Theologin über Benedikt XVI. «Er war und blieb Professor»

Von Oliver Kohlmaier

31.12.2022

Im Alter von 95 Jahren ist der emeritierte Papst Benedikt XIV. verstorben. Warum der gebürtige Bayer wohl ausgerechnet durch seinen Rücktritt in die Geschichte eingehen wird, erklärt die Theologin Eva-Maria Faber.

Von Oliver Kohlmaier

Der emeritierte Papst Benedikt XIV. ist tot. Am Morgen des Silvestertages verstarb er im Alter von 95 Jahren im im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan.

Sein Wirken als Papst ist nicht unumstritten, Kirchengeschichte schrieb er mit seinem vorzeitigen Rücktritt. blue News hat mit der Theologin Eva-Maria Faber von der theologischen Hochschule Chur über Joseph Ratzinger gesprochen.

Frau Faber, was ist das wichtigste Vermächtnis des nun verstorbenen Papstes Benedikt XVI.?

Abgesehen von einigen theologischen Schriften, die man auch nach seinem Tod noch lesen wird, ist wohl das wichtigste Vermächtnis von Papst Benedikt XVI. die Tatsache seines Rücktritts.

Mit diesem innovativen Schritt bahnte er den Weg, lange Zeiten der Überforderung oder gar der Amtsunfähigkeit von Päpsten zu vermeiden. Offen bleiben weiterhin Fragen zum Status und zum Auftreten eines emeritierten Papstes.

Zur Person
zVg

Eva-Maria Faber ist Professorin am Lehrstuhl für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Theologischen Hochschule Chur. Sie forscht insbesondere zur Ökumene sowie zur theologischen Verantwortung von Kirchenreform.

Benedikt sagte einmal über sich selbst, er sei «mehr ein Professor». Wie überträgt sich diese Aussage auf sein Wirken als Papst?

In seinen Jesusbüchern stellte er Jesus in erster Linie als «Lehrer» dar – der heilende, in menschliche Gemeinschaft eintauchende Jesus tritt dahinter zurück.

So ähnlich ist es vielleicht auch mit Papst Benedikt. Er war und blieb Professor, im Sinne eines Lehrers. Auf manche Disputationen hat er sich eingelassen, etwa mit Jürgen Habermas, damals noch als Präfekt der Glaubenskongregation.

In anderen Hinsichten – das ist bei aller Pietät zu ergänzen – fehlte dieser «Professur» das, was für akademisches Leben konstitutiv ist: die je neue Forschung, die Überprüfung blinder Flecken, die wissenschaftliche Neugier auf das bisher noch nicht Wahrgenommene. Dass die Geschichte und das menschliche Leben sich den Ideen nicht einfach fügen, wurde in manchen Hinsichten eher geglättet und ausgeblendet. Das hat auch Wunden und Opfer hinterlassen.

Vom Professor bis zum Papst: Das Leben von Joseph Ratzinger

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Er wuchs tief religiös auf, lernte von klein auf Klavier und sorgte während seiner Zeit als Oberhaupt der katholischen Kirche für einige Skandale. Das Video zeigt einige Stationen aus dem bewegten Leben von Benedikt XVI.

29.12.2022

Warum wird Benedikt mitunter als ein Übergangspapst bezeichnet?

Im langen Pontifikat von Papst Johannes Paul II. (1978–2005) war Joseph Ratzinger bereits seit 1982 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. Er hatte damals schon grossen Einfluss, was mit seiner Wahl zum Papst verlängert wurde.

Insofern war sein Pontifikat nur ein Übergang hin dazu, dass ein neuer Papst mit einem anderen Hintergrund auch wirklich neue Akzente setzen würde.