Klimawandel Bäume treiben in der Schweiz immer früher aus 

sda/tgab

6.4.2022 - 18:21

Die Blüten von Kirschbäumen treiben in der Schweiz im Frühjahr deutlich früher aus als noch vor dreissig Jahren. Das zeigen Zeitreihen von Wildkirschbäumen in Liestal BL.
Die Blüten von Kirschbäumen treiben in der Schweiz im Frühjahr deutlich früher aus als noch vor dreissig Jahren. Das zeigen Zeitreihen von Wildkirschbäumen in Liestal BL.
Keystone

Die Blüte der Wildkirsche in der Schweiz beginnt heute im Schnitt 11 Tage früher als noch vor 1950. Das ist nur ein Beispiel eines früheren Blühbeginns von Bäumen – ein deutliches Zeichen der globalen Klimaerwärmung.

In der Fachzeitschrift «Nature Climate Change» stellen Forschende um Yann Vitasse von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) die fünf weltweit längsten Zeitreihen zum Frühlingsaustrieb von Bäumen vor. Die Verschiebungen der Pflanzenblüte und des Blattaustriebs im Frühjahr seien beispiellos seit Mitte der 1980er Jahre und stünden im Einklang mit der Beschleunigung der globalen Erwärmung, berichten die Wissenschaftler.

Demnach verschob sich der Blatt- und Blütenaustrieb in den letzten 36 Jahren in China um sechs, in der Schweiz bis zu dreissig Tage nach vorne – parallel zum globalen Temperaturanstieg. Bemerkenswert sei, dass die Blüte der Kirschbäume im japanischen Kyoto im Frühjahr 2021 der früheste jemals aufgezeichnete Termin in mehr als 1200 Jahren war.

Zwei Schweizer Zeitreihen

Die Blüte der Kirschbäume in Kyoto stellen denn auch die allerlängste phänologische Zeitreihe dar, die weltweit jemals aufgezeichnet wurde. Die Dokumentation in alten Tagebüchern und Chroniken reicht zurück ins Jahr 812 nach Christus. Deutlich weniger lange, aber ebenfalls in den «Top Five» finden sich zwei Zeitreihen aus der Schweiz: Seit 1808 beobachtet der Grand Conseil de la République et canton de Genève eine Rosskastanie. Und seit 1894 überwachen das Landwirtschaftliche Zentrum Ebenrain und MeteoSwiss einen Kirschbaum im Kanton Basel-Landschaft.

Zwar sind die phänologischen Veränderungen in den fünf vorgestellten Zeitreihen äusserst bemerkenswert. Doch liegen sie nicht einmal in jenen Weltregionen, wo sich das Klima bislang am stärksten und um mehr als 2,5 Grad erwärmte. «Dort ist zu erwarten, dass die zeitliche Verschiebung von Ereignissen im Lebenszyklus von Organismen noch extremer ausfällt», liess sich Vitasse in einer Mitteilung der WSL vom Mittwoch zitieren.

Sensibilisierung für Klimaveränderungen

Solche abrupten Veränderungen in der Phänologie können gemäss den Forschenden vielfältige Auswirkungen auf die Ökosysteme haben, auf die Interaktion zwischen Arten, die Verfügbarkeit von Nahrung und die globale Kohlenstoffbilanz.

Sie argumentieren zudem, dass solche langen Zeitreihen besonders nützlich seien für die Kommunikation, um das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels in der Bevölkerung zu schärfen und die Erderwärmung dringlich einzudämmen.

sda/tgab