debatte. Nationale Alleingänge bei einer Kerosinsteuer hätten den Nachteil, dass sie heimische Gesellschaften und Flughäfen einseitig belasten würden, argumentiert der deutsche Branchenverband BDL. Umsteiger könnten wegen der geringeren Ticketpreise Drehkreuze im kerosinsteuerfreien Ausland wählen, und auch in Deutschland startende Passagiere würden bei Kostenvorteilen ausweichen.
Das ist in Deutschland etwa im geringen Umfang bereits nach Einführung einer Luftverkehrssteuer im Jahr 2011 geschehen. Die Steuer fällt für alle Flüge an, die von deutschen Flughäfen starten. Die Höhe richtet sich nach der Entfernung des Reiselandes und beträgt pro Passagier zwischen etwa sieben und knapp 42 Euro.
Kerosinsteuer hat in Europa keine Fans
Die amtierende EU-Kommission hat die Auswirkungen einer europaweiten Kerosinsteuer untersuchen lassen, eine politische Mehrheit gibt es dafür nicht. Laut dem vom Verband Transport & Environment geleakten Bericht könnte der CO2-Ausstoss durch die rund zehn Prozent teureren Tickets um elf Prozent gedrückt werden. Europas Luftverkehr nimmt zudem bei Kontinentalflügen bereits am Emissionshandel für Industrie und Energiewirtschaft teil.
Bei aller klimaschädlichen Fliegerei will die Branche zumindest am Boden eine weisse Weste bekommen. Wärme, Strom und der Verkehr auf dem Vorfeld sind Ansatzpunkte, um CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 mindestens zu halbieren. Die Lufthansa etwa setzt am Boden auf Ökostrom sowie E-Autos und will dort bis 2030 klimaneutral werden.
In der Luft hilft hingegen zunächst nur Kompensation – Freikaufen oder Ablasshandel nennen das die Umweltaktivisten. Auf freiwillige Abgaben der Passagiere durfte man dabei bislang nicht hoffen. Ungeachtet wohlfeiler Äusserungen in Umfragen ist nur ein Bruchteil der Fluggäste bereit, über Anbieter wie Atmosfair oder Myclimate für Klimaschutzprojekte zu spenden.
Emissionen werden nicht vermieden, nur kompensiert
Auf Industrieseite setzt der Airline-Verband IATA auf das zunächst freiwillige Kompensationsprogramm «Corsia», dem sich bislang vor allem westliche Staaten angeschlossen haben. Oberhalb des Schadstoff-Niveaus von 2020 muss jedes zusätzliche Gramm CO2 mit entsprechenden Zertifikaten kompensiert werden. Die Organisation rechnet bis 2035 mit einem Aufkommen von 2,5 Milliarden Tonnen und einem Kompensationswert von annähernd 40 Milliarden US-Dollar, die an Klimaprojekte fliessen sollen.
Diese Emissionen würden nicht vermieden, sondern lediglich über Klima-Projekte kompensiert. Langfristig soll dann im Jahr 2050 ein Schadstoff-Niveau erreicht werden, das der Hälfte von 2005 entspricht.
Tipps, wie Sie die Welt ein bisschen besser machen können
9 Tipps, wie Sie die Welt ein bisschen verbessern können
Noch ist die Frühlingssonne weit weg, aber sich mit dem Velo fortzubewegen ist auch im Winter eine gute Variante, um etwas für die Umwelt zu tun.
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Kaufen Sie Produkte aus der Region, denn bei diesen entfallen die CO2-Emissionen von internationalen Gütertransporten.
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Führen Sie einen vegetarischen Tag pro Woche ein, die weltweite Fleischproduktion ist ein enormer Ressourcenfresser.
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Benutzen Sie keine Einweg-Plastiktüten mehr, sondern bringen Sie Ihre wiederverwendbare Tragtasche mit zum Einkauf.
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Kaufen Sie Textilien aus umweltfreundlicher Baumwolle, welche ohne Insektizide gewachsen ist.
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Ob Küche oder Wohnzimmer: Geräte, die Strom verbrauchen, sind nicht wegzudenken. Jedoch können wir sie bewusst einsetzen und damit Strom und Geld sparen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, wo man die Butter im Kühlschrank platziert oder ob der Laptop bei Nichtgebrauch am Strom angeschlossen ist.
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Heizen Sie bewusst, denn bei der Heizung haben wir das grösste Energiesparpotenzial im Haushalt. Erhöht man die Temperatur um ein Grad, so steigt der Energieverbrauch um ganze sechs Prozent.
Bild: Keystone/Gaetan Bally
Mit dem Flieger in die Ferien zu reisen ist schnell und praktisch, aber extrem umweltschädlich. So verursacht ein Flug von Zürich nach Neuseeland gleich viel CO2-Emissionen wie acht Monate Alltagsleben in der Schweiz. Reisen Sie 2018 mit dem Zug in die Ferien oder sogar mit dem Fahrrad.
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Steigen Sie auf papierlose Rechnungen um, denn durch E-Rechnungen, Online-Banking und Daueraufträge können Sie sehr viel Papier einsparen.
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Nicht jeder Arbeitgeber unterstützt Home-Office. Wer aber die Möglichkeit hat und nutzt, schont damit die Umwelt. Das Auto kann sich in der Garage ausruhen, die Vespa lässt Sie mit dem lauten Gebrumm in Ruhe und der Zug wird entlastet.
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